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Insgesamt 1621 Bewertungen
Bewertung vom 28.09.2019
Turton, Stuart

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle


sehr gut

Blackheath

Aiden Bishop kommt aus dem Wald, erinnert sich an nichts, ruft aber nach Anna. Aber wer ist denn eigentlich Anna? Aiden weiß es nicht. Er weiß nur, dass er von einem Mann, der ein Mörder ist, einen Kompass bekommen hat, mit dessen Hilfe er nach Osten und damit zum Anwesen der Familie Hardcastle gefunden hat. Doch ob dies die Rettung oder der endgültige Untergang ist, muss sich noch erweisen, denn Aiden gerät in eine absurde Geschichte, aus der er nur wieder herauskommt, wenn er das Rätsel um den Mord an Evelyn Hardcastle, der Tochter des Hauses, löst.

Es ist schwer, Autor und Story gerecht zu werden. Es ist alles sehr komplex. Das spricht dafür, dranzubleiben – aber genau diese Komplexität führt bei mir persönlich dazu, dass ich zwischendrin einfach Pausen brauche, um zu Atem zu kommen, Kräfte zu sammeln, Konzentration für das Geschehen aufbringen zu können. Sonst bleibt zu wenig haften und ich muss wiederholen. Das ist anstrengend. Gleichzeitig ist die Story aber auch wieder so gut, dass man nicht ans Abbrechen denkt. Das ist sehr schwer zu beschreiben! Ich vermute, die Story wird heftig polarisieren: Die einen werden total begeistert sein, die anderen absolut enttäuscht.

Die Grundidee, dass eine Person in die Körper von acht anderen schlüpft und eine Situation bzw. einen Tag aus deren Sicht erlebt, ist super. Das Problem ist wohl, dass vieles nicht wirklich greifbar und immer verschwommen ist und erst am Ende aufgelöst wird. Da wird das Mitraten sehr erschwert. Immer wieder gibt es neue Situationen und Erkenntnisse und die Masse all dessen droht, sich selbst zu erschlagen.

Der Lesefluss geht leider ab einem gewissen Punkt etwas verloren. Zu viele Zeit- und Personenwechsel kommen da zusammen. Ich mag Storys in der Ich-Form, aber hier wird das durch die vielen „Wirtskörper“ etwas verwirrend und ich habe manchmal nicht mehr verstanden, wer Aiden gerade ist.

Die Auflösung ist raffiniert, aber gleichzeitig macht sie mich ein bisschen sauer, denn darauf kann man echt nicht kommen. Dennoch gefällt mir, dass sie wirklich gut und ausführlich erklärt wird und nicht einfach nur das Ende ist.

Frank Stieren hat maßgeblich dazu beigetragen, dass ich trotz allem Gefallen an der Story gefunden habe. Er hat genau die richtigen Betonungen getroffen und kann sich so wunderbar einfühlen, dass er Emotionen transportiert, die ich beim reinen Lesen so nicht hatte. Umso schöner, das Buch einmal zu lesen und einmal zu hören. Das Hören hat das Ruder herumgerissen.

Bewertung vom 25.09.2019
Sharpe, Tess

River of Violence


sehr gut

Der Titel ist Programm

Harley hat sehr jung ihre Mutter verloren und wächst mit einem Vater auf, der sie früh in sein Metier einweist: das Drogengeschäft. Sie erlebt also tagtäglich Schlimmes und Gewalt. Ihre Mutter hatte sich immer um Frauen gekümmert, die Gewalt erfahren haben und hier ist auch ihre Leidenschaft – sie führt dieses Erbe weiter und gibt misshandelten Frauen und deren Kinder Unterschlupf. Doch die Gewalt und Kriminalität sind ein stetiger Begleiter von Harley – ganz gleich, was sie tut …

Immer wieder wird der Leser in die Vergangenheit geführt. Dadurch lernt man Harley besser kennen und versteht, wie sie wurde, was und wer sie ist. Man darf nicht zu zart besaitet sein bei der Lektüre. Die Autorin hat nichts ausgelassen an Gewalt und Brutalität. Sie reißt den Leser komplett aus der Wohlfühlzone. Genau deshalb habe ich sehr lange gebraucht, um das Buch zu beenden. Es ist auffallend gut geschrieben und fesselt, aber in der falschen Lebenssituation zieht es einfach zu stark runter. Man sollte es nicht nebenher lesen, sondern sich komplett darauf einlassen. Dann erkennt man die eigentliche Aussage von Tess Sharpe.

Der Titel ist Programm, also darf man sich weder beschweren noch wundern. Und ja, auch diese Art von Leben gibt es. Schön ist das nicht, aber leider Realität. Insofern erdet dieses Buch und zeigt, wie gut man es selbst hat und wie sicher man lebt. Es strengt an, jemanden zu mögen, der gegen alles handelt, das man selbst sein Leben lang als richtig angesehen hat. Es erschreckt, dass man irgendwann einen Punkt erreicht, an dem man Gewalt als richtig ansieht.

Der Stil ist entsprechend hart und teils auch die Sprache brutal. Nicht jede Beschreibung hätte so ausführlich sein müssen für meinen persönlichen Geschmack. Ein paar Mal wird das eine oder andere zu oft erwähnt und diese Wiederholungen schaffen dann Längen. Dennoch eine lohnenswerte Lektüre – wenn man die Stärke dazu hat. Ich gebe vier Sterne.

Bewertung vom 25.09.2019
Thomas, Scott

Kill Creek


ausgezeichnet

Horror-Roman vom Feinsten!

Das Finch-House in Kill Creek ist als Geisterhaus bekannt. Es hat eine düstere Aura und niemand will es mehr haben. Der Mann, der es erbaut hat, wurde aufgrund seiner Liebe zu einer ehemaligen Sklavin ermordet und musste zuvor zusehen, wie sie geschändet und getötet wurde. Die beiden Finch-Schwestern, die das Haus kauften und erhileten, lebten komplett zurückgezogen. Und dann ist da noch diese seltsame Mauer mitten im Haus. Für Wainwright ist all dies die optimale Kulisse, um vier der besten Schriftsteller des Horrorgenres an Halloween genau hier zusammenzubringen und zu interviewen. Doch er hat nicht mit den Mächten des Hauses gerechnet …

Das Buch fängt sehr gemächlich, aber nicht uninteressant an. Der Leser lernt die einzelnen Figuren kennen, erfährt ein wenig von ihren kleinen Geheimnissen und Schwächen und überlegt insgeheim, welcher bekannte Autor da wohl gemeint sein könnte. Dieser Trick ist Scott Thomas echt prima gelungen. Der Leser muss nämlich durchhalten. Es kommt der Punkt, an dem man sich fragt, wo hier die Parallelen zu „The Shining“ sein sollen und wieso Autor und Buch so hoch gelobt werden. Tja, und genau dann fängt es an! Geduld wird hier belohnt und irgendwann macht alles einen Sinn.

Ich habe mich an vielen Stellen enorm an Stephen King erinnert gefühlt. Das liegt nicht nur am Haus, sondern an ganz vielen kleinen Zeichen. Fast könnte ich glauben, dass der Meister des Horrors sich zu seinem 72. Geburtstag selbst ein Geschenk gemacht und wieder ein Alter Ego erfunden hat, wie zu Zeiten Richard Bachmanns. Schon allein das Haus auf dem Cover – es ist so typisch King! Doch ob das nun so wäre oder nicht – wenn Scott Thomas drauf steht, werde ich beim nächsten Buch auch wieder zugreifen, denn die Story ist super gelungen und ich bin gekonnt an der Nase herumgeführt worden.

Man merkt es nicht gleich, aber am Ende ergeben viele, unendlich viele Puzzleteile ein Bild, das den Atem raubt. Ich liebe es, wenn ich am Ende denke, das hätte ich schon am Anfang sehen und erkennen müssen – genau das passiert hier. Noch dazu krönt Scott Thomas sein Buch mit einem gelungenen, runden und noch dazu genialen Ende.

Die einzelnen Figuren sind Thomas so gut gelungen, dass man meint, sie zu kennen. Jede hat ihren eigenen inneren Dämon und Thomas schafft es, sich nicht zu wiederholen oder langweilig zu werden. Nichts ist überspannt, alles logisch und in sich stimmig. Die Parallelen zum „Overlook Hotel“ und teils auch zu „Es“ sind erkennbar, dennoch empfinde ich die Story nicht als nachgemacht. Im Gegenteil, sie ist runder und realer, sie ängstigt deshalb noch mehr.

Ich hatte großartige Lesestunden mit „Kill Creek“ und warte nun, ob es weitere Bücher von Scott Thomas geben wird und er dieses Level halten (oder gar toppen) kann. Zeitweise dachte ich, das wird ein vier-Sterne-Buch, aber am Ende wusste ich, warum der Anfang so war, wie er nun mal ist. Deshalb gebe ich die vollen fünf Sterne!

Bewertung vom 19.09.2019
Russo, Andrea

Green Witch


ausgezeichnet

Hexen will gelernt sein!

Elisabeth Aurora Vermeer bekommt an ihrem 12. Geburtstag Besuch von 12 Hexen – das ist in ihren Kreisen normal, denn sie ist eine Junghexe und an diesem Tag wird bestimmt, zu wem Lizzy in die Ausbildung geht. Sie selbst möchte zu gern zu Ava, der jungen Wasserhexe, aber der Rat beschließt, sie muss zu Camilla, ihrer Großtante, und Kräuterhexe werden. Lizzy bekommt ein außergewöhnliches Ausbildungsgeschenk und nur dies und die Tatsache, dass ihre beste Freundin Stina sie die ersten Tage begleiten darf, trösten sie über die Enttäuschung hinweg. Doch dann entwickelt sich alles völlig anders, als Lizzy dachte und das größte Abenteuer ihres Lebens beginnt …

Andrea Russo ist eine im wahrsten Sinne bezaubernde Geschichte gelungen. Die Figuren, ob Kinder oder Erwachsene, hat sie glaubwürdig aufgebaut und ihnen unverwechselbare Charakterzüge gegeben. Es fällt leicht, sich die einzelnen Personen vorzustellen.

Die Sprache ist kindgerecht, aber nicht platt oder billig. Auch sind die Sätze nicht zu schlicht und einfach, sondern schon ein Stückchen weit anspruchsvoll. Besonders schön aber ist die Message, die sich im Buch versteckt – anders sein ist keine schlechte Sache und in sich zwei Veranlagungen zu haben kann ein Vorteil sein, es ist kein Grund zur Ausgrenzung. Das finde ich enorm wichtig und hier extrem gut gelungen.

Der Verlauf der Geschichte ist logisch und spannend zugleich. Immer wieder schenkt die Autorin den Lesern (ob jung oder alt – man ist einfach gefesselt!) Überraschungsmomente. So viele wunderbare Ideen und erfrischende Einfälle findet man hier! Nichts ist abgedroschen oder schon zigmal dagewesen. Zudem schafft Andrea Russo es, die Geschichte in unserer Zeit passen zu lassen und ohne neue Welten auszukommen. Fantasy-Elemente sind mit den Hexen und ihren Fähigkeiten vorhanden, aber eben nicht „aus der Welt“, sondern in unsere Zeit und Gegenwart integriert. Das gefällt mir sehr gut.

Ohne das Ende vorwegnehmen und verraten zu wollen, möchte ich Autorin und Verlag ganz dolle bitten, so schnell wie möglich den nächsten Band zu veröffentlichen, denn eines ist klar: Hier darf noch lange nicht Schluss sein! Lizzy, Stina und Tim eignen sich wunderbar für eine Serie, ebenso die Hexentanten und Lizzys Eltern. Auch wenn die Geschichte in sich abgeschlossen ist, gibt es noch viel zu erzählen und zu erleben. Ansätze dafür sind reichlich vorhanden. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass „Green Witch“ das neue „Hanni und Nanni“ oder „Fünf Freunde“ werden kann und nicht nur Mädchen in ihrer Kindheit und Jugend begeistern wird. Ich gebe alle Sterne, die greifbar sind!

Bewertung vom 17.09.2019
Kernbach, Michael

Scheiße, ist das lange her!: Und du so in den 70ern?


sehr gut

Viele schöne Erinnerungen wurden geweckt

In den 1970ern war ich Kind, in den 1980ern Teenager. So kommt es, dass ich für das eine oder andere in diesem Buch zu jung bin/war, dennoch hat es unfassbar viele Erinnerungen geweckt und hochgeholt. Oh ja, die Farben waren damals tatsächlich psychedelisch! Manche Formen und Muster wecken noch heute das Bedürfnis, eine Sonnenbrille aufzusetzen!

Der Aufbau des Buches ist passend gestaltet. Sehr humorvoll, teils schon albern, aber das muss so! Viel Platz für eigene Fotos und Einträge gibt es. Noch dazu kann man bei einigen Aufzählungen ankreuzen, was man selbst meint. Dabei ist viel Blödsinn. Da ich bei Eintragbüchern immer so entsetzlich pingelig werde, stört mich das ein bisschen. Entweder komplett albern oder die Einträge wenigstens „wahrheitsgemäß“ und ernsthaft. Für mich ist hier der Mix davon nicht so gelungen.

Dennoch – das Buch ist für einen selbst schon witzig, aber als Geschenk noch besser. Von meiner Warte aus gesehen eignet es sich vor allem für jene, die Anfang bis Mitte der 1950er geboren wurden, denn die waren in der Zeit zumindest Teenager und können bei Themen wie Disco und Kino dann doch besser mitreden und mitlachen.

Die Sticker im Buch sind nun für mich nicht so der Hit. Da hatte ich mir andere vorgestellt. Aber witzig sind sie auch so. Besonders wild nicken musste ich, als es darum ging, dass „wir“ noch ohne Smartphone auskamen, Freunde real trafen und aktiver waren, eben weil wir nicht alles online regelten. Hach! Wunderbar! Und ja, ich möchte heute nicht mehr Kind oder Teenager sein, bin sehr froh, dass ich Mitte der 1960er geboren wurde und all das miterleben konnte. Live! Und so bunt!

Ich finde es witzig und gelungen – perfekt ist es nicht, also gebe ich vier Sterne!

Bewertung vom 17.09.2019
Backman, Fredrik

Wir gegen euch / Björnstadt Bd.2


ausgezeichnet

Die dunklen Seiten und Zeiten

In Björndahl brodelt es. Seit einem üblen Vorfall sind die Bewohner zwiegespalten. Auch in Hed wird Stimmung gegen den einen oder anderen gemacht und nichts ist mehr so, wie es einmal war. Kaum jemand lebt sein Leben noch wie zuvor. Und alles gerät immer mehr ins Rutschen. Doch ohne Zusammenhalt gehen alle unter. Also muss etwas geschehen und so kommt es, dass ungewöhnliche Methoden genutzt werden, um zu retten, was unrettbar erscheint …

Der Stil ist ganz so, wie man das von Backman kennt. Leicht zu lesen, ganz unkompliziert und direkt. Aber er packt so viel zwischen die Zeilen, sogar zwischen die Worte, dass daraus schwere Kost entsteht, die ganz entsetzlich tief unter die Haut geht und den Leser mehr entsetzt, als der blutigste Psychothriller es vermag. Nein, das Buch liest sich nicht mal eben so weg. Es fordert. Es stellt den Leser auf eine harte Probe. Es belastet. Und all das ist der Grund dafür, warum es so gut ist.

Aber was soll man anderen Lesern über dieses Buch erzählen? Es steckt so voller Themen, die uns in unserem eigenen Leben immer und überall begegnen und ist so einfach brandaktuell. Aber es rührt eben stark in den Wunden. Lichte, fröhliche Momente gibt es diesmal wenige, dennoch strahlen die dann umso heller. Und obwohl das Buch wirklich extrem düster ist, gibt es dennoch Hoffnung und Kraft. Das schafft Backman, wie kein anderer.

Für mich ist dieses Buch ein Zerrspiegel unserer Gesellschaft, der viele Konflikte aufzeigt und verstärkt wiederspiegelt. Es zeigt uns, wie nahe wir tagtäglich an der großen Katastrophe vorbeischliddern und dass wir immer nur das sehen, was wir sehen wollen, unsere Komfortzone nur ungern verlassen und uns wundern, wenn die Dinge gar nicht so sind, wie wir glaubten – weil wir immer nur unseren eigenen Blickwinkel als Maßstab anerkennen.

Dieses Buch verletzt, es reißt aus der Traumwelt, es erschüttert. Und genau das braucht man ab und zu. Bequem ist es nicht und es hat lange gedauert, bis ich es fertig gelesen hatte, denn so nebenbei liest man dieses Buch auf keinen Fall. Und dennoch – oder gerade deshalb – gebe ich die vollen fünf Sterne. Aber bitte, Herr Backman – schreiben sie mal wieder ein „helleres“ Buch. Ihr Humor ist so schön und man fand (verständlicherweise) so wenig davon in diesem Buch.

Bewertung vom 08.09.2019
Leo, Maxim;Gutsch, Jochen

Du bleibst mein Sieger, Tiger


ausgezeichnet

Ich liebe diesen Humor!

Dieses Bch sollte jede/r über Vierzig unbedingt kaufen und lesen bzw. hören! Es ist urkomisch, obwohl gar keine Witze erzählt werden, sondern der ganz normale Alltagswahnsinn dargestellt wird. Jawohl, irgendwann sind die Namen der „Stars“ nur noch böhmische Berge und man ist entsetzt, wenn man seine eigenen Jugendhelden heute sieht – sie sind natürlich ebenso älter geworden, wie man selbst.

Das ganze Leben hat schöne und lustige Seiten – vom „Alter“ aus gesehen, ist die Jugend genauso witzig und komisch, wie die Jugendlichen die „Alten“ sehen. Aber meist vergisst man das und jammert der verlorenen, vergangenen Jugend nach. Leo und Gutsch erinnern daran und das so wunderbar selbstironisch, dass man immer wieder laut auflachen muss. Wer Ende 40/Anfang 50 ist, wird das Buch besonders genial finden, denn dann kann man viele Anspielungen auf die Jugend in den 80ern am besten verstehen.

Man erkennt sich einfach immer wieder selbst. Und erkennt, dass wir uns alle gar nicht so groß unterscheiden und uns das Leben gern selbst schwer machen. Wir nehmen nicht die Dinge wichtig, die uns wichtig sind – sondern die, von denen wir glauben (!), dass sie für andere (!) wichtig sind. Und dazu gibt es unzählige Beispiele!

Die Story über Hackfleisch ist einfach unfassbar witzig. Und nicht nur die – aber sie ist quasi stellvertretend für alle das Paradebeispiel. Wunderbar und genial, wie hier ein Thema ans andere gereiht ist und es immer quasi nahtlos passt. Und Themen gibt es viele – da erkennt sich echt jeder irgendwo wieder. Ein bisschen trifft hier Heinz Ehrhardt auf Ephraim Kishon, gewürzt mit einer Prise Otto und etwas Robert Gernhardt. Wunderbar! Und das verstehen wohl auch nicht allzu viele unter Vierzig …!

Ja, hier erzählt ein männlicher Ich-Erzähler und die Autoren sind Männer. Aber ich als Frau finde, sie machen das wunderbar und noch dazu so, dass wir Frauen sehr wohl mit und über sie lachen können und dürfen – und das dann auch bitte über uns selbst können müssen. So anders als sie benehmen wir und nämlich auch nicht. So! Sind wir doch mal ehrlich! Und ja, wir Frauen lieben unsere Männer auch dann, wenn sie in die Alterspubertät kommen. Sie bleiben unsere Sieger. Ich fühle mich total verstanden und freue mich über diese Entdeckung (des Buches) – dafür gebe ich fünf Sterne!

Bewertung vom 07.09.2019
Kummer, Dirk

Alles nur aus Zuckersand


ausgezeichnet

Fred, Jonas , Herr Marek und die Sache mit der Freundschaft

Fred Ernst, ein Zehnjähriger 1979 im Ostteil Deutschlands, erzählt die Geschichte seiner Freundschaft zu Jonas, dessen Mutter einen Ausreiseantrag gestellt hat. Das hat Folgen für alle, auch für Fred – denn der Staat sieht es gar nicht gern, wenn Ausreisewillige Kontakt zu anderen haben. Sie könnten sie ja überreden …! Fred und Jonas überlegen, wie sie weiter Freunde bleiben können, denn es sind den Ausreisewilligen nach ihrer Auswanderung keine Kontakte mehr erlaubt. Werden die beiden ihre Freundschaft retten können?

Charly Hübner spricht das Buch bezaubernd ein. So ein kleiner Ost-Slang taucht hin und wieder auf, aber nicht so heftig, dass es albern werden könnte. Die Kids der Zeit waren ein bisschen anders als heute, dennoch ist die Geschichte für die heutige Generation verständlich erzählt. Dirk Kummer schafft es, diese „Zeitbrücke“ sehr gut zu schlagen.

Die Gefühle des Zehnjährigen Fred werden sehr einprägsam und nachvollziehbar geschildert. Seine Gedanken, seine Ängste und Sorgen, die Abläufe in der damaligen DDR – all das ist so formuliert, dass vierzig Jahre später Gleichaltrige einen Blick in dieses Kapitel unserer Geschichte werfen können und sehen, wie frei sie selbst sind. Aber auch für Erwachsene ist dieses Buch ein wahres Geschenk, das die Mauer in den Köpfen einreißen kann.

Mich hat Dirk Kummer sehr bewegt und beeindruckt. Ich gebe für diese wunderbare Geschichte über Freundschaft über alle Grenzen und Schwierigkeiten hinweg die vollen fünf Sterne.

Bewertung vom 07.09.2019
Carter, Chris

Jagd auf die Bestie / Detective Robert Hunter Bd.10 (2 Audio-CDs, MP3 Format)


weniger gut

Brutal, blutig, aber entsetzlich unlogisch

Lucien Folter ist für Robert Hunter kein Unbekannter. Jetzt ist er aus der Sicherheitsverwahrung ausgebrochen und hinterlässt dort und auf seinem Weg nach LA jede Menge Leichen. Schnell wird klar – Lucien geht es einzig und allein darum, Hunter aus der Reserve zu locken. Der Tag der Abrechnung naht.

Für mich ist Hunters zehnter Fall der erste Carter. Und ich kann schon jetzt sagen – es war auch mein letzter. Ich liebe Thriller und ich mag raffinierte Täter, aber hier geht es in erster Linie um Brutalität und Blut. Es wird immer und immer wieder überdeutlich alles bis ins kleinste Detail beschrieben, wenn es um Mord und Totschlag geht. Da erlebt man mit dem Täter die Tat, da erfährt man, was der nächste Mensch sieht, wenn er die Toten entdeckt, da erfährt man, was der Leichenbeschauer dazu zu sagen hat – also immer und immer wieder wird überdeutlich ein und dieselbe Tat beschrieben und die nächste grausame Tat steht schon vor der Tür. Die Ideen des Mörders sind abartig und man fragt sich automatisch, was für ein Mensch der Autor sein muss – denn so geht das sicher in den neun vorherigen Büchern auch zu! Es ist widerlich und unnötig.

Auch Hunter nervt mich. Wird beschrieben als ach so kluges Wunderkind, das zum weltbesten Profiler wurde und dann braucht er ewig, um ganz einfache Zusammenhänge herzustellen und/oder zu merken, dass er mal wieder ausgetrickst worden ist. Ihm unterlaufen Fehler, die einem blutigen (ach, wie passend!) Anfänger nicht passieren dürften. Von Genialität spüre und sehe ich da nix – für mich ist Hunter da eher „vernagelt“.

Völlig unsinnig fand ich auch, dass ständig irgendwer irgendwas nachfragen musste. Was hat er gesagt? Wo ist er? Was macht er? Wirklich? Wann? Wo? Ein guter Kniff ist das in dieser Masse keineswegs. Dann kommt das Show-Down-Ende, das in Stil und Ausarbeitung so gar nicht zu allem, was zuvor war, passen mag. Lucien, der so perfekt alles bisher geplant hat, unterlaufen endlos viele Fehler. Im Ernst jetzt? Dass dies eine Fortsetzung ist, kommt dabei gar nicht zum Tragen, denn das tut meiner Meinung nach gar nichts zur Sache. Böses Monster gegen genialen Profiler – mehr muss man eigentlich nicht als Voraussetzung wissen.

Für mich war Luciens Nachname (Folter) ein bisschen lustig. Passt ja schon (auf Deutsch gelesen) zu seinem Wesen. Beabsichtigt war das vom Autor sicher nicht – es fällt mir einfach nur auf.

Leider fand ich Uve Teschner als Sprecher nicht so wirklich toll. Seine Art, Frauen zu sprechen, hat mich sehr gestört. Das klingt bei ihm sehr schnippisch und für mich abwertend. Schade! Da mir die Story insgesamt aber sowieso nicht so super gefallen hat, fällt dies nicht mehr ins Gewicht.

Mir ist vollkommen bewusst, dass ich mit meiner Meinung komplett gegen den Strom schwimme. Dennoch kann ich diesem Buch nicht viel abgewinnen. Mehr als zwei Sterne sind nicht drin.