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bolie
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Langscheid

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Insgesamt 936 Bewertungen
Bewertung vom 14.05.2019
Handwerker, Nele

Gedichte und Geschichten zur Frühlingszeit


sehr gut

Keine 90 Seiten sind es, die das Büchlein Gedichte und Geschichten zur Frühlingszeit von Nele Handwerker ausmachen. Und dennoch so umfangreich gestaltet, wie ein Buch nur sein kann. Am Anfang wurden Gedichte gedruckt, die von Gertrude Witschas stammen. Sie ist die Großmutter von Nele und ihre Verse wunderschön. Sie handeln von Staren, die eifrig um die Wette „trippeln“ oder von Störchen, die kaum mit dem Beschaffen von Nahrung für ihre Jüngsten nachkommen. So hungrig sind die kleinen Vögel und das gilt nicht nur für die Brut der Störche. 10 Gedichte rund um den Frühling und das Osterfest gilt es zu entdecken. Alle sind mit wunderschönen Zeichnungen von der Illustratorin Ulrike Handwerker geschmückt, die die Mutter von Nele ist.

Nach den Versen kommen 7 Frühlingsgeschichten, die ebenfalls durch Schwarz-Weiß-Bilder „untermalt“ sind. Hier wird vom kleinen Hasen Benno berichtet, der mit seinem Freund Balduin Eier bemalt. Auch die beiden Eichhörnchen Emma und Emil lieben es, wenn sie andere beschenken können und spielen in diesem Jahr einmal den „Osterhasen“.

Als Großmutter lerne ich viele neue Kinderbücher kennen aber dieses ist wirklich etwas Besonderes. Der Grund dafür liegt darin, dass selbst unser lesefauler großer Enkel (10 Jahre) tatsächlich eine Geschichte daraus vorlas. Das habe ich zuvor noch nicht erlebt. Was uns ebenfalls gefiel (den beiden Enkeln und mir), das sind die Bilder. Sie wurden sofort ausgemalt und die Schablonen im Anhang ausgeschnitten. Ja, 5 Schablonen zum Ausschneiden, mit sämtlichen Tieren aus dem Sagawald, gibt es auf den letzten Seiten. Ein feines, kleines Büchlein, welches viel Freude bereitet.

Bewertung vom 12.05.2019
Lacrosse, Marie

Aufbruch in ein neues Leben / Das Weingut Bd.2


ausgezeichnet

Der Krieg ist vorbei und so langsam tritt auch im Elsass wieder Normalität ein. Nicht so auf dem Weingut. Irene ging ohne ein Wort weg und nur Franz´Mutter weiß, warum sie das tat. Dass sie schwanger war, weiß auch nur sie und dass ausgerechnet der Vater von Franz sie verjagte, ebenfalls. Als Franz Gerban aus dem Krieg heimkehrt, leben im Haus nur noch sein Vater und die verwöhnte Schwester. Er selbst wurde schwer verwundet und hat fremden Menschen sein Leben zu verdanken.

Irene schlägt sich mehr schlecht als recht mit ihrem kleinen Sohn durch. Im Laufe der Zeit werden ihr Fleiß und ihre Sparsamkeit belohnt und sie kann mit Fränzel ein relativ gutes Leben führen. Pauline, Franz´ Mutter wurde vom Vater in eine Irrenanstalt gesteckt. Ja, so hießen damals die psychiatrischen Kliniken und Marie LaCrosse hat auch ihre Sprache der damaligen Zeit angepasst.

Sofort am Anfang des Buches zitiert die Autorin einige Erlasse, die das Arbeiten von Kindern in der damaligen Zeit erlauben. Auch diese Tatsache wird in dem Buch beschrieben und gleichzeitig die Gefährlichkeit der Kinderarbeit dargestellt. Frauen mussten trotz Schwangerschaft und Niederkunft arbeiten. Elternzeit oder Mutterschutz gab es nicht. Familien, deren Versorger im Krieg gefallen sind, bekamen keine oder nur ganz geringe Unterstützung. Die Not der Arbeiter war groß und Männer ertränkten ihren Frust häufig in Alkohol. Darunter litten die Ehefrauen und mitunter auch die Kinder. Scheidungen gab es nicht, da es für den Gesetzgeber normal war, dass Frauen geschlagen wurden.

Das Buch gefiel mir ausgesprochen gut. Nicht nur die Verhältnisse zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind genau dargestellt. Auch die Ungerechtigkeit sowie die Kluft zwischen Fabrikbesitzern und Arbeitern ist beschrieben. Die Reichen wissen fast nicht wohin mit ihrem Geld und die Armen haben oft nicht einmal eine Tasse Milch für ihre Jüngsten. Die Anfänge der heute so mächtigen Gewerkschaften erläutert Marie LaCrosse in dem Buch und sogar der Börsencrash spielt eine gravierende Rolle. Wer damals streikte oder zum Streik aufrief, der musste Lohnkürzungen hinnehmen oder sogar den Verlust des Arbeitsplatzes.

Schule gab es nur für Zöglinge reicher Eltern und die Pflicht zum Besuch kam erst ab 1918 und das war keine Garantie, dass die Kinder tatsächlich zum Unterricht gehen durften. Sehr gut gefiel mir auch die Beschreibung der Arbeit in Tuchfabriken. Die großen Maschinen sind so genau beschrieben, dass ich mir die jeweilige Tätigkeit daran sehr gut vorstellen konnte. Das Ende ist heftig und hat mich lange nicht losgelassen. Ich freue mich sehr, wenn ich den 3. Band „endlich“ in Händen halten kann.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.05.2019
Menschig, Diana

Die Mohnfelder von Solferino


ausgezeichnet

„Mohnblumen kannst du nicht pflücken. Du kannst dich nur an ihrem Anblick erfreuen. Sie sind ein Symbol der Vergänglichkeit.“
#DieMohnfelderVonSolferino beginnt mit einem kurzen Einblick in die Kindertage von Gio und Milo. Die beiden Cousins sind stets zusammen unterwegs und nicht nur die ersten Liebesabenteuer erleben sie gemeinsam. Bald müssen sie den Wehrdienst leisten und geraten während der Zeit ins Schlachtgetümmel der Unabhängigkeitsbestrebungen von Italienern. In Solverino wird Milo verwundet und er stirbt in den Armen Ginos.
Viele Verwundete schaffen das Überleben auch darum nicht, weil die Helfer zwischen Freund und Feind eine Linie ziehen und sich zudem viel zu wenig Freiwillige anbieten. Henri Dunant, ein Kaufmann aus der Schweiz beobachtet das dortige Geschehen und in ihm entsteht eine Vision, die er später auch umsetzt. Das Rote Kreuz wurde also sozusagen in Solferino gezeugt.
Ebenfalls auf dem Schlachtfeld lernt Gino seine spätere Frau Magdalena kennen. Neben der Liebesgeschichte zwischen den beiden beschreibt die Autorin sehr eindrücklich, wie schwierig der Wunsch nach Tutti Fratelli war. Ja, alle Menschen sollten Brüder und Schwestern sein. Aber auch im Krieg? Als Verwundete? Unvorstellbar!?
Ich las #DieMohnfelderVonSolferino mit großem Interesse. Die Autorin berichtet nicht nur über die Anfänge des Roten Kreuzes. Auch bahnbrechende Entwicklungen im Bereich der Gynäkologie und hier speziell der Schutz von Mutter und Kind sind dargestellt. Wie wichtig ebenfalls die Forschung vom Entstehen und Bekämpfen der Geschlechtskrankheiten war und ist, wird ebenfalls erwähnt.
Ein historischer Roman, der mit Fakten aufwartet, aber niemals trocken oder gar langweilig wurde. Neben dem für mich hohen Unterhaltungswert betone ich auch, dass ich beim Lesen etliche Tatsachen erfuhr, die ich so nicht kannte.
Ich danke dem Verlag, dass ich #DieMohnfelderVonSolferino lesen durfte.

Bewertung vom 27.04.2019
Klingl, Livia

Biedermeiern


ausgezeichnet

Livia Klingl hat mit ihrem Buch Biedermeiern wahrhaftig ein Meisterwerk kreiert. Schon das Äußere ist außergewöhnlich. Das Cover ein wenig verspielt, wie eine Tapete aus längst vergangener Zeit, wird durch ein „Guckloch“ unterbrochen. Dieses Loch dient gleichzeitig als Rahmen für eine Karikatur. Sie zeigt den „Kinderkanzler“ und „Bumsti“ mit Zigarre. Nein, Bumsti ist kein Schimpfwort. Es ist der Kosename aus Kindertagen für Herrn Strache.

Die Abschnitte des Buches sind in Tage aufgeteilt und zeigen entweder kurze Absätze mit Anmerkungen der Autorin oder eine ihrer phantastischen Karikaturen. Sie schreibt unter anderem, was sie von dem neuen Bündnis Strache - Kurz hält und warum es ihrer Meinung nach dazu kam. Auch das sogenannte „soziale“ Netzwerk sieht sie so, wie es tatsächlich ist: asozial. Dort werden gefälschte Meldungen verbreitet und die handeln meistens von „Missetaten“ der „Ausländer“.

Biedermeiern las ich in einem Rutsch durch und das mehrmals. Die Karikaturen brachten mich zum Schmunzeln, weil Frau Klingl die Mimik der hier gezeichneten Politiker wie die Faust aufs Auge passt. Auch die Anmerkungen hat sie perfekt auf den Punkt gebracht. Ich war zur Zeit der Wahlen von Österreich häufig auf FB unterwegs und staune heute noch über die Gutgläubigkeit der Follower von Kurz und Strache.

Das kleine Buch Biedermeiern ist ein gewaltiges Stück Wahrheit, die nicht nur von Österreichern gelesen werden sollte. Prägnant und in wenigen Sätzen zeigt Frau Klingl uns Wählern, welche Macht wir eigentlich haben. Nutzen wir sie bei allen kommenden Wahlen. Für das Buch gebe ich eine ausdrückliche Leseempfehlung.

Bewertung vom 23.04.2019
Foley, Lucy

Die leuchtenden Tage am Bosporus


ausgezeichnet

„Vielleicht ist das der wahre Tod, wenn man gänzlich aus der Erinnerung der Lebenden verschwindet.“ (aus Die leuchtenden Tage am Bosporus S. 358)

Die leuchtenden Tage am Bosporus ist kein Roman, wie ich ihn kenne. Es gibt keine abgeschlossene Handlung, mit Einführung, Hauptteil und Schluss. Viel mehr kommen verschiedene Handlungsstränge vor, die nicht nur zwischen den Akteuren wechseln. Auch die Schauplätze und selbst die Zeiten unterscheiden sich.

Gedanken und Gefühle der Hauptpersonen spielen in Die leuchtenden Tage am Bosporus eine große Rolle. Die Autorin hat diese sehr gut in Szene gesetzt und brilliert durch ihre blumige Sprache. Nur ist eine junge Frau, die behütet aufwuchs bis der Krieg ihr und der Familie nahezu alles nahm. Das eigene Haus musste geräumt werden und hier wurde ein Lazarett für britische Verwundete eingerichtet. Vater sowie Großvater starben und der Bruder wird vermisst. Als dieser wieder nach Hause kommt (er desertiert), ist er traumatisiert und bringt die ganze Familie in Gefahr. Der Umgang mit ihm lässt sich mit dem Tanz auf einem Vulkan vergleichen.

Ein kleiner Junge wird von Nur aufgenommen. Der erlebte Schreckliches und verlor seine Familie während die Türken gegen die Armenier kämpften. Der Junge hängt an Nur und kann nur bruchstückhaft über das Erlebte sprechen. Nur sorgt aber dafür, dass er eine Zukunft hat und angemessene Bildung erhält.

Mir gefiel das Buch, weil ich gedanklich in die schöne Stadt Konstantinopel (heute Istanbul) reisen konnte. Ich sah die Farben des Bosporus in der Abenddämmerung und die leuchtenden Farben der Pflanzenvielfalt. Lucy Foley versteht es, mir die Schauplätze ihrer Bücher nahe zu bringen und nimmt ich an die Hand. Gemeinsam mit ihr durfte ich in die Türkei reisen.

Noch ein Zitat aus dem Buch: Der Garten verwandelt sich in einen Karneval der Gesänge, ein Chaos aus Flügeln.

Bewertung vom 23.04.2019
Bell, Annis

Die drei Freundinnen / Hill House-Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Die Story rund um #HillHouse von Annis Bell wird in drei Bänden beschrieben. In dem Buch „Die drei Freundinnen“ geht es um Alice. Sie ist die Tochter des Schriftstellers Geoffrey Buxton und lebt mit ihrem Vater in Hill House. Mit ihren beiden Freundinnen Vera und Rose fühlt sie sich seit Kindertagen verbunden.

Das Buch #HillHouse beginnt mit einem Epilog, der von einem Erlebnis in der Kinderzeit der drei Mädchen berichtet. Es folgen Zeitsprünge und aus den Kindern werden junge Frauen. Rose fühlt sich berufen, als Suffragette für die Rechte der Frauen einzutreten und Vera beginnt eine Ausbildung zur Krankenschwester. Alice kehrt von einem Internat zu ihrem Vater zurück. Die Mutter starb und der kann diesen Verlust nur schwer ertragen. Sie hilft ihm erfolgreich dabei.

Als ihr Vater wieder mit dem Schreiben beginnt und der Schmerz um den Verlust erträglich ist, führt Alice der Weg nach Italien. Dort lebt die Schwester ihrer verstorbenen Mutter. Die ist sehr krank und ihre Nichte steht ihr in den letzten Monaten bei. In Italien lernt Alice bei einem Vortrag die Reformpädagogin Maria Montessori kennen. Deren Konzept gefällt ihr so gut, dass sie dieses auf #HillHouse umsetzt.

Nach dem Attentat in Sarajevo beginnt der erste Weltkrieg und mit ihm das Abschlachten vieler junger Männer. Vera zieht als Krankenschwester mit an die Front und in dem großen Anwesen von Roses Eltern entsteht ein Lazarett. Alice hilft während des Krieges armen Familien, dass deren Kinder mit Nahrung und Bildung versorgt werden. In #HillHouse fühlen sich die Kinder wohl und die Mütter sind dankbar für Alices Hilfe. Die Väter der Kleinen sind nämlich im Krieg und können ihre Lieben nicht versorgen.

#HillHouse war für mich sehr lehrreich und ich fühlte mich bestens unterhalten. Ich erfuhrt, wes es mit der WSPU (Women's Social and Political Union) auf sich hat. Hier schlossen sich die sogenannten Suffragetten zusammen und kämpften für die Rechte von Frauen. Die gab vor dem ersten Weltkrieg nämlich noch nicht. Sehr stark fand ich, wie die Autorin das Leben dieser tapferen Kämpferinnen und der Repressalien gegen sie beschreibt. Damals durften Frauen weder wählen noch studieren.

Die aufgesetzte Moral der „Gläubigen“ und ihr Frömmeln kommt ebenfalls sehr gut zum Ausdruck. Zumal besonders deren Kinder darunter litten. Die Liebesgeschichte spielt zwar auch eine Rolle ist aber nicht das Hauptthema. Viel spannender ist die Beschreibung des Lebens in der damaligen Zeit. Auch die Begeisterung, mit der junge Männer in den Krieg zogen, wird perfekt dargestellt.

Ich empfehle das Buch ausdrücklich allen, die sich für historisch gut recherchierte Romane interessieren. Ich danke dem Verlag #TinteundFeder und #NetGalleyDE , dass ich das Buch #HillHouse lesen durfte.

Bewertung vom 14.04.2019
Redondo, Dolores

ALLES WAS ICH DIR GEBEN WILL


ausgezeichnet

Auf dem Cover des Buches steht unten eine Empfehlung des spanischen Erfolgsautors Carlos Ruiz Zafon. Sie lautet: „Die Königin der literarischen Spannung.“ Dabei ist der Roman „Alles, was ich dir geben will“ in keiner Weise mit den Werken des Autors Zafon vergleichbar.

Alles, was ich dir geben will ist außergewöhnlich, ja außergewöhnlich gut. Es ist kein Buch, dass zwischen Einst und Jetzt wechselt. Ein junger Mann stirbt, sein Ehemann bekommt die grausame Nachricht von zwei Polizisten mitgeteilt. Sofort wird ihm klar, dass dieser ihn belog und nicht dort war, wo er vorgab zu sein. Was verheimlichte Alvaro seinem Manuel und viel wichtiger: Warum tat er das? Die Autorin nimmt den Leser an die Hand und lässt ihn eintauchen in eine Geschichte, die bewegt und zutiefst erschüttert.

Alvaro, so heißt der Verstorbene und Manuel ist sein Ehemann. Obwohl dieser unmittelbar nach der Beisetzung wieder Richtung Heimat fahren möchte, bleibt er in unmittelbarer Nähe des Sitzes der Familie. Der Grund ist rasch erklärt. Manuel wird von einem pensionierten Beamten darüber informiert, dass Alvaro nicht durch einen Unfall ums Leben kam. Er wurde ermordet und die Guardia Civil legt den Fall sehr schnell zu den Akten. Grafen haben auch heute noch in Spanien eine Stellung, die sie über jeden Zweifel erhaben sein lässt. Mit einem Satz erklärt: Sie genießen Narrenfreiheit.

Zunächst ist Manuel entsetzt und enttäuscht. Sein Ehemann hat ihn hintergangen und spielte ein falsches Spiel mit ihm. Er lässt sich aber darauf ein, die Hintergründe des Todes zu ermitteln und erkennt bald, warum Alvaro so handelte. Wie in dem Märchen von „Hänsel und Gretel“ kommt Manuel sich vor. Hat doch sein Ehemann ihm viele „Brotkrumen“ hinterlassen, die ihn zum Tathergang führen und zur Aufklärung seines Todes beitragen. Manuel versank in seinen Büchern und „schaute aufs Meer“. Alvaro fühlte sich für alle alltäglichen Dinge verantwortlich und wollte seinen Liebsten vor boshaften Menschen und Familienmitgliedern bewahren.

Das Buch bereitete mir tatsächlich eine schlaflose Nacht. Je mehr ich über die Taten Alvaros erfuhr, desto größere Achtung empfand ich für ihn. Ich denke, dass es Manuel ebenfalls so ging. Aber auch die Beschreibung der Weinbergterrassen sind grandios und perfekt beschrieben. Alles, was ich dir geben will ließ mich weinen und am Ende doch noch lachen. Es lässt mich traurig zurück, weil es dann doch irgendwann ausgelesen war. Ich freue mich auf weitere Bücher von dieser einzigartigen Autorin.

Bewertung vom 13.04.2019
Todenhöfer, Jürgen

Die große Heuchelei


gut

Seit einigen Jahren besuche ich regelmäßig die Seite des Herrn Todenhöfer auf Facebook. Ich weiß, dass er von vielen Leuten angefeindet wird und gegen jede Kritik erhaben ist. Um seine Bücher machte ich bisher einen großen Bogen, da mich seine Kritiker über die Maßen beeinflussten. Jetzt endlich las ich sein neuestes Werk #DieGroßeHeuchelei.

Stilistisch ist das Buch weniger als Mittelmaß. Ja, das kann ich beurteilen, da ich sehr viel lese und auch selbst schreibe. Herr Todenhöfer beschreibt seine Reisen in Krisengebiete und betont dabei stets, wie gefährlich diese doch sind. Er berichtet von Mossul und vergleicht einen Krieg mit der Schilderung einer Jagd. Nein, das ist daneben aber ich denke, dass er das weiß und ein wenig provozieren wollte. Das Wort Systempresse aus dem Mund eines deutschen Journalisten und ehemaligen Abgeordneten? Passt nicht, da es eine Vokabel aus der Nazizeit ist.

Herr Todenhöfer war also unter anderem in Syrien, Inside the IS und in Gaza. Seine Berichte sind meiner Meinung nach sehr einseitig. Es gibt kein Schwarz und Weiß, jedes Ding hat zwei Seiten. Ich würde seinen Ausführungen dennoch mit Freude glauben, bis, ja bis er seine Erlebnisse in Gaza schildert. Nein, Israel ist nicht nur böse und weder Abbas noch die Hamas sind nur gut. Kann dieser Mensch sich vorstellen was es heißt, ständig von Terroristen angegriffen zu werden? Ist es nicht logisch, dass sie sich wehren? Hat der Herr Todenhöfer auch geschaut, wie palästinensische Kinder ihre Ferien verbringen? Ich glaube nicht. Gaza bekommt sehr viel Geld auch aus der EU und dieses versickert in undurchsichtigen Kanälen. Da diese Tatsache kein Thema bei seiner Auflistung der Fehler Israels war und ist, sehe ich das ganze Buch sehr kritisch.

Ich habe keine Ahnung, ob die Ausführungen in seinen Büchern tatsächlich so ganz selbstlos geschildert wurden. Ist es nicht eher Effekthascherei, damit seine Werke auch zahlreich verkauft werden? Eins weiß ich, es stimmt keineswegs, dass die Hamas von Israel gezielt gedemütigt werden. Ja, und in dem Buch #DieGroßeHeuchelei las ich nur Klagen gegen den Westen. Ja, die Amerikaner sind auch in meinen Augen Kriegstreiber und der blonde Dummkopf ist fehl am Platz. Seine Anhänger haben ihn aber gewählt und durch negative Presse wird er wohl nur noch mächtiger.

Das Buch lässt sich gut zwischendurch lesen. Es darf allerdings niemals als ultimative Wahrheit angesehen werden. Es zeigt die Meinung eines Menschen, der selbst keine Lösung für das Dilemma hat. Meiner Meinung nach sollte der Titel in#DieGroßeHeuchelei der Mächtigen heißen. Es ist nicht nur der Westen, der seine Mitmenschen bluten und hungern lässt.

Herr Todenhöfer festigt seine Aussagen mit Fußnoten, deren Quellen im Anhang aufgeführt sind. Beendet wird das eBook mit 31 Fotos von ihm und seinem Sohn, wo in den Krisengebieten der Welt unterwegs sind.

Bewertung vom 11.04.2019
Glaister, Seni

Mr. Doubler und die Kunst der Kartoffel


ausgezeichnet

Seni Glaister, die Autorin des Buches Mr. Doubler und die Kunst der Kartoffel, hat vier Kinder und lebt auf einem Hof. Dort züchtet sie Schweine und Rinder, ist Bergsteigerin und baut Wein an. Sie lebt also mit der Natur und weiß, wovon sie schreibt.

Mr. Doubler lebt zurückgezogen auf seiner Farm und nach dem Auszug seiner beiden Kinder verschrieb er sich völlig seinen Kartoffeln. Als Vorbild dient ihm dabei der bereits verstorbene John Clarke, der eine bahnbrechende Züchtung der wertvollen Knolle hervorbrachte. Auch Doubler möchte, dass nach seinem Tod über ihn und seine Erfolge beim Kartoffelanbau berichtet wird. Für seine Kinder ist er schrulliger alter Mann und sein Sohn versucht sogar, ihn zu betrügen. Ein windiger Geschäftsmann stellt ihm nach und möchte unbedingt seine Farm kaufen und sein Sohn steckt mit ihm unter einer Decke.

Der einzige gute Mensch an seiner Seite, ist Mrs. Millwood. Die führt ihm den Haushalt und er genießt die Unterhaltungen mit ihr, die regelmäßig am Mittagstisch stattfinden. Als Mrs. Millwood krank wird, ändert sich das Leben Doublers. Schritt für Schritt wagt er sich wieder an die Öffentlichkeit und unter Menschen. Sogar einige moderne Erfindungen halten Einzug in seinem Haus.

Das Buch gefiel mir sehr gut, weil es zwar humorvoll aber mit viel Tiefgang geschrieben ist. Die Vergleiche zwischen Menschen und Kartoffeln, sowie deren Eigenarten, stimmen genau. Auch die Situation der Verhältnisse zwischen Eltern und Kindern hat die Autorin in dem Buch Mr. Doubler und die Kunst der Kartoffel perfekt beschrieben. Einige Zitate aus dem Buch möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:

„Kinder sind eine Aneinanderreihung von DNS sie können nicht unser Vermächtnis sein. Das, was sie erreichen ist ihr eigenes Werk, genau wie sie die Verantwortung für ihre eigenen Misserfolge tragen müssen.“

„Das Gute im Innern ist wertlos, wenn es nicht geteilt wird.“ (Aus „Der alte Mann und das Meer“)

Nicht nur das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern ist Thema des Buches. Auch das Miteinander der Menschen und wie schnell sie sich gegenseitig falsch beurteilen. Warmherzig und im Einklang mit der Natur schuf die Autorin ein Buch, das für Jung und Alt gleichermaßen eine wertvolle Lektüre darstellt.