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KimVi
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Niedersachsen
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Insgesamt 1588 Bewertungen
Bewertung vom 25.10.2019
Herwig, Ulrike

Mein Gott, Wanda (eBook, ePUB)


sehr gut

Wanda hat ihren Teeladen verkauft und sich damit selbst ins Renterdasein befördert. Doch die freie Zeit, die sie sich vorher herbeigesehnt hat, lässt sich gar nicht so einfach ausfüllen. Als absolutes Morgen-Highlight kann Wanda lediglich den Besuch eines Dackels, der ihr dabei regelmässig einen Haufen in den Vorgarten setzt, vorweisen. Und die Ratschläge, die sie dem neuen Eigentümer des Teeladens bei ihren täglichen Besuchen mit auf den Weg gibt, scheinen bei diesem auch keinen großen Anklang zu finden. Aus lauter Verzweiflung lässt sich Wanda von ihrer Freundin Biggi zu einem Salsa-Kurs überreden. Doch auch diese Freizeitaktivität kann die frustrierte Neu-Rentnerin nicht aus ihrem schwarzen Loch reißen. Als Wanda einen alten Bekannten trifft, der gemeinsam mit ihr eine Australienreise machen möchte, scheint ihr Leben endlich eine aufregende Wendung zu nehmen. Doch ausgerechnet jetzt, wird sie von ihrem Sohn Stefan an ihre Mutterpflichten erinnert. Denn Stefan liegt nach einem Snowboard-Unfall im Krankenhaus und benötigt dringend jemanden, der seinen Fitnessklub weiterführt. Es wäre doch gelacht, wenn Wanda das nicht hinkriegen könnte, denn so groß kann der Unterschied zwischen einem Teeladen und einem Fitnessklub ja nicht sein....

Wandas Geschichte ist in der Erzählperspektive geschrieben und in einzelne Kapitel unterteilt. Diese haben zum Teil sehr humorvolle Überschriften, die zum entsprechenden Leseabschnitt passen und schon mal auf den folgenden Inhalt einstimmen. Der Einstieg ins Geschehen gelingt mühelos, da Wanda eine sehr sympathische Frau ist. Sie kann auch mal über sich selbst lachen und deshalb macht es einfach Spaß, sie bei ihren Bemühungen zu beobachten, sich in ihrem neuen Rentnerdasein zurechtzufinden. Zur Höchstform läuft Wanda allerdings auf, als sie versucht, das marode Fitnessstudio ihres Sohnes vor dem finanziellen Ruin zu retten. Da Wanda keinerlei Erfahrung im Umgang mit Proteinriegeln, Powershakes, Crosstrainern, Fitnessgeräten oder muskelbepackten Männern hat, kommt es zu einigen kuriosen Situationen, die beim Lesen dafür sorgen, dass man unwillkürlich schmunzeln muss. Doch auch die anderen Charaktere wirken lebendig und sorgen dafür, dass keine Langeweile aufkommt.

Der Schreibstil von Ulrike Herwig ist locker und humorvoll. Das Buch lässt sich dadurch sehr flüssig und angenehm lesen. Man fliegt förmlich über die Seiten und kann es dabei kaum erwarten, mehr von Wandas Erlebnissen zu erfahren. Hinter Wandas Geschichte steckt allerdings noch viel mehr, als eine bloße Aneinanderreihung kurioser Begebenheiten, denn ganz nebenbei zeigt die alte Dame, wie leicht es sein kann Alt und Jung gemeinsam für etwas zu begeistern.

Wer auf der Suche nach einer lockeren Urlaubslektüre ist, der sollte gemeinsam mit Wanda einen Abstecher in die Welt der Fitnessklubs machen. Mir hat dieser Ausflug sehr gut gefallen und deshalb empfehle ich diese humorvolle Lektüre gerne weiter.

Bewertung vom 24.10.2019
Horst, Jørn Lier

Wisting und der Tag der Vermissten / William Wisting - Cold Cases Bd.1


ausgezeichnet

Katharina Haugen ist seit 24 Jahren spurlos verschwunden. Dieser ungeklärte Fall lässt Kommissar William Wisting keine Ruhe. Deshalb wälzt er immer wieder die Ermittlungsakten und hofft darauf, dass ihm irgendetwas auffällt, was zur Lösung des Falls beitragen könnte. In all den Jahren ist es zu einem festen Ritual geworden, dass Wisting sich am Tag von Katharinas Verschwinden mit ihrem Ehemann Martin, der damals zunächst als Hauptverdächtiger galt, trifft. In diesem Jahr steht Wisting allerdings vor verschlossener Tür. Martin ist nicht da. Das kommt Wisting merkwürdig vor. Als dann noch Wistings Osloer Kollege Adrian Stiller anreist, weil er in einem weiteren Cold Case auf Martin Haugens Fingerabdrücke gestoßen ist, gerät Bewegung in den alten Fall....

Die Krimi-Reihe um Kommissar William Wisting gibt es bereits seit über 10 Jahren. "Wisting und der Tag der Vermissten" ist allerdings der erste Band der Wisting-Reihe, der zur Cold-Case-Serie gehört. Deshalb kann man diesen Krimi auch dann problemlos lesen, wenn man noch keinen anderen Band der Reihe gelesen hat. Man wird hier nach und nach mit dem Hauptprotagonisten und seinem Umfeld vertraut gemacht, sodass man nicht das Gefühl hat, dass wichtige Vorkenntnisse fehlen.

Der Einstieg in diesen Krimi gelingt deshalb mühelos, denn das Interesse an dem alten Fall wird sofort geweckt. Die Handlung wird dabei aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, was dafür sorgt, dass das Tempo manchmal eher gemächlich wirkt, dann aber plötzlich wieder steigt. Dadurch kann man sich ganz auf das Gelesene einlassen und gerät bereits früh in den Sog der Ereignisse. Auch wenn die Ermittlungen manchmal etwas gemächlich voranschreiten, versteht Jørn Lier Horst es trotzdem, so fesselnd zu erzählen, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen mag. Da es stellenweise recht kurze Kapitel gibt, unterstützen diese die Sogwirkung zusätzlich.

Die Protagonisten wirken sehr lebendig, sodass man das Geschehen lebhaft nachvollziehen und sich mit ihnen identifizieren kann. Da die Handlungsorte ebenfalls so authentisch beschrieben werden, dass man sie mühelos vor Augen hat, fällt es leicht, sich auf die Ermittlungen in diesem alten Fall einzulassen. Es liegt ja in der Natur der Dinge, dass ein Cold Case nicht so spannend sein kann, wie ein brandaktueller Fall. Doch das, was hier an Spannung geboten wird, da man gemeinsam mit Wisting und seinem Team ermitteln kann, ist einfach enorm. Auch wenn man ahnt, was sich damals zugetragen haben könnte, kann man sich doch nicht sicher sein und beobachtet deshalb fasziniert, wie die ersten Puzzleteilchen an die richtigen Stellen fallen.

Ein spannender Fall, den man bereits nach kurzer Zeit nicht mehr aus der Hand legen mag. Hier kommen Krimifans voll auf ihre Kosten!

8 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.10.2019
Susanne Staun

Totenzimmer


weniger gut

Im dänischen Städtchen Odense geht ein Mörder um. Er hat es auf junge Mädchen abgesehen. Als die Rechtsmedizinerin Maria Krause an den Fundort einer Leiche gerufen wird, fallen ihr rotgefärbte Abdrücke am Körper der Toten auf, die wahrscheinlich vom Täter stammen. Bei der Obduktion stellt sich heraus, dass es sich um rot gefärbten Schweiß handelt. Maria beginnt zu recherchieren. Sie entdeckt, dass diese Nebenwirkung von der Einnahme eines Arzneimittels gegen Lepra ausgelöst werden kann. Da es in Dänemark seit vielen Jahren keinen Fall von Lepra gegeben hat, müsste es doch leicht sein, den Arzt ausfindig zu machen, der das Medikament verordnet hat. Dadurch könnte man dem Täter auf die Spur kommen. Maria beginnt auf eigene Faust Ermittlungen anzustellen. Ein dunkles Geheimnis aus ihrer Vergangenheit führt allerdings dazu, dass sie an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gerät und gelegentlich den Blick für die Realität verliert. Schon bald wird klar, dass dieser Fall Maria nicht mehr loslassen wird....


Die Handlung startet im Jahr 2009 in Freiburg und wird in der Ich-Perspektive, aus der Sicht der Rechtsmedizinerin Maria Krause, erzählt. Man schlüpft in Marias Haut und befindet sich anscheinend verletzt in einem Krankenbett. Maria denkt darüber nach, wie sie in diese Situation geraten ist und was nun zu tun ist. Um die Zusammenhänge zu verstehen, springt die Handlung zurück in das Jahr 2008. Nach und nach erfährt man, was passiert ist. Marias Erinnerungen werden gelegentlich von Tagebucheintragungen unterbrochen, die ebenfalls in der Ich-Form geschrieben sind. Doch beim Lesen wird schnell klar, dass es sich hier um einen männlichen Verfasser handelt, der anscheinend etwas mit der Mordserie zu tun hat.

Obwohl Maria Rechtsmedizinerin ist, unterscheidet sich dieser Thriller deutlich von anderen Genrevertretern aus dem forensischem Bereich. Denn die Kollegen dort wirken meist allwissend und ausgeglichen. Maria jedoch schleppt einen riesigen Berg Probleme mit sich herum, scheint innerlich zerrissen und depressiv. Durch die verwendete Erzählperspektive betrachtet man die Ereignisse ja aus ihrem Blickwinkel und das wirkt sich ziemlich auf die Atmosphäre dieses Thrillers aus. Obwohl der Schreibstil recht flüssig und angenehm lesbar ist, hemmt die düstere und schwermütige Stimmung stellenweise den Lesefluss. Denn Maria gerät durch ihre Ermittlungen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und verliert gelegentlich den Überblick zwischen Realität und Wahnvorstellung. Das mag auch daran liegen, dass sie, trotz Dienstbereitschaft, zu Schlaftabletten greift, die sie gern mit Alkohol kombiniert. Es fällt schwer, sich mit dieser Hauptprotagonistin zu identifizieren und deshalb verfolgt man die Handlung eher distanziert.

Die Spannung hält sich bei Marias Ermittlungen leider auch ziemlich in Grenzen, denn die Handlung plätschert meist, ohne große Höhen und Tiefen, vor sich hin. Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse zwar, doch Hochspannung und Nervenkitzel sucht man leider vergeblich.

Meine Bewertung fällt deshalb auch wenig euphorisch aus, denn insgesamt gesehen konnte mich das Buch leider nicht überzeugen. Gerade bei einer Erzählung in der Ich-Perspektive ist es für mich wichtig, dass ich die Handlungen und Gedanken der Hauptfigur nachvollziehen kann. Doch das war bei diesem Buch selten der Fall. Spannung, Nervenkitzel und überraschende Wendungen kamen für meinen Geschmack ebenfalls deutlich zu kurz und deshalb werde ich definitiv keinen weiteren Fall dieser nicht alltäglichen Rechtsmedizinerin verfolgen.

Bewertung vom 24.10.2019
Hjorth, Michael;Rosenfeldt, Hans

Die Frauen, die er kannte / Sebastian Bergman Bd.2


sehr gut

Als die Leiche einer Frau in Stockholm entdeckt wird, ist den an den Tatort gerufenen Beamten schnell klar, dass dies ein Fall für die Reichsmordkommission ist. Denn mittlerweile handelt es sich um die dritte Tote, die mit einem blauen Nachthemd bekleidet, brutal vergewaltigt und mit durchgeschnittener Kehle aufgefunden wird. Nach diesem Schema geht der berüchtigte Serienmörder Edward Hinde vor. Doch der hat ein wasserdichtes Alibi, denn er sitzt seit Jahren im Hochsicherheitstrakt und hat keinen Kontakt zur Außenwelt. Ein wahnsinniger Nachahmungstäter scheint ihn sich zum Vorbild genommen zu haben. Da die Abstände zwischen den Morden immer kürzer werden, bleibt Torkel Höglund, dem Leiter der Reichsmordkommission, keine andere Wahl. Er muss sein Team befragen, ob der Mann, mit dem sie alle am liebsten nie wieder zusammenarbeiten würden, für diese Ermittlungen erneut ins Boot geholt werden soll. Denn beim letzten Mal hat sich die Zusammenarbeit mit dem arroganten und selbstgefälligen Kriminalpsychologen Sebastian Bergman äußerst schwierig gestaltet. Zähneknirschend willigt das Team ein, denn Sebastian ist der Mann, der Hinde vor Jahren hinter Gittern brachte. Seine Erfahrung könnte den Ermittlern den entscheidenen Hinweis liefern. Doch schon bald wird klar, dass der Nachahmungstäter einen ganz besonderen Bezug zu Sebastian zu haben scheint....

"Die Frauen, die er kannte" ist nach "Der Mann, der kein Mörder war" der zweite Fall, in dem der Kriminalpsychologe Sebastian Bergman das Team der Reichsmordkommission unterstützt. Man kann der Kriminalhandlung des zweiten Bandes problemlos folgen, ohne den ersten zu kennen, da die Haupthandlungen in sich abgeschlossen sind. Um die beruflichen und privaten Nebenhandlungen besser zu verstehen, und die Weiterentwicklung der unterschiedlichen Charaktere zu verfolgen, empfiehlt sich allerdings die Einhaltung der Reihenfolge. Da es am Ende des ersten Teils eine verblüffende Wendung in Sebastians Leben gibt, die dann im Folgeband eine große Rolle spielt, könnte man sich sonst die Überraschung verderben.

Sebastian Bergman ist noch immer ein arroganter Einzelgänger, der kein Blatt vor den Mund nimmt, gerne das letzte Wort behält und eine Affäre nach der anderen hat. Dennoch wirkt er in diesem Band etwas zurückhaltender und sympathischer. Er polarisiert zwar nach wie vor, doch es fällt deutlich leichter seine Handlungen nachzuvollziehen. Auch die anderen Charaktere wirken lebendig und haben, neben den aktuellen Ermittlungen, mit großen und kleinen Problemen zu kämpfen. Ihr Verhältnis untereinander ist nicht immer ganz einfach und stellenweise von deutlichen Spannungen geprägt. Die Vielschichtigkeit der Akteure und die interessanten Nebenhandlungen sorgen dafür, dass es, trotz der relativ hohen Seitenzahl des Thrillers, keine langatmigen Passagen oder Spannungseinbrüche gibt.


Das Autorenduo legt ein rasantes Tempo vor. Die Haupthandlung ist durchgehend spannend und so manches Mal hat man beim Lesen ein mulmiges Gefühl und möchte die Protagonisten am liebsten auf die möglichen Gefahren, die man sich bereits in den dunkelsten Farben ausmalt, hinweisen. Man fiebert regelrecht mit den Akteuren mit und kann das Buch deshalb kaum aus der Hand legen. Unterstützt wird dieser Effekt dadurch, dass die Erzählung in recht kurze Kapitel unterteilt ist, die zum Weiterlesen verführen. Der Schreibstil ist flüssig und sehr angenehm lesbar. Es gelingt den Autoren mühelos, Haupt- und Nebenhandlungen zum Leben zu erwecken. Die düstere und zuweilen recht schwermütige Atmosphäre, die man in skandinavischen Romanen oft wahrnimmt, braucht man hier nicht zu befürchten. Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse regelrecht, sodass man gebannt das große Finale verfolgt. Es wirkt stellenweise zwar etwas vorhersehbar, doch insgesamt gesehen ergibt es einen stimmigen Abschluss. Im Privatleben von Sebastian Bergman dürfte trotzdem keine Ruhe einkehren, denn ein Cliffhanger verspricht interessante Verwicklungen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.10.2019
Winkelmann, Andreas

Wassermanns Zorn


ausgezeichnet

Manuela Sperling hat gerade ihr Studium beendet und sich für eine Dienststelle im Fachbereich "Mord" beworben. Um ihr Praktikum zu absolvieren, wird sie dem Kriminalhauptkommissar Eric Stiffler zugeteilt. Ihr Start steht allerdings unter keinem guten Stern, denn schon am ersten Tag wird die Leiche einer Prostituierten in einem Fluss gefunden. Bei der Obduktion stellt sich heraus, dass die Frau ertränkt wurde, doch nicht in dem Gewässer, in dem ihre sterblichen Überreste gefunden wurden. Außerdem befindet sich auf dem Körper der Ermordeten eine Botschaft, die sich direkt an Manuelas Chef richtet. Es scheint so, als ob der Täter noch eine Rechnung mit Stiffler offen hätte. Manuela beginnt eifrig zu ermitteln, doch schon bald bekommt sie zu spüren, dass Stiffler davon wenig begeistert ist und ihr bei jeder Gelegenheit Steine in den Weg legt. Liegt das an Manuelas Frischling-Status oder eher daran, dass sie eine Frau ist?


Auch in diesem Thriller verzichtet Andreas Winkelmann auf eine langsame Eingewöhnungsphase. Man befindet sich sofort mitten im spannenden Geschehen und beobachtet, wie eine Frau ertränkt wird. Dieser Mord scheint zeitlich etwas zurückzuliegen und deshalb stellt man sich die Frage, in welchem Zusammenhang er mit den aktuellen Ereignissen steht. Das Interesse ist somit von Anfang an geweckt.

Der Thriller besteht aus unterschiedlichen Handlungssträngen, die zunächst nicht miteinander in Verbindung gebracht werden können. Die Perspektiven wechseln zwischen den Protagonisten, sodass man umfangreiche Einblicke in die Gesamthandlung erhält. Es gelingt dem Autor hervorragend falsche Spuren auszulegen, denen man nur allzu bereitwillig folgt. Rasante Szenenwechsel und relativ kurze Kapitel, die oft an entscheidenden Stellen stoppen, sorgen dafür, dass man in den Sog der Ereignisse gerät und sich nur schwer vom Gelesenen lösen kann. Der Spannungsbogen liegt sehr hoch und kann durchgehend gehalten werden.

Der Schreibstil ist flüssig und angenehm lesbar. Handlungsorte und Protagonisten werden so lebendig beschrieben, dass man sie förmlich vor Augen hat. Die Charaktere sind facettenreich. Im Verlauf der Handlung kommen nicht nur ihre Stärken, sondern auch ihre Fehler und Schwächen ans Tageslicht. Dadurch werden sowohl Sympathien, als auch spontane Abneigungen geweckt. Es fällt deshalb leicht, sich in die Handlung hineinzuversetzen und mit den jeweiligen Akteuren mitzufiebern. Wenn man bereits meint, die Zusammenhänge zu erahnen, kommt es zu einer vollkommen überraschenden Wendung, die die eigenen gedanklichen Ermittlungen komplett über den Haufen werfen.

"Wassermanns Zorn" konnte mich durch eine durchgehend spannende Handlung, facettenreiche Charaktere und eine vollkommen überraschende Wendung überzeugen. Auch wenn es dem Autor mal wieder gelungen ist, mit meinen Ängsten zu spielen, sodass ich zukünftig die spiegelglatten Flächen trüber Gewässer mit aufmerksameren Augen betrachten werde, vergebe ich eine ganz klare Leseempfehlung.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.10.2019
Ringberg, Anna

Kalte Pfoten (eBook, ePUB)


weniger gut

Lasse wird 65 Jahre alt. Diesen Tag möchte er gebührend feiern. Dafür putzt er das Haus und leiht sich Porzellan aus. Denn sogar Matti, sein Sohn, den er seit Jahren nicht gesehen hat, kommt an diesem Tag angereist. Doch kurz vor dem Fest verschwindet Boys, Lasses innig geliebter Whippetrüde, spurlos. Lasse macht sich große Sorgen und hat gar nicht mehr das Bedürfnis seinen Geburtstag zu feiern. Doch nach und nach kommen die ersten Gäste. Auch Matti trifft ein. Der hat eine verräterische Wunde an der Hand, die er seinem Vater unter keinen Umständen zeigen möchte...

Die Covergestaltung lässt vermuten, dass es sich hier um eine lockere und leichte Lektüre handelt, bei der man die Suche nach Lasses Hund verfolgt. Doch weit gefehlt. Denn locker und leicht ist Anna Ringbergs Erzählung nicht. In einer erdrückenden und trostlosen Atmosphäre schildert sie die Ereignisse. Dabei gerät Boys Verschwinden etwas in den Hintergrund, denn im Zentrum der Geschichte steht Lasse. Nach und nach bekommt man Einblicke in sein verkorkstes Leben, auf die man stellenweise gerne verzichtet hätte. Denn Lasses Vergangenheit ist geprägt von Alkohol, Gewalt und falschen Freunden. Dieser Freundeskreis ist in der Handlung auch für so manche Szene verantwortlich, die man sich gerne erspart hätte

Das Geschehen wird aus unterschiedliche Perspektiven betrachtet. Lasse beobachtet man dabei aus der Erzählperspektive. Die beiden Handlungsstränge um Matti und den Hund Boys werden allerdings in der Ich-Form geschildert. Der Schreibstil von Anna Ringberg ist etwas gewöhnungsbedürftig, denn es gelingt ihr, eine Atmosphäre zu erschaffen, in der man sich beim Lesen einfach nicht wohlfühlt. Die recht derbe Ausdrucksweise und der teilweise sehr brutale Umgang miteinander, der im Umfeld von Lasse herrscht, unterstützen das ungute Gefühl, das man beim Lesen entwickelt. Unter der Inhaltsbeschreibung, auf der Rückseite des Buchs, befindet sich ein Zitat aus dem "Svenska Dagbladet" in dem davon geschwärmt wird, dass die Autorin so große Sympathien für ihre Protagonisten erzeugt, dass man den Roman nicht mehr aus der Hand legen mag. Das ist bei mir allerdings keinen Moment so angekommen. Nur die Perspektiven, in denen der Hund Boys sein Schicksal schildert, wirkten auf mich interessant. Doch leider kommen diese Passagen in der Geschichte deutlich zu kurz. Denn Anna Ringberg schweift viel zu oft vom eigentlichen Thema ab und liefert Hintergrundinformationen, die langatmig wirken. Man ist oft versucht, diese Ausführungen zu überspringen oder querzulesen.

Das Ende kann leider auch nicht überzeugen. Denn trotz seitenlanger Ausführungen über die Vergangenheit und die aufgetretenen Probleme, hat man nicht das Gefühl, dass sich die Protagonisten näher kommen. Auch Boys Schicksal hätte noch deutlich mehr in den Mittelpunkt gerückt werden können.

Insgesamt gesehen hat mich dieses Leseerlebnis leider enttäuscht. Das liegt wahrscheinlich auch mit daran, dass ich den Inhalt völlig falsch eingeschätzt hatte. Schreibstil, Inhalt und Protagonisten konnten mich leider nicht überzeugen. Da ich mich beim Lesen außerdem keinen Moment wohlgefühlt habe, fällt meine Bewertung leider nicht gerade rosig aus.

Bewertung vom 23.10.2019
Ahern, Cecelia

Postscript - Was ich dir noch sagen möchte / Holly Kennedy Bd.2


sehr gut

Mittlerweile sind sieben Jahre vergangen, seit Hollys Ehemann Gerry viel zu früh an Krebs verstarb und ihr, als Zeichen seiner Liebe, wunderbare Briefe hinterließ, mit denen sie Stück für Stück ihre Trauer verarbeiten konnte. Inzwischen scheint ihr dies gelungen zu sein. Denn Holly hat sich ein neues Leben aufgebaut. Als sie sich von ihrer Schwester dazu überreden lässt, in einem Podcast zum Thema "Tod" mitzuwirken und über ihre damalige Situation und die Rolle, die Gerrys Briefe beim Umgang mit der unermesslichen Trauer gespielt haben, zu sprechen, ahnt Holly nicht, was dieser Podcast auslösen wird. Denn plötzlich wird sie von einem Club angesprochen, der aus Menschen besteht, die unheilbar krank sind und die Gerrys Idee für ihre Hinterbliebenen gerne aufgreifen würden. Sie hoffen darauf, dass Holly ihnen helfen wird, individuelle Botschaften zu verfassen. Doch will und kann Holly das überhaupt?

"Postscript - Was ich dir noch sagen wollte" ist die Fortsetzung von "P.S. Ich liebe dich". Man kann diesen Folgeband allerdings auch dann problemlos lesen, wenn man den ersten Teil nicht kennt. Denn wichtige Hintergrundinformationen aus dem Vorgänger werden in die Handlung eingeflochten. Diese sind auch dann hilfreich, wenn es schon eine Weile her ist, dass man "P.S. Ich liebe dich" gelesen hat.

Die Handlung wird in der Ich-Perspektive, aus der Sicht von Holly, geschildert. Dadurch kann man ganz in ihre Gedanken und Gefühle eintauchen. Cecelia Ahern hat einen wundervollen Schreibstil, denn sie versteht es nicht nur hervorragend, ihren Protagonisten Leben einzuhauchen, sondern schafft es außerdem mühelos, sie tiefsinnige Gespräche führen zu lassen, die mitten ins Herz treffen und zum Nachdenken anregen. Man kann ganz in die Handlung eintauchen und alles auf sich wirken lassen.

Holly hat sich weiterentwickelt. Sie ist nicht mehr die Frau, die im ersten Teil die Herzen der Leser berührt hat. Doch diese Weiterentwicklung wirkt äußerst glaubhaft, denn Gerrys Tod ist mittlerweile sieben Jahre her. Holly wirkt sehr sympathisch und es ist schön zu sehen, dass sie ihr Leben wieder im Griff zu haben scheint. Die Idee, nun wieder von ihr zu lesen, ist wirklich interessant. Doch leider hapert es am Anfang ein wenig an der Umsetzung. Denn das, was man von Holly erfährt, ist zwar interessant und durchaus flüssig zu lesen. Doch es ist etwa bis zur Hälfte der Erzählung nicht so emotional wie der erste Band. Denn man hat zunächst das Gefühl, dass nichts richtig voran geht und man auf der Stelle tritt. Dabei kann man Hollys Gefühle zwar meistens nachvollziehen, allerdings gehen sie einem nicht richtig nah. Man beobachtet das Ganze eher distanziert. In der zweiten Hälfte ändert sich das dann allerdings komplett. Hier gelingt es Cecelia Ahern wieder hervorragend, die Gefühle so zu vermitteln, dass sie mitten ins Herz treffen und tief berühren.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.