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Xirxe
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Hannover
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Bewertungen

Insgesamt 876 Bewertungen
Bewertung vom 01.11.2009
Bennett, Alan

Così fan tutte, Audio-CD


ausgezeichnet

Dem Ehepaar Ransome wird während eines Opernbesuches im wahrsten Sinne des Wortes die gesamte Wohnung ausgeräumt - es gibt nicht einmal mehr Klopapier. Wie sich das Leben dieses typischen britischen Middleclass-Ehepaars -steif, prüde, leicht versnobt- durch diesen Vorfall ändert, schildert Bennett außerordentlich humorvoll, doch ohne Klamauk. Mit viel Wortwitz und Ironie erzählt er, wie Beide auf ihre jeweils eigene Art und Weise mit diesem Ereignis umgehen.
Und Uwe Friedrichsen ist für diese Erzählung der ideale Vorleser. Voller Seriosität trägt er selbst die amüsantesten Stellen vor und verleiht zudem den beiden Hauptpersonen eine Stimme, dass man sie wahrhaft vor Augen hat.

Bewertung vom 01.11.2009
Welch, James

Fools Crow


ausgezeichnet

James Welch schildert auf knapp 480 Seiten ca. zwei Jahre im Leben des Fools Crow. Aufgewachsen als White Man's Dog, Angehöriger der Stammesgruppe der Lone Eaters vom Stamme der Pikuni, entwickelt er sich in dieser Zeit vom ängstlichen und schüchternen Jungen zu einem allseits anerkannten und respektierten Krieger und Mitglied seiner Stammesgruppe. Der Autor, selbst ein Blackfeet, zu denen auch die Pikuni gehören, erzählt ganz aus der Sicht sowie in der Sprache der Indianer. Dies macht das Buch zu Beginn etwas schwierig zu lesen, da man immer wieder zum (recht guten) Anhang wechseln muss, wenn man die indianischen Ausdrücke verstehen möchte.
Man wird in eine gänzlich andere Welt hineingezogen, eine Welt in der Mensch und Natur in völliger Übereinstimmung leben, was sich gerade auch durch die Sprache vermittelt. Selbst die Riten (z.B. die verschiedenen Tänze, Zeremonien), die Visionen (z.B. Treffen und Gespräche mit Totemtieren), Dinge, die in unserer Welt häufig als Aberglaube abgetan werden, scheinen hier wie selbstverständlich dazuzugehören. Dennoch wird keine Traumwelt dargeboten. Nüchtern, manchmal brutal und (vermutlich) authentisch wird der Alltag dieser Menschen beschrieben: die Jagd auf Büffel, Raubzüge gegen andere Stämme, die Abkehr mancher Jungen von den Stammessitten und nicht zuletzt der Kampf gegen die Napikwan - die Weissen. Und die Erkenntnis, dass die Pikunis keine Chance haben.
Dennoch ist es kein trostloses Buch: Trotz aller Niederlagen glauben die Pikuni weiter daran, dass wieder bessere Zeiten kommen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2009
Kundera, Milan

Die Identität


weniger gut

Ein etwas spröde und daher teilweise mühevoll zu lesendes Buch. Es gibt wenig Anschauliches, Beschreibungen von Äußerlichkeiten (Personen, Umgebung) werden eher vernachlässigt. Der Text bezieht sich meist auf die Innenansicht, Gedanken, Gefühle der HauptdarstellerIn. Gegen Ende wird die Geschichte zusehends wirrer und unsinniger, bis sich zuguterletzt alles in einem Happy End auflöst.
In einer Kritik der ZEIT stand Folgendes: "Der Text ermöglicht unsere Gedanken- und Phantasieproduktion, und er fordert sie. Er weist über die bloße Anschauung hinaus, er will Erkenntnis, ist also philosophisch." Ist zum Teil recht treffend. Nachdenkenswerte Abschnitte sind beispielsweise die über Freundschaft oder über den Zwang (?) in unterschiedlichen Bereichen des Lebens die entsprechenden Masken tragen zu müssen.
Alles in Allem: Keine Liebesgeschichte der herkömmlichen Art.

Bewertung vom 30.10.2009
Baricco, Alessandro

Seide


ausgezeichnet

1861, Hervé Joncour, verheiratet mit Helène, reist zum ersten Mal nach Japan um dort Seidenraupeneier zu kaufen. Dort verfällt er regelrecht der Gefährtin seines Geschäftspartners Hara Kei, einer jungen ätherischen Erscheinung, ohne jedoch ein Wort mit ihr zu wechseln. Bei seiner zweiten Reise wird er am letzten Abend von ihr gewaschen, doch ohne dass er sie zu Gesicht bekommt und ein Wort gewechselt wird. Auf einem Stück Papier das sie ihm zusteckt, steht: 'Kommen Sie zurück oder ich sterbe'. Als er ein drittes Mal nach Japan aufbricht, lässt sie ihm eine Geliebte zukommen als wäre diese eine Art Ersatz. Statt, wie man meinen könnte, dass all diese Erlebnisse ihn von seiner Frau entfernen, tritt das Gegenteil ein: Ihre Stimme macht ihn glücklich, er macht zum ersten Mal gemeinsam mit ihr eine Reise, gesteht ihr seine Liebe.

Man könnte es nur als eine schlichte, jedoch wunderschöne und poetische Liebesgeschichte lesen. Doch zuviel im Text weist daraufhin, dass hier auch beschrieben wird, wie zum einen eines der größten Hindernisse in der buddhistischen Lehre überwunden wird: das Verlangen, Begehren. Und wie zum andern die fortgesetzte, vollständige und bewusste Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments erreicht wird, eines der Ziele im Zen-Buddhismus.
- Beispielsweise die immerwiederkehrenden fast wortwörtlichen Wiederholungen seiner An- und Abreise, das sich Anblicken der Beiden - Wiederholungen sind eine Übungsweise der Zen-Meditation um den Kopf freizubekommen. Den Kopf, der stets denkt und ein neues Ziel im Blick hat, dass es zu erlangen gilt und dabei das Wesentliche übersieht.
- Auch der Kauf der 30 Morgen Land und die anschließende Umwandlung in einen Park ist ein Weg des Zen: Zengarten, die Kunst der Gartengestaltung.
- Als Hervé seiner Frau Helène erklärt, was eine Volière ist - Vögel hineinzusetzen um sie anschließend fliegen zu lassen: das Aufgeben des Begehrens.
- Die Langsamkeit, die Aufmerksamkeit, die Stille, von denen seine Aufenthalte in Japan stets geprägt sind. All dies sind Merkmale der Zen-Praxis.

Ein kleines Buch, das neben einer wunderschönen Liebesgeschichte noch einiges mehr zu bieten hat.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.10.2009
Fossum, Karin

Schwarze Sekunden


sehr gut

Wer Krimis nur mag, wenn darin viel Mord und Totschlag vorkommen ist hiermit sicher nicht gut bedient. Es dauert allein 140 Seiten (knapp die Hälfte), bis eindeutig klar ist, dass sich tatsächlich ein Verbrechen ereignet hat. Die Autorin legt ihren Schwerpunkt auf die Darstellung des Innenlebens ihrer Protagonisten: Was denken, fühlen sie? Dies aber so gekonnt, dass man bis zum Schluss über die eigentlichen Verbrechen im Unklaren bleibt. Man beginnt etwas zu ahnen, wird aber durch die Beschreibung der Gedanken und Gefühle anderer Personen immer wieder verunsichert und auf neue Möglichkeiten und Spuren gebracht.
Alles in allem: durchaus lesenswert. Ein bisschen zu psychologielastig, dennoch spannend, wenn auch etwas das wohlige Schaudern fehlt, dass einem manchmal bei sehr guten Krimis hin und wieder durchfährt.

Bewertung vom 25.10.2009
Picoult, Jodi

Die einzige Wahrheit


sehr gut

Ich muss zugeben, als ich anfing dieses Buch zu lesen bezweifelte ich, ob das unerklärliche Verschwinden eines Neugeborenen (und der damit aufzuklärende Zeitraum von zwei Stunden) ausreicht, um bei einem Buch mit 460 Seiten am Ball zu bleiben. Meine Zweifel schwanden, ich blieb dran.
Der Tod des Neugeborenen ist der Anlass, dass zwei Welten aufeinanderprallen, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Die der Amischen und der 'Englischen' (moderne westliche Gesellschaft). Die 'englische' Anwältin verteidigt ihre unbekannte amische Cousine und zieht aus diesem Grund für eine längere Zeit bei ihr und ihrer Familie ein. Der Zusammenstoss dieser zweier Welten ist für beide Seiten nicht einfach.
Picoult beschreibt eindrücklich nicht nur die für uns recht unbekannte Lebensweise der Amischen, sondern vermittelt auf einfühlsame Art und Weise auch einen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt dieser Menschen, die der unseren sehr fremd ist. Durch die wechselnde Erzählperspektive (ein Kapitel erzählt Elli, die Anwältin, das andere ein 'allwissender' Erzähler) werden immer wieder Denkanstöße im Hinblick auf unseren eigenen Lebensstil geliefert, ohne jedoch mit dem erhobenen Zeigefinger zu winken.
Diese unterschiedliche Perspektive liefert auch die Spannung: Durch den 'allwissenden' Erzähler weiss man immer ein bisschen mehr als die Anwältin, aber nie genug, um alle Fragen zu klären.
Vier Sterne gibt es 'nur', weil so einige Ungereimtheiten auftauchen: Die am Tatort verschwundene Schere interessiert keinen Menschen (ok, hätte man sie gesucht und gefunden, wäre der Schluss ohne Aha-Effekt. Aber trotzdem.), Katie, die amische junge Frau, macht ein Geständnis und Elli, die sie mittlerweile schon Monate sehr gut kennt, merkt nicht wie es gemeint war (sogar ich hab's gemerkt :-)), Und ein wirklich übler Fehler: S. 311, Katie hat acht Monate die Schwangerschaft verborgen, S. 312, die Geburt war 2 1/2 Monate zu früh (also 6 1/2 Monate), S. 316, die Schwangerschaft wurde sieben Monate geheimgehalten. Ja was denn nun?
Ansonsten aber ein guter Roman mit einem guten und (so hoffe ich) realistischen Einblick in eine recht unbekannte Welt (nicht auf den Klappentext achten, es ist kein Thriller, auch kein psychologischer; eine mitreißende Freundschaft zweier...Frauen - stark übertrieben).

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.10.2009
Katzenbach, John

Die Anstalt


gut

Wer der Meinung ist, zu einem guten Thriller gehört eine genaue Beschreibung des Täters und des Motivs, sollte von diesem Buch die Finger lassen. Hauptperson ist Francis, ein junger Schizophrener, aus dessen Sicht die vergangenen und gegenwärtigen Geschehnisse größtenteils geschildert werden. Der ständige Kampf mit seinen Stimmen im Kopf, die Beschreibung der Mitinsassen, der Pfleger und der Atmosphäre in der Anstalt verleiht der Geschichte eine Spannung, die die Suche nach dem Engel zeitweise fast nebensächlich erscheinen lässt.
Ärgerlich ist aber die Übersetzung und das Lektorat:
Selten habe ich so viele Fehler innerhalb kurzer Zeit gelesen, manchmal hatte ich schon den Verdacht, hier war eine Übersetzungsmaschine am Werk. Nur ein paar Beispiele:
Beginnend ab Seite 39 werden das ganze Buch hindurch lebende(!) PatientInnen auf Bahren herumgetragen.
Ein Hüne mit über 1,95m Größe wiegt um die 1 1/2 Zentner (Seite 41).
Ein Mann hat Ofenröhren-Beine (Seite 75).
Ein Ausschnitt vom eierschalenblauen Himmel (737) usw.
Und das sind nur krasse Beispiele. Immer wieder denkt man beim Lesen: Das klingt ja komisch, der Satzbau ist merkwürdig. Viel Mühe wurde hier offenbar nicht in die Übersetzung investiert.
Auch eine/n LektorIn scheint das Buch nicht gesehen zu haben: Es wimmelt von unlogischen Geschehnissen, die auch im Laufe der Geschichte nicht aufgeklärt werden. Peinlich, kann ich da nur sagen.
Fazit: Wer über die schlechte Übersetzung und die 'Unlogiken' hinweglesen kann, hat eine gute Story aus einer mal etwas anderen, ungewöhnlichen Sicht.

Bewertung vom 25.10.2009
Clement, Catherine

Theos Reise


ausgezeichnet

Theo, ein 14jähriger Junge aus Paris mit einem ungewöhnlichen Interesse an griechischer Mythologie und am alten Ägypten, leidet an einer lebensgefährlichen Krankheit. Seine vermögende und etwas skurille Tante Marthe lädt ihn zu einer Weltreise ein, die ihn zu den Religionen der Welt führen soll, mit der Hoffnung dass ihr Neffe währenddessen geheilt wird.
Schwerpunkt dieses Buches ist eindeutig die Darstellung der unterschiedlichen Religionen und der Erfahrungen, die Theo damit während Gottesdiensten, Riten, Festen und ähnlichem macht. Die Menge an Fakten und Informationen, die hier präsentiert werden, ist zwar manchmal erschlagend, doch wer sich für dieses Thema interessiert, wird trotz der rund 700 Seiten keine Minute gelangweilt sein. Die Darstellung ist gut verständlich und insbesondere für Jugendliche (für die das Buch gedacht ist) und Unwissende sehr informativ. Nicht nur der aktuelle Stand der jeweiligen Religionen wird beschrieben sondern auch die Entstehung und Entwicklung bis hin zum Erscheinen dieses Buches (also Ende des letzten Jahrtausends). Die von manchen Leserinnen und Lesern genannte Oberflächlichkeit konnte ich nicht nachvollziehen: Vielleicht sollte man einfach im Auge behalten, für welche Zielgruppe dieses Buch geschrieben wurde. Und langatmig? Nun gut, wer kein Interesse für Religion aufbringt, dem sei dieses Buch auch nicht empfohlen, die Rahmenhandlung ist wirklich nur Nebensache.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.10.2009
Slaughter, Karin

Gottlos / Grant County Bd.5


gut

Mein viertes Buch von Karin Slaughter (ihr fünftes). Auch hier sind die Hauptpersonen wieder die Kinderärztin und Gerichtsmedizinerin Sara Linton und ihr (Noch-)Ex-Ehemann Polizeichef Jeffrey Tolliver sowie Detective Lena Adams. Die beiden Erstgenannten finden zufällig im Wald die tote Abigail, die lebendig in einer Kiste vergraben wurde. Im Verlauf der Untersuchung wird eine weitere 'Grabstätte' gefunden, jedoch ohne Leiche. Da verschwindet die jüngere Schwester von Abigail...
Sprachlich war ich positiv überrascht. Während insbesondere die ersten beiden Bücher recht anspruchslos und platt daherkamen, liest sich dieser Band deutlich besser. Liegt vielleicht auch an der neuen Übersetzerin (seit Band 3).
Ansonsten werden wie gewohnt Details der Verbrechen, der Verletzungen usf. bis ins Kleinste beschrieben - hier hatte ich sogar immer wieder das Gefühl, der Autorin mache es richtiggehend Spass, die wirklich übelsten Dinge auch noch auf die Spitze zu treiben. Allerdings wurde die Anzahl solcher Beschreibungen im Vergleich zu ihren vorherigen Büchern geringer. Zugenommen hat jedoch der psychologische Anteil in ihrem Thriller. Die Beziehung zwischen Sara und Jeffrey wie auch die Schwierigkeiten Lenas nach ihren grausamen Erlebnissen (siehe Belladonna) nehmen einen weit größeren Raum ein als in ihren bis dahin erschienen Bänden. Ebenfalls auffällig (manchmal fast schon zuviel) ist der sich wiederholende Aspekt darauf hinzuweisen, dass hinter jeder Person ein individuelles Schicksal steht ('Sie war jemandes Tochter. ...jemand hatte sie im Arm gehalten, ihr ins Gesicht geblickt...').
Ob es daran liegt, dass die Spannung hier nicht an die der ersten Bücher heranreicht? Dennoch: Insgesamt gute Thrillerkost, von der man sich aber auch mal ein paar Stunden lösen kann.

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.