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Benutzername: 
takabayashi
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Berlin
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Vielleser

Bewertungen

Insgesamt 163 Bewertungen
Bewertung vom 29.10.2021
Die unhöfliche Tote / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.2
Bennett, S J

Die unhöfliche Tote / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.2


ausgezeichnet

Die zweite königliche Ermittlung: Macht richtig Spaß!
Wie auch beim ersten Band dieser Reihe ist das Cover dieses Buches um Klassen gelungener als beim englischen Original. Was man vom einfallslosen deutschen Titel allerdings nicht behaupten kann!
Da ich den ersten Band schon sehr genossen hatte, habe ich voller Vorfreude zu lesen angefangen und wurde nicht enttäuscht. Das Buch ist aktuell in Bezug auf politische Entwicklungen, sehr unterhaltsam mit reichlich britischem Humor, spannend und informativ. Und vor allem ist es nicht seicht, was man bei der Thematik ja befürchten könnte. Die Autorin hat offensichtlich gut recherchiert, denn das Leben bei Hofe wirkt sehr authentisch geschildert (soweit man das als Laie beurteilen kann).
Die Geschichte spielt im Jahr 2016 kurz nach dem Brexit-Referendum und kurz vor der Wahl in den USA. Es geht um ein eher wertloses verschwundenes Gemälde aus der Sammlung der Queen, an dem sie aber aus sentimentalen Gründen sehr hängt, um eine bei ihren Kollegen eher unbeliebte Haushälterin, die ermordet aufgefunden wird, Drohbriefe und Mobbing unter den Palastangestellten. Als Rozie - die stellvertretende Privatsekretärin der Queen - in deren Auftrag zu ermitteln beginnt, kommt es zu weiteren Morden und der Entdeckung von langjährigem Diebstahl im großen Stil.
Natürlich darf die Queen nicht offiziell als Ermittllerin in Erscheinung treten. Rozies Erkenntnisse müssen den dafür zuständigen Angestellten "untergejubelt" werden, so dass diese am Ende das Gefühl haben, sie hätten die Verbrechen selbst aufgeklärt. Die Queen selbst kann nicht viel tun, ist aber sehr gut darin, aus Rozies Ergebnissen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Es gibt auch reichlich irreführende Spuren, "Red Herrings", aber am Ende ist alles zufriedenstellend gelöst, keine offenen Enden.
Natürlich ist alles Fiktion, aber als Leser hat man das Gefühl, dass sich eine solche Geschichte durchaus so abgespielt haben könnte. Die Queen wirkt sehr sympathisch, man hat häufig an ihren Gedankengängen teil, Prinz Philip, der damals noch am Leben war, lässt auf gewohnt leicht ruppige Art seine zum Teil sehr komischen Bemerkungen los, man erfährt einiges mehr über Rozie und auch die anderen wesentlichen Personen sind gut gezeichnet, der Schreibstil ist sehr gefällig, aber nicht platt. Ich hoffe auf weitere Abenteuer dieses ungewöhnlichen Ermittlerpaares! Klare Leseempfehlung, vor allem für Fans des gepflegten britischen Cosy-Krimis.

Bewertung vom 21.10.2021
Harlem Shuffle
Whitehead, Colson

Harlem Shuffle


sehr gut

Flott geschriebene, atmosphärische New Yorker Gaunergeschichte
Obwohl ich New York nur aus Filmen und Büchern kenne, hatte ich das Gefühl, dass der Autor die Armosphäre im Harlem der Sechziger Jahre sehr authentisch und treffend geschildert hat, sehr lebendig, man hat das Gefühl man sei mittendrin.
Der Protagonist ist der umtriebige Familienvater Ray Carney, ein Möbelhändler, der versucht, seinen Lebensuntehalt auf möglichst ehrliche Weise zu verdienen, aber zwischendurch durchaus auch mal Hehlerware verhökert - schließlich hat er eine Familie zu ernähren. Sein Vater war ein Krimineller, dem er möglichst nicht nacheifern möchte, und auch sein Cousin Freddy ist ein Ganove, der noch nie in seinem Leben gearbeitet hat und Ray, der ihn wie einen Bruder liebt, immer wieder in brenzlige Situationen hineinmanövriert. Whitehead schildert drei Phasen in Rays Leben, 1958, 1961 und 1964. Er hat einen mitreißend lässigen und humorvollen Schreibstil, es gibt atmosphärische Ortsbeschreibungen und viele Nebenfiguren, die meisten davon recht skurrile Charaktere, so dass man sich gut in die damaligen Lebensumstände hineinversetzen kann.
Der Autor schreibt nicht mit erhobenem Zeigefinger, aber natürlich ist der Roman auch sozialkritisch, beschreibt erschreckende Rassendiskriminierung, z.B. dadurch, dass Rays Ehefrau im Reisebüro "Black Star Travel" arbeitet, das seinen schwarzen Kunden "sichere" Reiserouten ausarbeitet mit Empfehlungen für Hotels und Restaurants, in denen sie nicht diskriminiert, angepöbelt oder gar zusammengeschlagen werden. Und man erkennt auch, dass es seit damals leider nur kleine Fortschritte gegeben hat.
Ich weiß gar nicht so recht, welchem Genre man diese Buch zuordnen könnte, vielleicht ist es ein Entwicklungsroman, denn Ray macht in den drei Abschnitten eine ziemliche Entwicklung durch.Es ist aber auch eine Liebeserklärung an Harlem und seine Bewohner. Die Lektüre war manchmal ein wenig anstrengend, hat sich aber gelohnt und ich bin froh, diesen Autor kennengelernt zu haben und werde auch seine früheren Werke lesen. Empfehlenswert für Freunde etwas anspruchsvollerer Literatur.

Bewertung vom 12.10.2021
Rochade
Tötschinger, Reinhard

Rochade


sehr gut

Ist ein Fälscher nur ein Kopist oder selbst ein Künstler?
In seinem Debut-Roman führt uns Tötschinger in die (sehr nahe) Zukunft: ins Jahr 2022, in dem es im Kunsthistorischen Museum von Wien ein missglücktes Bombenattentat auf das sehr kostbare Bild „Die Malkunst“ des Malers Jan Vermeer gegeben hat.
Der Restaurator Clemens Hartmann, Protagonist und Erzähler dieser Geschichte, ein hingebungsvoller Meister seines Fachs und dessen Assistent Hubert bekommen den Auftrag, das Bild zu restaurieren, doch nicht die von ihnen geforderte Zeitspanne von 9 Monaten, nein, sie sollen das Bild innerhalb von 3 Monaten wiederherstellen, damit der amtierende junge Kanzler (unschwer als Anspielung auf Sebastian Kurz zu erkennen) es zu Repräsentationszwecken in seinem Amtssitz aufhängen kann. Außerdem sollen nun auch Museen nach modernen betriebswirtschaftlichen Kriterien geführt werden. Das missfällt den beiden Restauratoren, die sich nur ungern unter Zeitdruck setzen lassen, denn der macht eine gewissenhafte und perfekte Restaurierung unmöglich. Und auch der Künstler Vermeer, von dem Hartmann den Eindruck hat, dass er mit ihm spricht, ist strikt dagegen und will im Museum bleiben, nachdem das Bild im Laufe der Jahre viel herumgekommen ist und sogar Hitler beinahe in die Hände gefallen wäre. Die Geschichte des Bildes wird in kleinen Exkursen durch alte Dokumente dargestellt.
Meister und Schüler wissen sich schließlich keinen anderen Ausweg, als eine Kopie anzufertigen und diese mit dem Original zu vertauschen. Wird das gelingen? Die Dialoge in diesem Roman aus der Kunstwelt sind oft hochkomisch, man bekommt einen guten und verständlichen Einblick in die Kunst des Restaurierens, eine philosophische Abhandlung über die Kunst, darüber ob Kopien Kunst oder Fälschung sind, etc. und manchmal sogar einen regelrechten „Heist“ Krimi - ein interessanter Genre-Mix!
Der Autor behandelt diese vielleicht etwas akademisch wirkenden Themen mit großer Leichtigkeit und auf sehr unterhaltsame Weise. Ich habe diesen Roman mit großem Vergnügen gelesen und kann ihn uneingeschränkt weiterempfehlen.

Bewertung vom 05.10.2021
The Stranger Times Bd.1
McDonnell, C. K.

The Stranger Times Bd.1


sehr gut

Mystery/Fantasy mit britischem Humor
Eine sehr unterhaltsame Lektüre! Obwohl ich eher einen humorvollen Krimi erwartet hatte und kein Freund von Fantasyromanen bin, hat mir dieses Buch doch sehr viel Spaß gemacht. Das Fantasy-Element steht in der ersten Hälfte des Buches eher im Hintergrund. in dem wir nach einem etwas kryptischen Prolog zunächst einmal Hannah auf Jobsuche kennenlernen. Das Zusammentreffen mit der Crew der STRANGER TIMES und ihr Vorstellungsgespräch als stellvertretende Chefredakteurin verlaufen unter höchst seltsamen Umständen. Aber Hannah, die ihr sinnentleertes Leben als gutsituierte Ehefrau eines ständig fremdgehenden Mannes aufgegeben hat, braucht dringend Arbeit und freut sich sogar über diesen Job bei einer fragwürdigen Zeitung mit einem ungehobelten, übellaunigen, versoffenen Chef und einer skurrilen Mitarbeiterschar ...
Der Schreibstil ist gut lesbar und die Geschichte wimmelt von witzigen Situationen, schwarzhumorigen Dialogen und sehr seltsamen, eigentlich unsympathischen, aber doch irgendwie liebenswerten Charakteren. Im Verlauf der zweiten Hälfte kommt dann allmählich immer mehr Spannung auf. Die Mitarbeiter der STRANGER TIMES geben ihre Geschichten über UFO-Sichtungen, Geister und Ähnliches nie als Tatsachen aus, sondern lassen Menschen davon berichten, die derartige Erlebnisse hatten und daran glauben. Doch allmählich wächst bei ihnen der Verdacht, dass an diesen Begegnungen mehr als ein Körnchen Wahrheit ist. Im Buch tauchen zwischendurch auch immer wieder Kostproben von Artikeln aus der Zeitung auf - köstlich!
Wie schon gesagt: Fantasy ist eigentlich nicht so meins, aber diese wilde Mischung aus Britischem Humor, Realität und Fantasy mit Krimi-Touch hat mich sehr gut unterhalten!

Bewertung vom 18.09.2021
Die Teehändlerin / Die Ronnefeldt-Saga Bd.1
Popp, Susanne

Die Teehändlerin / Die Ronnefeldt-Saga Bd.1


sehr gut

Familiengeschichte des Handelshauses Ronnefeldt im Frankfurt des Biedermeier
Friederike Ronnefeldt, die junge Ehefrau des Teehändlers Tobias Ronnefeldt, ist die Hauptfigur dieses Historischen Romans. Diese starke Frauenfigur gibt sich nicht zufrieden mit "Kinder, Küche, Kirche", sie will sich auch stärker in das Teegeschäft ihres Mannes einbringen, speziell als ihr Mann zu einer sehr langen Einkaufs- und Forschungsexpedition nach China aufbricht. Ihr - eigentlich sehr freundlicher und liebenswerter Mann - ist noch zu sehr im Denken seiner Zeit verhaftet, was die Rolle der Frau angeht, woraus sich Konflikte zwischen den Ehepartnern ergeben. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte auch in Bezug auf andere Frauen aus Friederikes Umfeld. Außerdem geht es auch um Differenzen zwischen Protestanten und Katholiken, die zur damaligen Zeit noch eine extrem große Rolle spielten und um den vorherrschenden Antisemitismus und die sehr eingeschränkten Bürgerrechte von Juden.
Zuerst fand ich die Lektüre etwas zäh, doch dann bin ich ca. ab der Hälfte doch gut reingekommen und habe das Buch in einem Zug zu Ende gelesen. Die Krisen, die Friederike zu bewältigen hatte, waren spannend, auch wenn der intrigante Prokurist für meine Begriffe etwas zu böse geraten ist, nur schwarz, kein bisschen grau! Das erscheint mir doch etwas konstruiert. Auch sonst gab es für meinen Geschmack etwas viel Drama, zu dick aufgetragen. Die Atmosphäre und die Stimmung der Zeit werden jedoch recht anschaulich geschildert und man erfährt einiges über den Teehandel. Was mir vorher nicht bekannt war: damals galt China als einzige Bezugsquelle für Tee, dass es in Indien sehr guten Tee gibt, wusste man tatsächlich noch nicht!
Ein flüssig geschriebener, gut lesbarer, auf eine weibliche Hauptfigur fokussierter historischer Roman mit echten und fiktiven Personen, der interessante Einblicke in die damalige Gesellschaft liefert. Vor allem aber ein Familiengeschichte. Lesenswert!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.09.2021
Gegen alle Regeln / Strafverteidiger Pirlo Bd.1
Bott, Ingo

Gegen alle Regeln / Strafverteidiger Pirlo Bd.1


ausgezeichnet

Justizkrimi mit unkonventionellem Anwalt
Das Cover liefert uns einen optischen Eindruck von Anwalt Dr. Anton Pirlo, so wie er im Text beschrieben wird. Dieser (relativ) junge Strafverteidiger ist in kurzer Zeit erst zu größten Höhen aufgestiegen und dann ganz tief gefallen. In einer renommierten Kanzlei in Düsseldorf war er durch den Gewinn eines medienwirksamen Verfahrens everybody's darling geworden, bzw. doch nicht wirklich jedermanns, sondern es gab auch viele Neider,wie z.B. den eher unfähigen und intriganten Sohn des Kanzleigründers, und ehe er sich's versieht steht er als Sündenbock für einen Leak arbeitslos auf der Straße. Mit diesem Paukenschlag beginnt die Erzählung: Pirlo besäuft sich erst einmal sinnlos, kommt aber nach einigen Tagen wieder einigermaßen in die Spur. Und Rettung naht in Form einer Mandantin. Die jüngere Ehefrau eines Industriellen soll ihren Mann umgebracht haben und deren ehrgeizige Mutter engagiert Pirlo. Er übernimmt den Fall von seinem Wohnzimmer aus und engagiert durch Vermittlung seines ihm wohlgesonnenen Doktorvaters noch die frischgebackene junge Anwältin Sophie Mahler als Mitstreiterin, Sprössling einer Anwaltsfamilie, aber etwas überkreuz mit ihrer Familie,weil sie sich nicht der väterlichen Kanzlei für Wirtschaftsrecht anschließen will und lieber Strafrecht praktiziert. Sie vervollständigt das ungewöhnliche Anwaltsduo.
Bei Pirlo sind die familiären Altlasten noch gravierender, denn er hat sich von seiner kriminellen Familie losgesagt und seinen Namen von Ramzes Khatib in Anton Pirlo geändert. Seine recht simpel gestrickten Brüder haben sich in die Bredouille gebracht und erwarten Hilfe von ihm.
Das ist die Ausgangssituation dieses Krimis. Der Fall erscheint fast aussichtslos, aber Pirlo und Sophie, die sich allmählich zusammenraufen und sehr gut zusammen arbeiten können, sind beide äußerst hartnäckig! Es macht großen Spaß, die beiden bei ihrer Aufklärungsarbeit zu begleiten, bei der sie oft auf legal eher grenzwertige Methoden zurückgreifen.
Die Charaktere sind sympathisch, vielschichtig und gut gezeichnet, und von ihrem Zusammenspiel und ihren Kontrasten lebt die Handlung. Ich bin ein Fan von Gerichtsdramen (und Anwaltsserien) und fand auch die Szenen im Gerichtssaal sehr spannend und sehr gut beschrieben. Der familiäre Hintergrund der beiden Protagonisten spielt auch eine wesentliche Rolle, auch wenn die beiden darüber nicht miteinander reden.
Der manchmal etwas schnodderige Schreibstil ist gut lesbar, wobei Humor und Spannung auch nicht zu kurz kommen. Mein Fazit: Ein origineller, unterhaltsamer und spannender Roman, der nicht nur Fans von Justizkrimis zu empfehlen ist!

Bewertung vom 10.08.2021
Rum oder Ehre / Kulinarische Kriminalromane Bd.2
Henn, Carsten Sebastian

Rum oder Ehre / Kulinarische Kriminalromane Bd.2


ausgezeichnet

Norddeutsche Mentalität, karibisches Feeling, Spannung, Humor und alles über Rum

Ein gelungener Cocktail! Carsten Sebastian Henn schafft es immer wieder, ein gelungenes Garn zu spinnen.

Martin Störtebecker, 72 Jahre alt aus Flensburg, genannt "Käpt'n", obwohl er aufgrund seiner Seekrankheit nicht sonderlich gut als Seemann geeignet ist, bricht nach dem Tod seines besten Freundes nach Jamaika auf, um herauszufinden, was vor 20 Jahren wirklich passiert ist, als sein Bruder dort hinfuhr und bald darauf verschwand.

Ich habe schon viele kulinarische Krimis dieses Autors gelesen und goutiert. Diese Reihe, in der jeweils ein alkoholisches Getränk im Mittelpunkt steht, unterscheidet sich insofern von seinen anderen Reihen, dass es Einzelbände mit jeweils unterschiedlichen Protagonisten sind.

Der Käpt'n schart bald ein Trüppchen skuriler Helfer um sich, und während er dem Weg seines Bruders durch diverse Destillerien folgt, geschehen noch weitere Morde - bei seinen Nachforschungen hat er offensichtlich in ein Wespennest gestochen.Er erfährt vieles, was er über seinen Bruder noch nicht wusste, hat plötzlich eine Nichte und verliebt sich zu seinem Erstaunen auch noch. Die Beschreibung seiner Suche wird durch Abschnitte aus dem Tagebuch seines Bruders ergänzt und zwischendurch gibt es noch - andersfarbig gekennzeichnete - Exkurse über alles Wissenswerte über den Rum, wie z.B. seine Entstehung, verschiedene Herstellungsmetoden, Herkunftsländer, Cocktail-Rezepte etc.Nach einer Weile musste ich mir passend zur Lektüre ein Gläschen meines (allerdings kubanischen) Edelrums einschenken!

Die Geschichte wird sehr humorvoll erzählt, ist aber auch sehr spanned und überaus unterhaltsam. Es gibt viele unvorhersehbare Wendungen und die Aufklärung des Falles findet schließlich daheim in Flensburg statt. Der Schreibstil ist flüssig, witzig und gut lesbar, der Krimi ist (für mich) richtig rund, hat mich mit einem wohligen Gefühl zurückgelassen und dem Wunsch, gleich weiterzulesen. Der erste Band "Der Gin des Lebens", den ich noch nicht kenne, ist schon auf dem Weg zu mir...

Kurzum eine Leseempfehlung für alle, die gepflegte (aber nicht seichte) Cosys mit einem Schuss Humor lieben!

Bewertung vom 10.08.2021
Der Tintenfischer / Ein Fall für Commissario Morello Bd.2
Schorlau, Wolfgang;Caiolo, Claudio

Der Tintenfischer / Ein Fall für Commissario Morello Bd.2


sehr gut

Flüchtlinge in den Fängen der Mafia – ein gemächlicher und unterhaltsamer Polit-Krimi

Die Krimihandlung kommt erst sehr allmählich in Gang, dafür gibt es aber anfänglich viele interessante Details aus Commissario Morellos Vorleben, die im ersten Band noch nicht erwähnt wurden. David, ein junger nigerianischer Flüchtling, stürzt sich von einer venezianischen Brücke, doch Morello und Kollegin Anna, die durch das coronaleere Venedig streifen, gelingt es, ihn zu retten.

Davids Erzählungen über sein Schicksal weisen auf eine Verbindung zwischen nigerianischen Mafiagruppen und der italienischen Mafia hin. Da ist Morello, der sizilianische Mafiajäger, der in Venedig gestrandet ist, ganz Ohr.

Er setzt sich mal wieder über sämtliche Anweisungen von oben hinweg und bricht nach Sizilien auf - eine gefährliche Aktion, denn dort ist er seines Lebens nicht sicher. Kollegin Anna lässt sich nicht davon abbringen, ihn zu begleiten. Geht es Morello nur darum, Davids Freundin Oni vor der Zwangsprostitution zu retten, oder leitet ihn noch immer der Wunsch, den Capo dei Capi dingfest zu machen?

Ein zunächst so eher dahinplätschernder Krimi mit sehr gelungenen Personen- und Ortsbeschreibungen, viel appetitanregendem Kochen und Essen, witzigen Momenten einerseits, interessanten Fakten über die nigerianische Mafia und das Schicksal von den in Italien gelandeten Flüchtlingen andererseits. Auf den ersten Blick fast ein wenig an Donna Leons Brunetti-Krimis erinnernd, aber nur auf den ersten Blick, denn Morello ist doch ein ganz anderer Typ als Brunetti. Dann steigert sich die Spannung allmählich bis hin zu einem regelrechten Show Down gegen Ende.

Ich fand die Lektüre trotz kleinerer Ungereimtheiten unterhaltsam und spannend, allerdings nicht ganz so gut wie den ersten Band. Es war nicht „unputdownable“, lässt den Leser jedoch dank eines Cliffhangers am Schluss mit reichlich Stoff zum Nachdenken zurück!

Bewertung vom 10.08.2021
Revolution der Träume / Wege der Zeit Bd.2
Izquierdo, Andreas

Revolution der Träume / Wege der Zeit Bd.2


sehr gut

Historischer Roman über die Nachkriegszeit im Berlin der frühen Zwanziger Jahre

Den ersten Band dieser Romantrilogie „Schatten der Welt“ habe ich nicht gelesen – vielleicht erklärt das, warum es mir anfangs etwas schwer fiel, in einen Lesefluss hineinzukommen. Es geht auch so, aber es wäre wohl von Vorteil, die Bände chronologisch hintereinander zu lesen.

Die drei Protagonisten Isi, Artur und Carl kamen ursprünglich aus Thorn in Westpreußen im heutigen Polen. Offensichtlich hatten sich die drei verschworenen Jugendfreunde während des ersten Weltkrieges aus den Augen verloren, aber 1919 treffen sie in Berlin wieder aufeinander.

Isi, überzeugte Revolutionärin, aber auch Femme Fatale, Artur, ein flexibler Gastronom, Bandenchef und Unternehmer mit deutlichem Hang zur Halbwelt und Carl, der etwas naive Gutmensch, der seinen Traum verfolgt, Fotograf oder Kameramann zu werden.

Im Umkreis dieses Trios erleben wir deutsche Geschichte hautnah, die frühen Zeiten der Weimarer Republik nach dem Sturz der Monarchie durch die Novemberrevolution, den Kapp-Putsch, die Ablehnung des Versailler Vertrages, der Deutschland mit unbezahlbar hohen Reparationen belastete, das Finden eines Sündenbocks, dem die alleinige Schuld für die Unterzeichnung dieses Vertrages in die Schuhe geschoben wird und die Kämpfe verschiedenster Gruppierungen untereinander um die Vorherrschaft in der neuen Republik (oder ihre Abschaffung).

Isi ist anfangs sehr intensiv mit dem Spartakusbund involviert, durch Artur, der eher an erfolgreichen Geschäften interessiert ist, lernen wir die glitzernde Amüsierwelt der „Goldenen Zwanziger“ kennen und Carl gelingt es dank der Starthilfe von Ernst Lubitsch, in der UFA Fuß zu fassen.

Eine interessante Geschichte aus dieser schillernden Zeit in Berlin, die allerdings auf 500 Seiten hin und wieder einige Längen aufweist. Den interessanten und sympathischen Protagonisten werden durch intrigante Schurkencharaktere immer wieder Steine in den Weg gelegt. Das ist teilweise recht spannend, wirkt manchmal aber auch arg konstruiert. Des öfteren konnte ich die Handlungsweisen der drei Freunde nicht recht nachvollziehen.

Nichtsdestotrotz ein flüssig geschriebener, spannender und unterhaltsamer historischer Roman, der mich persönlich jedoch nicht so zu begeistern vermochte, wie Richard Dübells Jahrhundertsturm-Trilogie, die zu großen Teilen zur gleichen Zeit und am gleichen Ort spielt. Auf jeden Fall sehr lesenswert für Freunde des historischen Romans.

Bewertung vom 21.07.2021
Die Akte Adenauer / Philipp Gerber Bd.1
Langroth, Ralf

Die Akte Adenauer / Philipp Gerber Bd.1


sehr gut

Ein Komplott eingefleischter Nazis in den Anfangszeiten der Ära Adenauer
Philipp Gerber ist Amerikaner deutscher Herkunft, er hat im 2. Weltkrieg aufseiten der Amerikaner gekämpft und befindet sich im Jahre 1953 als Mitarbeiter des CIC (Counter Intelligence Corps) in Deutschland. Da bekommt er den Auftrag, den Mord an einem anderen CIC-Mann aufzuklären, der von den Amerikanern in die "Sicherungsgruppe Bonn" eingeschleust worden war, einer Abteilung des BKA. Flugs bekommt Gerber die deutsche Staatsbürgerschaft verpasst und eine leitende Kommissarsstelle in der Sicherungsgruppe.
Im Laufe seiner Arbeit erschließen sich ihm viele Zusammenhänge, z.B die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland. Die Amerikaner haben rechtsgerichtete Gruppen ehemaliger Nazis unterstützt, weil diese ihnen als sichere Gegner der Sowjets erschienen. Auch wird von amerikanischer Seite durchaus Druck auf Adenauer ausgeübt, wie dieser Gerber bei einem ihrer Zusammentreffen berichtet. Auch dass Gerüchte über ein Mordkomplott einer rechten Gruppe gegen einen prominenten SPD-Politiker durchgesickert sind, den Gerber nun beschützen soll.
Ein spannender zeitgeschichtlicher Politkrimi über eine Zeit, die bis jetzt in historischen Kriminalromanen noch selten bearbeitet wurde. Das Cover passt wunderbar und weckt Assoziationen zu dieser Zeit. Die Handlung wirkt manchmal ein wenig konstruiert, der sympathische Gerber ist immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort und kämpft wie ein Superheld gegen seine Gegner, die er immer besiegt und dabei größtenteils ohne Blessuren davonkommt. Das hat mich aber kaum gestört, ich fand die Lektüre spannend, den Schreibstil flüssig und die zeitgeschichtlichen Fakten fesselnd und freue mich auf den zweiten Band mit Philipp Gerber.