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EOS
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Siegen

Bewertungen

Insgesamt 224 Bewertungen
Bewertung vom 28.04.2022
Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1
Gray, Gloria;Felder, Robin

Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1


gut

Krass und voller Überraschungen
Vikki Victoria, stadtbekannt und glamouröse Transfrau, muss sich verstecken. Der Grund: Toni ist aus dem Gefängnis ausgebrochen, und nun will er sich sicher an ihr rächen, denn Vikki war nicht unschuldig an seiner Festnahme. Toni soll seine Frau bestialisch umgebracht haben, aber ist das wirklich so gewesen? Die ausbrechende Panik setzt eine regelrechte Kettenreaktion in Gang, in deren Verlauf sich so einige kriminelle Energie entlädt und Wahrheiten ans Licht kommen. Hierbei spielen eine Motorradrockergang und ein türkischer Drogenboss mit seinen Leuten eine wesentliche Rolle.
Die Spannung ist schwankend, mal sehr stark, dass man unbedingt weiterlesen muss, aber es gibt auch Passagen, die recht langatmig sind, die wie Lückenstopfer erscheinen und nur nichtssagendes Gerede wiedergeben. Gerade zum Ende hin ist eigentlich schon alles klar, aber der Showdown zieht sich sehr in die Länge.
Zugegeben, das Buch hat mich oft zum Schmunzeln gebracht, denn Vikki legt ihre Gedanken ausführlich dar, worin ich Wortwitz, Ironie und skurrile Beschreibungen entdeckt habe, was mir sehr gut gefallen hat. Der Schreibstil ist sprachgewaltig, sie benutzt Wortneuschöpfungen und lustige Verbindungen (z.B. "damals....vor 30 kg" oder "er okayt"). Die Beschreibungen sind gut vorstellbar und natürlich übertrieben. Aber in meinen Augen ließ mit der Zeit die Kreativität nach oder ich wurde mit der Zeit überdrüssig.
Ach ja, nebenbei wird noch gegen E-Autos gewettert und SUVs hochgepriesen. Das finde ich nicht zeitgerecht. Schon mal etwas von Klimawandel gehört? Oder gehörte das in die Kategorie 'Humor ist, wenn man trotzdem lacht'?
Die Bewertung fällt mir nicht leicht, da das Buch zwar lesenswerte Züge hat, aber sich andererseits immer mehr in Übertreibungen verliert, die irgendwie erzwungen wirken. Leider war es so, dass das Krimigeschehen immer mehr in den Hintergrund rückte und Platz machen musste für unsinniges Palaver.

Bewertung vom 15.04.2022
Auf der Straße heißen wir anders
Cwiertnia, Laura

Auf der Straße heißen wir anders


sehr gut

Zurück zu den Wurzeln
Aber wo sind die Wurzeln wirklich? Karla ist die Tochter des in Deutschland lebenden Armeniers Avi und einer Deutschen, die Eltern sind geschieden, Karla ist dem sozialen Brennpunkt Bremen-Nord, wo sie viel einstecken musste, entkommen.
Anlässlich der Beerdigung ihrer Großmutter Maryam lernt Karla armenische Beerdigungsrituale kennen und realisiert, wie wenig sie über die Wurzeln ihres Vaters weiß. Im Nachlass der Großmutter findet sich ein goldener Armreif, den die Familie nach ihrem Tod in die armenische Hauptstadt Yerewan zu Lilit Kuyumcyan bringen soll. Nach anfänglichem Ablehnen willigt Avi schließlich ein, mit seiner Tochter nach Armenien zu fliegen, um das Testament zu erfüllen.
Zum Erstaunen seiner Tochter blüht Avi in Armenien auf, verändert sich regelrecht und saugt in seiner realen Heimat alles auf. Sehr schnell fühlt er sich zu Hause angekommen und verhält sich wir die Einheimischen. Die Relation Vater-Tochter verändert sich in positiver Weise.
Da ist sehr viel Hintergrundinformation in diesem Buch gespeichert, was mir sehr gut gefallen und meinen Horizont erweitert hat, sowohl landeskundlich, aber vor allem historisch. Es war sehr ergreifend über den unfassbaren Genozid an den Armeniern zu lesen.
Wenn man Avis Kindheit betrachtet, kann man sich erklären, warum er Defizite in seiner Gefühlswelt entwickelt hat und emotionale Annäherung ihm schwerfällt.
Der Schreibstil der Autorin ist gut verständlich und gibt die jeweiligen Situationen sehr präzise wieder. Die Beschreibungen der einzelnen Szenen sind intensiv und atmosphärisch. Als Leser hat man das Gefühl, in der Erzählung anwesend zu sein. Allerdings haben mich die ständigen Zeitsprünge bisweilen irritiert.
Auf jeden Fall ist das Buch sehr lesenswert und hinterlässt bleibende Eindrücke, gerade in der heutigen Zeit.

Bewertung vom 08.04.2022
Düsteres Watt / Liv Lammers Bd.6
Weiß, Sabine

Düsteres Watt / Liv Lammers Bd.6


ausgezeichnet

In den Sylter Wanderdünen ertrunken?
Nur durch Zufall wird in den Wanderdünen bei List eine Leiche entdeckt, denn da diese Sandmassen ständig in Bewegung sind, wäre der Tote wohl sehr bald nicht mehr zu sehen gewesen, je nach Windstärke. Kommissarin Liv Lammers befindet sich im Urlaub auf Sylt, das auch gleichzeitig ihre Heimat ist, und wird sofort von dem Fall angezogen. Der Tote entstammt dem alten schleswig-holsteinischen Adel und lebte mit seiner Familie in einer prunkvollen Villa. Dort scheint die heile Welt plötzlich zerstört und die Trauer groß, bis man einen Blick hinter die Kulissen werfen kann und düstere Abgründe entdeckt, wobei häusliche Gewalt eine große Rolle spielt. Dazu kommt noch, dass der ermordete Karl von Raboisen offensichtlich ertrunken ist, bevor er in den Dünen abgelegt wurde. Es gibt eine Vielzahl von Verdächtigen, die Polizei hat alle Hände voll zu tun und ermittelt in alle Richtungen.
Auch der Leser wird schnell zum Miträtseln animiert, was mir persönlich immer sehr gut gefällt. Auf diese Weise wird das Buch sehr schnell zu einem regelrechten Pageturner, man möchte immer weiterlesen. Im Laufe der Ermittlungen finden sich laufend neue Spuren und Verwicklungen, und es gibt überraschende, aber schlüssige Wendungen, die zum Umdenken zwingen. Dies alles wird unterstützt vom Spannungsbogen, der direkt nach dem Prolog ansetzt und bis auf eine Unterbrechung, in der die Protagonisten bekannt gemacht werden, bis zum Ende anhält, ja eigentlich sogar noch darüber hinaus, denn das Buch endet mit einem Cliffhanger, der bereits Lust auf den nächsten Band macht. Und auch der Prolog ist bereits interessant, denn hier werden wir mit einem exzentrischen Mörder bekannt gemacht.
Liv Lammers ist eine sympathische Ermittlerin, die auch bei ihren Kollegen beliebt ist. Sie ist alleinerziehende Mutter einer Tochter im Teenageralter. Da sie privat Traumatisches erlebt hat, ist sie misstrauisch gegenüber intensiven menschlichen Beziehungen. Ihre Gefühle werden in diesem Buch auf eine harte Probe gestellt, denn ihr neuer Freund trifft auf Sylt seine Ex und den gemeinsamen Sohn. Da ist Eifersucht vorprogrammiert. Die Autorin lässt Privates in den Krimi einfließen, aber nicht übermäßig, was mir persönlich sehr gut gefällt, denn der Fall sollte in einem Thriller im Vordergrund stehen und nicht eine Liebesbeziehung.
Die einzelnen Charaktere werden authentisch gezeichnet, sie erscheinen glaubwürdig und nicht konstruiert, wozu vor allem der Einblick in die Adelskreise gehört, die durch mehr Schein als Sein glänzen. Was sich nicht alles hinter einer solch heilen Fassade verbirgt!
Auch Hintergrundinformationen über Sylt fließen wieder ein, und ich werde sicherlich bei unserem nächsten Urlaub dort einen intensiven Blick auf die Lister Dünenlandschaft werfen.
Mir hat der 6. Lammers-Fall sehr gut gefallen, er vereint alles, was ein guter Krimi haben sollte. Das Geschehen ist gut durchdacht, in sich schlüssig und authentisch. Fast alle Fragen werden beantwortet und somit ist die Vorfreude auf den nächsten Liv Lammers-Fall bereits gegeben. Auf jeden Fall hat das Buch 5 Sterne verdient, die ich gern gebe.

Bewertung vom 03.04.2022
Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehn
Matthiessen, Susanne

Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehn


gut

Heimatinsel Sylt
Als ich das Cover dieses Buches sah, habe ich sofort Westerland erkannt, wo ich schon öfters während unserer Sylt-Urlaube war. Sofort beschlich mich ein heimeliges Gefühl, und nachdem ich die Leseprobe kennengelernt hatte, wollte ich das Buch unbedingt lesen.
Es fängt auch sehr interessant an, denn Susanne Matthiesen beschreibt aus Sylter Sicht den Lockdown, wie man ihn auf der Insel erlebte. Sylt gehörte endlich wieder den Einheimischen und nicht den Massen von Touristen. Amüsant fand ich die Anekdoten, wie Urlaubssüchtige trotzdem versuchten, ihre Lieblingsinsel zu erreichen.
Auch ansonsten gab es einige wissenswerte Hintergrundinformationen, von denen ich noch nie etwas gehört hatte, wie z.B. die Punkerinvasion, Details zur großen Flut von 1981, die Rebellion gegen die Touristen in den 80ern, Sylter Mythen und Sagen u.a. Diese Informationen werde ich sicher im Kopf haben, wenn ich Sylt wiedersehe.
Auch die Belastung der Natur durch den Massentourismus findet ihren Platz und die Umweltzerstörung wird angeprangert. Das gefällt mir.
Was mir nicht gefallen hat, sind langatmige Schilderungen von Personen oder Ereignissen, die kaum jemand interessieren. So fand ich z.B. die Schilderung der Silberhochzeit der Eltern sehr ermüdend, oder auch die Charakterisierung von Leuten, die nur im Leben der Autorin eine Rolle gespielt haben, wie z.B. als Nachbar.
Außerdem würde ich das Buch nicht als Roman kategorisieren, sondern eher als Sammlung von Erinnerungen. Es geht zwar immer wieder mal um Pfuschi, die Freundin der Autorin, aber in meinen Augen nicht so intensiv, wie es für einen Roman notwendig wäre. Auch vermisse ich einen Zusammenhang mit dem Cover, ich hatte eine interessante Geschichte dazu erwartet.
Alles in allem habe ich dem Buch viel Informatives entnehmen können, aber ich hatte zudem eine romanähnliche Erzählung erwartet.

Bewertung vom 31.03.2022
Die Rezeptur: Thriller
Shepherd, Catherine

Die Rezeptur: Thriller


ausgezeichnet

Kurzweilig und fesselnd
Auch dieser 12. Thriller der Zons-Reihe hat mich wieder total begeistert. Vielleicht liegt es am Wechselspiel zwischen den Verbrechen früher und heute, die aber durchaus Verbindungen aufweisen. Sicher ist es auch das schöne Städtchen Zons, das seine Wirkung tut, denn wenn man mal dort war, kommen einem sehr viele Schauplätze bekannt vor und werden vor dem inneren Auge lebendig.
Das Buch beginnt mit der Gegenwart: Ein Schönheitschirurg wird ermordet aufgefunden, in einer Badewanne, die mit schlammigem Wasser gefüllt ist. Auf dem Badezimmerspiegel findet sich der Schriftzug 'Ewiges Leben'. Kommissar Oliver Bergmann und sein Team ermitteln fieberhaft und stoßen dabei auf die intrigante Doppelmoral der Schönheitsfabriken. Und schon bald wird ein weiteres Opfer entdeckt...
In der Vergangenheit werden immer mehr junge Männer aufgefunden, überwiegend Mönche, deren Tod man sich zunächst nicht erklären kann. Sie stehen in der Blüte des Lebens, haben keine Vorerkrankungen und keine äußeren Verletzungen. Bastian Mühlenberg entdeckt aber bald verschlüsselte Schriftstücke bei den Opfern, die ihn zum Rätsel um eine geheime Rezeptur führen.
Catherine Shepherd versteht es geschickt, eine Verbindung zwischen beiden Zeiten herzustellen, die man anfangs nicht erahnen kann. Die Spannung hält durchgehend an, so dass man das Buch nicht weglegen möchte, bis man die Hintergründe kennt. Ein Pageturner wie gewohnt! Die Autorin heizt die Spannung bereits im Prolog an und hält sie durch zahlreiche Cliffhanger im Gang. Außerdem kann man miträtseln, auch wenn man immer wieder in eine Sackgasse gelangt.
Sehr sympathisch finde ich die beiden Hauptprotagonisten. Da ist zum einen Bastian Mühlenberg in der Vergangenheit, der sehr ruhig, überlegt und hilfsbereit auftritt und immer noch zu seiner alten Liebe Anna eine platonische Verbindung hat. Auch Oliver Bergmann ist ein ehrgeiziger, intelligenter und trotzdem ruhiger Ermittler, kein actiongeladener Superheld, der ständig in Schwierigkeiten steckt. Das gefällt mir sehr gut. Überhaupt mag ich es, dass das Privatleben der Ermittler nicht im Mittelpunkt steht, sondern die Kriminalfälle.
Abschließend bleibt zu sagen, dass das Buch mir spannende Lesestunden bereitet hat und ich nun leider wieder auf den nächsten Band warten muss.

Bewertung vom 19.03.2022
Mrs Agatha Christie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.3
Benedict, Marie

Mrs Agatha Christie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.3


ausgezeichnet

Raffiniert und gut durchdacht
Nachdem ich bereits zwei Bücher von Marie Benedict gelesen und sehr geschätzt habe, war dieses Buch ein 'Muss' für mich, und ich wurde nicht enttäuscht. Zwar geht es diesmal nicht um starke Frauen im Schatten ihrer berühmten Männer (wie bei Mrs Churchill und Frau Einstein), sondern um die weltberühmte Krimi-Autorin, von deren Privatleben ich bislang wenig wusste.
Agatha heiratet den damaligen Mann ihrer Träume, den Oberst der Luftwaffe Archie Christie. Sie setzt sich damit auch gegen ihre Mutter durch, die sich einen anderen Schwiegersohn ausgeguckt hatte. Archie ist zunächst ein lebenslustiger und adäquater Partner, ändert sich aber sehr schnell und wird missmutig und depressiv, oft auch zornig. Er liebt die Stille und wendet sich immer mehr von Agatha ab. Hier hat mich sehr verwundert, dass diese intelligente Frau sich Archies Wünschen total unterordnet und ihn nach seinen Wünschen bemuttert. Sie setzt sogar ihre Tochter Rosalind an zweite Stelle und engagiert ein Kindermädchen, um sich besser um Archie kümmern zu können. Ein Jahr lang zieht sie mit Archie zu Werbezwecken durchs Empire und lässt die kleine Tochter allein. Der Dank für ihre Aufopferung bleibt leider aus, ganz im Gegenteil: Archie hat bald eine junge Geliebte und möchte sich scheiden lassen. Und nun kommen wir zum Thema des Buches: Plötzlich verschwindet Agatha, ihr Auto wird gefunden und Archie wird verdächtigt, seine Frau beseitigt zu haben....
Genauso geheimnisvoll, wie Agatha verschwand, taucht sie auch wieder auf, und zwar nach elf Tagen. Was ist geschehen? Es ist äußerst spannend, die Entwicklungen zu verfolgen, die aus verschiedener Perspektive beschrieben werden. Für mich war das Buch ebenso aufregend wie ein Krimi. Auch gelingt es der Autorin sehr gut, die Atmosphäre einzufangen, besonders die wachsende Schuldzuweisung durch die Öffentlichkeit und Archies Gefühl des Eingekesseltwerdens. Es werden reale und fiktive Elemente gemixt, ohne dass man es bemerkt, denn sie passen gut zusammen. Die von der Autorin präsentierte Erklärung für Agathas Abtauchen ist geradezu brillant, denn sie gleicht einer Geschichte aus Agatha Christies Feder. Dadurch gewinnt die Hauptprotagonistin ihre Stärke zurück, die jahrelang blockiert war, und für den Leser ist die Welt wieder in Ordnung.
Mich hat das Buch begeistert, es ist sehr lesenswert, und ich hoffe, dass die Autorin noch weitere Biographien starker Frauen präsentieren wird.

Bewertung vom 16.03.2022
Kalt lächelt die See / Guernsey-Krimi Bd.1
Corbet, Ellis

Kalt lächelt die See / Guernsey-Krimi Bd.1


sehr gut

Guernsey-Krimi mit viel Lokalkolorit
Vor der Küste Guernseys wird ein verlassenes Segelboot entdeckt, von dem Ehepaar Hamon, das das Boot gemietet hatte, keine Spur. An Bord jedoch wird Blut entdeckt. Was ist passiert? Das Ehepaar ist auf der Insel bekannt, denn vor zwei Jahren ist ihre Tochter spurlos verschwunden, die zweijährige Ava. Hängen die beiden Fälle zusammen?
DI Kate Langlois beginnt mit ihren Ermittlungen, ihr zur Seite steht der neue Kollege Tom Walker, der einen überkorrekten Eindruck macht und sich mit Kate erst arrangieren muss, da diese ihren Job eher leger ausübt und guten Kontakt zu den Einheimischen für sehr wichtig hält. Walker kommt aus London, und man fragt sich, warum er diesen großen Schritt auf die Kanalinseln gemacht hat.
Zunächst einmal muss ich die Autorin sehr loben für die Gestaltung des Covers. Denn außer der maritimen Szene am Meer sind am Himmel in den Wolken die Umrisse der Insel Guernsey zu erkennen. Das hat mir gleich auf Anhieb gefallen. Außerdem gefällt mir der geographische Hintergrund des Kriminalromans ausgezeichnet, denn nach so vielen feinen Details ist mein Wunsch, mal dort Urlaub zu machen, noch größer geworden.
Auch der Fall in sich ist schlüssig und gut konstruiert, obwohl er in einigen Bereichen ein wenig unrealistisch erscheint. Auch die Ermittlungen kommen nur sehr langsam in Gang, was in der ersten Hälfte für Langatmigkeit sorgte. Dies wurde allerdings wettgemacht durch eine sehr spannende und rasante zweite Hälfte.
Die Ermittlerin Kate Langlois ist mir irgendwie zu perfekt, sie hat immer den richtigen Riecher und übertrumpft die anderen. Da erscheint mir ein Ermittler, der auch mal die falsche Fährte verfolgt, wirklichkeitsnäher.
Insgesamt war das Buch durch den flüssigen Schreibstil angenehm zu lesen und hat mir unterhaltsame Stunden bereitet. Auch konnte ich gut miträtseln. Gern werde ich auch weitere Bände in dieser Reihe kennenlernen.

Bewertung vom 13.03.2022
Im Dorf der Schmetterlinge
Wiebusch, Michaela;Erz, Rita

Im Dorf der Schmetterlinge


sehr gut

Begegnung mit der inneren Stimme
Das Buch punktet alleine schon durch seine ansprechende Gestaltung, sowohl das Cover als auch die Innenseiten fallen angenehm ins Auge.
Zum Inhalt: Jule befindet sich in der Midlife Crisis, sie ist Ende vierzig und muss ihr Leben irgendwie umstrukturieren. Im Mittelpunkt ihres alten Lebens stand ihre Tochter Tilda, die aber nun im fernen Kanada studiert. Vielleicht wollte sie sich dadurch der ständigen Belagerung durch ihre Mutter entziehen. Auch in ihrem Mann Stefan sieht sie keine Stütze, er erkennt ihre Probleme nicht und spricht oftmals nur das Nötigste mit ihr. Im Beruf fühlt sie sich von einer jüngeren Frau aufs Abstellgleis gedrängt. Es ist also höchste Zeit, dass sich etwas ändert, aber wie?
Das Buch hat mich sehr angesprochen, denn in einige der geschilderten Alltagssituationen konnte ich mich gut einfühlen, da ich dies ebenso erlebt habe. Es ist das altbekannte Dilemma: Neues wagen, oder lieber beim Alten bleiben? Jule wird so stark von negativen Gedanken belagert, dass sie nicht in den Schlaf findet. Nach einem heftigen Streit mit ihrem Mann nimmt sie ein Schlafmittel und driftet ab in eine Traumwelt, in der sie mit Hilfe ihrer inneren Stimme eine Bewusstseinserweiterung erfährt.
Auf den ersten Blick scheint sie ein Märchen zu durchleben, denn sie trifft skurrile Figuren, die in ihrem Leben keine Rolle spielen, ihr aber Lebensweisheiten vermitteln, und zwar auf außergewöhnliche Weise. Besonders gefallen haben mir der Specht Cupido und das 'Museum der Dinge', letzteres habe ich in Gedanken auf mein Leben übertragen und fand das sehr spannend. Das absolute Highlight waren jedoch die 'Angsthasen', denn in diesem Kapitel habe ich einiges erfahren und gelernt, das ich in Zukunft zu beherzigen versuche. Ängste schützen mich, aber sie fressen mich auch auf!
Ein paar andere Kapitel fand ich weniger ansprechend (z.B. 'die Höhle des Herzens'), aber insgesamt gefällt mir die Idee sehr, Lebensberatung in eine märchenhafte Erzählung einzubinden. So liest es sich fließender als in einem reinen Sachbuch. Auch habe ich viele Zitate entdeckt, die ich mir noch oft durchlesen werde. Ausgezeichnet finde ich die Zusammenfassung der 'ersten sieben Schritte in mein bestes Leben' am Ende des Buches. Ich möchte das Buch als einprägsame Lebenshilfe empfehlen.

Bewertung vom 08.03.2022
Violas Versteck / Tom Babylon Bd.4
Raabe, Marc

Violas Versteck / Tom Babylon Bd.4


ausgezeichnet

Mega spannend - genialer Abschluss der Reihe
Dies ist der 4.Band der Thriller Reihe um den LKA Ermittler Tom Babylon. In allen bisherigen Bänden, die ich mit Spannung gelesen habe, taucht Toms Schwester Viola in irgendeiner Form auf, bisweilen auch wie eine nervtötende Erscheinung, denn offiziell ist sie tot. Der Titel des 4. Bandes suggeriert nun, dass sie noch am Leben ist, denn warum sollte sie sonst ein Versteck haben? Mit großen Erwartungen habe ich deshalb dieses Buch gelesen und wurde nicht enttäuscht. Sehr, sehr spannend - ein regelrechter Pageturner, nur mit Widerwillen unterbricht man die Lektüre.
Der Schauplatz ist diesmal in weiten Teilen nach England verlagert, denn in einem Müllcontainer im Londoner Stadtteil Clerkenwell wird Tom Babylon gefunden, nackt und mit einer schweren Kopfverletzung. Infolgedessen leidet er an Amnesie, die so ausgeprägt ist, dass er noch nicht einmal weiß, wie er überhaupt nach London gekommen ist. Eine Ärztin im Hospital kümmert sich liebevoll um ihn, aber kann er ihr wirklich vertrauen? Immerhin erfährt er mit ihrer Hilfe, dass er seinen Job beim LKA gekündigt hat und seine Frau mitsamt Sohn ihn verlassen hat. Das tritt aber alles in den Hintergrund, weil er ja seine Schwester Viola sucht, und signifikante Spuren haben ihn nach England geführt. Bald findet er heraus, dass es noch weitere Personen gibt, die Viola finden wollen, da sie offensichtlich etwas Außergewöhnliches im Besitz hat.
Toms Kollegin Dr. Sita Johanns bekommt von Tom den Auftrag, seinen Widersacher Dr. Walter Bruckmann zu besuchen, um ihm eine Botschaft zu überbringen. Dieser befindet sich in einer forensischen Klinik, weit abgelegen in den Allgäuer Bergen. Aber auch sie kommt sehr bald in arge Bedrängnis....
Mehr möchte ich zum Inhalt nicht verraten, aber die Situation spitzt sich immer wieder zu. Es wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt und auf unterschiedlichen Zeitebenen, die vor den jeweiligen Kapiteln angegeben werden. Tom Babylon muss wieder sehr viel einstecken, man wundert sich manchmal, wie er das alles überlebt. Immer wieder gibt es Überraschungen, Angriffe, enttäuschte Hoffnung oder aussichtslos erscheinende Situationen. Manche Szenen sind regelrecht schaurig, was aber auch die Spannung anheizt.
Die Hauptprotagonisten Tom und Sita sind sehr detailliert und überzeugend beschrieben, man kann ihre Aktionen nachvollziehen und mit der Zeit auch vorausahnen. Beide sind mir nicht sehr sympathisch, aber das spielt keine Rolle, um ihre Verhaltensweisen gedanklich zu unterstützen. Tom wünsche ich nach der Auflösung dieses gewaltigen Falls ganz dringend eine Auszeit und eine kompetente psychologische Betreuung, denn in meinen Augen ist sein Verhalten teilweise psychotisch, besonders im Wahrnehmungsbereich. Dadurch werden auch seine Emotionen beeinflusst. Aber vielleicht ändert sich das nun...
Alles in allem habe ich das dicke Buch (über 600 Seiten) in kurzer Zeit verschlungen, es hat mir äußerst spannende Unterhaltung gebracht und bekommt eine eindeutige Leseempfehlung.

Bewertung vom 26.02.2022
Boom Town Blues
Dunne, Ellen

Boom Town Blues


sehr gut

Rache als Motiv?
Patsy Logan ist eine erfolgreiche Ermittlerin beim LKA München, die aber nach beruflichem und privatem Stress dringend eine Auszeit braucht. Da sie irische Wurzeln hat, beschließt sie, ihre Cousine in Dublin zu besuchen, um ihr angeschlagenes Selbstwertgefühl wieder aufzubauen und vom Beruf abzuschalten. Doch dies währt nicht lange, denn sie wird um Amtshilfe gebeten, als in der österreichischen Botschaft eine deutsche Praktikantin während eines Festessens vergiftet wird. Offiziell darf sie als Ausländerin nicht ermitteln, aber ihr Interesse ist schnell geweckt und zusammen mit Sam Feuerstein von der österreichischen Botschaft startet sie Ermittlungen auf eigene Faust, die interessante Spuren aufdecken.
Sehr interessant werden die Zusammenhänge zwischen der Finanzkrise am Anfang dieses Jahrhunderts und dem sich anschließenden Wirtschaftsboom geschildert, der die Immobilienpreise explodieren ließ und viele Hauseigentümer, deren Objekte mit Hypotheken belegt waren, in den Abgrund stürzte, da die Arbeitslosigkeit groß war. Vor diesem Hintergrund, zwischen Untergang und Habgier, spielt dieser Fall.
Zunächst fängt die Handlung ganz gemächlich an, baut aber immer mehr Spannung auf, was sich steigert und den Leser am Ende nicht mehr zur Ruhe kommen lässt, bis der Täter gefunden ist, so dass ich das Buch in der zweiten Hälfte nur schwer aus der Hand legen konnte. Einige überraschende Geschehnisse zwischendrin verstärken diese Wirkung noch.
Am flotten Schreibstil der Autorin haben mir besonders die Beschreibungen gefallen, die intensive Bilder liefern, da sind z.B. Bäume, die wie Streifenpolizisten agieren oder der Mantel an der Garderobe, der wie eine schlafende Fledermaus wirkt. Irgendwann schluckt Patsy ' das Gefühl nach feuchtem Waschlappen nach unten' usw. Sehr wirkungsvoll in der saloppen und gleichzeitig intensiven Beobachtung!
Patsy als Hauptprotagonistin ist sympathisch, da sie geradlinig, ehrlich und selbstbewusst agiert. Ihre ironischen Hiebe auf ihre eigene Person sind humorvoll. Allerdings ist sie ein eher negativ denkender Charakter, was sie öfters durch Alkohol zu korrigieren versucht. Was mir auch nicht gefallen hat, sind die ständigen Rückblicke auf die negativen Seiten ihrer Ehe und den Selbstmord ihres Vaters. Da hätte es weniger auch getan.
Alles in allem hat mich das Buch gut und spannend unterhalten und mir interessante Einblicke in Boomtown Dublin geliefert. Sehr lesenswert!