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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2182 Bewertungen
Bewertung vom 08.12.2021
Grossman, Wassili

Stalingrad


sehr gut

Das Buch ist eine großartige Ausgabe eines Romans über den Krieg.

Der Autor Wassili Grossman schlägt zuerst einen sachlichen Ton an, aber schon bald schimmert eine gehörige Portion Ironie durch, wenn auch von der düsteren Sorte.

Grossmann lässt sich Zeit, den Leser einzuführen.Man lernt die handelnden Figuren und ihre Lebensbedingungen kennen. Bedingungen, die sich durch den aufkommenden Krieg verändern werden.
Im finalen dritten Teil des Buches übernehmen die Kampfhandlungen die größte Rolle.

Grossman schreibt ausdrucksstark. Seine Beschreibungen sind detailliert.
Seine kritische Denkweise am sowjetischen System kommt aber in diesem im Original 1952 erstmals publizierten Roman thematisch bedingt noch nicht so stark zur Geltung wie in späteren seiner Werke. Dennoch ist auch schon dieser Roman große Literatur.
Es ist aber auch ein überlanger Roman der vom Leser manchmal viel Geduld fordert.

Absolut erwähnenswert an dieser Ausgabe sind das informative Vorwort von Jochen Hellbeck sowie das interessante Nachwort von Robert Chandler.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.12.2021
Heldt, Dora

Geld oder Lebkuchen


gut

Dora Helds Humor ist speziell, manchmal deftig und übertrieben, gerade in den Dialogen, doch nicht ohne verschmitzte Empathie für die Menschen.
Die Figuren sind in der Regel überzeichnet, aber sie haben in ihrer Kuriosität ihre Menschlichkeit bewahrt. Ihre Gedankengänge sind aber eher simpel.

Gudrun und Ernst verbringen die Weihnachtszeit auf Sylt.
Die Idee von Ernst, aus Langeweile eine Bank zu überfallen, ist eigentlich fatal.
Aber der Untertitel lautet „Fast ein Krimi“ und das trifft u, den als Kriminalfall kann man das nicht ernst nehmen.
Stattdessen kann man sich über das Verhalten der Protagonisten und den Handlungsverlauf amüsieren.
Die Sprecherin Katja Danowski passt zum Buch.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.12.2021
Pataki, Allison

Sisi - Kaiserin wider Willen / Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe Bd.8


gut

Erstaunlich, dass eine amerikanischer Autorin einen Roman über Sisi schreibt. Es interessierte mich auch, ob die Journalistin Allison Pataki anderes recherchiert hat als in den bekannten Filmen mit Romy Schneider vorkommt.

Der Roman liest sich flüssig und führt den Leser mit einer kleinen Einleitung ins Habsburger Kaiserreich in die zweite Hälfte des 19.Jahrhunderts.
Man trifft die bekannten Orte: Schloss Possenhoffen, Ishl, Schönbrunn etc.

Sisi unterscheidet sich als handelnde Figur wenig von den anderer Romane dieses Genre und dadurch wirkt sie ein wenig schablonenhaft.

Der biografische Aspekt wagt sich nie so weit vor, dass es sachbuchartig wirkt. Es bleibt immer erzählerisch und ehrlich gesagt ist es ein wenig zu weichzugepült. Doch wer das Genre und Sisis Welt mag, wird sicher viel mit diesem Roman anfangen können.

Bewertung vom 28.11.2021
Kastner, Heidi

Dummheit


ausgezeichnet

In heutigen Zeiten der Coronaverharmloser, Impfgegner und Verschwörungsteoretiker ist ein Buch über Dummheit von großer Relevanz. Es steckt viel drin in diesen 128 Seiten.
Die österreichische Psychiaterin Heidi Kastner ist eine eloquente Autorin, die viele Aspekte dieses Themas für ihr Essay mit untersucht.e Schnell wird klar, dass Dummheit keine Frage der Intelligenz ist. Wie Forrest Gump schon sagte „Dumm ist wer dummes tut“. Ein innerer moralischer Kompass kann einen Menschen mit verminderter Intelligenz vor Dummheit bewahren.

Schwerer wiegen Eigenschaften wie Ignoranz, nicht aus Fakten und Fehlern lernen zu wollen, die Querulanten, es gibt die Denkfaulen etc.

Ein weiteres interessantes und vielleicht das beste Kapitel heißt Gefühlsdummheit. Wer nur einmal einen Blick in das Buch werfen sollte, könnte hier beginnen.

Was hängen bleibt, ist die Erkenntnisse, dass Dumme nicht erkennen, wie dumm sie sind. Das tröstet doch, wenn man sich selber manchmal für dumm hält.

Heidi Kastner arbeitet das Thema gut heraus und vermittelt ihre Erkenntnisse mit Bezug auf viele Persönlichkeiten der Gegenwart und Vergangenheit und auf manchmal sogar amüsante Art.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.11.2021
Schneider, Rolf

Janowitz


ausgezeichnet

Nach mehr als 10 Jahren kehrt Rolf Schneider erfreulicherweise mit einem neuen Roman zurück.Mit Janowitz, dem Schloß in der Tschechei, dass vor und nach dem ersten Weltkrieg viele bekannte Künstler und Schriftsteller beherbergte, hat Rolf Schneider sein Thema gefunden. Er taucht mit seinen bemerkenswerten literarischen Mitteln tief darin ab und als Leser kann man ihn begleiten. Der Text hat Tiefe und Dichte.
Handelnde Figuren sind der Schriftsteller Rainer Maria Rilke und Karl Kraus.
Gastgeberin im Schloß Janowitz ist die adelige Sidonie Nádherný von Borutin, die mit Rilke befreundet ist und Karl Kraus liebt. Die beiden Männer sind sehr unterschiedlich. Ich glaube, der Autor zeichnet einen angemessenes Porträt von ihnen und auch Sidonie ist eine sehr beeindruckende Figur.

Rolf Schneider gelingt es meisterhaft, einen Ort und eine Zeit und deren Stimmungen zu zeigen.

Bewertung vom 26.11.2021
Camilleri, Andrea

Rendezvous mit Tieren. Was sie uns erzählen können


sehr gut

Andrea Camilleri, der große sizilianische Autor, war ein großer Tierfreund. In diesem Hörbuch versammeln sich eine Reihe quasi autobiografische Texte, die seine erstaunlichen Erlebnisse mit Tieren beschreiben. Es sind kurze Texte und entfalten sich deshalb episodisch und oft mit Pointe.
Ich mochte besonders die Geschichte über die beiden Vögel, ein Distelfink und ein sprechender Papagei sowie die Geschichte um den Kater Baron.
2 Begegnungen in Zoos zeugen davon, dass Camilleri Zoos nicht besonders mag.
Eine Episode dreht sich um das Verhältnis von Hunden und Katzen. Eine andere erzählt von Vipern und Igeln.
Die Geschichten sind abwechslungsreich.

Die Texte werden von dem Schauspieler Hans Löw gesprochen und das passt ganz gut.

Bewertung vom 11.11.2021
Roy, Arundhati

Azadi heißt Freiheit


sehr gut

Arundhati Roy ist die Autorin des Erfolgsroman Der Gott der kleinen Dinge. Sie ist auch eine wichtige Essayistin
und durch die Essays dieses Bandes lernt man viel über Indien kennen,
insbesondere durch den Blick von innen, wobei viele Beiträge international erschienen sind (Guardian, Financial Times, New York Times ...)
und somit auch ein westliches Lesepublikum ansprechen.
Roys Themen sind politisch, plädieren für Demokratie und wenden sich häufig gegen den nationalistischen Premierminister Narenda Roy.
Nicht selten sind Roys Äußerungen ironisch, aber man spürt geraee bei den Covid 19-Essays eine Spur Verzweiflung.
Stets aber wird sie klar in ihren Aussagen und benennt mutig die Ungerechtigkeiten.

Bewertung vom 01.11.2021
Klassen, Julie

Weihnachtsglück in Ivy Hill (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der Roman ist Teil der Ivy Hill-Reihe von Juli Klassen. Eine Reihe, die man als Trilogie eigentlich abgeschlossen ansah.

Die Handlung ist1822 in London angesiedelt.
Bei der leicht zynischen Hauptfigur musste ich zwangsläufig ein wenig an den Schauspieler Rupert Everett denken. Richard ist ein Dandy und ein eingefleischter Junggeselle, von sich eingenommen, aber nicht sehr arbeitsam und nicht selten spöttisch. Die Dialoge sind daher sehr pointiert. Und er ist kein schlechter Kerl. Als Leser mag man ihn trotz seiner schlechten Eigenschaften. Die stolze Miss Arabella Awdry hingegen hat nicht viel für den Unverbesserlichen übrig, bis sie feststellt, wie er sich hingebungsvoll um einen Waisenjungen und um eine verwitwete Bekannte kümmert. Dabei sind seine Gefühle echt und ehrlich.
Es ist auch ein Buch über Veränderungen.
Es macht Spaß, einen Roman zu lesen, der mit Figuren arbeitet, die zwar nicht perfekt, aber umso echter wirken. Es ist außerdem beeindruckend, wie die Autorin es schafft, die Handlung im Verlaufe der Geschichte immer mehr zu verdichten und sogar ein paar Jane Austen-Verweise einzubauen.

9 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.10.2021
Schlink, Bernhard

Die Enkelin


ausgezeichnet

ruhig und nachdenklich

Bernhard Schlinks Roman Die Enkelin ist ruhig und nachdenklich gehalten. Das liegt größtenteils an der Erzählform, die aus einem autobiografischen Bericht einer Frau besteht und deren Leben abbildet. Das beinhaltet eine Jugend in der DDR, jung bekommt sie ein Baby, das sie aber nicht behält. Später wird sie erst Goldschmiedin, Köchin, dann Autorin.
Dann steht für Birgit die Suche nach Paula, der Tochter, im Mittelpunkt.
Der ganze Bericht wird von Kaspar, ihrem Mann nach ihrem Tod gelesen. Das prägt den Text deutlich mit.
Im zweiten Teil übernimmt der Mann die Erzählstimme. Er reflektiert sein Leben mit der verstorbenen und macht sich jetzt selbst auf die Suche nach Birgits Tochter und findet dabei auf die Enkelin. Schockierenderweise trifft er dabei aber auch auf rechte Kreise. Einmal mehr thematisiert Bernhard Schlink politische Themen, die sich aus der deutschen Vergangenheit ergeben.

Bernhard Schlink ermöglicht es den Lesern, an den Gedanken und Emotionen der Figuren teilzunehmen und dadurch dicht an sie heranzukommen.