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MaWiOr
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Insgesamt 3690 Bewertungen
Bewertung vom 23.04.2021
Bürger, Gottfried August

Münchhausen


ausgezeichnet

Um bis in unsere Tage weltweit bekannt zu werden, musste man in der Vergangenheit ein Weltreich gründen, einen neuen Kontinent entdecken oder ein großes Kunstwerk schaffen. Baron von Münchhausen dagegen genügten ein paar Lügengeschichten. Daher vermuten viele, er sei eine literarische Figur. Doch weit gefehlt – Münchhausen war ein quicklebendiger Baron, dessen 300. Geburtstag im Vorjahr war.

Doch er selbst hat seine Geschichten nie aufgeschrieben. Das haben andere gemacht – z.B. der Gelehrte Rudolf Erich Raspe (1736-1794). Noch bekannter sind die aufgeschrie-benen Geschichten von Gottfried August Bürger (1747-1794), von denen der Insel-Band die bekanntesten versammelt. „Der Ritt auf der Kanonenkugel“, „Der Walfisch“ oder „Auf dem Mond“ kennt wohl jeder. Knapp zwanzig Geschichten erwarten den Leser/die Leserin. In seinem Nachwort beleuchtet der Herausgeber Matthias Reiner kurz die Entstehungsgeschichte der „Lügengeschichten“. Außerdem ist der Insel-Band mit wunderbaren Farbillustrationen von Stefanie Harjes versehen, die versuchen, die Geschichten zeitgemäß zu interpretieren.

Bewertung vom 23.04.2021
Andersen, Hans Christian

Die schönsten Märchen


ausgezeichnet

Die Märchen von Hans Christian Andersen (1805-1875) sind weltberühmt; insgesamt 168 Märchen soll er geschrieben haben. Sie wurden in über 120 Sprachen übersetzt und sind heute noch beliebt bei Groß und Klein.

Der repräsentative Insel-Band vereint einige der schönsten und bekanntesten Andersen-Märchen – von der „Prinzessin auf der Erbse“ bis zum „Fliegenden Koffer“. Auch den „Standhaften Soldaten“ oder das „Kleine Mädchen mit den Schwefelhölzchen“ findet man hier. Die längeren Märchen des Bandes sind „Däumelinchen“, „Des Kaisers neue Kleider“ und „Die kleine Jungfrau“. Den Abschluss bildet der relativ unbekannte Text „Tante Zahnweh“, der von einem Studenten erzählt, der unbedingt ein Dichter werden will.

Der Band ist ausgestattet mit wunderbaren (meist ganzseitigen) Farbillustrationen von Henriette Sauvant, die häufig collagenhaft sind und die Märchen auf moderne Weise interpretieren. Ein Schmuckstück der Insel-Bücherei.

Bewertung vom 23.04.2021

Jacoba van Heemskerck


ausgezeichnet

Die niederländische Malerin, Glasmalerin und Grafikerin Jacoba van Heemskerck (1876-1923) hat in weniger als zwei Jahrzehnten ein umfangreiches Œuvre geschaffen, das Gemälde, Holzschnitte, Glasarbeiten und Mosaike umfasst. Inspiriert von Mondrian und Kandinsky spielte sie eine große Rolle bei der Entstehung und Entwicklung der modernen Kunst in den Niederlanden.

Ihr vielschichtiges Werk wird nun in den nächsten Monaten erstmals in einer repräsentati-ven Ausstellung in Deutschland gezeigt und das gleich an drei Ausstellungsorten: Kunsthalle Bielefeld (19. Juni bis 5. September 2021), Museen Stade (Kunsthaus, 25. Septem-ber 2021 bis 6. Februar 2022) und Edwin Scharff Museum Neu-Ulm (26. Februar bis 19. Juni 2022).

Im Hirmer Verlag ist der umfangreiche und reich illustrierte Begleitkatalog zu dieser bemerkenswerten Ausstellung erschienen, der nach einer Einführung in das Leben und Werk der Künstlerin den spirituellen Dimensionen in van Heemskercks Schaffen nachgeht. Laura Stamps, Kuratorin für moderne und zeitgenössische Kunst am Kunstmuseum Den Haag, legt dabei den Fokus auf die Bedeutung der Theosophie und Anthroposophie im Werk der Künstlerin. Heemskercks Bestreben nach Vergeistigung in der Kunst hing eng zusammen mit ihrem Interesse für Theosophie.

Jacqueline van Paaschen, die Verfasserin des Werkverzeichnisses, beleuchtet in ihrem Essay die Anbindungen von van Heemskerck an die Freimaurerei. Ihre vielfältige Zusammenarbeit mit dem „Sturm“ von Herwarth Walden ist Gegenstand eines weiteren Aufsatzes. Auf die umfangreiche Korrespondenz der Künstlerin wird ausgewertet. Ergänzt wird der Katalog durch eine tabellarische Biografie und eine Auswahl der Ausstellungen 1904-2020. Im Mittelpunkt stehen jedoch die ganzseitigen Abbildungen der Ausstellungsstücke.

Bewertung vom 10.04.2021
Meerbaum-Eisinger, Selma

Ich gehe mit der Nacht vereint


ausgezeichnet

Die rumänische deutschsprachige Dichterin Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942) ist gerade einmal achtzehn Jahre alt geworden. Als verfolgte Jüdin starb sie am Flecktyphus im ukrainischen Arbeitslager Michailowka am Bug. Die junge Lyrikerin hat mit nur 58 Gedichten (darunter sechs Übersetzungen) ein schmales Werk hinterlassen. Bedenkt man jedoch die Umstände der Entstehung, so ist es doch ein aussagekräftiges Oeuvre, das in Deutschland erst vor dreißig Jahren entdeckt wurde. Mit dem Band „Ich gehe mit der Nacht vereint“ macht der Reclam Verlag eine breite Leserschaft mit diesen Gedichten bekannt. Inzwischen gehört Selma Meerbaum-Eisinger zu den großen Dichtern aus Czernowitz: Wie Paul Celan und Rose Ausländer stammt sie aus dieser multikulturellen, viels-prachigen osteuropäischen, vor allem jüdisch geprägten Gemeinde.

Bereits als Schülerin las Meerbaum-Eisinger Heine und Rilke. Diese Vorbilder findet man auch in ihren Gedichten. Ihre handgeschriebenen Gedichte hatte sie unter dem Titel „Blütenlese“ zu einem Album gebündelt. Zwei von Selmas Freundinnen, die inzwischen in Israel lebten, hatten die Gedichte aufbewahrt. Die Natur- und Liebesgedichte, die zwischen 1939 und 1941 entstanden, sind ihrem ein Jahr älteren Freund Lejser Fichman gewidmet, den sie in der zionistischen Jugendbewegung kennengerlernt hatte. Die Gedichte verraten eine aufgeweckte und lebensfrohe junge Autorin, die mit großer Sensibilität ihre Gefühle und Gedanken in Versen auszudrücken weis. Der Reclam-Band wird durch ein umfangreiches Nachwort von Markus May ergänzt, das sowohl das lyrische Werk von Meerbaum-Eisinger wie auch die Czernowitzer Literaturszene näher beleuchtet.

Bewertung vom 08.04.2021
Artmann, H. C.

Übrig blieb ein moosgrüner Apfel


ausgezeichnet

Der Insel-Band ist zum 100. Geburtstag des österreichischen Schriftstellers und Lyrikers H.C. Artmann erschienen. Mit seinen Gedichten ohne Komma und Punkt sowie in durchgehender Kleinschreibung war er einer der führenden Vertreter der modernen Lyrik. H.C. Artmann lebte von 1921 bis 2000 in Wien. Gedichte. Er inkludierte in seiner Lyrik auch den schwarzen Humor und den Dialekt.

Der Insel-Band versammelt Gedichte, in denen sich der Lyriker mit der Pflanzenkunde auseinandersetzte. Er orientierte sich dabei an alten Handschriften gelehrter Mönche in Irland oder an dem Tagebuch des schwedischen Naturforschers Carl von Linné. Artmanns lyrisches Werk speiste sich immer aus Lektüreerfahrungen. Seine lyrische Sprache verlangt allerdings Konzentration und lautes Lesen, denn hörbar erschließt sie sich besser. Die Ausgabe wird durch Schwarz-Weiß-Illustrationen von Christian Thanhäuser und ein informatives Nachwort von Clemens J. Setz ergänzt.

Bewertung vom 08.04.2021

Max Liebermanns Garten


ausgezeichnet

Der Maler und Grafiker Max Liebermann (1847-1935) gehört zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Impressionismus. Während seiner langen Schaffenszeit spielte die künstlerische Auseinandersetzung mit der Natur und der Landschaft immer eine große Rolle. Um der Hektik der Großstadt Berlin zu entfliehen, erwarb Liebermann 1909 ein Wassergrundstück am Wannsee und ließ darauf ein Sommerhaus errichten. Bis zu seinem Tode verbrachte er hier die Sommermonate und in dieser Zeit entstanden rund 200 Gartenbilder, in denen er die Schönheit des Gartens und den Wechsel der Jahreszeiten festhielt, wobei er immer neue Perspektiven und Details entdeckte.

Der repräsentative Insel-Band bringt zahlreiche Farbillustrationen der Öl- und Pastellgemälde. Es sind Bilder des zur Straßenseite gelegenen Blumen- und Nutzgartens, aber auch Ansichten der seeseitigen Zierbeete. Auch die Heckenbepflanzungen oder das Birkenwäldchen dienten Liebermann immer wieder als Motiv. Viele der Gemälde mit ihrer furiosen Farbigkeit gehören zum Spätwerk des Malers. Ein wirklich wunderbarer Inselband. Ein Kleinod, das durch ein informatives Nachwort von Gloria Köpnick und Rainer Stamm ergänzt wird. Hier erfährt man auch Wissenswertes zum Liebermann-Anwesen bis zur heutigen Nutzung.

Bewertung vom 07.04.2021
Rilke, Rainer Maria

Dir zur Feier


ausgezeichnet

1896 lernte der 21jährige Rainer Maria Rilke (1875-1926) die 35jährige russisch-deutsche Schriftstellerin Lou Andreas-Salomé (1862-1937) in München kennen. Es entwickelte sich eine leidenschaftliche Liebesbeziehung. Er widmete ihr hingebungsvolle Gedichte und sie unternahmen gemeinsame Ausflüge. Die attraktive Frau war jedoch verheiratet und nicht gewillt, sich scheiden zu lassen, weshalb ihre Beziehung zu Rilke auch keine Zukunft hatte. Später reiste das Paar sogar zweimal nach Russland (einmal begleitet von Lous Ehemann), um Leo Tolstoi zu besuchen, was aber nicht gelang. Die Liebesbeziehung währte bis 1900, alle Liebesgedichte Rilkes aus dieser Zeit sind Ausdruck seiner Liebe zu Lou. Der freundschaftliche Kontakt blieb bis zu seinem frühen Lebensende bestehen.

Der schmale Reclam-Band (Hardcover) bringt die Gedichte, die Rilke zwischen Mai 1897 und Mai 1898 für seine große Liebe verfasste und sie damit umwarb. Es sind rund 50 lyrische Liebeserklärungen, die neben Liebesbezeugungen auch von Gefühlsschwankungen geprägt sind. Sie zeigen bereits die Meisterschaft des späteren berühmten Lyrikers. Die Neuerscheinung durch ein informatives Nachwort von Gunna Wendt ergänzt.

Bewertung vom 06.04.2021
Völker, Klaus

Mephistos Landhaus. Klabund (1926) und Gründgens (1934-46) in Zeesen


ausgezeichnet

Das Schloss Zeesen in Königswusterhausen kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Ursprünglich1690 als barockes Herrenhaus am Zeesener See errichtet, schenkte es später Kurfürst Friedrich III. seinem Sohn Friedrich Wilhelm (1688-1740). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging es in den Besitz des Bankiers Ernst Gutmann über, wo das inzwischen aufgestockte Schlösschen zum Treff der Berliner Finanz- und Wirt-schaftselite wurde. 1925 erwarb schließlich der Bankier Ernst Goldschmidt das Anwesen. Ein Jahr später gewährte dieser dem Schriftsteller Klabund (1890-1928) und dessen Braut Carola Neher einen längeren Sommeraufenthalt auf dem ehemals feudalen Landsitz. Kla-bund bedankte sich mit seiner „Ode an Zeesen“ bei seinem Gönner.

Hier setzt die historische Darstellung von Klaus Völker ein, die als Heft 46 der Frankfurter Buntbücher erschienen ist. Nachdem Ernst Goldschmidt 1934 verstarb, erwarb der Schauspieler und Chef des preußischen Staatstheaters Gustav Gründgens (1899-1963) das Schloss samt Anwesen. Nur fünfzig Autominuten von Berlin entfernt, fand Deutschlands damals erfolgreichster Theatermann mit der bekannten Schauspielerin Marianne Hoppe hier einen verwunschenen Winkel der Ruhe. Ein erholsamer Rückzug in die Privatsphäre. Im Juni 1936 heirateten die beiden Künstler.

Völker schildert nicht nur die Idylle in Zeesen, sondern beleuchtet auch die Theater- und Filmarbeiten von Gründgens und Hoppe in diesen Jahren bis nach dem Kriegsende. Abschließend schildert er kurz das Schicksal des Schlosses nach 1945 – vom Kinderheim für Waisenkinder, Erholungsheim für Diplomatenkinder bis zur Besetzung der alternativen Szene Berlins nach der Wende. Heute wartet das Gebäude immer noch auf eine denkmalgerechte Sanierung. Neben den interessanten Informationen ist das Buntbuch auch mit zahlreichen historischen Abbildungen ausgestattet.

Bewertung vom 06.04.2021
Flaubert, Gustave

Bibliomanie


ausgezeichnet

Der dreißigjährige Giacomo, der in einer düsteren Gasse Barcelonas lebt, ist ein Buchhändler. Dieser schweigsame Sonderling, ehemals ein Mönch, gibt all sein Geld für Bücher aus. Dabei kann der Büchernarr nicht einmal lesen. Er liebt das Papier und den Geruch seiner bibliophilen Schätze.

Da wird eines Tages das älteste Buch Spaniens versteigert. Giacomo will alles verkaufen, um dieses Buch zu besitzen. Doch bei der Versteigerung erhält sein ärgster Feind Baptisto den Zuschlag. Ein paar Tage bricht ein Feuer im Haus des neuen Besitzers aus, Giacomo eilt in das brennende Gebäude und rettet den wertvollen Buchschatz unter Lebensgefahr aus den Flammen. Doch nun wird er verdächtigt, den Brand bei seinem Kontrahenten gelegt zu haben. Er wird zum Tode verurteilt und lehnt eine Begnadigung ab.

Der gediegene Insel-Band – mit Illustrationen von Burkhard Neie und einem Nachwort von Barbara Vinken – erscheint zum 200. Geburtstag von Gustave Flaubert.

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Bewertung vom 28.03.2021

Sophie Taeuber-Arp


ausgezeichnet

Das Kunstmuseum Basel zeigt mit der Ausstellung „Gelebte Abstraktion“ (20.3.-20.6.2021) das innovative und breit gefächerte Werk der vielseitigen Künstlerin Sophie Taeuber-Arp (1889-1943), die zu den großen Avantgardisten der Klassischen Moderne zählt. Die umfassende Retrospektive entstand in Kooperation mit dem Museum of Modern Art, New York, und der Tate, London. Damit wird die Künstlerin endlich auch über den deutschsprachigen Raum hinaus bekannt und etabliert. Fast 400 Arbeiten illustrieren ihr Schaffen, darunter Textilien, Perlarbeiten, bemalte Marionetten, Architektur- und Innenarchitektur-Entwürfe, Glasfenster, Arbeiten auf Papier, Gemälde und Reliefs.

Im Hirmer Verlag ist der umfangreiche und reich illustrierte Begleitkatalog zu dieser bemerkenswerten Ausstellung erschienen. Fundierte Essays beleuchten nicht nur den künstlerischen Werdegang von Taeuber-Arp, sie gewähren auch Einblicke in ihr Oeuvre und ihre Arbeitsweise. So widmen sich Beiträge z.B. ihren Anfängen im Kunstgewerbe oder ihren Entwürfen für Maskenbälle. Die choreografischen Imaginationen in ihren Werken werden ebenso beleuchtet wie ihre bemalten Holzobjekte. Breiten Raum nimmt die Formensprache ihrer geometrischen Abstraktionen im Zwischenreich von Malerei und Skulptur ein. Auch mit dem modernen Medium der Fotografie setzte sich Taeuber-Arp innovativ auseinander. So hielt sie Eindrücke von ihren Reisen in Europa fest. Die Fotos dienten später als Vorlage für Zeichnungen und Gouache-Arbeiten.

Der abschließende Textbeitrag „Planung und Präzision“ gibt einen Einblick in Taeuber-Arps Arbeitsmethoden, die einem konsequenten und methodischen Entwurfsprozess und ihr „Streben nach Vollkommenheit“ verraten. Eine zehnseitige Chronologie und eine umfangreiche Bibliografie ergänzen den Katalog, dessen Highlight aber die opulente Illustration (meist ganzseitig) der Ausstellungsstücke ist. Fazit: Eine der wichtigsten und kreativsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts