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MaWiOr
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Insgesamt 3670 Bewertungen
Bewertung vom 27.01.2021
Rehfeld, Hans-Jürgen

Der Spaziergänger von Rathenow


ausgezeichnet

Der neue Band (Band 68) der „Frankfurter Buntbücher“ widmet sich dem Dichter Joachim Christian Blum (1739-1790), der heute zwar relativ unbekannt ist, zu seiner Zeit aber ein angesehener und populärer Autor war. Hans-Jürgen Rehfeld beleuchtet sein Leben und Werk. Am 19. November 1739 in Rathenow als Kaufmannssohn geboren, sollte der Junge zunächst das väterliche Geschäft übernehmen. Doch nach einem Unfall im Kindesalter sollte er dann den Beruf eines Geistlichen ergreifen. Nach dem Gymnasium studierte Blum in Frankfurt an der Oder an der Viadrina, der ersten brandenburgischen Universität, ab 1759 jedoch Philosophie und Schöne Wissenschaften.

Nach dem Studium (1762) kehrte Blum nach Rathenow zurück und führte das Leben ei-nes Privatgelehrten. 1765 veröffentlichte er seine „Lyrischen Gedichte“, die zunächst wenig Beachtung fanden. Erst mit der dritten Auflage stellte sich ein gewisser Erfolg ein. In den folgenden Jahren erschienen regelmäßig Gedichtausgaben aus seiner Feder. In zahleichen Almanachen und Anthologien wurden seine Gedichte ebenfalls gedruckt. Es war Lyrik im Stil des Rokoko und später im Stil der Aufklärung. Blum unternahm auch immer wieder Spaziergänge durch die Stadt und die Umgebung, deren Eindrücke er in zwei Bänden veröffentlichte. In ihnen reflektierte er auch religiöse und philosophische Fragestellungen.

Wie andere Autoren der Aufklärung wandte sich Blum auch Sprichwortweisheiten zu, die er in seinem zweibändigen „Deutschen Sprichwörterbuch“ (1780 u. 1781) veröffentlichte. 1785 heiratete der stets kränkelnde Blum schließlich. Doch das Eheglück war ihm nicht lange vergönnt; er starb am 28. August 1790 in Rathenow.

Neben Leben und Werk von Blum lässt Rehfeld auch immer wieder Betrachtungen zur damaligen Zeit und zu Blums Zeitgenossen (z.B. zu seinen Professoren während der Studienzeit) einfließen, die so einen Eindruck von der Aufklärung in Deutschland vermitteln. Der liebevoll gestaltete Band wird außerdem durch einige historische und aktuelle Abbildungen ergänzt.

Bewertung vom 27.01.2021
Dettmann, Matthias

"... oder bist Du das Reisen satt?"


ausgezeichnet

Künstler, Maler, Literaten – Intellektuelle unterschiedlichster Couleur – gehen gern auf Reisen, denn sie suchen Anregungen und neue Eindrücke, die sie dann in ihren Werken verarbeiten. Der Grafiker Matthias Dettmann hat solche „künstlerischen Begegnungen“ zusammengetragen und sie mit Zeichnungen, Collagen, Textauszügen, Schnipseln und winzigen Fragmente ergänzt.

Die Reise beginnt 1974 in New York, wo uns William S. Burroughs, Idol der amerikanischen Gegenkultur, im Zentrum der sogenannten Beat-Generation begegnet. Andere Reiseziele sind Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wo die Kubisten wie Georges Braque oder Picasso wirkten. Aber auch in Deutschland gab es solche Künstlerorte wie Hiddensee, Ahrenshoop, Güstrow, Dresden oder München. Auf den 232 Seiten begegnen uns zahlreiche Künstler wie Thomas Mann, Gerhart Hauptmann, Bertolt Brecht, Anna Seghers, Wassily Kandinski oder Hanns Eisler. Ihre Treffen oder Eindrücke werden kurz skizziert, ergänzt durch zahlreiche Literaturangaben und Webseiten. Knapp 300 Künstlerpersönlichkeiten werden auf den 232 Seiten erwähnt. Dazu sind die zahlreichen Zeichnungen des Autors immer wieder anregend.

Bewertung vom 26.01.2021
Hunt, Helena

Das große Kunst-Sammelsurium


ausgezeichnet

Der großformatige Bild-Text-Band will Kinder mit der Kunstgeschichte und den wichtigsten Kunstwerken in der Menschheitsgeschichte vertraut machen – von der Höhlenmalerei bis zur Pop Art der Gegenwart. Dabei werden die Kunstwerke allerdings nicht im Original gezeigt sondern in vereinfachter Darstellung, die auf die wichtigsten Merkmale hinweist.

Rund dreißig Kunstrichtungen oder Kunstwerke werden jeweils auf einer Doppelseite vorgestellt – gewissermaßen 30 farbige und modern gestaltete Bildtafeln mit Text. So erfahren die jungen LeserInnen z.B. etwas über „Höfische Kunst“, „Buchmalerei“, „Romantik“ oder die „Ursprünge der Modernen Kunst“. Eine Seite ist dabei einem Begleittext mit vielen Hintergrundinformationen vorbehalten. Anschaulich erfährt man etwas über die verschiedenen Kunstepochen und deren wichtigsten Künstler. Ein guter Einstieg zur weiteren Beschäftigung mit Kunst und sicher sehr nützlich für den Kunstunterricht in der Schule.

Bewertung vom 26.01.2021
Schutten, Jan Paul

Das Weltall


ausgezeichnet

Das Weltall gibt uns viele Rätsel auf. Noch rätselhafter ist seine Entstehung. Auch Kinder interessieren sich bereits für solche Fragestellungen. Das reich illustrierte Buch versucht, darauf kindgerechte (und mitunter humorvolle) Antworten zu geben.

In fünf Kapiteln werden auf die Geheimnisse des Weltalls eingegangen. In „Reisen in die Zeit“ geht es ungefähr 14 Milliarden Jahre zurück – das natürlich mit Lichtgeschwindigkeit in eine „glühend heiße Erbsensuppe“ als das ganze Weltall ein einziger großer undurchsichtiger Feuerball war. Daraus entstanden die Galaxien, die Sonnensysteme und natürlich auch unsere Erde mit ihrem Trabanten Mond. Es werden viele astronomische und physikalische Fragen angesprochen – z.B. „Wird unser Weltall letztendlich größer oder kleiner?“ oder „Warum man nie von der Erde fällt?“. Aber auch Beobachtungen aus dem Alltag finden eine wissenschaftliche Erklärung – „Warum fliegst du nach vorn, wenn ein Auto abrupt bremst?“. Auch geniale Theorien, absurde Experimente und Gedankenspiele werden angerissen – die Form des Weltalls, Quantengravitation oder unsichtbare Dimensionen.

Im abschließenden Kapitel werden dann sogar philosophische und religiöse Fragen erörtert – von „Was ist der Sinn des Lebens?“ über „Ist dein Leben ein Computerspiel?“ bis zu „Warum gibt es Leid auf der Welt?“. Das Buch ist sehr ansprechend und modern gestaltet mit zahlreichen Zeichnungen und Cartoons. Es verlangt aber schon einige Grundkenntnisse und vor allem Interesse an Astronomie.

Bewertung vom 24.01.2021
Aschoff, Lili

Das Leben ist hart


ausgezeichnet

Jungen Leuten wird häufig vorgeworfen, dass sie kein Benehmen haben. Meistens ein Vorurteil, das nicht stimmt. Trotzdem müssen sie noch viel beachten, um sich in der Gemeinschaft, in der Welt der Erwachsenen zu bewegen.

Das „Benimmbuch“ vermittelt auf humorvolle Weise in zwölf Kapiteln einige wichtige Regeln und Verhaltensweisen. Zunächst wird aber darauf hingewiesen, sich nicht verbiegen zu lassen. Meinungsäußerungen, jugendlicher Protest und eure Kreativität sind weiterhin gefragt. Danach geht es los mit Tipps für gesundes Essen oder zur richtigen Kommunikation. In Gaststätten, im Supermarkt, auf Arbeit oder im Wartezimmer … überall ist man Teil der menschlichen Gesellschaft. Wie geht man mit Geld um? Wie füllt man seine Freizeit sinnvoll aus? Interessiert man sich auch für Kunst? All diese Fragen werden angerissen, in einem jugendlichen Plauderton und mit humorvollen Cartoons. Natürlich werden die Liebe und die Zweisamkeit nicht ausgespart. Und zum Schluss geht es um das Zusammenleben in einer WG. Also keine Angst, ihr werdet das schon packen. Fazit: Kein Knigge, sondern hilfreiche Tipps.

Bewertung vom 24.01.2021
Rilke, Rainer Maria

In Rilkes Blumengarten


ausgezeichnet

Die Naturlyrik von Rainer Maria Rilke ist immer noch sehr beliebt, da sie Realität und Fantasie miteinander auf eigentümliche Weise verwebt. Die Neuerscheinung präsentiert eine kleine Auswahl dieser berührenden Gedichte. Da wird die Mondnacht, der zauberhafte Wald oder einfach die blaue Hortensie besungen. Es sind Verse, die zum Träumen oder zum Aufenthalt in der Natur einladen. Darunter sind auch einige Gartengedichte, die mit schönen Gartenfarbfotos ergänzt werden – „Das sind die Gärten, an die ich glaube: / Wenn das Blühen in den Beeten bleicht, / und im Kies unterm löschenden Laube / Schweigen hinrinnt, durch Linden geseigt.“

Fazit: Ein Rilke-Lyrikbändchen in anspruchsvoller Ausstattung und zum Träumen und Schwelgen.

Bewertung vom 24.01.2021

Rosenkäfer und Libelle


ausgezeichnet

Mitten im Winter, wenn Wiesen und Felder mit Schnee bedeckt sind, denken wir manchmal: jetzt auf einer blühenden Wiese liegen und den Frühling oder Sommer einatmen. Mit dem kleinen Lyrikband „Rosenkäfer und Libelle“ kann man dieses Sehnsuchtsgefühl jetzt schon genießen. Die Neuerscheinung versammelt vierzig Gedichte, die sich alle um Käfer, Libellen, Grillen oder Schmetterlinge drehen. Zahlreiche SchriftstellerInnen ließen sich von diesen Gefühlen quasi vor der Haustür anregen – von Heinrich Heine bis zu Erich Fried oder von Annette von Droste-Hülshoff bis zu Eva Strittmatter. Mit Wilhelm Busch oder Christian Morgenstern kommt der Humor auch nicht zu kurz.

Fazit: Ein Lyrikbändchen in liebevoller Ausstattung, das sich hervorragend als kleines Geschenk oder Mitbringsel eignet. Gerade jetzt mitten im Winter.

Bewertung vom 21.01.2021
Orwell, George

Farm der Tiere


ausgezeichnet

Das 1945 von George Orwell erschienene Buch „Farm der Tiere“ trug den Untertitel „Ein Märchen“. In Wahrheit war es eine Satire auf die Ereignisse der russischen Revolution und die kommunistische Stalin-Diktator im Allgemeinen. Erzählt wird der traurige Verlauf einer Revolution in Form einer Fabel (oder Märchen): Bald nachdem die Tiere ihren Herrn vom Bauernhof vertrieben haben, übernehmen die Schweine die Herrschaft. Sie treten immer aggressiver gegenüber den anderen Hoftieren auf, beanspruchen für sich Privilegien und übernehmen bald die Rolle der Menschen.

Orwell wollte mit dieser politischen Fabel von der verratenen Revolution zeigen, dass Ideen und Maßnahmen, die mit großen Hoffnungen und hohem Idealismus in Gang gesetzt werden, allmählich entarten, erstarren und aus einem ursprünglichen Freiheitsstreben in eine selbstgefällige und brutale Tyrannei einmünden. Orwell spießte in „Farm der Tiere“ aber die ideologische und intellektuelle Verlogenheit jeder Zeitepoche auf. Zunächst stellten sich allerdings der Veröffentlichung Schwierigkeiten entgegen: Sowjetrussland war noch mit England im Krieg gegen Deutschland verbündet und so drohte das Buch die britisch-russischen Beziehungen zu belasten. Aber die Verleger nahmen das Risiko auf sich und sie hatten Glück.

Der zeitkritische Klassiker, der sich aber durch seine Zeitlosigkeit auszeichnet, ist nun in einer Neuübersetzung von Ulrich Blumenbach erschienen. Ergänzt wird die Manesse-Ausgabe durch den Essay „Die Pressefreiheit“ und das Vorwort zur ukrainischen Ausgabe von 1947, in dem er betont, dass er auf einen „neuen Aufschwung der sozialistischen Bewegung“ hofft. Außerdem hat die Schriftstellerin Eva Menasse ein lesenswertes und informationsreiches Nachwort beigesteuert.

Bewertung vom 21.01.2021
Orwell, George

1984


ausgezeichnet

George Orwells Roman „1984“ erschien im Juni 1949. Es gilt bis heute als wirkmächtigster Warnruf vor einem totalen Überwachungsstaat. Der Stoff beruhte auf biografischen Erfahrungen des Autors, der als Polizist in Burma arbeitete. Dort habe er „die Drecksarbeit des Empires“ erledigen müssen, wie er später notierte.

Winston Smith arbeitet im Ministerium für Wahrheit, wo er die Vergangenheit im Sinne der Regierung umschreiben soll. In seinem Innersten sehnt sich Winston jedoch nach echter Wahrheit – und nach Liebe. Trotz aller Verbote beginnt er eine Beziehung mit seiner Kollegin Julia und träumt sogar davon, sich gegen die Partei aufzulehnen. Doch aus dem Überwachungsstaat gibt es kein Entkommen.

Dem Leser begegnet ein niederdrückendes Schreckensbild einer totalen Diktatur, die das Leben des einzelnen bis in die privateste Sphäre hinein kontrolliert. Unter der absoluten Oberhoheit eines totalitären Zwangssystems haben die Bürger jede Hoffnung auf Freizügigkeit, auf freie geistige Entfaltungsmöglichkeit, jede Art von Individualität verloren. Es wird sogar eine neue Sprache „Neusprech“ entwickelt, um die Gedanken der Menschen auf die Linie des Staates zu bringen. In diesem Buch schuf Orwell den Begriff des "Großen Bruders", der alle und alles überwacht und jeden Keim der Freiheit erstickt. Orwell schrieb den Roman als todkranker Mann. Kurz nach Erscheinen starb er am 21. Januar 1950. Er wurde nur 46 Jahre alt. Sein Epochenwerk „1984“ wurde zum Fanal gegen den Totalitarismus.

Im Manesse Verlag ist der aktuelle Klassiker in einer Neuübersetzung von Gisbert Haefs erschienen. Ergänzt wird die Ausgabe durch das Nachwort „In einer Welt voller Lügen“ von Mirko Bonné.

Bewertung vom 27.12.2020

Defregger


ausgezeichnet

2021 jährt sich der Todestag von Franz von Defregger zum 100. Mal. Aus diesem Anlass würdigen die Tiroler Landesmuseen den österreichisch-bayerischen Maler mit einer raumgreifenden Retrospektive. Bei Defregger denkt man in erster Linie an Gemälde, die den bäuerlichen Lebensalltag in idealisierter Idylle darstellen. Hinzu kommen Histo-rienbilder, die dem Tiroler Befreiungskampf von 1809 gewidmet waren. Doch neben diesen populären Motivbereichen existiert auch ein „anderer unbekannter Defregger“, der nicht dem breiten Publikumsgeschmack verpflichtet war. Diese Werke, die der Öffentlichkeit bis heute meist verborgen geblieben waren, werden nun erstmals präsen-tiert. Mit Gemälden, Skizzen, Zeichnungen und Fotografien macht die Ausstellung mit beiden Seiten der Künstlerpersönlichkeit bekannt.

Im Hirmer Verlag ist der umfangreiche und reich illustrierte Begleitkatalog zu dieser bemerkenswerten Ausstellung erschienen. Im Essayteil mit seinen zehn Textbeiträgen geht es vor allem um die kunstgeschichtliche Einordnung von Defregger und seines Werkes. Der „Münchner Malerfürst“ polarisiert heute immer noch, dabei war sein Werk eine Gratwanderung zwischen Moderne und Tradition. Die Kunst um 1900 war nicht nur durch avantgardistische Künstler (so häufig der Eindruck) bestimmt, sonder auch durch Maler der Gründerzeit. Defreggers Historienbilder waren dabei hochpolitische Gemälde. Die Abwertung als „Bauernmaler“ führte ebenfalls zu vielen Missverständnissen. Auch die posthume missbräuchliche Rezeption seiner Bilder durch die Nationalsoz. Jahrzehnte später ist ihm nicht anzulasten. Beleuchtet wird auch Defreggers Malen gegen den Zeitgeist und sein Interesse an anderen Kulturen.

Im Katalogteil werden die Ausstellungsstücke in verschiedenen thematischen Kapiteln vorgestellt – von Defreggers Studienzeit bis zum Akademieprofessor, von den Historiengemälden mit ihrer politischen Aufladung bis hin zu den unbekannten weiblichen Akten. Im umfangreichen Anhang findet man u.a. die Kurzbiografien der AutorenInnen.