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seschat
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Insgesamt 938 Bewertungen
Bewertung vom 25.08.2014
Gabathuler, Alice

Blue Blue Eyes / Lost Souls Ltd. Bd.1


ausgezeichnet

Inhalt:
Alice Gabathulers Thriller "Blue Blue Eyes" nimmt gebrochene Seelen in den Blickpunkt. Jugendliche Opfer von Verbrechen bekommen ein Gesicht und eine Stimme. Es wird gezeigt, wie diese versuchen ein ganz normales Leben zu führen bzw. in dieses nach den schrecklichen Erlebnissen zurückzukehren. Hierfür hat eine Gruppe von drei jungen Männern eigens eine Hilfsorganisation für Betroffene gegründet, die sog. Lost Souls Ltd. Jeder der Männer hat ein Teil seiner Seele verloren, als eine ihnen nahestehende Person umgebracht wurde bzw. sie selbst zum Opfer wurden. Ayden, der junge Fotograf aus Plymouth, hat seine Freundin Rose verloren, der Gothikmusiker Nathan seine Schwester Zoe und der geniale Schweizer Verwandlungskünstler Raix wurde sogar so stark verletzt, dass sein Gehirn von Zeit zu Zeit Ausfälle erleidet. Alle gemeinsam wollen sie gefährdeten Jugendlichen helfen und damit ein Stück weit auch sich selbst, "Hilfe zur Selbsthilfe" sozusagen.

Diesmal benötigt die 18-jährige Schweizerin Kata Benning, deren reiche Adoptiveltern bei einem Bombenanschlag getötet wurden, die Hilfe von Lost Souls. Kata weiß nicht, warum ihre Eltern umgebracht wurden und was der unbekannte Retter namens Raix damit zu tun hatte? Schritt für Schritt bringt Alice Gabathuler Licht ins Dunkel. Alles ist anders, als gedacht. Ihr steinreicher Patenonkel, John Owen, ist nicht ihr Freund, sondern sowohl der Mörder ihrer leiblichen Eltern als auch der Mörder ihrer Adoptiveltern. Es geht um die Russenmafia, Firmenspionage und Datenhandel. Katas Seele bekommt während dieser Zeit Risse. Sie befindet sich im emotionalen Strudel, aber sie zerbricht nicht daran, sondern geht gestärkt daraus hervor. Mithilfe der Lost Souls Ltd. bringt sie Klarheit in ihre bis dato unbekannte Vergangenheit. Das positive Ende des Thrillers entlohnt den Leser, für die oftmals nervenaufreibenden Guerillakriege zwischen John Owen, Kata und Lost Souls Ltd. Alle Charaktere haben ein Stück ihrer, verloren geglaubten Seele wiedergefunden. Sie können von nun an, trotz ihrer unterschiedlichen persönlichen Schicksale, wieder fühlen, wieder am Leben teilhaben. Ayden nähert sich mehr und mehr Kata an. Und auch Raix und Nathan finden weibliche Seelenverwandte. Doch ein Funken Spannung bleibt trotz allem, da Gabathuler sich für ein offenes Ende entschieden hat. Unbeantwortete Fragen bleiben. Welche Bedeutung hat die E-Mail von Nathans toter Schwester Zoe an ihren Bruder? Sind die Russen auch Opfer eines Bombenanschlages geworden? Diese und viele andere Fragen kann wahrscheinlich nur der zweite Band des Thrillers mit dem Titel "Black Rain", Auszug im Anhang des ersten Bandes, beantworten. "Black Rain" ist der Name von Nathans Band, was das wohl zu bedeuten hat?

Sprache:
Der Erzählstil ist fließend und informationsreich - passt zum jugendlichen, neugierigen Leserkreis. Hinzukommt, eine leicht verständliche Sprache. Neben den lustigen, zeitgenössischen Codeworten von Lost Souls Ltd., wie Kermit, Timberlake etc., tragen die eingestreuten Musiktitel/-bands, wie R.E.M, oder das hörenswerte Lied "Blue, Blue Eyes" (s. Extras) zur Auflockerung der z. T. sehr niederschmetternden Seelenzustände und ausweglosen Situationen der handelnden Personen, allen voran Kata, bei.

Fazit:
Ein spannungsgeladener Jugendthriller mit starken Charakteren und ein wenig Crime. Wobei sich Letzterer sehr stark auf der psychischen Ebene abspielt. Am interessantesten empfand ich die Persönlichkeitsentwicklung der einzelnen Protagonisten, Kata und den drei Männern von Lost Souls Ltd. Alles in allem, stellt "Blue, Blue Eyes" für mich ein sehr gelungenes Buch dar, das nicht nur äußerlich (Cover), sondern vor allem inhaltlich überzeugt. Ein ungewöhnlich mitreißend komponierter Plot, der 5 Sterne mehr als verdient hat.

Bewertung vom 19.08.2014
Sarginson, Saskia

Zertrennlich


ausgezeichnet

Das Schicksal der Zwillingsschwestern Viola und Isolte Love in S. Sarginsons Roman "Zertrennlich" hat mich emotional sehr bewegt.
Warum?
Es ist diese Mischung aus Familientragödie, tiefer Freundschaft und Hoffnung, die den Leser in seinen Bann schlägt. Buchseite für Buchseite taucht man ab in eine Welt voller Freude und Leid. Man sieht die charakterlich unterschiedlichen Schwestern miteinander in Suffolk aufwachsen, anfangs noch unzertrennlich, tritt ab dem Teenageralter ein Wandel ein. Mehrere Schicksalsschläge überschatten die bis dato unbeschwerte und freie Zeit der Kindheit, in der beide mit einem befreundeten männlichen Zwillingspaar, Michael und John, durch die Wälder streiften, sich Geschichten ausdachten und gemeinsam Abenteuer erlebten.
Das Jahr 1972 bringt die Wende, heimlich brechen beide Zwillingspaare mitternachts in den Wald auf, um die Waldbestie Black Shuck zu jagen. Im Schlepptau haben die Mädchen Polly, die Tochter des neuen Freundes ihrer Mutter. Das kleine Mädchen ist den Abenteuern lästig und sie lassen es im dunklen Wald allein in einem verlassenen Turm zurück. Bei ihrer Rückkehr ist Polly verschwunden, was bleibt ist ein spitzer Schrei und ein Pullover. Mit diesem schrecklichen Ereignis bricht eine Welt zusammen, die alleinerziehende Hippiemutter wird apathisch, alkoholabhängig und ertrinkt im Rausch. Viola und Isolte fühlen sich schuldig, können seit dieser Zeit nicht mehr offen miteinander sprechen. Der Umzug zu Tante Hettie in die Hauptstadt nach London entfremdet die Unzertrennlichen und macht sie immer mehr zu getrennten Persönlichkeiten. Beide gehen unterschiedlich mit Trauer und Schuld um. Viola schadet das Stadtleben, sie wird magersüchtig und rebelliert mit ihrem extravagantem Äußerem und lauter Musik. Sie will nicht erwachsen werden und hängt sentimental den Waldabenteuern ihrer Kindheit und John ihrer Jugendliebe nach. Dagegen passt sich Isolte an und stürzt sich ins Leben, wird erfolgreiche Moderedakteurin. Sie hat im Gegensatz zu ihrer Schwester alles zum Glücklichsein (verständnisvollen Freund, Job etc.) und ist es trotzdem nicht, denn die Schatten der Vergangenheit holen sie in Form von Viola und Albträumen immer wieder heim. Sie wollte es allen beweisen, stark sein, aber als sie ihre Anstellung verliert und sie Viola beim Dahinvegetieren zusieht, reist es ihr den Boden unter den Füßen weg. Sie begreift, dass sie etwas ändern muss. Sie muss sich endlich ihrer Vergangenheit stellen, um nicht nur ihr, sondern auch das Leben ihrer Schwester zu retten.
Diese Reise zurück zu den Wurzeln bringt die Schwestern wieder zusammen, eine wunderbare Wendung, gerade im Fall von Viola, die infolge der Geschehnisse ihre Magersucht besiegt. John, der Zwillingsbruder von Michael und Freund aus Kindertagen, ist Violas Rettungsanker. Beide erfahren, dass es neben der geschwisterlichen Liebe zum jeweils anderen Zwilling noch eine zweite tiefe Form der Liebe gibt, die zu einem verständnis- und liebevollen Mann. Am Ende des Romans sind beide Schwestern erwachsener denn je.

Fazit:
Ein Buch, das man nach dem ersten Lesen nur schwer wieder weglegen kann. Für mich das erste 100%ig überzeugende Lese-Highlight in diesem Jahr. Besonders haben mir die Sprache und die eindrücklichen Natur- und Gefühlsbeschreibungen der Autorin gefallen. Auch die Erzählform, abwechselnd kommen Viola und Isolte zu Wort, ist grandios. Zudem ist das Zwillingsthema an sich spannend.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.08.2014
Crown, Jonathan

Sirius


ausgezeichnet

Inhalt:
Ein Parforceritt durch die stürmische Geschichte der 1930/40er-Jahre.
Der Berliner Foxterrier Sirius wächst in der jüdischen Familie Liliencron auf und flüchtet mit dieser wegen der Novemberverfolgungen 1938 nach Amerika. In Hollywood bekommt er eine Anstellung als Filmhund und lernt ganz nebenbei die Schauspielgrößen der Zeit, Billy Wilder, Marlene Dietrich etc., persönlich kennen. Später wird er zum Zirkushund und gelangt zurück nach Berlin. Dort wird er, man mag es kaum glauben, Schoßhund und Trauzeuge des Führers. Kurzum, Sirius erlebt alle Irrungen und Wirrungen der Zeit hautnah mit - erst als Verfolgter, dann als gefeierter Star. Letzteres erklärt auch den häufigen Namenswandel des Hundes, von Levi über Sirius und Herkules zu Hansi.

Erzählweise/Stil:
Jonathan Crown schreibt flüssig und sehr unterhaltsam.
Mitunter argumentiert er auch sehr tiefgründig bzw. nachdenklich, was folgendes Zitat über die Emigration nach Amerika beweist: "Georg nimmt nichts mit. Gar nichts. Das wiegt am meisten".
Am meisten hat mich die ungewöhnliche Erzählperspektive des Romans beeindruckt. Der Berichterstatter/Protagonist ist ein Hund. Dieser ist klug und mit allen Wassern gewaschen; fast ein Mensch. Zudem versucht der Autor, alle wichtigen zeitgenössischen Personen aus Showbiz und Politik mit einzubauen. Dadurch bekommt der Leser einen Eindruck vom kulturellen und politischen Klima der Zeit. So macht man u. a. Bekanntschaft mit überzeichneten Stars wie dem verrückten Tänzer Billy Wilder. Skurrile Begegnungen und Anekdoten bleiben nicht aus. Der Kiepenheuer & Witsch-Verlag ordnet den Roman deshalb dem Genre der Screwball-Comedy zu. Schon die Idee, dass ein kleiner Foxterrier an den wichtigsten Entscheidungen der damaligen Zeit beteiligt ist bzw. diese trifft, ist mehr als Comedy. Auch der Autor nimmt die Geschichte rund um Sirius nicht so ganz ernst, was der letzte Satz des Romans belegt: "Aber wer weiß schon, wie es wirklich wahr?"

Fazit:
Ein gelungener Erstling, der sich den ernsten Themen des 20. Jahrhunderts (Judenverfolgung, Weltkrieg etc.) auf eindrückliche (oft tragikomische) Weise nähert. Ein Hund schreibt Weltgeschichte neu."Sirius" hat mich ab der ersten Seite gefesselt, ein wahrer Pageturner. Verdiente 5 Sterne. Danke vorablesen, für dieses außergewöhnliche Leseerlebnis!

PS: Ob nun vom Autor so gewollt oder nicht, dessen Nachname "Crown" entspricht dem neuen amerikanischen Familiennamen der Liliencrons (auch "Crown"). Vielleicht bringt die Widmung Licht ins Dunkel. :)

Bewertung vom 19.08.2014
Wulf, Kirsten

Tanz der Tarantel / Commissario Cozzoli Bd.1


sehr gut

Der Apulien-Krimi "Tanz der Tarantel" von Kirsten Wulf passt perfekt in die Sommer/-Urlaubszeit. Die Autorin entführt den Leser gekonnt in die italienische Stadt Galatina, bekannt für das Fest Santo Paolo. Dieser Heilige San Paolo schützt die Bevölkerung vor Skorpionen, Spinnen und Schlangen, so der Volksglaube. Mithilfe der Pizzica-Musik sollen von der Tarantel-gebissene Einwohner geheilt werden, indem diese sich in Trance tanzen und so das Gift aus ihren Körper gelangt. Dieser völkische Exorzismus passt so gar nicht in die heutige Zeit; aber in (Süd-)Italien schlagen die Uhren noch anders.

Ausgangspunkt der Handlung ist die rituell inszenierte Ermordung des international bekannten Pizzica-Musikers Nicola Capone, ein Tamburinspieler und Frauenheld. Elena, Fotoreporterin und betrogene Ehefrau aus Deutschland, und Commissario Cozzoli versuchen Licht ins Dunkel zu bringen. Im Laufe der Ermittlungen stoßen beide auf allerhand Widerstand und ungeahnte familiäre Verstrickungen innerhalb der Kleinstadt. Schritt für Schritt, mithilfe von perfekt arrangierten Rückblenden, wird der Leser mit Hintergrundwissen gefüttert, das schlussendlich die Überführung des Mörders und die Rekapitulierung des Tathergangs ermöglicht. Bis zur letzten Seite des Buches wird Spannung aufgebaut und man muss weiterlesen, um den Ausgang der Geschichte zu erfahren.

Persönlich haben wir besonders die beiden Hauptcharaktere Elena und Cozzoli gefallen. Beide lernen innerhalb der Story voneinander und profitieren vom Wissen des jeweils anderen. Ab und zu wirkt das ein oder andere Kapitel etwas langatmig und die redundante Erwähnung des Wortes "tarantata" tut ihr übriges. Aber dies tut der Qualität des Buchs keinen Abbruch, denn neben der Mordgeschichte sind es vor allem die wunderschönen Naturbeschreibungen, die eingestreuten italienischen Wortfetzen und die "Famiglia" Elenas mit Onkel Gigi, Sohn Ben etc., welche auf wunderbare Weise Urlaubsfeeling und italienisches Flair vermitteln.

Obschon ich keine Anhängerin des Krimigenres bin, hat mir dieses Buch sehr gefallen - vlt. weil ich mich das ein oder andere Mal an Donna Leon erinnert fühlte.

Bewertung vom 19.08.2014
Simon, Lars

Elchscheiße / Torsten, Rainer & Co. Bd.1


ausgezeichnet

Mein persönliches Highlight des Lesesommers 2014 im Bereich Humor!

Der Autor Lars Simon bietet mit "Elchscheiße" eine Humoreske mit allerhand skurrilen Geschichten aus Schweden, genauer aus dem sog. "Drecksnest" Gödseltorp.
Bereits das lustig arrangierte Buchcover lässt auf einen eben solchen Inhalt schließen. Dort schaut der neugierige Leser direkt in die Augen eines Elchs, im Hintergrund sieht man die Fassade eines blauen Plumpsklos mit Herzchen - ist doch klar!

Erzählt wird die Geschichte von Torsten Brettschneider, einem durchschnittlichen Mitdreißiger in der Midlife-Crisis. Die Arbeit will er an den Nagel hängen, um einen Ratgeber für Männer am Scheideweg, kurz gesagt: in der Midlife-Crisis, zu schreiben. Dann betrügt ihn noch seine langjährige Freundin Tanja und das ausgerechnet mit seinem Psychotherapeuten Ferdinand. Letzterer brennt mit Tanja durch und wird als Hochstapler enttarnt. Was hält Torsten noch in Frankfurt? Nichts. Zum Glück gibt es da noch die unverhoffte Erbschaft in Gödseltorp, ein Grundstück samt Gehöft, das einst Tante Lillemor gehörte. Also, nichts wie los, denkt sich Torsten und kauft einen alten VW-Bus. Die Reise nach Schweden ist nicht ganz einfach und vor Ort gibt es eine Menge eigenwilliger Einwohner. Torsten erfährt einige Rückschläge, doch schafft es nach allerhand abenteuerlichen Begebenheiten letztendlich sein Buch zu schreiben und das Herz der Tochter des Gemeindepfarrers zu gewinnen.

Fazit:
Dieser Roman hat mich begeistert und auf jeder Seite wegen seiner Absonderlichkeiten zum Lachen oder Staunen gebracht. Ich liebe Simons bissigen, selbstironischen Erzählton. Er beherrscht die Sprache des schwarzen Humors. Jede Romanfigur wird detailreich dargestellt und oftmals auch überzeichnet, ob nun norwegischer Kriegsveteran, unterbelichteter Nachbarssohn oder der geschäftstüchtige Ragnar. Aus jeder Zeile des Autors, und mag sie noch so negativ ausfallen, spricht die tiefe Liebe zu Schweden. Würde er Land und Leute nicht so genau kennen, könnte er niemals so herrlich amüsant über diese schreiben. Dieses Buch ist reine Unterhaltungsliteratur, dafür aber eine sehr gute. Oft habe ich mich gefragt, woher nimmt der Autor die Ideen für seine haarsträubenden Geschichten. Alkohol, Erfahrung??? Eine letzte Aufforderung: Lest dieses Buch, es wird euren Tag verschönern/erheitern.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.08.2014
Blum, Daniela

Strawberry Icing (eBook, ePUB)


sehr gut

Inhalt:
Die 25-jährige High-Society-Prinzessin Antonia Summerfield führt ein Leben wie Paris Hilton. Sie geht in Nobelboutiquen shoppen und vertreibt sich ihre Zeit mit süßem Nichtstun im Kreise ihrer modebewussten, gebotoxten und oberflächlichen Freundinnen. Ihr Vater ist ein vermögender Immobilientycoon aus L.A., sie von Beruf Tochter. Ihr fehlt scheinbar nichts. Doch hinter der zur Schau getragenen arroganten und oberflächlichen Fassade bröckelt es gewaltig. Doch das scheint keiner außer Ben Geller, ein ebenso reicher wie verzogener Unternehmersohn, zu erkennen. Antonia, genannt Toni, weint auf ihrer eigenen Geburtsfeier, betrinkt sich im Anschluss und heiratet infolge in Las Vegas den armen Konditormeister Alex Novak. Sie will die Ehe mit dem nicht standesgemäßen Partner lösen, doch wird zu einem Jahr Zwangsehe verurteilt. Dies schmeckt ihr anfangs nicht, doch macht sie von Tag zu Tag erwachsener. Im beschaulichen Waynesboro (Tennessee) hilft sie Alex' Großmutter Grace in der Konditorei aus und wird Teil der Familie. Ein Gefühl von Geborgenheit und menschlicher Wärme macht sich breit. Einfach alles das, was ihr ihr Vater nach dem Tod der krebskranken Mutter nicht mehr geben konnte. Zudem verliebt sie sich in den unbekannten Alex. Doch der hat ein Geheimnis...

Meinung:
Daniela Blum schreibt flüssig und verliert nie den roten Faden. Ihre Sprache ist verständlich und an passenden Stellen jugendlich frech. Auch wenn die Geschichte vorhersehbar ist, fiebert man als Leser bis zur letzten Zeile mit Antonia mit. Gekonnt spielt Blum mit Vorurteilen gegenüber den oberen Zehntausend. Die Figurenentwicklung der beiden Hauptcharaktere, Antonia und Ben, ist in diesem Zusammenhang äußerst interessant. Anfangs sind beide Opfer dieser "Scheingesellschaft", sie leben ein klischeehaftes Leben, das für beide irgendwann nicht mehr annehmbar ist und sie verändern sich im Laufe des Plots auf wunderbare Weise; werden menschlicher. Bens Lügen-/Verwechslungsspiel ist zu Beginn noch verständlich, aber gegen Ende nur noch lästig. Man wünscht sich, dass er Antonia die Wahrheit sagt. Auch das märchenhafte Ende samt Epilog war mir etwas zu viel des Guten - einfach zu harmonisch/kitschig.

Besonders haben mir die Ausführungen über das Backen gefallen; aus jedem Wort spricht die Liebe der Autorin zum Back-/Konditorhandwerk. Ich hatte mich schon immer gefragt, was „Fondant“ ist und habe in diesem Roman eine Antwort gefunden – wieder etwas gelernt.

Fazit:
Zuckersüße Sommerunterhaltung. Wer Lust hat hinter die immerzu perfekt erscheinende Fassade der oberen 10.000 zu blicken und mehr über deren Probleme zu erfahren, sollte „Strawberry Icing“ zur Hand nehmen. Darüber hinaus bietet Daniela Blums Roman jede Menge Herzschmerz, Familienidyll und Oberschichtklische

Bewertung vom 28.05.2014
Both, Alix

Muss ich das alles lesen, Frau Professor?


ausgezeichnet

Mich hat dieses Buch 100%ig überzeugt. Alix Both beschreibt auf lebendige und treffende Weise ihr Vertretungssemester als Professorin für Genderwissenschaften an einer dt. Universität. Endlich mit 38 Jahren ist sie auf dem Höhepunkt ihrer universitären Karriere angelangt, doch auch als Professorin macht der alltägliche "Uni-Wahnsinn" nicht vor einem Halt. Schnell stellt die Professorin fest, dass es als Neuling einige Hürden zu überwinden gilt. Einerseits hat die Sekretärin für die neue Kollegin keine Zeit, weil sie einem anderen Jungprofessor zugeteilt ist, dann gibt es noch die stets überarbeiteten wissenschaftlichen Hilfskräfte, die wiederum durch weitere Nebenjobs keine Zeit haben, um kleinere Arbeiten zu übernehmen. Andererseits wären da noch die spleenigen Kollegen, die jeder Kritik enthoben zu sein scheinen, wie z. B. Professor Bonaparte, und jene, die man nie antrifft und die sich in ihrem Büro verschanzen und das Licht anlassen, um zu zeigen, dass sie unermüdlich im Auftrag der Wissenschaft tätig sind. Als ehemaliger Student freut man sich über diese Charakterstudien und denkt unweigerlich, solche Typen gab es früher an meiner Uni auch. Die Uni ist eine eigenständige und in sich geschlossene Welt, diesen Eindruck gewinnt man schon nach dem Lesen der ersten Zeilen. Es gibt unausgesprochene Hierarchien, Kleiderordnungen und Verhaltensweisen, wer diese nicht kennt und sich gar anders verhält, wird schnell verspottet und als unwissenschaftlich - populärwissenschaftlich - eingestuft.

Einen andereren Schwerpunkt von Boths Ausführungen bildet die Gruppe der Studenten. Auch unter diesen gibt es verschiedene Typen, wie z. B. das unscheinbare Anhängsel (Groupie), den belesenen Rastaman oder die topgestylte Lehramtsstudentin mit Verständnisschwierigkeiten. Letztere haben fast alle Studenten, wenn diese längere philosophische Texte lesen müssen (s. Buchtitel) oder eines der ersten Seminarreferate halten sollen. Mit diesen Anekdoten kann sich jeder Student bzw. Alumnus aufgrund von ähnlichen Erfahrungen identifizieren. Der Erkenntnis, dass es den Studenten seit Bologna mehr um Creditpoints als um Bildung und persönliche Reifung gehe, kann ich größtenteils zustimmen. Seminare werden nicht mehr nach Interesse oder nach Inhalten gewählt, sondern nach Aussicht auf maximale Erfolge. Eine verheerende Entwicklung. Das Streben nach Perfektion geht sogar so weit, dass Doktoranden ihre Promotion jahrelang nicht abschließen, weil jedes Kolloquium und jede neue Publikation noch unbeachtete Aspekte aufwirft.

Mir gefällt das Buch außerordentlich, weil die Autorin unverblümt über die derzeitige Uni-Welt berichtet. Sowohl Kuriositäten als auch Negativentwicklungen werden beim Namen genannt. Das, was man als Student nicht auszusprechen wagte, kommt endlich einmal zur Sprache.

Bewertung vom 28.05.2014
Fletcher, Adam;Hawkins, Paul

Denglisch for Better Knowers: Zweisprachiges Wendebuch Deutsch/ Englisch


gut

Das Buch "Denglisch for Better Knowers" hat mich überrascht. Warum?

1. Es wurde bilingual verfasst (dt./engl). Wenn man das ansprechend illustrierte Buch wendet, d.h. Vorder- und Rückseite tauscht, kann man je nach Gusto und Können die dt. oder die engl. Version lesen. Das ist m. E. ein großes Plus, weil damit die eigene Fremdsprachenkompetenz geschult bzw. erprobt werden kann.

2. Die Herangehensweise der beiden englischen Autoren ist ungewöhnlich. Sie übersetzen bekannte typisch deutsche Wörter und Redewendungen, wie z. B. "Spiegelei" (Mirror Egg), "Eierlegende Wollmilchsau" (Egglaying Wool Milk Pig) oder "Ich trau dem Braten nicht" (I don't trust the roast), wortgetreu ins Englische. Letzteres hört sich für deutsche Ohren mehr als seltsam an; besonders, wenn die richtige engl. Entsprechung bekannt ist. Bei englischen Muttersprachlern wird der Effekt ähnlich sein. Nichtsdestotrotz erzeugen die angeführten denglischen Wörter, wie Luck Mushroom (Glückspilz), Heiterkeit und Erstaunen. Als Leser traut man oft seinen Augen nicht... Derartige Sprachentgleisungen sind dem aufmerksamen Leser bereits durch Titus Arnus "Übelsetzungen" oder Bastian Sicks "Bilderbuch aus dem Irrgarten der deutschen Sprache"oder Axel Hackes "Oberst von Huhn bittet zu Tisch" bekannt; hier werden vor allem Sprachunfälle auf ausländischen Speisekarten (z. B. "Zwiebel ruft an" für "Onion Rings") thematisiert.

3. Die Einteilung in lustige mit persönlichen Erfahrungen verbundene Kapitel überzeugt. Hierfür haben beide Autoren viele Anregungen aus ihren eigenen Erlebnissen als Engländer in Deutschland erhalten. Die Erklärungen zu einzelnen Wörtern wie "Fun Bird" (Spaßvogel) sind immer subjektiv und kommen keineswegs oberlehrerhaft daher. Der augenzwinkernde Grundton des Buches spricht vor allem das jüngere Publikum an. Aber auch jung gebliebene Erwachsene können an diesem kurzweiligem Buch ihre Freude haben. Es liefert zwar keine sprachwissenschaftlichen Ausführungen, wie man sie von Bastian Sick & Co. kennt, überzeugt aber durch die Alltagstauglichkeit der angeführten Beispiele; so manch ein Engländer bzw. Amerikaner wird durch dieses Buch die Tücken der dt. Sprache etwas besser verstehen.