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sommerlese
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Zu meinen Hobbies gehört Lesen einfach dazu. Meine Rezensionen erscheinen auch auf meinem Blog. Schaut doch bei Interesse mal rein! https://sommerlese.blogspot.com/
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Insgesamt 2715 Bewertungen
Bewertung vom 21.08.2021
Tötschinger, Reinhard

Rochade


ausgezeichnet

Ein raffinierter Fälschungs-Schachzug
Der Roman "Rochade" von Reinhard Tötschinger erscheint im Picus Verlag Wien.

Jan Vermeers berühmtes Gemälde "Die Malkunst" wird Opfer eines Attentats, die Restauration fällt Clemens Hartmann zu, der diese Aufgabe mit großer Fachkenntnis und sehr gründlich und penibel angeht. Das Kunstwerk galt einst als Lieblingsbild Hitlers und auch der aktuelle Kanzler Österreichs möchte das Gemälde als Aushängeschild seiner Amtsräume für sich gewinnen. Deshalb dringt er auf eine schnelle Restaurierung, was für Hartmann nicht mit dem perfekten Zustand des Bildes zu schaffen ist. Was also tun? Sein Mitarbeiter Hubert und er entwickeln einen raffinierten Plan, als fähige Maler kopieren sie das Gemälde. Nun darf die Kopie nur nicht als Fälschung auffliegen.

Wer sich für Kunst interessiert, für den stellt dieses Buch ein ganz besonderes Vergnügen dar. Mit dem Kunstbezug hat dieser Roman sofort meine Aufmerksamkeit gewonnen, Jan Vermeer gehört zu meinen Lieblingsmalern aus der Zeit des Barock, er kommt im Laufe der Handlung auch selbst zu Wort.

Mit den Vorgängen des Attentats auf das weltberühmte Gemälde Vermeers "Die Malkunst" startet der Roman. Die umfangreichen Schäden des Bildes müssen fachgerecht behoben werden, mit der Aufgabe der Restaurierung wird Professor Clemens Hartmann beauftragt, er geht mit akribischer Sorgfalt und großem Fachwissen an die Arbeit.

Tötschinger lässt uns in Rückblenden historische Zeitgenossen und auch das private Leben des Restaurators kennenlernen und ihm bei seiner Arbeit über die Schulter blicken und damit eintauchen in die Vorgänge der Untersuchung der Schäden und in die Welt der Malerei mit Farbauswahl, Pinselführung und die Geschichte des Gemäldes mit seiner künstlerischen Aussage. Sehr sorgfältig und mit pathologischer Genauigkeit geht Hartmann ans Werk und möchte das Bild auf die qualitativ perfekte Weise wiederherstellen, das ist er diesem Gemälde und seinem Erschaffer einfach schuldig. Seine Gedanken schweifen während der Arbeit ab zu der Nazivergangenheit des Großvaters,

Brisant wird die Handlung als der junge aufstrebende Kanzler sich für das Gemälde interessiert und es schnellstmöglich für sein Kanzlerbüro gewinnen will. Es entsteht ein Gerangel um das Bild, die Forderung nach Restaurierung in Rekordzeit kann Hartmann nicht in der von ihm gewohnten perfekten Weise nachkommen, was der Politiker nicht akzeptieren will und auf einen frühen Termin der Herausgabe besteht. In seiner Not entwickelt Hartmann einen raffnierten Plan, er will dem Kanzler eine Fälschung unterjubeln, die Arbeit am Original möchte er in Ruhe beenden.

Ab wann sind Fälschungen auch Kunst und wie wurde Naziraubkunst betrieben? Diesen Fragen wird im Roman in Gesprächen und Gedanken nachgegangen.

Ein sehr interessanter und gut zu lesender Roman mit Kunstbezug, gesellschaftlicher Kritik und politischen Forderungen, die Fragen am Allgemeinwohl zulassen.

Bewertung vom 19.08.2021
Speulhof, Barbara van den

Amelie und die Entdecker


ausgezeichnet

Von der Entdeckerin zur Entdeckten

Das Bilder- und Vorlesebuch "Amelie und die Entdecker" von Barbara van den Speulhof erscheint im Mixtvision Verlag, die Illustrationen stammen von Mirjam Zels.

Die neugierige Weltentdeckerin Amelie möchte immer die Natur genau erforschen und landet mit einem Flugzeug auf einer unerforschten Insel. Das bemerken die Tiere der Insel (Affe, Elefant und Tiger) und beobachten Amelie ganz genau. Vielleicht ist sie ein komischer Vogel. Auf einmal ist Amelie das Anschauungsobjekt!

Amelies Entdeckungsreise führt auf eine Insel, wo sie plötzlich im Mittelpunkt des Interesses der dortigen Tiere steht. Noch nie zuvor haben sie jemanden wie Amelie gesehen, ein dünnes Etwas mit riesiger Brille, die keinen Rüssel und keine Pfoten hat. Langsam nähern sich die Tiere dieser unbekannten Person an und lernen sich kennen und bauen für Amelie ein Haus. Sie werden Freunde und forschen gemeinsam, Amelie vermisst die Insel und fotografiert alles ganz genau. Doch dann ergreift sie das "Heimfernweh" und muss abreisen.

Mir hat der veränderte Blickwinkel der Tiere auf den Menschen Amelie besonders gefallen. Es ist wie im Zoo, wenn die Tiere auf einmal die Menschen betrachten und sie beobachten.

Die wunderschönen und witzigen Illustrationen sind eine wahre Freude, sie lassen uns gemeinsam mit Amelie die fremde Insel entdecken und bilden eine tolle Ergänzung zu den kindgerechten, sehr kurzen Texten der Geschichte. Hier wird Kindern gezeigt wie aus Fremden sogar Freunde werden, wenn man sich offen und ohne Vorurteile begegnet. Unterschiede und Gemeinsamkeiten muss man entdecken, dann kann Freundschaft entstehen.

Ein entzückendes Buch über eine Entdeckungsreise für kleine Forscher*innen, das deutlich macht, wie Freundschaft auch trotz der größten Unterschiede möglich ist, man muss sich nur offen und vorurteilsfrei gegenüberstehen.

Bewertung vom 19.08.2021
Glaesener, Helga

Die stumme Tänzerin / Hamburgs erste Kommissarinnen Bd.1


ausgezeichnet

Fesselnder Krimi mit bildhaft geschilderter Atmosphäre
Hamburg, 1928: Unter der Leitung Josefine Erkens startet die erste weibliche Kriminalpolizei, auch Paula bekommt dort eine Stelle als Stenotypistin. Sie erhofft sich mehr vom Leben als nur die typische Rolle als Ehefrau und Mutter einzunehmen. In die Ermittlungen der tragischen Ermordung einer Tänzerin wird Paula einbezogen, die Mordkommission wird geleitet von Martin Broder, der Frauen in diesem Berufsfeld anfangs belächelt, dann aber ihre Logik und ihre Befragungsmethoden zu schätzen weiß. Als ein weiteres Opfer gefunden wird, hat Paula einen schrecklichen Verdacht.

Dieser historische Kriminalroman ist der Auftaktband einer neuen Reihe, die in den Anfängen der weiblichen Kriminalpolizei angesiedelt ist und Neuerungen der Ermittlungsmethoden beinhaltet.

Mit Paula erleben wir eine kluge junge Frau, die nicht dem Rollenbild der damaligen Zeit entsprechen will. Während ihrer Arbeit bei der Mordkommision schlägt ihr die ablehnende Haltung ihrer Kollegen häufig entgegen und sie muss sich die Annerkennung hart erkämpfen. Dabei bringt Paulas weiblicher Instinkt gerade in Befragungen einen Vorteil gegenüber den Männern.

Die Erinnerungen an den 1. Weltkrieg sind bei vielen Menschen noch präsent, so hat auch Martin Broder immer noch an seinen Ängsten zu kämpfen.

Die Autorin hat die Gabe, ihre Leser mit bildhaft beschreibenden Szenen in die damalige Zeit zu entführen und das Lebensgefühl der damaligen Zeit zum Leben zu erwecken. Ich konnte richtig eintauchen in die Zeit und die logische Krimigeschichte brachte mit einigen Wendungen und Verdachtsmomenten auch fesselnde Spannung mit sich. Die Morde erinnern an Jack the Ripper und das sorgt noch einmal mehr für ein Krimierlebnis mit realistischem Bezug. Die Figuren haben interessante Charaktere und man bekommt Einblick in Paulas Familie, die von ihrem beruflichen Treiben nicht so überzeugt ist.

Dieser Krimi hat mich gefesselt, er ist historisch gut recherchiert und erhält mit dem damaligen Geschlechterdenken auch einen zeitgemäßen Bezug. Der nächste Band der Reihe wird von mir schon sehnsüchtig erwartet.

Bewertung vom 15.08.2021
Schwarzhuber, Angelika

Ziemlich turbulente Zeiten / Die Freundinnen vom Chiemsee Bd.2


ausgezeichnet

Ein wunderbarer Sommerroman
Singlefrau Ilona ist Anfang 50, führt einen Delikatessenladen am Chiemsee, mit Männern hatte sie bisher kein großes Glück und ihr Leben ist eher eintönig. Und weil sie auch privat Leckereien nicht abgeneigt ist, ist sie nicht gerade schlank, was ihrem Selbstbewusstsein zu schaffen macht. Am Telefon lernt sie wegen einer Bestellung den Biobauern Chris in der Toskana kennen, der ihr sofort sympathisch ist und ihr eine Einladung zum Besuch ausspricht. Leider war Ilona beim Gespräch etwas angeheitert und machte sich nicht nur jünger, sondern auch sportlicher und einige Pfund leichter. Ihre Freundinnen Anna und Zoe überreden sie zu der Reise und begleiten sie sogar. Was wird Chris wohl sagen, wenn er Ilona sieht?

Bei diesem Buch steht die Wohlfühlstimmung, reichlich Humor und überraschende Erlebnisse im Mittelpunkt. Wer gute Unterhaltung sucht, ist hier vollkommen richtig.

Drei Freundinnen fahren in die Toskana, entkommen ihren heimatlichen Sorgen und Verpflichtungen und erleben eine turbulente Reise mit vielen herrlichen Eindrücken Italiens und vielen Emotionen. Das schafft eine wunderbare Atmosphäre und man würde am liebsten sofort mitreisen. Ilona ist voller Gefühle für Chris, ist sich aber total unsicher und reagiert recht tollpatschig, was für einige Probleme sorgt. Die Frauen haben auf dieser Reise Zeit, um über ihre Probleme zu reden und sich auch über ihre Gefühle auszutauschen. Das Leben in der Toskana wird bildhaft eingebaut, es gibt leckere Gerichte, die einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen und einige Rezepte dazu im Anhang.

Angelika Schwarzhuber lässt ihre Leserinnen mit ihren Titelheldinnen gemeinsam lachen, tanzen, essen, feiern und auch mal weinen. Die Gefühle kommen so lebendig rüber, man kann sich gut in die Figuren hineindenken und erlebt hautnah mit, wie Ilona vor fehlender Selbstsicherheit in so einige Fettnäpfchen tritt. Doch ihr Selbstwertgefühl ändert sich im Laufe der Handlung und sie erlebt ungeahnte Glücksgefühle.

Das Buch liest sich sehr locker, wunderbar unterhaltsam und mit einem feinen Humor, der immer wieder durchblitzt. Es entsteht eine Liebesgeschichte mit einem Hauch von Romantik und es werden ernste Themen angesprochen, die Frauen in den Wechseljahren, bei Kinderwunsch oder mit Gewichtsproblemen so umtreiben.

Ich kann ruhig verraten, dass sich Ilona in Chris verliebt. Aber sie wohnt und arbeitet im Chiemgau, er in der Toskana, wie soll da eine Partnerschaft funktionieren. Was am Ende aus den Beiden wird, muss man selbst lesen. Mir hat der Roman schöne Lesestunden geschenkt, ich bin eingetaucht in die wunderbare Landschaft und das italienische Flair, mochte es, wie die Freundinnen füreinander einstehen und sich gegenseitig unterstützen und würde am liebsten sofort auch auf Chris Biohof in der Toskana reisen. Solche Bücher braucht man, wenn die Reisemöglichkeiten zur Zeit doch eher begrenzt sind.

Bei diesem Buch steht die Wohlfühlstimmung, etwas Humor und überraschende Erlebnisse mit etwas Romantik im Mittelpunkt. Wer gute und entspannende Unterhaltung sucht, liegt hier vollkommen richtig.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.08.2021
Sekaninová, Stepánka

Alles, was schwimmt. Im und auf und unter dem Wasser


ausgezeichnet

Bunter Einblick in die faszinierende Welt des Wassers
Das großformatige Bilderbuch "Alles, was schwimmt. Im und auf und unter dem Wasser" von Štěpánka Sekaninová richtet sich an Kinder ab 6 Jahren und erscheint im Anaconda Verlag.

Wer oder was kann denn schwimmen? Da sind natürlich erst einmal die Fische, aber im Tierreich können das viele Tiere, von denen man es nicht erwartet. Fallen euch welche ein, wenn nicht, dann ist dieses Buch genau richtig für euch.

Jedes Kind weiß, Enten, Pinguine und Fische können natürlich schwimmen und manche Menschen auch, die haben ja auch technische Dinge entwickelt, wie Schiffe mit Motoren oder Segeln, um über das Meer zu fahren. Aber wie sieht es mit Vögeln, Pflanzen und manchen Reptilien aus? Dieses Buch gibt einen tollen Überblick über alle Schwimmer, ob über oder unter dem Wasser.

Die Kapitel sind nach Tiergruppen geordnet: Vögel, Säugetiere, Insekten, Fische und Meeressäuger, ja sogar Märchenwesen und Wasserfahrzeuge werden hier vorstellt.

Zu jedem Objekt gibt es ein kleines Infokästchen, das Fakten kindgerecht erzählt und damit allgemeines Wissen vermittelt. Richtig interessant finde ich die Kapitel Schwimmende Pflanzen und Gefährliche Schwimmer, dort erfährt man etwas über Lotusblumen, Wassermohn und Piranhas, Rotfeuerfisch und Blaupunktrochen. Selbst Erwachsene können hier noch etwas dazu lernen, den Begriff Zorbing hatte ich bisher noch nicht gehört.

Ein umfangreiches Register führt noch einmal alphabetisch alle Tiere und Begriffe des Buches auf und so kann man auch einzelne Dinge gut wiederfinden.

Die naturnahen und farbenfrohen Illustrationen verführen zum Anschauen und die kurzen Textstellen sind informativ und ansprechend formuliert. Man wird als Leser direkt angesprochen.

Ein wunderschönes und informatives Kindersachbuch für die ganze Familie. Wer Wasser liebt, wird begeistert sein.

Bewertung vom 12.08.2021
Rehn, Heidi

Vor Frauen wird gewarnt


ausgezeichnet

Ein wunderbares Porträt von Vicki Baum
Im Knaur Verlag erscheint der Roman "Vor Frauen wird gewarnt" von Schriftstellerin Heidi Rehn.

Die Jüdin Vicki Baum wurde 1888 in Wien als Hedwig Baum geboren, sie arbeitete als Verlagsangestellte für den Berliner Ullstein-Verlag. Mit ihren Romanen "Menschen im Hotel"und "Vor Rehen wird gewarnt" machte sie sich in der Zeit der Weimarer Republik einen Namen als Autorin für Unterhaltungsliteratur und war damit emanzipierte Vorreiterin vieler Frauen, ihre Leserinnen verehrten sie als moderne, eigenständige Karrierefrau. Aber war Vickis privates Leben wirklich so glanzvoll oder gab es auch Schattenseiten des Erfolgs?

Heidi Rehn erweckt mit ihrer Romanbiografie über Vicki Baum die 1920er Jahre zum Leben und lässt uns die Atmosphäre dieser Zeit und der damaligen Gesellschaft nachempfinden. Wir erleben Vickis Ehe, ihre Freundschaften und Beziehungen, aber auch um die Mutterrolle und ihr Alltagsleben im männerdominierten Verlagsgeschäft. Der Roman zeigt auch die Widerstände auf, die Vicki im Beruf überwinden musste. Wir tauchen in Vickis persönliche Gedanken und in das schillernde Nachtleben in Berlin ein. Als selbstbewusste und starke Frauenfigur wurde sie von ihren (bevormundeten) Leserinnen geliebt. So ergibt sich ein umfassendes Bild dieser freiheitsliebenden Frau, die schon damals Karriere, Ehe und Mutterrolle erfolgreich absolvieren konnte. Dieser Rolle musste sie aber auch einige Opfer bringen, doch der Erfolg war Vicki das alles wert.


Der Roman liest sich sehr flüssig und lässt uns die Zeit nacherleben. Viele reale Zeitgenossen kommen zu Wort, hier hat Heidi Rehn sehr gut recherchiert und schildert ihre Protagonistin mit interessanten und detailreichen Beschreibungen als kluge und mutige Frau, die sich gegen Konventionen der Zeit auflehnte, getrennt von ihrem Mann lebte, Beziehungen hatte und ein arbeitsreiches Pensum an Manuskripten, Romanen und Theaterstücken an den Tag legte. Sogar zum Boxtraining ging Vicki und machte damit einmal mehr klar, dass Frauen sich hinter Männer nicht zu verstecken haben.

Ein gut zu lesender und sehr interessanter und zeitbeschreibender Roman über Vicki Baum, die als Pionierin ihrer Zeit anderen Frauen den Weg zu politischen und gesellschaftlichen Veränderungen geebnet hat.

Bewertung vom 07.08.2021
Hoem, Edvard

Die Hebamme


ausgezeichnet

Ein echter Buchschatz!
Die Ururgroßmutter des Autors, Marta Kristine Andersdatter Nesje, lebte am Romsdalfjord. 1821 ging sie zu Fuß an die 600 km entfernte Westküste Norwegens nach Christiania, um Hebamme zu werden. Diesen Beruf sollte sie 50 Jahre lang ausüben und war stets bemüht, den Frauen bei der Geburt zu helfen. Das war nicht immer gern gesehen, ihr schlug Misstrauen entgegen und die Armut der Menschen war auch ein Problem.

Edvard Hoem lässt uns auf wunderbar atmosphärische Weise an dem Leben Marta Kristines und ihrer Familie teilhaben. Er zeichnet mit Martas Lebensporträt nicht nur ein Bild dieser starken, anpackenden Frau, sondern zeigt auch die Aufgaben einer Hebamme im Detail, ein Beruf der vor 200 Jahren erst langsam aufgebaut wurde. Marta führte ein einfaches, arbeitsreiches Leben mit vielen Kindern und einem kranken Mann, ihr Hans wird schwermütig, seine Erlebnisse im Krieg machten ihm zu schaffen und seine Geschäftsideen sind nicht erfolgreich, stattdessen häuft er Schulden an. Doch Marta steht fest zu ihm und ihre ständig wachsende Kinderschar ist der Beweis ihrer großen Liebe. Für eine Geburt ließ Marta alles stehen und liegen und machte sich auf den teilweise sehr beschwerlichen Weg über den Fjord zu den werdenden Müttern. Das Geld war in diesem kinderreichen Haushalt immer knapp. Dabei mussten Hebammen bezahlt werden, vielen armen Leuten fehlten dafür aber die Mittel. Als Martas finanzielle Not groß ist, geht sie zur Einklagung ihrer Bezahlung sogar vor Gericht.

Bei diesem Roman hat mir der feinfühlig und lebendig beschreibende Erzählstil wunderbare Lesezeit geschenkt, Hoem beschreibt tiefgründig die Figuren und zeigt detailgetreu das damalige Leben aus nächster Nähe. Man kann sich genau vorstellen, welche Aufgaben Hebammen übernahmen und welche Sorgen und Nöte die Menschen umtrieben und auch die Mütter- und Kindersterblichkeit der Zeit wird hier klar zum Ausdruck gebracht. Ich bin gefesselt in diese Zeit eingetaucht und konnte mit den Figuren mitfiebern.

Ein echter Buchschatz über die Gründungsjahre des Berufsstands Hebamme! Mein Highlight des Monats!

Bewertung vom 06.08.2021
Kunnas, Noora

Flora Salmanteri und die Mini-Piraten Band 1


sehr gut

Witziges Kinderbuch mit schrägen Charakteren und einer turbulenten Geschichte
Ach du Schreck, nun müssen Lilli und Mikko wegen einer Geschäftsreise ihrer Eltern die Ferien ausgerechnet bei ihrem unausstehlichen Onkel Jim verbringen. Das kann ja heiter werden! Doch dann lernen sie die coole Nachbaroma Flora Salmanteri kennen und die Ferien werden abenteuerlich und schön. Flora lebt mit ihrem sprechenden Hahn Pedro zusammen und hat einen 3-D-Drucker, mit dem sie Mini-Piraten herstellt. Durch ein Missgeschick erweckt Mikko die Piraten aus Versehen zum Leben, dadurch ist in der finnischen Kleinstadt Vammala der Teufel los. Haben die Piraten mit dem Schmuckdiebstahl in den Juweliergeschäften zu tun?

Wer Abenteuer mag, der wird dieses Buch lieben. Noora Kunnas hat eine ungewöhnliche und turbulente Geschichte erzählt, die ihre Leser, kleine und große, von Anfang an mitnimmt auf ein großes Abenteuer nach Finnland.

Ferien bei einem Onkel, der einen Sauberkeitsfimmel hat und Kinder eigentlich nur hasst, das kann eigentlich nur schrecklich werden. Aber dank der liebenswerten, älteren und coolen Nachbarin Flora Salmanteri werden die Ferien einfach nur wunderbar. Flora sieht zwar aus wie eine Oma, ist aber eine besondere Type, sie war mal Piraten-Kapitänin und rast mit ihrem Seniorenmobil durch die Gegend.

Für großen Unterhaltungswert sorgen die außergewöhnlichen Charaktere, Lilli und Mikko sind sympathisch, alle andere Figuren zum Teil leicht durchgeknallt und recht schräg. Noora Kunnas spielt mit der Fantasie und erfindet ein tolles Detektiv-Abenteuer, das sie auch noch locker und witzig erzählt. Die originellen Illustrationen von Teemu Juhani führen den Leserinnen bildhaft die skurrilen Figuren vor Augen und so kann man sich alles wunderbar vorstellen und taucht in die Geschichte ein.

Lilli und Mikko erleben schon bald wieder ein neues Abenteuer, das man mit Spannung erwarten kann.

Witzige und sehr turbulente Geschichte mit Piraten, Detektiv-Abenteuer und einer coolen Oma.

Bewertung vom 04.08.2021
Ludwig, Sabine

Drittes Schilfrohr links - Geschichten vom Seerosenteich


ausgezeichnet

Witziger Vorlesespaß mit tollen Geschichten und wunderschönen Bildern

"Gibt es etwas Schöneres als einen Teich..." So beginnen alle Kapitel des Buches und entführen Leser und Zuhörer zum Wohnort der Familie Frosch in die wunderbare Teichoase. Hier blühen schneeweiße Seerosen, es gibt silberglänzende Fischlein und die Libelle schwirrt wie eine mit Diamanten geschmückte Nadel durch die frische Morgenluft. Und genau dort wohnt die Familie Frosch, drittes Schilfrohr links.

Die Froschfamilie besteht aus Mama und Papa Frosch, den Geschwistern Franzi und Frido und den quirligen Kaulquappendrillingen, die immer gerne singen. Bei den Teichfröschen ist immer etwas los, genau wie bei Menschenfamilien auch. Diese Familie hält zusammen und lässt sich auch von Eindringlingen nicht vertreiben.

Die Geschichten sind sehr lustig und bringen uns auf witzige Weise das Leben am Teich näher. In der Schule lernen wir von Fräulein Unke die Gefahren und Froscharten vom See. Bei Sturm und Gewitter fällt die Schule übrigens aus. Wir feiern eine Hochzeit bei den Molchen, finden ein mutterloses Küken, das die Enten adoptieren wollen und erleben ungebetenen Besuch vom schrecklichen Ochsenfrosch Donald. Und zum Ende des Jahres geht es in die wohlverdiente Winterruhe.

Die Geschichten sind relativ kurz und bieten sich als Gute-Nacht-Geschichte an, die Schrift ist recht groß, so können auch Leseanfänger sie gut lesen und der Text ist sehr humorvoll und auch für Kinder gut verständlich.

In diesem wunderschönen Vorlesebuch lernt man die unterschiedlichen Tiere am Teich kennen, erlebt den Jahreslauf der Natur und kann sich an den humorvollen Szenen erfreuen. Ein großer Lesespaß für Alt und Jung!

Bewertung vom 02.08.2021
Jessen, Anna

Klippen des Schicksals / Die Insel der Wünsche Bd.3


ausgezeichnet

Grandioser Abschluß der Reihe mit treffendem Zeitgeist

Helgoland 1925. Die schlimmen Kriegsjahre sind überstanden und Helgoland ist ein beliebtes Ziel für betuchte Urlauber. Tine Tiedkens hat ihr gutes Auskommen als Blumenhändlerin und Hebamme und Tochter Jette hat ebenfalls Glück gehabt, ihr Mann Otto baut Boote und das Geschäft läuft gut. Aber schon Ende der 20er Jahre bringt die Weltwirtschaftskrise und Hitlers Einfluß das politische System ins Wanken. Helgoland wird als Festung ausgebaut, was für viele Inselbewohner das Ende ihrer Existenz bedeutet und auch Tine und Jette kommen in Gefahr.

Diese Reihe sollte man in der Reihenfolge lesen, sonst fehlen entscheidende Entwicklungen der Personen. Anna Jessen erzählt in "Die Insel der Wünsche" das Schicksal von Tine Tiedkens, inzwischen Großmutter und erfolgreiche Blumenladenbesitzerin. Ihr Werdegang zeugt von starkem Willen, denn sie hat sich aus dem Armenviertel Hamburgs befreit und sich mit harter Arbeit und viel Durchhaltevermögen auf Helgoland eine Existenz geschaffen. Mit dieser Protagonistin kann man wunderbar mitfiebern, denn das Schicksal hat es nicht immer gut mit Tine gemeint, sie erlitt viele Niederlagen und Schicksalsschläge, die sie aber immer wieder überwunden hat. Um 1920 gilt Helgoland als glanzvolles Urlaubsparadies für die Reichen, die schweren Nachkriegsjahre scheinen überstanden. Doch die politischen Veränderungen kommen mit Hitlers Machtergreifung auch auf Helgoland an. Es wird massiv gegen die jüdischen Bewohner vorgegangen und die Insel wird zu einem Bollwerk von politischer Macht aufgebaut. Es kommt soweit, das die Bevölkerung sich dem Druck der Besatzer beugen und sogar die Insel und damit ihre Heimat verlassen muss. Diese Aspekte machen einmal mehr die Grausamkeit dieses Systems deutlich und ich verweise in dieser Hinsicht nachdrücklich auf das erhellende Nachwort der Autorin.

Die politischen Entwicklungen beginnend in der Weimarer Republik werden im Roman verständlich und zeitgemäß eingebunden und machen die politische Lage der erstarkenden NSDAP deutlich. Aber zum damaligen Zeitgeschehen gehört auch die ansteigende extreme Inflation, dazu hat mir in der Handlung die Problematik doch etwas gefehlt, denn die Probleme der Geldentwertung muss man auch auf Helgoland gespürt haben.

Der wunderbar flüssige Erzählstil, die fühlbare Atmosphäre der Landschaft Helgoland und die bildhaften Lebensbedingungen der Menschen auf Helgoland vereinnahmen den Leser und man kann diesen "Wälzer" wunderbar leicht und locker weglesen. Die lebendig geschilderten Figuren sind mir schon in den Vorgängerbänden ans Herz gewachsen und so habe ich ihren Werdegang gespannt weiterverfolgt. Angesichts der politischen Bedrohungen der damaligen Zeit wurde mir mal wieder bewußt, wie sehr die Menschen früher leiden mussten.

Der Abschluß dieser Trilogie bekommt von mir wohlverdiente 5 Sterne. Die Reihe hat mich von Anfang bis Ende gut unterhalten und mit den Figuren und den geschichtlichen Hintergründen auf Helgoland gefesselt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.