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Insgesamt 1621 Bewertungen
Bewertung vom 13.11.2019
Lappert, Simone

Der Sprung


ausgezeichnet

Zwei folgenschwere Tage in Thalbach

Manu steht auf dem Dach. Eine Anwohnerin informiert die Polizei. Feuerwehr und Rettungskräfte jeder Art rücken an, das Viertel steht Kopf, alles ist anders und eine ganze Reihe Menschen, die mehr oder weniger direkt mit Manu zu tun haben oder hatten, werden in einen Strudel gezogen, der ihr Leben verändert …

Anfangs hatte ich ein paar kleine Probleme, mich in die Story zu finden. Die einzelnen Kapitel sind mit dem Namen derjenigen Person versehen, die darin die Hauptrolle spielt. Insgesamt werden sehr viele Namen genannt (mehr als 20 – da muss man sehr aufpassen) und man ahnt zunächst nicht, wer wie mit Manu zu tun hat und warum. Nach und nach erklären sich die Zusammenhänge. Es zeichnet sich ab, wie wir alle durch jede unserer Handlung eine Art Kettenreaktion auslösen. Mal ist sie kleiner, mal größer, aber irgendwie verbindet uns jede unserer Handlungen mit endlos vielen Personen. Aber nicht nur das – diese Personen finden auch wieder untereinander Berührungspunkte, und seien sie auch noch so klein. Es ist ein wunderbares Netz, das hier gesponnen wurde.

Durch diesen Stil mit den Kapiteln der einzelnen Figuren sieht man Manu und ihr Handeln aus unterschiedlichen Perspektiven. Es gibt keinen allwissenden Erzähler im üblichen Sinne und das ist einzigartig zu lesen. Jede Figur hat ein eigenes, nicht wirklich leichtes Schicksal. Alle haben einen prall gefüllten Lebensrucksack, der ihnen mehr oder weniger schwer zu schaffen macht. Der eine stürzt ab, der andere steigt auf, die eine sprengt alle Ketten, die nächste verliert alles – Simone Lippert hat die ganze Bandbreite des Lebens in dieses wunderbare Büchlein gepackt, ohne lächerlich zu werden oder unlogische Wendungen einzubauen.

Sehr oft ist das Buch melancholisch, traurig und dunkel, aber insgesamt geht es mitten ins Herz, lässt auch immer wieder lachen und am Ende erkennen, dass alle Hochs und Tiefs haben und man selbst nicht besser oder schlechter als andere dran ist. Jeder kann sich in der einen oder anderen Figur zumindest ein bisschen wiederfinden.

Das Ende ist quasi ein explodierendes Munitionslager. Alles ist danach anders, nichts mehr, wie bisher. Viele lose Enden bleiben übrig und dennoch ist das Buch komplett und rund. Das muss man erst mal so hinbekommen! Und immer wieder gibt es Momente, die fast schon philosophisch sind. So zum Beispiel, wenn Henry Lukas fragt, was ihn tröstet und dieser dann meint, dass nichts so bleiben wird, wie es ist und dies noch ausführt. Einfach super schön und für mich auch wirklich ein tröstender Gedanke, gerade im Hinblick auf die Geschichte der beiden. Oder wie Moosbach aufzählt, was er schon so alles verschwinden hat sehen. Da fehlen mir die Worte, um zu sagen, wie wunderschön dies geschrieben ist.

Störend empfand ich, dass viele Fragesätze ohne Fragezeichen waren und auch der Ausdruck „Anfang Jahr“ oder „Anfang Monat“ kam öfter vor – für mich klingt das nach einem Fehler. Doch diese beiden Punkte wiegen nicht sehr schwer und das Büchlein hat mich so sehr bewegt und berührt, dass ich die vollen fünf Sterne geben möchte. Es ist eines meiner Jahreshighlights, definitiv!

Bewertung vom 12.11.2019
Gerhold, Ursula

Das kleine Buch: Pflegende Körperöle


sehr gut

Öle für Haut und Sinne

Wie bei allen Büchlein der Serie „Das kleine Buch“ bekommt man auch hier kompakt zusammengefasst die wichtigsten Informationen zu pflegenden Körperölen und ein paar Rezepte, wie man selbst welche herstellen kann.

Gestartet wird mit Informationen rund um Öle und Fette, deren Gewinnung, der Unterscheidung von Mengen-, Funktions- und Wirkstoffölen, Ansatzöle und Ätherische Öle. Die Rezeptbeispiele nehmen nur wenig Raum ein, doch das ist völlig in Ordnung, da man selbst sehr schön experimentieren kann. Wichtig ist das Wissen, das dabei hilft, die einzelnen Komponenten sinnvoll und wirkungsvoll richtig zusammenzustellen.

Alles ist verständlich erklärt und man merkt die Leidenschaft, die Ursula Gerhold hineingesteckt hat. Die Fotos hat Michael Gerhold gemacht und damit ausdrucksstark die Texte unterstützt. Das Büchlein ist ideal, um erste Einblicke in die Materie zu nehmen und auszuloten, ob man sich tiefer einarbeiten möchte.

Von mir bekommt „Pflegende Öle“ vier Sterne.

Bewertung vom 11.11.2019
Adebisi, Mola

90er Reloaded


gut

Molas Autobiografische Erzählung

Dass ich von diesem Buch etwas anderes erwartet habe, liegt vermutlich an mir. Ich ging davon aus, dass der Schwerpunkt auf den 90ern insgesamt, VIVA und Boygroups liegt, nicht dass ich eine „Autobiographie“ von Mola Adebesi lesen werde.

Nun denn, ist passiert! Doch muss ich sagen, dass das ganz heftig viel Selbstbeweihräucherung drin steckt und ich beim Lesen deshalb immer wieder stockte. Die Bücher von Nilz Bokelberg sind da wesentlich unterhaltsamer und beziehen sich auf die Zeit, das Feeling, die Musik – nicht auf den Moderator.

Für eingefleischte Mola-Fans ist das natürlich genau richtig so. Es gibt viel zu lesen rund um alles, was mit ihm und seiner Tätigkeit beim Musiksender VIVA zu tun hat. Er lässt sich über alles aus – für meinen Geschmack tatsächlich zu sehr auf sich selbst bezogen, nicht auf Fakten, Tatsachen, Zahlen, Daten. Das vermisse ich definitiv in diesem Buch. Molas Kindheit, Molas Werdegang, Molas Begegnungen mit den Stars der 90ern damals und heute, Mola damals, Mola heute. Mola rundum! Er lässt für mich den Eindruck entstehen, dass die 90er ohne ihn nie stattgefunden hätten. Das ist mir ein bisschen zu sehr drüber.

Es gibt auch eine Menge Fotos aus den 90ern – und damit eine regelrechte Fotostrecke von Mola als Kind bis Mola heute. So liest sich auch das Buch. Sprachlich nicht gerade ausgefeilt, eher salopp - wie Mola eben war und ist. Seine Lebensgeschichte unterbricht sozusagen immer wieder die interessanten Dinge rund um den Lifestyle der 90er. Dennoch bekommt der Leser einiges serviert, das er vielleicht so noch nicht über diese Zeit wusste. Interessant ist es schon, nur nicht hitverdächtig.

Mich konnte Mola Adebisi leider nicht so intensiv in die 90er zurückbeamen, wie ich das erhofft hatte. Dazu war das zu sehr Selbstdarstellung. Aber wie gesagt, das kann auch mit falschen Erwartungen zusammenhängen. Trotzdem reicht es bei mir nur für drei Sterne.

Bewertung vom 11.11.2019
Gruber, Andreas

Todesfrist / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.1


ausgezeichnet

Ein ungleiches Ermittlerduo mit Suchtwirkung!

Die Krankenschwester Carmen wird auf dem Weg zu ihrem Auto überfallen. Sie spürt einen Stich im Nacken. Als sie wieder zu sich kommt, kann sie sich nicht mehr bewegen. Ihr Peiniger spricht mit blecherner Stimme zu ihr und erklärt ihr tatsächlich sachlich und medizinisch gebildet, was er gerade mit ihr vorhat. Und das ist nicht schön: er hat sie einbetoniert bis zum Kinn und wird beobachten, wie – nicht wie lang – sie überleben wird. Er verlässt sie mit einem Reim aus dem Struwwelpeter auf den Lippen und sie weiß jetzt, wer er ist.

Allein dieser Prolog fesselt schon ans Buch! Doch dann beginnt es so richtig:

Sabine Nemez kommt gerade von ihrer Schwester und trifft vor deren Haus auf ihren völlig aufgelösten Vater. Er nennt sie „Eichhörnchen“. Sabine ist völlig entsetzt, als er ihr sagt, ihre Mutter sei vor zwei Tagen entführt worden. Er lebt 500 km von ihr entfernt in Köln, wurde aber vom Entführer angerufen. Sabine erfährt von ihm, dass der Entführer ihm 48 Stunden Zeit gegeben hat, herauszufinden, warum sie entführt worden ist – schafft er es nicht, tötet er sie. Als einziger Hinweis stand ein kleines Tintenfass vor seiner Haustür. Und in München wird sie dann tatsächlich von Sabines Kollegen tot im Dom gefunden ...

Dann stellt sich heraus, dass es weitere, ähnliche Fälle gab. Und alle zeigen Parallelen zum „Struwwelpeter“ auf. Sabine ermittelt, auch wenn es ihr schwergemacht wird. Besonders der seltsame BKA-Beamte, der immer Vanilletee verlangt und bei dem es immer nach „Gras“ riecht, Maarten S. Sneijder, liegt ihr zunächst schwer auf dem Magen. Doch nach und nach erkennt sie, dass dieser unkonventionelle Ermittler echt was auf dem Kasten hat.

Andreas Gruber serviert dem Leser mehrere Erzählstränge, die teils parallel laufen, aber von Anfang an miteinander zu tun haben. Er beweist, dass deutsche Thrillerautoren das Zeug für internationale Bestseller haben und für Hochspannung vom Feinsten sorgen können. Eine gute Portion Humor findet man ebenfalls – die sehr passend ist und den Thriller nicht ins Alberne oder Lächerliche abgleiten lässt. Ich habe dieses Buch in persönlicher Rekordzeit verschlungen!

Das Ende bzw. die Auflösung, wer der Mörder ist, lässt es einem eiskalt den Rücken hinablaufen und im Nachhinein findet man den Prolog dann noch zehnmal so gruselig, wie beim ersten Mal – wow!

Fazit: man kann diesem Buch einfach nur fünf Sterne geben. Spannung von Anfang bis Ende und Wendungen, die nicht komplett an den Haaren herbeigezogen sind, machen den Genuss perfekt! Und ich – ich bin jetzt mit meinem ersten Buch auf Anhieb Fan von Andreas Gruber geworden!