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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 1120 Bewertungen
Bewertung vom 13.11.2022
Gómez de Liaño, Ignacio;Dinkelacker, Franziska

Herrscher des Lichts


gut

Obwohl Karl III. von Spanien (1716-1788) ein Zeitgenosse von Maria Theresia von Österreich(1717-1780), Friedrich II. von Preußen, und Ludwig XV. von Frankreich (1710-1774) war, ist er in der Erinnerung Kontinentaleuropas nicht wirklich präsent.

Er gilt in der neueren Wissenschaft als prominenter Vertreter der Aufklärung. Geboren als 4. Sohn von Karl II. konnte er lange Zeit sich mit den Wissenschaft beschäftigen. Erst 1759 (also mit 43 Jahren) wird er König von Spanien und wird sein Königreich 28 Jahre regieren. Anders als andere Monarchen hat er schon Regierungserfahrung als Herzog von Parma und Piacenza sowie als König von Sizilien. In diesen nahezu dreißig Jahren gelingen ihm einige Reformen, um die ihn andere Reiche nur beneiden können ...

Diesem interessanten Mann widmet sich Ignacio Gómez de Liaño in diesem Buch.

Meine Meinung:

Der Autor erzählt von einem belesenen, interessierten jungen Mann, der die Ausgrabungen in Herculaneum und Pompeji unterstützt und dem deutschen Weltreisenden, Alexander von Humboldt, einen Freibrief für seine Forschungsreisen in Mittel- und Südamerika ausstellt.

In anderen Kapiteln werden die Errungenschaften in der Landwirtschaft sowie die Vereinheitlichung der Verwaltung. beschrieben.

Diese Biografie ist sehr informativ. Doch leider, leider ist es wie so oft: Der Autor verzettelt sich in tausend Details, die er weiß und glaubt, dem Leser unbedingt mitteilen zu müssen. So bringen Einzelheiten der Historie, die hundert oder zweihundert Jahre zuvor anderswo passiert sind, den Leser, der eine fesselnde Biografie von Karl III. lesen möchte, völlig aus dem Lesekonzept. So ist er mehrmals nötig, das Internet zu Rate zu ziehen, weil ein gelesenes Detail momentan nicht im passenden Zusammenhang präsent ist. Aus der Fülle der Informationen lässt sich nicht immer diejenige herausfiltern, die für das Verständnis um die Person Karl III. gerade wichtig ist.

Leider ist auch die Schriftgröße wenig augenfreundlich. Dazu kommt, dass Zitate und manche Anmerkung in noch kleinerer Schrift gedruckt sind. Das ist gerade bei Biografien, die besonders anspruchsvoll sind und genau gelesen werden wollen, den Lesern gegenüber wenig wertschätzend.

Dafür gibt es zahlreiche Abbildungen, die aber nicht für alle vorher genannten Anmerkungen entschädigen können.

Fazit:

Nicht immer muss ein Autor alles, was er selbst weiß, seinen Lesern an den Kopf werfen, bis der selbige raucht. Hier wär ein bisschen weniger, mehr gewesen. Leider kann ich deswegen nur 3 Sterne geben.

Bewertung vom 13.11.2022
Ramadani, Arta;Meißner, Halim

Brot, Salz und Herz


ausgezeichnet

Arta Ramadani, eine im Kosovo geborene deutsche Journalistin und Halim Meißner, Koch und Schwager der Journalistin, haben sich mit diesem Kochbuch einen Herzenswunsch erfüllt: das Bewahren der traditionellen Küche aus dem Kosovo.

Die gekochten und gebackenen Gericht sind jene Rezepte, die in der Familie von Generation zu Generation weitergegeben worden sind. Die eine oder andere Zutat ist behutsam an den modernen Geschmack angepasst worden.

Dieses Kochbuch entstand während der Corona-Pandemie als Halim Meißner von Kurzarbeit betroffen und Arta die Rezepte der Großmutter wieder in die Hände fielen. Meißner war, wie die Autorin im Vorwort schreibt, gleich Feuer und Flamme, jedoch unter der Bedingung, dass ohne Fleisch zubereitet würde.
Ein Verzicht, der bei den meisten Rezepten kein Problem dargestellt, denn Fleisch ist in der kargen Landschaft des Kosovos ein Luxusgut.

Da ein Großteil der Speisen mit Buchweizenmehl hergestellt wird, sind sie auch für Menschen mit Weizenunverträglichkeit ideal.

Zwei Rezepte haben es mir besonders angetan: Das Pire genannte Kürbis-Maroni-Pürree und das Pogaqë, ein Fladenbrot, das hauptsächlich aus Wasser, Mehl und Joghurt besteht, und schnell zubereitet werden kann.

Das Duo kochte, buk und fand mit seinen Rezepten beim Kärntner Verlag Wieser eine Heimat. Die Gerichte hat Halim Meißner, ein leidenschaftlicher Fotograf, gekonnt in Szene gesetzt. Durch die gediegene Aufmachung mit Lesebändchen eignet sich das Buch auch hervorragend als Geschenk.


Fazit:

Für Liebhaber von einfacher, vegetarischer Küche. Gerne gebe ich diesem kulinarischen Streifzug in den Kosovo 5 Sterne.

Bewertung vom 13.11.2022
Kaufmann, Ernst

Blanke Gier


ausgezeichnet

Dieser Krimi ist der Auftakt zu einer Reihe rund um Martin Ruprecht, Chefinspektor im LKA Salzburg.

Ruprecht wird in der Nacht in eine noble Wohnung in der Salzburger Kaigasse gerufen. Es scheint, als hätte der Tote, ein bekannter Kunstexperte, Selbstmord begangen. Doch sein Instinkt sagt ihm, dass hier etwas nicht ganz koscher ist. Deshalb geht er der Sache auf eigene Faust nach und entdeckt sehr rasch, welche Abgründe sich im Leben des Experten auftun, zumal er sich an einen ungeklärten Gemäldediebstahl in Gmunden, erinnert, bei dem der Hausherr den Einbrecher überrascht hat und ermordet worden war.

Damit überzeugt er auch seinen Chef, der noch gerne die Karriereleiter hinaufklettern will und nur schnelle Erfolge wünscht.

Gemeinsam mit einem Kollegen und mit Hilfe der Abteilungssekretärin begibt er sich auf die Suche nach den Hintergründen. Je näher er dem kriminellen Netzwerk kommt, desto gefährlicher wird es auch für ihn und seine Familie.

Der Chefinspektor darf dem alten Fall im Salzkammergut nachgehen und die im aktuellen bei einem Showdown am Isonzo dabei sein.

Meine Meinung:

Mir hat dieser Krimi ausgezeichnet gefallen. Die Charaktere sind detailliert herausgearbeitet. Martin Ruprecht ist zielgerichtet, sympathisch und hat ein feines Gespür für die Menschen, auch wenn er mit seiner Hündin Ella alleine lebt. Seine Schwester, deren Mann und Tochter sind seine Familie. Doch vielleicht ergibt sich ja in der Fortsetzung „Bleiche Erben“, die für 2023 vorgesehen ist, ein neue Zweisamkeit für Martin und seine Hündin Ella.

Wie es sich für einen Regionalkrimi gehört, dürfen Beschreibungen der Schauplätze nicht fehlen.

Sprachlich ist der Krimi ein Lesegenuss und die Spannung kommt auch nicht zu kurz.

Fazit:

Wer gerne einen niveauvollen Krimi mit einem sympathischen Ermittler lesen will, ist hier richtig. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und warte auf Fall 2 „Bleiche Erben“ und Fall 3 „Bittere Quellen“.

Bewertung vom 13.11.2022
Heim, Uta-Maria

Albleuchten (eBook, PDF)


gut

Man schreibt das Jahr 1790. Die Gedanken der Revolution von 1789 in Frankreich schwappen nach Deutschland über. Zahlreiche Studenten sind begeistert von den Ideen der „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ und der Aufklärung. Man will alte Zöpfe abschneiden.

Die Universität Tübingen ist Ausgangspunkt dieses historischen Romans. Der Theologiestudent Friedrich August Köhler wandert gemeinsam mit seinen Kommilitonen Friedrich Hölderlin und Friedrich Hegel über die Schwäbische Alb Richtung Ulm. Unterwegs treffen sie auf den frühreifen, knapp fünfzehn Jahre alte Friedrich Schelling, der sie von nun an begleitet.

Die vier „Fritze“ sind ziemlich verschieden und bilden eigentlich nur eine Zweckgemeinschaft. Während Hölderlin und Hegel ihren eigenen Gedanken nachhängen, ist Köhler ernsthaft Land und Leute interessiert. Er will einen Reiseführer verfassen und ist von Schellings »Geschichte des Klosters Bebenhausen« begeistert.

Zu allem Überfluss taucht auch noch ein eigensinniges Mädchen auf und lässt sich nicht mehr abschütteln: Karoline von Günderrode und wird bald zum fünften Fritz.

Meine Meinung:

Rund um die reale Reise Köhlers spinnt Autorin Uta-Maria Heim diesen historischen Roman.

Gut gelungen sind die Beschreibungen der kargen Dörfer, der abgearbeiteten Menschen, die in den herbstlichen Wochen die letzte Ernte einfahren. Die Leser können in diese Stimmung gut eintauchen: leuchtend bunte Wälder, Nebelschwaden und Landregen wechseln sich ab. Schmunzeln musste ich über die nicht passenden feinen Wanderstiefel.

Interessant ist das Verhalten der Personen innerhalb der Gruppe. Die vier Männer sind einander nicht grün und Karoline muss mehrmals vermitteln. Während die Männer nach „Höherem“ im Sinne der Revolution streben, will Karoline nur eines: ein selbst bestimmtes Leben führen und nicht wie üblich, von der Herrschaft des Vaters in die Abhängigkeit eines Ehemanns geraten.

Schade ist nur, dass die Autorin nur wenig über die Mitreisenden der fiktiven Wanderung im Nachwort erzählt. Wir erfahren einiges über Köhler, ganz wenig über Hölderlin, aber Schelling und Hegel sind ihr kein weiteres Wort wert. Und die historische Karoline von Günderrode ist 1790 erst zehn Jahre alt. Dieser Mangel kostet den 4. Stern.

Fazit:

Ein gelungenes Sittenbild der Zeit, das hin und wieder seine Längen hat. Gerne gebe ich hier 3 Sterne.

Bewertung vom 12.11.2022
Durrani, Pashtana; Bralo, Tamara

Lasst uns lernen! (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Pashtana Durranis Familie stammt aus Afghanistan und musste in einem der zahlreichen (Bürger)Kriege, die dort tob(t)en, in das Nachbarland Pakistan fliehen. Dort ist sie in einem Flüchtlingslager aufgewachsen. Ihr Vater sorgt dafür, dass alle seine Kinder eine Schulbildung erhalten, was angesichts der Umstände nicht ganz so einfach ist. Wobei, eine Schulbildung nach unseren Maßstäben, ist dies nicht, da so gut wie alle Ressourcen fehlen. Gelernt wird aus Büchern, aus Filmen und mit den Materialien, die vorhanden sind. Diejenigen Kinder, die sich bereits Wissen erarbeitet haben, geben dieses an andere weiter. So unterrichtet Pashtana, nach eigenen Angaben, bereits als Siebenjährige andere Kinder in Englisch.

Als die Familie wieder nach Afghanistan zurückkehrt, reift in ihr der Entschluss, allen Mädchen ein gewisses Maß an Bildung zukommen zu lassen. Dafür gründet sie eine NGO, organisiert Tablets auf denen der Lehrstoff vorinstalliert ist und die unabhängig vom Internet funktionieren. Dabei gerät sie in die Mühlen der Bürokratie und verheddert sich dort in Inkompetenz, Mutwillen und Korruption.

Pashtana Durrani versucht Lösungen zu finden, wo es kaum welche gibt. Bis zuletzt arbeitet sie in Afghanistan, kämpft gegen die Taliban, die Frauen schlechter als Vieh behandeln. Als im August 2021 die Taliban das Land Stadt und Stadt, Dorf und Dorf „friedlich“ überrollen, ist sie eine der letzten, die das Land verlassen können, denn durch ihre unermüdliche Tätigkeit Frauen Würde und Bildung zu geben, steht sie auf der schwarzen Liste der neuen/alten Machthaber.

Meine Meinung:

Dieses Buch zeigt deutlich, dass das Überstülpen von westlichen Ansichten, auch wenn sie noch gut gemeint seien, in Ländern wie Afghanistan zum Scheitern verurteilt sind. Die Autorin schildert, wie Millionen Dollar an Hilfsgeldern veruntreut bzw. falsch eingesetzt wurden, weil sich die Geber nicht mit den Strukturen des Landes auseinander gesetzt haben. Durrani spricht, um Unterricht für die Mädchen abhalten zu dürfen, mit den Stammesführern und erklärt denen den Nutzen der Maßnahmen. Sie baut kleine und kleinste Infrastrukturen, immer mit der Zustimmung der Clanführer, auf. Sie hat zwar nicht immer Erfolg, doch trotzdem gibt es Schulen. Auch darf man sich diese nicht wie unsere vorstellen. Kein Campus, keine Schulgebäude wie man sie aus den Industriestaaten kennt, sondern eher wie die sogenannten „Katakombenschulen“ in Südtirol während des Faschismus, als es Gefängnisstrafen für jene gab, die Deutsch sprachen bzw. die Deutsch unterrichteten.

Wenn nun die Schlagzeile durch die Medien ging, dass die Taliban den Frauen in Kabul den Zugang zu öffentlichen Parks verbieten, obwohl solche ohnehin nur nach Geschlechtern getrennt betreten werden dürfen, steigt in mir die Wut hoch.

Dieses Buch sollte von Lehrkräften und Schülern sowie von Politikern gelesen werden. Vor allem sollten sich Schüler vor Augen halten, dass der Schulbesuch, wie wir ihn kennen, nicht überall auf der Welt möglich ist. Jenen, die lieber nicht lernen wollen, sei gesagt, dass sie dieses Privileg nicht leichtfertig aufs Spiel setzen sollten.

Fazit:

Ein Buch, das aufwühlt und wütend macht, und gleichzeitig der Autorin Bewunderung zollt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 12.11.2022
Dobbert, Steffen

Ukraine verstehen


ausgezeichnet

Eine komplexe Geschichte: Das Erbe der „Kyjiwer Rus“

Seit dem 24. Februar führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Doch der Konflikt zwischen den beiden Ländern besteht schon seit Jahrhunderten.

Viele Menschen glauben der Propaganda Wladimir Putins, dass die Ukraine und Russland ein Land sind. Dieses Buch erklärt in 18 Kapiteln schlüssig, warum dem nicht so ist.

Ein Geheimnis von Freiheit ist Mut: Ein Vorwort
1. Symbol der Selbstermächtigung: Der Mythos Taras Schewtschenko
2. Streit übers Mittelalter: Wem gehört die Kyjiwer Rus?
3. Steppendemokratie jenseits der Stromschnellen: Die Entstehung des Kosakentums am Dnipro
4. Bohdan Chmelnyckyjs Revolte: Aufstieg und Fall eines Hetmans
5. Vermächtnis der Kosaken: Kleine Geschichte über Mut
6. Nationalbewusstsein trotz Russifizierung: Über Kleinrussen, Gogol und eine Reise nach Berlin
7. Vom Ersten Weltkrieg zur Ukrainischen Volksrepublik: Mychajlo Hruschewskyj und die Wiedergeburt einer Nation
8. Menschen essen Wurst aus Menschenfleisch: Holodomor, Stalins Massenmord durch Hunger
9. Holocaust durch Kugeln: Der Rassenwahn der Nazis und Stepan Banderas Verantwortung im Zweiten Weltkrieg
10. Vom vergessenen Massaker bis zur Seelenbrecherzelle: Das Scheitern des Homo sovieticus
11. Super-GAU in Tschernobyl: Der Preis von zu vielen Lügen ist das Verschwinden der Realität
12. Abhängigkeit trotz Unabhängigkeit: Das belastende Erbe des Sowjetimperiums
13. Friedlicher Schrei nach Demokratie: Die Orange Revolution
14. Der unbändige Wille einer Nation:Volksaufstand der Würde und Euromaidan-Revolution
15. Russlands geheime Invasion: Grüne Männchen gegen einen Schokoladen-König
16. Prinzip Paranoia: Putins Lügen über die Ukraine
17. Brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit: Die Wandlungen des Wolodymyr Selenskyj
18. Russian warship, go f*** yourself: Ein Krieg, der über die demokratische Welt entscheidet


Meine Meinung:

Dieses Buch ist Teil einer Reihe aus dem Klett-Cotta-Verlag, die sich schon um das Verstehen von Polen, Afghanistan und Syrien bemüht hat.

Autor Steffen Dobbert bringt uns in den 18 Kapiteln die bewegte Geschichte der Ukraine näher. Eine Geschichte, die immer wieder von Gebietsansprüchen der Nachbarn und von Kriegen geprägt ist. Die Ukraine wurde mehrmals Spielball der Mächtigen, mehrmals wurde versucht das ukrainische Volk auszurotten und immer wieder hat es widerstanden.

Was ist treibt die Ukrainer an, für ihre Freiheit, für ihre Eigenständigkeit zu kämpfen? Mit diesem Buch versucht Steffen Dobbert hinter das Geheimnis zu kommen und verstehen zu lernen, warum gerade das ukrainische Volk den Mut hat, sich Putins Angriffskrieg entgegenzustellen.

Fazit:

Wer mehr über Ursachen des aktuellen Krieges wissen will, kommt an der Geschichte der Ukraine nicht vorbei. Dieses Buch kann mithelfen, die Ukraine zu verstehen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.11.2022
Garcia Saenz, Eva

Aquitania


sehr gut

Mit „Aquitania“ hat Autorin Eva Garcia Sáenz einer Frau ein Denkmal gesetzt, die so gar nicht in die Zeit passte: Eleonore von Aquitanien.

Was macht diese Frau so besonders?

Geboren um 1124 in Poitiers als Tochter von Wilhelm IX. von Aquitanien, des Herzogs, erhält das talentierte Mädchen am Hof des Vaters eine für damalige Zeiten ungewöhnliche Ausbildung: Sie lernt unter anderem Latein. Die Ermordung Wilhelm IX. 1137 stellt eine Zäsur in ihrem Leben dar, denn sie wird die Nachfolgerin ihres Vaters, muss sich gegen die Intrigen diverser Lehensherren behaupten und wird mit Ludwig, dem Sohn des französischen König verheiratet. Der Unterschied zwischen zwischen den Höfen in Aquitanien und Paris könnte größer nicht sein: Hier gut eingerichtete Schlösser, Bildung, Kultur und höfische Leben, dort eine kahle Burg, wenig Komfort, raue Sitten und ungehobelte Bewohner. Die Heirat natürlich aus Staatsräson, bringt doch Eleonore ein reiches Herzogtum in das arme, kleine französische Reich.

Als dann Frankreichs König ermordet wird, macht sich Eleonore auf, die Hintergründe zu erfahren. Denn der Tod des Königs und der ihres Vaters ähneln einander frappant. Wer hat Interesse, ein junges unerfahrenes Königspaar an der Spitze zu sehen? Cui bono? Haben schon die alten Römer gefragt.

Meine Meinung:

Dieser (historische) Roman umfasst die Jugendzeit Eleonores bis zur Scheidung von um 1152.

Da Eleonore leider kein Tagebuch geschrieben hat, sind die historischen Quellen ziemlich spärlich und, natürlich von Männern verfasst, denen die ehrgeizige und mit scharfen Verstand gesegnete Frau ein Dorn im Auge war. Entsprechend diffamierend sind die Angaben. So wird sie eines inzestuösen Verhältnisses mit ihrem Onkel verdächtigt. Sie wird als machtgierige, intrigante Frau beschrieben.

Eleonores große Zeit wird noch kommen. Daher glaube ich, dass es noch einen zweiten oder vielleicht auch dritten Teil der Lebensgeschichte dieser interessanten Persönlichkeit geben wird.

Wie wir es von der Autorin gewöhnt sind, ist der Schreibstil opulent und detailreich. Da passt es vielleicht ganz gut, dass es nur wenige historische Quellen gibt und die Autorin ihrer Fantasie freien Lauf lassen kann.

Das Cover ist gut gelungen.

Fazit:

Wer gerne historische Romane des Mittelalters liest, ist hier genau richtig. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 06.11.2022
Kröpfl, Heinz

Jagdrausch


gut

Rosalinde Fuchs und der Schriftsteller Jeremias haben einen veritablen Streit, der nicht unbeobachtet bleibt. Kurz nach dem Wortgefecht verschwindet die Frau spurlos im Wald und Jeremias wird, obwohl Rosalindes Leiche nie gefunden wird, in einem Indizienprozess des Mordes schuldig gesprochen.

Weder die Polizei noch der Pflichtverteidiger haben ein sichtbaren Interesse den möglichen Tathergang zu rekonstruieren oder Entlastungszeugen zu suchen. Ja, selbst die Mutter des Schriftstellers, glaubt nicht an dessen Unschuld.

Meine Meinung:

Der in Leoben (Steiermark) geborene Autor Heinz Kröpfl bezeichnet dieses Werk als „(k)einen Kriminalroman“. Der Roman enthält Krimi-Elemente, aber viel mehr kafkaeske Züge.

Die eine oder andere Stelle erinnert durch die indifferente Bedrohung an den Film „Das Duell“ von Steven Spielberg. Dazu tragen der Mann mit dem Geländewagen, der eine Waffe mit sich führt bei. Ein tollwütiger Fuchs soll erlegt werden, bei. Die Wortspielerei mit dem Nachnamen der vermissten Rosalinde und dem kranken Tier, lässt Böses ahnen. Nur für wen?

Die Charaktere sind insgesamt düster, wie eine herbstliche Nebellandschaft, angelegt. Eigentlich habe ich bei keinem der Mitspieler liebenswertes Züge feststellen können.

Die Polizisten wirken desillusioniert, dumpf, gelangweilt und wenig an der Aufklärung des Verschwindens der Rosalinde interessiert. Ein verschmähter Liebhaber, der keiner geregelten Arbeit nachgeht, der nur Schriftsteller ist, bietet sich als Täter gerade zu an. Wenig Aufwand, maximaler Erfolg. Auch die Justiz kommt nicht wirklich gut weg. Das Prinzip „in dubio pro reo“ - (Im Zweifel für den Angeklagten) wird hier gröblich verletzt. Es lässt direkt aus dem §259 Abs.3 der österreichischen Strafprozessordnung (StPO) ableiten.

Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig. Es gibt (wieder einmal) keine Redezeichen, selbst, wenn in direkter Rede gesprochen wird. Erzählt wird in der auktoritalen Sichtweise, bis auf den schwitzenden Polizisten, der gerne Kriminalbeamter geworden wäre, was ihm aber auf Grund seiner vermehrten Schweißabsonderungen verwehrt geblieben ist, der erzählt in der Ich-Form.

Fazit:

Obwohl das Buch stellenweise spannend war, hat es mich nicht wirklich berührt, daher gibt es nur 3 Sterne.

Bewertung vom 06.11.2022
Walther, Markus

Verdingkind (eBook, ePUB)


sehr gut

Wer die Bezeichnung „Verdingkind“ hört, hat sofort den Film „Schwabenkinder“ in seinem Kopf, der jene Zeit des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert beschreibt, in der Kinder der bettelarmen Bergbauern aus Vorarlberg, Tirol, Liechtenstein und der Schweiz in das „reiche“ Schwabenland als Arbeitskräfte vermittelt also quasi verkauft wurden. Man sollte meinen, dass diese Menschen verachtende Praxis längst der Vergangenheit angehört - mitnichten.

Markus „Meck“ Walther erzählt, wie er nach dem Tod der Mutter gemeinsam mit seinen Geschwistern von seinem überforderten Vater in ein Schweizer Kinderheim gebracht wurde. Als Siebenjähriger wird er seitens der Behörden in einer Pflegefamilie untergebracht, die ihn nach Strich und Faden ausnützt und gequält. Erst als er bei einem Traktorunfall beinahe ums Leben kommt, bleibt er im Heim. Meck hat es, als Angehöriger der Jenischen, einer Gruppe Fahrender, doppelt schwer.

Doch Meck ist zäh. Mithilfe eines wohlmeinenden Lehrers gelingt es ihm, eine Ausbildung zu absolvieren. Innerhalb kürzester Zeit wird er ein erfolgreicher Manager. Doch nach einem gesundheitlichen Zusammenbruch muss er erkennen, dass ihm trotz der Liebe seiner zweiten Frau Evelyn, etwas fehlt.

Meine Meinung:

Es ist kaum zu glauben, dass es in der ach so korrekten Schweiz solche Zustände geherrscht haben. Der Umgang mit Minderheiten lässt wie fast überall zu wünschen übrig.

Die Schilderungen der Lebensstationen ist stellenweise schlecht auszuhalten.
Was denken sich Pflegeeltern dabei, wenn sie Geld vom Staat kassieren und den ihnen anvertrauten Kindern das Leben zur Hölle machen? Schwerarbeit für einen Siebenjährigen (!) in der Landwirtschaft, kaum Essen oder Kleidung dafür umso mehr Schläge. Man kann nur hoffen, dass diese Leute zur Verantwortung gezogen worden sind, genauso wie jene dieser Behörden, die solches geduldet und weggeschaut haben.

Erstaunlich und bewundernswert finde ich, wie Meck all diese Traumata verarbeiten kann. Er trifft nach der Schule immer wieder Menschen, denen seine Herkunft egal ist, die im eine Chance geben. Die weiß er zu nutzen, acuh wenn er sich doppelt und dreifach anstrengen muss.

Außerdem trägt sein Glaube an Gott, den er durch einen Nachbarn kennenlernt, dazu bei. Erst spät lässt er sich taufen und findet in Gott, wie er sagt, den „liebenden Vater, den er durch seinen leiblichen Vater nicht kennengelernt hat“.

Fazit:

Ein berührendes Buch, dem ich gerne 4 Sterne gebe.