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TochterAlice
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Köln

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Insgesamt 1456 Bewertungen
Bewertung vom 30.09.2019
Lefteri, Christy

Das Versprechen des Bienenhüters


ausgezeichnet

Sag, wo sind die Bienen hin? Wo sind sie geblieben?

Ich habe mir erlaubt, zur Einführung einen Songtext des aus meiner Sicht unterschätzten Folksängers, Friedens- und Umweltaktivisten Pete Seegers in leichter Modifikation zu zitieren, der in deutscher Sprache von der überragenden Marlene Dietrich interpretiert wurde.

Denn es sind die Bienen, die in diesem eindringlichen Roman der jungen Autorin Christy Lefteri für so vieles stehen: für Frieden, eine intakte Natur, für Harmonie, aber auch für Kraft, Überleben und Mut!

Sie werden zerstört in Aleppo, der Heimat ihres Hüters Nuri, doch das ist längst nicht das einzige, das er verliert: Der beginnende Syrienkrieg kostet ihn seinen Sohn und seinen Neffen, seine Frau Afra verliert das Augenlicht. Sein kluger älterer Cousin Mustafa, der ihn an die Welt der Bienen herangeführt hat, flieht mit seiner Familie nach England, wo er wissenschaftliche Kontakte hat, Nuri und Afra zögern noch.

Als sie dann endlich aufbrechen, um ihren Verwandten zu folgen, ist es fast unmöglich, noch durch Europa durchzukommen, schon gar nicht, wenn der einzige Kontakt dort aus geflüchteten Verwandten besteht.

Es beginnt eine Odysee, die das Paar - und mit ihm die Leser - zu Orten und vor allem zu Menschen führt, denen man niemals begegnen wollte. Der Leser erhält einen Eindruck, was so alles auf der Flucht passieren kann. Und das ist so grausam, dass man es fast nicht verkraftet.

Auch, wenn es zwischendurch immer wieder positive Begegnungen gibt, die helfen, zu überleben.

Christy Lefteri hat selbst in einem Flüchtlingslager in Athen gearbeitet, doch wie sie das Hoffen, Warten, Reisen und die Gefahr der Flüchtlinge beschreibt - das ist Poesie. Es kommt aus ihrem tiefsten Inneren heraus und hat zumindest auf mich eine Sogwirkung entfaltet.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass man nach der Lektüre des Romans noch bereit ist zur Abschiebung von Flüchtlingen aus gefährdeteten Ländern, doch dazu muss man erst einmal bereit sein, es in die Hand zu nehmen. Es ist nämlich schwere Kost; ein Buch, das weh tut und zwar nicht nur an einer Stelle. Ich befürchte, das diejenigen, denen ich es gern in die Hand drücken würde - die Rechten zum Beispiel, aber auch die Bequemen, es sofort wieder weglegen würden. Leider.

Denn dies ist ein Buch mit einer Botschaft. Ein Roman, der genau in unsere Zeit passt und aus meiner Sicht von jedem, der an den "Fridays for Future" und Friedensmärschen teilnimmt, gelesen, reflektiert und im besten Falle multipliziert werden sollte.

Diese Lektüre ist ein Wagnis, das erschüttert, berührt, entsetzt, fordert, bereichert und aufweckt. Ich bin wie durch den Fleischwolf gedreht!

Bewertung vom 26.09.2019
Nesser, Hakan

Der Verein der Linkshänder


sehr gut

Ein Krimi, in dem Nesser seine beiden bekannten Serien-Settings ebenso wie die Kommissare beider Reihen - van Veeteren und Barabarotti wie auch deren jeweiliges Umfeld - einbringt - sie ermitteln in einem Fall, der sowohl geographisch als auch chronologisch weite Kreise zieht.

Der "Verein der Linkshänder" wurde in den 1960er Jahren von Schülern in Oosterby nahe Maardam, also im Einzugsgebiet von van Veetering - gegründet und seine Mitglieder tauchen in Verbindung mit einem Fall, der 1991 stattfand, einem Brand, bei dem vier der fünf Anwesenden ums Leben kamen, als Opfer wieder auf. Der fünfte wird als Täter identifiziert, jedoch nicht gefasst.

Nun taucht Jahre später - van Veeteren feiert mit Lebensgefährtin Ulrike dort seinen 75sten Geburtstag bzw. haben sie sich vor drohenden Gratulanten dort versteckt - eine Leiche auf, die alsbald die des fünften Mitglieds identifiziert wird. Sein Tod kann in etwa zur selben Zeit wie der der anderen stattgefunden haben. Folglich war er definitiv nicht der Mörder - aber wer war noch involviert?

Das alles zieht weite Kreise und entwickelt sich - wie es einem Rentner wie van Veeteren geziemt - eher langsam. Daher erahnt der Nesser-gestählte Leser bereits recht früh die ein oder andere mögliche Wendung. Nun, man ist manchmal auf dem Holzweg, aber längst nicht immer und da ich mitnichten die geborene Spürnase bin, gehe ich davon aus, dass andere Leser hier noch lange vor mir wesentlich mehr Ahnung vom konkreten Ausgang hatten.

Der besondere Charme liegt darin, dass der Fall auch nach Schweden führt, wo Barberotti, der Kommissar der zweiten Krimireihe des Autors Nesser und inzwischen verwitwet, ihn in die Finger bekommt. Es folgt seine Reise nach Oosterby und neben weiteren Ereignissen auch ein Zusammentreffen mit van Veeteren.

Hakan Nesser ist einer der Krimiautoren, der es sich ohne weiteres leisten kann, NICHT eine Überraschung nach der anderen aus dem Hut zu ziehen, weil die Lektüre seiner Werke wie die Wiederkehr an einen geliebten Ort ist. Man verzeiht ihm vieles und genießt das Gebotene. Wenn Sie also Nesser-Fan sind, sei Ihnen dieses Werk uneingeschränkt empfohlen - Sie wissen ja, auf was Sie sich einlassen. Wenn das nicht der Fall ist, können Sie es sich ja überlegen. Sagen Sie aber nicht, ich hätte Sie nicht vorgewarnt!

Bewertung vom 21.09.2019
Bos, Tamara

Romys Salon


ausgezeichnet

Oma Stine wird komisch: Findet die neunjährige Romy, die neuerdings viel Zeit bei ihrer Oma verbringen muss. Denn ihre Eltern haben sich getrennt und Oma Stine hat ihren Friseursalon gleich unter ihrer Wohnung im selben Haus - da kann Romy hin, während ihre Mutter noch arbeiten ist. Die Oma war nie besonders warmherzig, aber in letzter Zeit ist sie netter. Aber ein bisschen verwirrt - sie kann nämlich gar nicht mehr rechnen, das macht Romy jetzt für sie. Nach Anfangschwierigkeiten funktionieren die beiden perfekt als Team - Romy als Omas Assistentin.

Sie verdient sogar eine Kleinigkeit, was sich als sehr hilfreich erweist - denn nach einiger Zeit ist klar, dass Oma krank ist - die Krankheit heißt Alzheimer und ist nicht heilbar. Oma bringt nicht nur sich selbst, sondern auch Romy und deren Freundin in Gefahr, als sie aus Versehen fast den Salon abfackelt. Danach steht fest: die Oma kann nicht mehr alleine wohnen, sondern muss in ein Pflegeheim. Obwohl ihr Pfleger George echt nett ist, wird Oma dort nicht glücklich. Romy kommt auf eine Idee...

Ein warmherzig geschriebenes Kinderbuch zum Thema Demenz und Alzheimer - dargestellt aus der Sicht der neunjährigen Enkelin Romy. Genau dadurch wird die Geschichte so anschaulich und greifbar, auch für Kinder. Autorin Tamara Bos schreibt sehr direkt, aber dennoch einfühlsam - genau richtig also für Kinder. Denn ich kenne kein Kind, das es mag, wenn man um den heißen Brei herumredet! Wobei auch ich als Erwachsene die Lektüre sehr genossen habe!

Bewertung vom 17.09.2019
Heisch, Annette

Schnell und einfach zum Suppenglück


ausgezeichnet

Sein eigenes Süppchen kochen: Und zwar ganz schnell und unkompliziert: das gelingt mit diesem wunderbaren Kochbuch sehr gut. Und zwar auch noch jeden Tag ein anderes, überraschendes.

Teilweise durchaus in Kombinationen, die man aus anderen Zusammenhängen kennt wie bspw. Spinat und Schafskäse, die klassische Füllung des Börek im türkischen Schnellimbiss. Oder auch mal auf einer Pizza.

Auch die Hühnersuppe zum Bezwingen der ersten Herbsterkältung kocht sich hier ganz schnell und zwar in einer ganzen Reihe von Varianten. Von asiatisch bis griechisch ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Zudem gibt es auch ein paar Rezepte für süße Suppen, für Einlagen und natürlich ist auch an Vegetarier gedacht. Wobei es bei fast allen Suppen mindestens einen Variationsvorschlag gibt.

Alles ist in maximal einer halben Stunde fertig, manches sogar schon in zehn Minuten und für das Wenigste braucht man ausführliche Kochkenntnisse.

Zudem ist dieses wunderbare Kochbuch optisch sehr schön aufbereitet und toll fotografiert - man erhält also im wahrsten Sinne des Wortes einen Vorgeschmack auf das Süppchen, das man sich und seiner Familie einbrocken wird!

Mir gefällt dieses Kochbuch sehr und ich empfehle es von ganzem Herzen. Allerdings ist eines klar: man sollte Suppenfreund sein, ansonsten hat man nicht viel davon!

Bewertung vom 15.09.2019
Voosen, Jana

Für immer die Deine


sehr gut

Mit siebzehn hat man noch Träume: Die aber abrupt enden könnten, wenn man wegen einer Schwangerschaft heiraten muss. Doch Klara und Fritz stehen zueinander und zu ihrem Entschluß, den sie bereits Jahre vorher in ihrer Kindheit gefällt haben.

Obwohl die Umstände denkbar ungünstig sind - nicht nur sind sie durch die voreheliche Schwangerschaft ins Gerede der Leute in ihrem kleinen Heimatdorf im Alten Land geraten, nein: zu allem Unglück schreibt man auch noch das Jahr 1939 und was den Deutschen da blüht, das weiß jeder.

Nämlich der Zweite Weltkrieg und es kommt, wie es kommen muss. Fritz wird an die härteste aller Fronten, nämlich die Ostfront in Rußland eingezogen. Er überlebt zwar, wird aber schwer verletzt. Und Klara, die mit dem Kind allein in der Wohnung in Hamburg einem Bombenangriff nach dem anderen standhalten muss, hat es auch nicht leicht. Ihr Leben ändert sich durch das Kennenlernen eines alten Mannes aus der Nachbarwohnung.

Dies alles erfährt der Leser in einer Retrospektive, denn die Handlung findet auf zwei Zeitebenen statt: Die zweite spielt in der Gegenwart und handelt von der Journalistin Marie, die auf die Geschichte der beiden alten Menschen stößt.

Autorin Jana Voosen hat daraus einen warmherzigen Roman gewoben, in dem der Alltag in schwierigen Zeiten im Vordergrund steht. Wobei durchaus ungewöhnliche bzw. bisher unbekannte Entwicklungen auftreten wie bspw. Klaras Besuch in einem Feldlazarett abseits der Front. Gerade solche Momente sind aus meiner Sicht wichtig, um zu verstehen, wie es den Menschen damals in Deutschland ging.

Auch wenn aus meiner Sicht ein paar wichtige Punkte offenbleiben, habe ich diesen Roman mit großem Genuss gelesen und kann ihn von ganzem Herzen weiterempfehlen.

Bewertung vom 13.09.2019
Mishani, Dror

Drei


gut

Aller guten Dinge sind drei! Aber nicht deswegen ist Gils Bekanntschaft zu drei Frauen Orna, Emilia und Ella für diesen Roman von so zentraler Bedeutung. Denn es stellt sich die Frage, wie er sie überhaupt für sich gewinnen konnte, wird er doch als etwas verweichlichter, mittelalter Anwalt geschildert und kommt somit nicht unbedingt glaubhaft als Frauenliebling rüber.

Allerdings nimmt er sich Zeit und hört zu. Ebenso wie Autor Dror Mishani sich Zeit nimmt, vor allem für seine weiblichen Charaktere, für die er wirklich einen aufmerksamen und feinfühligen Blick hat. Beim Lesen entstand in mir der Eindruck, dass er gerade den Frauenfiguren besondere Achtung, ja Wertschätzung entgegengebracht hat.

Merkwürdigerweise in Abweichung zur Handlung, zum Plot selbst, in dem immer wieder Wichtiges offen bleibt, sich unsichtbare Fragezeichen über dem Haupt des Lesers - zumindest über dem meinigen - formen. Denen er sich dann - trotz einer sich stellenweise durchaus aufregend entwickelnden Geschichte leider bis zum Schluss nicht mehr zuwendet, so dass ich trotz einer gewissen Faszination zum Schluss leider mit Brecht sagen muß: "Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen Den Vorhang zu und alle Fragen offen". O.K., das ist übertrieben, es sind nur einige Fragen, die offen bleiben, doch das reicht mir schon.

Dies war mein erstes Werk des Autors Dror Michani und seinen eloquenten, dabei nie schwatzhaften Stil habe ich durchaus schätzen gelernt. Wenn er nur nicht genau dort aufhören würde, wo mein Interesse erst so richtig einsetzt! Auf jeden Fall werde ich es nochmal mit dem Autor probieren!

Bewertung vom 08.09.2019
Walker, Noa C.

Der Schatten eines Sommertags


ausgezeichnet

Ein Leben im Schatten
führt Tonya, IT-Spezialistin beim BKA, im wahrsten Sinne des Wortes, denn vor sieben Jahren starb ihr Glück. Dennis nämlich, mit dem sie gerade erst zusammengekommen war, wurde kaltblütig ermordet und noch immer gibt sie sich die Schuld daran. Seitdem führt die noch immer recht junge Frau trotz riesiger Familie - sie ist die Jüngste eines riesigen Haufens von Geschwistern, die alle auf sie achtgeben - ein recht freudloses Leben.
Auf einmal geschehen um sie herum geheimnisvolle Dinge, gewissermaßen Überfälle, durch die sie jedoch nicht durchblicken kann. Als einer ihrer Hunde umgebracht wird, ist Tonya nicht mehr bereit, das hinzunehmen. Und auch der Leser hat keine Moglichkeit mehr dazu

Denn die Autorin Noa C. Walker lässt uns in ihrem immerhin mehr als 350seitigen Schmöker nicht eine Seite lang ausruhen - Längen sucht man hier vergeblich. Dafür geht es Knall auf Fall von einem Ereignis zum nächsten, wobei sich - wie es bei Spannungsliteratur auch sein sollte - natürlich stets auch neue Ereignisse und neue Hindernisse ergeben, die Tonya das Leben schwer machen. Oder soll sie gar damit bezahlen? Also mit ihrem Leben? Beschützt von Heerscharen von Brüdern, ihrer Schwester Lara und dem Kollegen Jack Sturm, dem sie nicht ganz gleichgültig ist, gelingt es Tonya trotzdem, der Sache nachzugehen.
Ein tolles Buch, in dem zwar manches, aber längst nicht alles, schwarz und weiß ist. Das erfährt man aber auch nur ganz am Ende, wobei die Wendungen, die die Geschichte nimmt, zwar tollkühn, aber in keinster Weise unrealistisch sind. Es geht auch viel um Emotionen und da zeigt die Autorin eine sehr menschliche Seite: Irrungen und Wirrungen sind wie schon einst bei Fontane an der Tagesordnung und sie können jedem widerfahren - man muss nur damit umzugehen wissen. Was den Protagonisten ebensowenig leicht fällt wie uns im realen Leben.

Am Ende bleiben einige wenige Punkte offen, was mich aber gar nicht stört, denn im Leben ist es genauso: wenn ich mehr brauche, setze ich mein Kopfkino ein, das aber von der tollen Autorin schon kräftig angekurbelt wurde! Ein kluger und warmherziger Roman, der zeigt, was möglich ist, wenn man Gott an seine Seite lässt!

Bewertung vom 08.09.2019
Gabrielsen, Gøhril

Die Einsamkeit der Seevögel


sehr gut

Ab in die Einöde! Dorthin, nämlich nach Finnmark, also in den äußersten Norden Norwegens, hat sich eine junge Wissenschaftlerin begeben, deren Leben gerade etliche Schleifen vollführt hat - sie hat sich von S., dem Vater ihrer Tochter Lina, getrennt, um mit Jo zu leben.

Mit Jo, in den sie sich Hals über Kopf verliebt hat und für den sie ihr bisheriges Leben - auch das Zusammenleben mit Lina - hinter sich gelassen hat. Mit Jo, der ihr eigentlich in den Norden nachfolgen, dort mit ihr verweilen sollte. Doch auch er ist Vater einer Tochter, nämlich Maria, die er nicht allein zurücklassen mag.

Es wird nicht ganz klar, wie genau sich die ganze Geschichte zusammensetzt, denn die namenlose Wissenschaftlerin wirft uns immer nur Gedankenfetzen, kleine Brocken, hin, aus denen wir uns einen Gesamtüberblick zu verschaffen haben. Auf mich persönlich wirkt sie wie jemand, der sich einfach nimmt, was er will - den Forschungsaufenthalt unter schwierigen Umständen, den Mann, der ein anderes Leben führt und anderes, was sie nicht mehr braucht, einfach zurück lässt.

Es wird nicht klar, was in der Einöde Realität, was Vorstellung ist, denn der jungen Frau gehen viele Gedanken durch den Kopf. Zeitweise könnte man sogar meinen, ihr Verstand habe sie verlassen oder spiele zumindest ein Verwirrspiel mit ihr.

Das Ende ist ähnlich unklar und zu einem Großteil der Interpretation des Lesers überlassen. Ein wenig greifbares Werk, das mir gerade deswegen auch zugesagt hat. Denn die Autorin versteht es, Stille und Einsamkeit zu transportieren, sie (be)greifbar zu machen, wie keine andere. Ihre Stille verbirgt nichts, sie legt alles offen, stellt die Protagonistin bloß - nicht zuletzt vor sich selber. Ein bemerkenswerter Roman, auf den man sich während der Lektüre vollständig einlassen sollte.

Bewertung vom 06.09.2019
Aehnlich, Kathrin

Wie Frau Krause die DDR erfand


sehr gut

Isabella Krause, ihres Zeichens Schauspielerin, wenn auch seit Jahrzehnten mehr als erfolglos, erhält einen Auftrag: sie soll 10 ehemalige DDR-Bürger finden, die bereit sind, über ihr damaliges Leben zu berichten. Das Ganze soll eine Art Retrospektive anlässlich der nahenden 30jährigen Wiedervereinigung beider Deutschlands werden.

Gesagt, getan - da Frau Krause, wie sie schon im Titel heißt, ihr gesamtes Leben "davor" in der Zone verbracht hat, ist diese Aufgabe für sie absolut lösbar. Mehr als das. Allerdings sind die Macher des Films alles andere als zufrieden mit ihrer Auswahl; sie halten sie nicht für repräsentativ. Schlimmer noch, all das, was die ehemaligen Wegbegleiter der Isabella Krause berichten, soll nicht realistisch, nicht zutreffend sein!

Frau Krause weiß aber ganz genau, dass es so ist. Was also ist passiert?
Isabella Krause entstammt einer Familie von Tanzlehrern, das ist passiert! Ihr Leben und das der von ihr angeheuerten Protagonisten spielte sich in der elterlichen Tanzschule ab, zwischen Proben und Bällen. Auch das war DDR, auch wenn man das nicht glauben kann!

Sie haben es sicher bereits erraten: die Filmemacher sind Wessis und wissen genau, was sie von der DDR sehen wollen. Das jedenfalls nicht! Und tatsächlich hat Frau Krause noch was in petto, einen Plan B sozusagen. Aber ob der aufgehen wird?

Kathrin Aehnlich ist wieder da und mit ihr ihr besonderer, unverwechselbarer Erzählstil. Sentimental, teilweise auch morbide, aber immer voller Respekt, ja voller Andacht. Und mit warmherzigem Humor. Ach, es fällt mir schwer, diesen Stil zu beschreiben, Kathrin Aehnlich muss man lesen! Und dann wird man sie auch stets wiedererkennen.

Ich hatte befürchtet, es würde hier West gegen Ost gehen, im Sinne einer Verherrlichung - oder gar zweier. Doch das ist nicht der Fall, die Autorin nimmt sich und ihre ehemaligen Landsleute ebenso auf die Schippe wie diejenigen westlich der Mauer - es bekommen also alle derzeitigen Bewohner von Deutschland ihr Fett weg, egal, wo sie früher lebten. Nicht in Form einer Posse, oh nein, Frau Ähnlich widmet all diesen Menschen - und somit auch sich - einen Roman, wenn auch einen kurzen. Wer Kathrin Aehnlich kennt, weiß: kurz und lakonisch - das ist ihre Art.

Dennoch beileibe kein Romänchen für zwischendurch. Nein, einer den man sich ordentlich zur Brust nehmen und genießen sollte!

Bewertung vom 06.09.2019
Witemeyer, Karen

Ganz aus Versehen verliebt


sehr gut

Logans Familie wurde alles geraubt, nämlich das Zuhause. Schuld daran: die Spielsucht seines Vaters, die diesen vor Jahren leichtsinnig werden ließ - er wurde um Haus und Hof betrogen. Und zwar von dem jungen Zach Hamilton, der ihn beim Pokerspielen betrog und seitdem mit seiner merkwürdigen Familie, bestehend aus Bruder und Schwester, die ihm überhaupt gar nicht ähnlich sehen, dort wie eine Made im Speck haust.
Logan erwirbt zunächst das Grundstück nebenan und versucht, mehr über die Familie herauszubekommen. Wenn er genug weiß, will er Zach mit dessen eigenen Mitteln, nämlich dem Pokerspiel, schlagen.

Was er nicht eingeplant hat, ist das gewinnende Wesen von Zacks jüngerer Schwester Eva, dem er sich einfach nicht entziehen kann. Bald schon brennt er innerlich für sie und fühlt sich zwiegespalten. Wird es Eva gelingen, ihn von seinem Plan abzubringen? Und wird er überhaupt Zach, der seit Jahren nicht mehr gespielt hat, zum Pokern kriegen?

Was zunächst als überaus neckische Western-Romantasy anmutet, entwickelt sich zu einem anspruchsvollen Drama vor einem Hintergrund aus grundlegenden Gewissens- und vor allem Glaubensfragen.

Denn Eva hat es faustdick hinter den Ohren! Hinter ihr, für die ich zunächst Matth. 5, 8, also " Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen." als Charakterisierung passend empfand, steckt wesentlich mehr als dies.

Natürlich ist sie auch reines Herzens, doch versteht sie es zudem, im Namen der Bibel und des christlichen Glaubens klug und verantwortungsbewusst zu argumentieren und zieht damit Logan quasi die Schuhe aus. Er bekommt kein Weibchen, sondern eine kraftvolle Christin, die nicht für ihren Glauben kämpft, denn in dem steht sie sicher wie ein Fels. Nein, sie kämpft mit ihm für Gerechtigkeit, Frieden und vor allem Liebe und beweist dabei Mut und Stärke.

Ein unterhaltsamer und kluger christlicher Roman, der auch immer mal wieder für einen Lacher gut ist!