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yellowdog

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Insgesamt 2106 Bewertungen
Bewertung vom 03.08.2021
Wondratschek, Wolf

Im Dickicht der Fäuste. Vom Boxen


ausgezeichnet

Wolf Wondratschek: In Dickicht der Fäuste. Vom Boxen.

Dieser Essayband versammelt Wolf Wonfratscheks Beiträge über das Thema Boxen, dass er sehr oft in einem Vergleich zur Literatur bringt.
Die Reportagen sind in cronologischer Form sortiert. Bemerkenswert, dass auch Texte von 1980 heute noch so wirkungsvoll sind.
Wonratsches Leidenschaft für das Boxen ist ansteckend, selbst wenn man wenig Bezug zu diesem Sport hat.
Er geht auch in die Vergangenheit und schreibt z.B. über Jack Johnson, auch über Max Schmeling und erst Recht über Mohammed Ali. Später wird es auch um jüngere Boxer gehen wie Henry Maske, Mike Tyson oder Klitschko.
Ein Abschnitt versammelt Gedichte und Interviews.
Manches ist wirklich spannend und man kann sich kaum losreißen von diesen gelungenen Texten, die gut durchgearbeitet sind.

Bewertung vom 02.08.2021
Schami, Rafik

Mein Sternzeichen ist der Regenbogen


ausgezeichnet

Ausgewogenes Erzählungsband

Rafik Schami hat schon so einige Erzählungsbände geschrieben.
Wie meistens geht es auch in seinem neuen Buch Mein Sternzeichen ist der Regenbogen viel um Syrien und Deutschland sowie dem Leben von Syrer in Deustchland, die ihre ehemalige Heimat nicht vergessen können.
Dieses Buch ist aber etwas anders als die früheren Kurzgeschichten, besonders im Ton, der ruhiger, tiefgründiger ist und nicht so sehr auf Pointe setzt und in der zunehmenden Komplexität.
Gut möglich, dass das damit zusammenhängt, dass Rafik Schami älter geworde ist, aber das verhaltenere Erzählen steht ihm.
Noch schärfer ist sein Blick auf die Eigenschaften der Menschen und ihr oft egoistisches Verhalten geworden, die ironie ist eine Spur schärfer als früher.
Das zeigt sich beispielhaft in der Story Salmas Plam, in der ein Geburtstagsfest zur Abrechnung wird.
Es gibt aber auch mildere Geschichten. Manche kürzere Kapitel wirken essayistisch. Oft erfährt man von den Erfahrungen der Menschen.
Das Band ist ausgewogen.

Bewertung vom 01.08.2021
Wondratschek, Wolf

Dante, Homer und die Köchin. Eine Komödie


sehr gut

Verspielt
Dante, Homer und die Köchin ist ein Buch, dass mit literarischen Mitteln spielt.
Homer lebte vermutlich 850 v. Chr., Dante Alighieri im 13.Jahrhundert. Was verbindet sie? Wolf Wondratschek hat da seine eigenen Ideen, z.B. dass die beiden großen Dichter der Weltliteratur noch leben, und zwar in Italien. Das überrascht und verstört die Öffentlichkeit.
Nicht nur Dante und Homer, hier gute Kumpel, obwohl keine Zeitgenossen, treten hier auf. Ein brillantes Kapitel gehört James Joyce, erzählt von seiner Frau.

Ein ruhender Pol in der Geschichte um Homer und Dante ist die Köchin.
Sie ist Vermieterin und Köchin dieser beiden Männer und kümmert sich hingebungsvoll um sie.

Souverän erzählt Wolf Wondratschek seine fantasievolle, verspielte Geschichte.

Bewertung vom 31.07.2021
Barreau, Nicolas

Die Zeit der Kirschen


sehr gut

Kochen und Literatur

Die Zeit der Kirschen schließt an Das Lächeln der Frauern an und zeigt die Situation eines Paares nach dem genreüblichen Happy End. Aurelie und Andre sind immer noch glücklich und er möchte ihr sogar einen Heiratsantrag machen, kommt jedoch nicht dazu.
Andre hat wieder einen Romann geschrieben, mit dem er Erfolg hat und auf Lesereise geht. Diese Literaturbetrieb-Szenen haben mich sehr interessiert, da ich auch schon oft auf Lesungen gegangen bin und ich finde sie gut gemacht.
Aurelie mit ihrem Restaurant hat auch viele Passagen. Die Themen Literatur und Kochen sind ausgewogen eingesetzt.

Die Eifersucht ist es dann, die das Liebespaar beinahe trennt.
Aurelie trifft einen anderen Koch, das gefällt Andre überhaupt nicht und er macht einige dumme Dinge. Das führt zu Situationskomik, wie man sie heutzutage nur soch selten liest. Es hat Elemente von Screwballkomödien. Das ist sehr gute Unterhaltung.

Bewertung vom 31.07.2021
Jensen, Svea

Nordwestzorn / Soko St. Peter-Ording Bd.2 (MP3-Download)


sehr gut

Vermisst
Nordwestzorn ist die Fortsetzung der Reihe um die Soko St. Peter-Ordin von Svea Jensen.
Der erste Teil Nordwesttod war ein geschickt gemachter Krimi mit interessanten Figuren und die Fortsetzung hält ungefähr das Niveau.
Wieder hat die Umgebung in Schleswig-Holstein ihren Reiz.
Die aus München stammende Kommissarin Anna Wagner ermittelt mit ihrem Team einen 20 jahre alten Vermisstenfall. Damals war ein Junge verschwunden und der Fall wurde nie aufgeklärt. Es ist also ein sogenannter Cold Case-Fall.
Mit dabei ist Hendrik Norberg, dessen Privatleben als verwitweter, alleineziehndeer Vater wieder eine Rolle spielt.

Als Hörbuch funktioniert das Buch gut, denn die souveräne Sprecherin Julkia Nachtmann schafft es mit ruhiger, manchmal atemlos wirkender Stimme auch dann Spannung zu erzeugen, wenn es der Roman nicht wirklich tut. Es ist eher ein interressanter als ein spannender Krimi.

Bewertung vom 30.07.2021
Thompson, Tade

Wild Card


sehr gut

Den Wolf machen

Wild Card von Tade Thompson ist ein krasses Werk. Härter als ich aufgrund des Klappentextes gedacht hätte, der einen humorvollen Untergrund versprach. Und der Protagonist und Icherzähler Westonn Kogi hat auch tatsächlich einen überaus ironischen Ton und illusionslosen Blick auf sein Land. Von Afrika wird aber nur ein Teil gezeigt, der in dem Kriminalität und Gewalt vorherrscht. Das Land lernt man ansonsten wenig im Detail kennen.
Es beginnt mit einer Heimkehr aus London, die eigentlich nur sehr kurzfristig sein soll.
Der Plot bleibt immer nah an Westons taumelnder Weg durch diese Gewalt.
Zudem sind seine Familienprobleme der Vergangenheit ungelöst und eigentlich möchte er schnell wieder das Land verlassen.

Ich schätz den Drive und den Erzählton des Romans, aber die Brutalität, die sich durch das Buch zieht war etwas zu viel des Guten.

Bewertung vom 29.07.2021
Avel, Christine

Nur hier sind wir einzigartig


sehr gut

Das prägende für dieses Buch ist die außergewöhnliche Erzählperspektive eines Kollektives. Es sind eine Reihe von Kindern bzw. Jugendlichen, die sich immer wieder für ein paar Monate im Jahr auf einer griechischen Insel treffen. Sie bilden eine kleine, geschlossene Gemeinschaft. Die Umgebung wird auf faszinierende Weise dargestellt, dabei ist wichtig, wie sie auf die Gruppe wirkt.

Mit den Jahren gehen auch Veränderungen einher und schließlich kommt der letzte gemeinsame Sommer.
Die Autorin setzt gelegentlich auch bildstarke Metaphern ein, wie z.B. der gestrandete, sterbende Pottwal am Strand, der irgendwie auch das Ende der Gruppe darstellt.

Man kann richtig in Christine Avels poetischer Sprache schwelgen. Es ist ein Buch, wie man es nicht häufig liest.
Ich hoffe auf weitere Übersetzungen von Christine Avels Romanen.

Bewertung vom 29.07.2021
Bogdan, Isabel

Mein Helgoland


sehr gut

Von einer Insel und dem Schreiben

Isabel Bogdan, die vielfache Übersetzerin und Romanautorin schreibt über Helgoland, die Insel, die sie mag uind auf der sie schon oft war, um zu schreiben. So geht es in diesem Buch mindestens so viel um das Schreiben in seinen verschiedenen Facetten wie über die Insel und deren Geschichte.
Isabel Bogdan setzt ihren Humor mit leicht ironischer Brise ein und schafft so ein entspanntes Buch.

Bewertung vom 29.07.2021
Suah, Bae

Weiße Nacht


ausgezeichnet

Ein surrealer Sommer in Seoul

Koreanische Literatur kann für westliche Lesern häufig ungewöhnlich sein, man denke z.B. an Han Kang (Die Vegetarerin), Bae Suah erinnert mich latent an diese Autorin. Auch in Weisse Nacht sind manche Passagen durchaus rätselhaft und außergewöhnlich. Das hat einen eigenen Reiz!

Weisse Nacht wurde von Sebastian Bring aus dem koreanischen übersetzt.
Zur Handlung:
Ayami war eine erfolglose Schauspielerin, die daher als Angestellte in einem Hörtheater arbeitete, das jetzt leider schließen muss. Für Ayami droht Arbeitslosgkeit.

Ayami ist eine verschlossene, zurückhaltende Frau, die rätselhafte Dinge und Menschen anzuziehen scheint. Meistens ist sie für sich, außer ab und zu mit dem Direktor des Hörtheaters und einer Lehrerin. Ein Thema ist daher auch die Einsamkeit.
Ich mag die Gespräche. Es sind reflektive, bedeutungsvolle Dialoge.

Eine weitere wichtige Figur im Mittelteil ist Buha, der Dichter werden möchte.
Ayami holt dann für eine Freundin einen Schriftsteller vom Flughafen ab. Der Grat zwischen Fiktion und Realität wird immer schmaler. Eine gewisse Desorientierung durchzieht den Roman.

Bae Suah verfügt über einen eigenwilligen Stil, den ich sehr schätze und bei dem sie häufig mit Themen und Motiven spielt, die im Roman immer wieder in leicht veränderter Form auftauchen und es gibt auch surreale Momente.

Ich hoffe auf weitere Büchern von Bae Suah in Deutscher Übersetzung.

Bewertung vom 28.07.2021
Gundar-Goshen, Ayelet

Wo der Wolf lauert


ausgezeichnet

Wo der Wolf lauert ist ein bemerkenswert dichtes Hörbuch, das von Anfang an eine innere Dramatik besitzt, die den Zuhörer nicht mehr loslässt.

Es ist die Geschichte einer Familie in den USA. Lilach und Michael Schuster und ihr Sohn Adam stammen aus Israel.
Das Hörbuch ist stark von der Erzählperspektive geprägt. Die Handlung wird von Lilach erzählt. Ihre Gedanken durchziehen den ganzen Text und daher funktioniert es als Hörbuch besonders gut. Die Sprecherin Milena Karas spricht genau passend und angemessen. Ihre Stimme lässt einen ganz dicht an die Figur heranrücken.
Ich musste stark an den Roman Die Hauswaffe von Nadine Gordimer denken, der mir sehr gut gefallen hatte und der ein vergleichbares Thema hatte und Ayelet Gundar-Goshens Buch hat ähnlich hohe Qualität.