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Lisega

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Insgesamt 1385 Bewertungen
Bewertung vom 30.05.2011

North & South


ausgezeichnet

Die werkgetreuen Literaturverfilmungen der BBC sind immer sehenswert - so auch "North & South" nach einem Roman von Elizabeth Gaskell. Historischer Hintergrund ist hier aber nicht, wie z.B. von den Jane-Austen-Filmen gewohnt, das ausgehende 18. oder frühe 19. Jahrhundert, sondern die Mitte des 19. Jahrhunderts - die Zeit der Industriellen Revolution. Gaskell beschrieb in ihrem Gesellschaftsroman als eine der ersten das Leben in einer Industriestadt, und die vierteilige Serie versetzt den Zuschauer gekonnt in die damalige Zeit.

Der fiktive Ort Milton im Norden Englands - Vorbild hierfür war Manchester - wird für die Protagonistin Margaret Hale zur neuen Heimat, als ihr Vater den Kirchendienst verlässt und sich dort als Lehrer niederlässt. Margaret, die im idyllischen, ländlichen Süden Englands aufgewachsen ist, fühlt sich im kalten, grauen Milton nicht wohl. Außerdem schockieren sie die Arbeitsbedingungen in den Baumwollspinnereien der Stadt. Gesellschaftlich weiß sie nicht recht, wo sie hin soll - sie schließt Freundschaft mit Vertretern der Arbeiterschaft, durch den Unterricht ihres Vaters macht sie aber auch die Bekanntschaft mit dem Fabrikbesitzer Thornton. Dieser verliebt sich in Margaret, doch die eigenwillige junge Frau hat Vorbehalte gegen den vermeintlich ausbeuterischen Industriellen ...

Der Film zeigt detailliert, wie wohl das Leben in einer Industriestadt im Viktorianischen Zeitalter ausgesehen hat: Ganze Familien schuften in den Fabriken, um genug zum Überleben zu verdienen, die Arbeitsbedingungen sind schier unmenschlich, der Baumwollstaub setzt sich in den Lungen fest und macht krank. Die schlechten Lebensbedingungen treiben die Arbeiter in den Streik, aber der Film geht - nicht nur in der Figur Thorntons - auch auf die Beweggründe der Fabrikbesitzer ein und versucht, auch der Arbeitgeberseite gerecht zu werden. Die Liebesgeschichte zwischen Margaret und Thornton erinnert ein bisschen an "Pride & Prejudice" - wie Darcy und Elizabeth müssen auch diese beiden sich zunächst besser kennenlernen, um Vorurteile zu überwinden, und auch Margaret weist einen ersten Antrag zurück. Die Ausstattung, die schauspielerische Leistung und die musikalische Untermalung sind wie bei allen BBC-Verfilmungen hervorragend.

Die BBC verkauft ihre Produktionen international immer um ein paar Minuten gerkürzt weiter, deshalb gab es auch von "North & South" zunächst nur eine geschnittene Fassung auf dem deutschen DVD-Markt. Diese Langfassung enthält deshalb viele kleine Szenen mehr als die Veröffentlichung von 2009, die sogar mit den Originalsprechern der Hauptdarsteller nachsynchronisiert wurden. Für die Geschichte an sich sind diese Szenen nicht wichtig, aber sie sorgen für mehr Tiefe, und für Fans ist diese Langfassung natürlich Pflicht. Fazit: Sehenswerte TV-Unterhaltung mit Anspruch.

7 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.05.2011
Tolkien, John R. R.

Der Hobbit, Sonderausgabe, 4 Audio-CDs


ausgezeichnet

Solche hervorragenden und aufwändigen Hörspiele wie diese Inszenierung des Fantasy-Klassikers "Der Hobbit" sind heute leider rar geworden. Mit tollen Sprechern, schöner musikalischer Untermalung, passender Geräuschkulisse und v.a. einer gekonnten Bearbeitung, welche die Buchvorlage geschickt in Erzählstimme und Spielszenen aufteilt, wird die Geschichte des Hobbits Bilbo Beutlin in schönstes Kino für die Ohren verwandelt. Die Vorgeschichte zum "Herr der Ringe" ist zwar viel kindgerechter als die Trilogie, die vielen fantastischen Abenteuer Bilbos und seiner Zwergen-Gefährten auf der Reise vom Auenland zum Einsamen Berg sind aber genauso spannend wie Tolkiens Hauptwerk und auch für ein erwachsenes Publikum ganz große Unterhaltung. Der Kritik des Vorrezensenten bzgl. der Lautstärke kann ich nicht zustimmen: Die Figuren sind zwar tatsächlich etwas leiser als der Erzähler, aber gewisse Unterschiede in der Lautstärke sind bei Hörspielen allein aus dramaturgischen Gründen völlig normal und hier beim Anhören in Stereo überhaupt kein Problem.

6 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.05.2011

Stadt Land Fluss (Spiel)


sehr gut

Braucht man von einem Spiele-Klassiker, den man problemlos mit dem einfachen Zubehör Papierblock und Stifte spielen kann, tatsächlich eine elektronische Variante? Im Fall von „Stadt Land Fluss“ lautet die Antwort ganz klar: Ja! Denn mit den blinkenden Buzzern wird das Spiel zur rasanten Gameshow: Wer zuerst seinen Knopf drückt, darf antworten und hoffen, dass die Antwort akzeptiert wird. Und man muss wirklich gleich etwas sagen können – bei der herkömmlichen schriftlichen Variante des Spiels wurde doch oft mit unlesbarem Gekritzel gemogelt. Den Hinweis auf die Lichtverhältnisse sollte man allerdings ernst nehmen, denn der Sensor versagt leider tatsächlich bei zu wenig oder zu viel Licht. Ansonsten: Top-Spiel für die ganze Familie!

19 von 21 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.05.2011

Jane Austens Verführung


sehr gut

Verglichen mit den beliebtesten Werken von Jane Austen - "Stolz und Vorurteil" und "Sinn und Sinnlichkeit" - ist "Verführung" sicherlich recht unspektakulär. Der Geschichte fehlen sowohl die geschliffenen Dialoge als auch die Leidenschaft der beiden anderen Romane. Trotzdem mag ich den Roman und diese Verfilmung. Mir gefällt die ruhige, besonnene Heldin Anne Elliot, die Jahre später auf ihre abgewiesene Jugendliebe Wentworth trifft und auf eine zweite Chance hofft. Der Ansatz ist ist eben ein anderer, und die filmische Umsetzung ist sehr gut gelungen. Sowohl die blasierte Familie Annes als auch die ungebildeten, aber herzlichen Musgroves sind fabelhaft dargestellt. Und das Paar Anne/Fredrick passt wunderbar zusammen. Kleinste Gefühlsregungen verstehen die hervorragenden Schauspieler nuanciert wiederzugeben. Die Ausstattung lässt wie bei allen BBC-Produktionen nichts zu wünschen übrig und spiegelt die Zeit perfekt wider. Einziger Wermutstropfen der DVD: Es gibt zwar eine englische Tonspur, aber keinerlei Untertitel. Dabei schau ich mir englische Filme am liebesten im Original mit englischen Untertiteln an.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.04.2011
Duve, Karen

Anständig essen


ausgezeichnet

Zugegeben: Ich esse gerne Fleisch und gehöre durchaus zu den Leuten, die Vegetarier und Veganer in Diskussionen darauf hinweisen, dass Menschen schon immer Tiere gejagt und verzehrt haben. Aber in Zeiten von Gammelfleisch und brutaler Massentierhaltung hat Fleischkonsum den letzten Rest Unschuld verloren. Wie kann man heute noch „Anständig essen“?

Da ich Karen Duves Romane und ihren lakonischen Schreibstil mag, habe ich ihr Buch zu diesem Thema gelesen, zumal ihre Ausgangssituation – Fleischkonsum trotz Tierliebe, Verdrängung der negativen Berichte über Tierhaltung aus purer Bequemlichkeit – die gleiche wie bei mir ist. Ihren ein Jahr andauernden Selbstversuch alternativer Ernährungsmethoden beschreibt sie sehr detailliert: Von der gewohnten Supermarkt-Grillhähnchenpfanne steigt sie erst auf Biokost, dann auf vegetarische, dann auf vegane und schließlich auf fruktarische Kost um. Die Autorin recherchierte intensiv Hintergründe zu den verschiedenen Ernährungsformen und zur modernen Massentierhaltung; dieses Wissen gibt sie äußerst unterhaltsam, mit dem ihr typischen Humor und ohne unangenehmen missionarischen Eifer in ihrem Buch wieder.

„Anständig essen“ ist aber nicht nur ein bestechendes Plädoyer gegen Quälfleisch aus Massentierhaltung und unreflektierten Fleischkonsum geworden, sondern auch ein äußerst persönliches Buch: Als Leser durchlebt man ein ganzes Jahr mit Karen Duve in ihrem brandenburgischen Bauernhaus, bekommt mit, wie ihr geliebter Hund Bulli stirbt, die Mitbewohnerin nervt, die Eltern irritiert auf ihren Fleischverzicht reagieren usw. Gerade diese sehr persönliche Darstellung macht das Buch so glaubhaft und überzeugend. Und auch ihre Entscheidung am Schluss des Buches ist sehr ehrlich.

Wer „Anständig essen“ gelesen hat, wird vielleicht nicht sofort zum Vegetarier oder Veganer, aber definitiv viel weniger Fleisch essen und genau schauen, woher dieses kommt. Und damit hat Karen Duve ja schon viel erreicht.

9 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.04.2011
Pratchett, Terry

Schlamassel auf der Scheibenwelt


ausgezeichnet

Das Gute an diesem Band: Er enthält gleich zwei hervorragende Scheibenwelt-Romane zum günstigen Preis. Das Schlechte: Leider gehören die zwei Romane nicht zur gleichen Themenwelt. Aber das ist bei Pratchett-Doppelbänden (bis auf die ersten Rincewind-Stories) ja immer so, also nicht jammern sondern einen der besten Hexenromane und die herrliche Ägypten-Parodie einfach lesen und genießen!

"Pyramiden" ist ein früher Scheibenweltroman (1989), in dem Terry Pratchett sein satirisches Talent wieder mal voll zur Entfaltung bringt und in Form des kleinen Königreichs Djelibeby das Alte Ägypten auf die Schippe nimmt. Denn als der in Ankh-Morpork zum Assassinen ausgebildete Thronerbe Pteppic nach dem Tod seines Vaters in das Wüstenreich zurückkehrt, um Pharao zu werden, bringt er mit dem Bau der riesigen Pyramide für den kürzlich Verstorbenen das Raum-Zeit-Kontinuum durcheinander. Dadurch verschwindet nicht nur Djelibeby im wahrsten Sinne des Wortes in der Versenkung, sondern es werden auch noch die zahlreichen Götter, an die man hier glaubt, zu realen Figuren. Und ein geier- oder krokodilköpfiger Gott mag auf einem Relief ganz gut ausschauen, wenn er aber wirklich durchs Leben stapft und mit anderen Göttern um seine Aufgaben streitet, kann das ganz schön unangenehm werden. Die Priester in Djelibeby versuchen, die Situation unter Kontrolle zu bringen, während der Geist des verblichenen Pharaos, der auf gar keinen Fall den Rest seines Todes in einem Sarkophag verbringen will, nach und nach alle Vorfahren befreit. Pteppic, der dem „Untergang“ seines Reiches entkommen konnte, sucht Zuflucht und Rat in Ephebe (eine sehr lustige Persiflage auf die antiken Philosophen), schließlich gelingt es ihm aber nur dank der Hilfe seines Kamels Du Mistvieh, zurück nach Djelibeby zu kommen und das Reich wieder aus der Versenkung zu holen ... Von den ersten Kapiteln, die einen sehr amüsanten Einblick in die Assassinengilde Ankh-Morporks geben, bis zum Schluss im Wüstenreich wirklich wieder mal beste Scheibenwelt-Unterhaltung!

"Wann soll'n wir drei uns wiedersehen?"
"Tja, ich hätte nächsten Dienstag wieder Zeit."
Lesern von Terry Pratchetts Scheibenweltroman "MacBest" wird schon auf der ersten Seite klar, dass die drei Hexen von Lancre - Oma Wetterwachs, Nanny Ogg und Magrat Knoblauch - eher pragmatisch veranlagt sind und mit den unheimlichen Gestalten aus Shakespeares Königsdrama wenig zu tun haben. Tatsächlich sind sie hier nicht die Anstifterinnen zum Königsmord, sondern sorgen dafür, dass nach König Verence' gewaltsamen Ableben der Meuchelmörder Lord Felmet und seine ehrgeizige Frau nicht allzu lange an der Macht bleiben. Der verrückte Lord versucht zwar, die Hexen mit Hilfe eines Theaterstücks bei den Bürgern von Lancre unbeliebt zu machen, aber mit Oma Wetterwachs legt man sich nicht ungestraft an ... Pratchett wandelt hier munter auf Shakespeares Pfaden und macht aus den düsteren Dramen (neben Macbeth dient auch Hamlet als Vorlage: Geist des ermordeten Königs, Theaterstück bei Hofe) einen wunderbar witzigen und skurrilen Fantasyroman. Wer an den liebevoll-verrückten Bewohnern von Lancre Gefallen findet, dem seien auch die weiteren Hexenromane "Total verhext", "Lords und Ladies", "Mummenschanz" und "Ruhig Blut" empfohlen.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.