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Xirxe
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Hannover
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 872 Bewertungen
Bewertung vom 01.11.2009
Brandl, Martina

Halbnackte Bauarbeiter


sehr gut

Fast 40jährige Singlefrau, Durchschnitt pur, ohne Superjob, Superbody, Superwohnung, Superfreunde kämpft sich so recht und schlecht, ohne große Höhen und Tiefen durch's Leben. Als dann eine Art 'Lichterscheinung' (Brad-Pitt-Verschnitt) in ihr Leben treten will, schafft sie es auch noch, das zu verhindern. Doch der Ärger über die verpasste Chance ist groß und mit allen möglichen Mitteln versucht sie diese Chance nochmals zu bekommen.
Dies und den ganz normalen drögen Alltag mit all den üblichen Problem(chen)en, Hindernissen und manchmal auch Lichtblicken schildert die Autorin aus Sicht ihrer Protagonistin Ute in leicht genervtem, aber für die LeserInnen vergnüglich zu lesendem Tonfall. Insbesondere dadurch, dass es immer wieder Szenen gibt, in denen man(?)/frau sich wiedererkennen kann. Kein Buch für große Lacher, aber zum Schmunzeln reicht es allemal. Und das ist doch auch schon was!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2009
Kerr, Philip

Der Pakt


sehr gut

Basierend auf realen Geschehnissen (II. Weltkrieg, Schlacht bei Stalingrad, Treffen der Großen Drei) wird eine fiktive Story erzählt, die allgemein bekannte Tatsachen und Personen geschickt mit einbezieht. Dadurch entsteht beim Lesen immer mehr das Gefühl, es handle sich eher um eine Dokumentation in Romanform (was der Spannung zugute kommt) statt um einen rein fiktiven Spionagethriller. Aber wer weiß...
Die Story springt überwiegend zwischen deutscher und amerikanischer Seite hin und her und durch die unzähligen Intrigen und Machtkämpfe jeder gegen jeden ist die Verwirrung der Leserin und des Lesers bald groß, wer zu wem gehört. Dazu trägt auch die große Anzahl an handelnden Personen bei, die der Autor meist recht detailliert beschreibt. Für Nicht-Intimkenner des Dritten Reiches dürften die Angaben zu Rang und Einsatzgebiet bald unüberschaubar sein :-). Durch den Protagonisten des Buches, aus dessen leicht zynischer und sarkastischer Sicht der Großteil der amerikanischen Seite erzählt wird, erhält der Roman auch eine witzige Komponente (wobei man aber nicht zuviel erwarten sollte). Für einen Thriller -insbesondere bei dieser Thematik- doch eher ungewöhnlich.
Fazit: Ich fand das Buch durchweg spannend, wobei die letzten knapp 100 Seiten klar der Höhepunkt sind. Um nicht völlig den Überblick über das ,Personal' zu verlieren, habe ich mir die Mühe gemacht, dieses nebenbei in Kurzform festzuhalten. Hat geholfen!
Zum guten Schluß: Der Übersetzer und auch das Lektorat haben ein paar üble Patzer hinterlassen:
S. 97 unten: ein Kind im Ofen für schwanger
S. 165 eher unten: ...dass Cole öfters in Whites ...Haus... übernachtete. Richtig wäre Melon statt Cole.
S. 334, Mitte: ...ein kleiner Mann im weißen Leinenanzug...kam auf mich zu. Der Mann trug einen grauen Hut und einen leichten grauen Sommeranzug...
S. 470, Mitte: Molotow gab zu: Das ist gar nicht schlecht. Sie sind ein verdammt listiger Fuchs, Molotow....". Der ,erste' Molotow müsste Berija heissen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2009
Ani, Friedrich

German Angst / Tabor Süden Bd.2


ausgezeichnet

Außerordentlich realistischer Thriller: Nazis entführen eine Deutsche, um so die Ausweisung ihres nigerianischen Verlobten und dessen 14jähriger krimineller Tochter zu erzwingen. Es entsteht ein Medienrummel ohnegleichen. Ich musste das Buch immer wieder weglegen, weil es einfach unerträglich ist.
Zu diesem Buch gibt es eine Menge Verrisse: Hauptvorwurf: zu klischeebeladen. Meiner Meinung können diese Leute es lediglich nicht akzeptieren, dass ihnen ein Spiegel vorgehalten wird, der ihnen nur zu deutlich zeigt, wie weit verbreitet Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in unseren Landen noch ist.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2009
Lewycka, Marina

Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch


sehr gut

Den ersten Teil des Buches habe ich vermutlich wie viele andere Leserinnen und Leser auch mit wachsender Entrüstung gelesen: Gierige, materialistisch eingestellte Osteuropäerin nimmt armen alten Mann aus. Stellenweise recht komisch, manchmal auch beklemmend.
Doch dann mischen sich neue Töne ein: Ganz so einfach sind die Schuldzuweisungen doch nicht zu verteilen. Der Vater der Erzählerin ist schwierig, er braucht Hilfe beim Baden, es gibt Probleme mit Pipi, er hat sexuelle Wünsche an seine Ehefrau, hat ihr deshalb auch eine Brustvergrößerung gezahlt, ist zänkisch - Dinge, die die (erzählende) Tochter Nadja am liebsten verdrängen würde. Dagegen stehen die eigentlichen Gründe der neuen Stiefmutter Valentina für diese Heirat: Ihrem Sohn die Chance auf ein besseres Leben zu ermöglichen, selbst auch jetzt schon ein besseres Leben als in der Ukraine zu führen (Wer die Verhältnisse in manchen der ehemaligen Teile der früheren UdSSR kennt, kann dies verstehen) - Nadja fängt an sich zu fragen, was sie denn an Valentinas Stelle getan hätte.
Und so, wie sich in der zweiten Ehe ihres Vaters nicht alles als so eindeutig und klar darstellt wie man beim ersten Blick vielleicht denken würde, so entwickelt sich auch das Verhältnis der beiden Töchter. Es zeigt sich, dass die große Schwester nicht einfach nur ein eiskalter materialistischer Charakter ist, sondern das es auch hier noch eine andere, weitere Wahrheit gibt, die erst nach und nach zu Tage tritt.
Es ist ein guter Unterhaltungsroman, der einem an einem aktuellen Thema zudem klar vor Augen führt, dass nichts so einfach zu sein scheint, wie man beim ersten Lesen meint. Hinter der scheinbar klaren Schwarz-Weiß-Realität (da gut und da böse) stecken unzählige Grautöne. Mich hat dies Buch ziemlich nachdenklich gestimmt..

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2009
Loewe, Elke

Teufelsmoor


sehr gut

Die Autorin schildert das Leben einer armen Bauernfamilie über mehrere Generationen hinweg, durchweg spannend und fesselnd. Darüber hinaus gelingt es ihr, Wissen über die Zeit der Moorkolonisten anschaulich zu vermitteln, was unter anderem auch mit Hilfe des Sprachstils gelingt, der an die damalige Sprech- bzw. Schreibweise angelehnt ist. Leicht zu lesen ist es dennoch und 'trotzdem' ein gutes Buch. (Müssen gute Bücher eigentlich schwierig zu lesen sein?)
4 Sterne vergebe ich deshalb 'nur', weil mir ein Anhang fehlt. In diesem Buch gibt es eine Reihe Ausdrücke aus der alten Zeit (?) bzw. aus dem Moor die mir als Süddeutscher nicht geläufig sind (z. B. Mehlklüten, Melioration, Bekassinen...). Da wären ein paar Übersetzungen nicht schlecht gewesen. Dem Verständnis tut es dennoch keinen Abbruch.

Bewertung vom 01.11.2009
Baricco, Alessandro

Novecento


ausgezeichnet

Tim Tooney, der Trompeter der Band, in der Novecento spielt, erzählt diese Geschichte. Sie sind Freunde für's Leben seit sie während eines heftigen Sturmes auf Wunsch Novecentos einen gemeinsamen Tanz mit dem Klavier durchführten (mit wahrhaft durchschlagendem Erfolg). Tims Zuneigung für seinen Freund ist auf jeder Seite dieses Textes spürbar, ebenso wie seine Versuche, seine Gedanken und Handlungen verstehen zu wollen, was ihm (bedauerlicherweise ?) bis zum Ende nicht gelingt. Novecento wird durch diese gefühlvolle Erzählweise zu einer sehr liebenswerten aber auch mysteriösen Person für die Leserinnen und Leser, was sicherlich zum Reiz dieses Buches beiträgt. Einfach schön!!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2009
Bennett, Alan

Così fan tutte, Audio-CD


ausgezeichnet

Dem Ehepaar Ransome wird während eines Opernbesuches im wahrsten Sinne des Wortes die gesamte Wohnung ausgeräumt - es gibt nicht einmal mehr Klopapier. Wie sich das Leben dieses typischen britischen Middleclass-Ehepaars -steif, prüde, leicht versnobt- durch diesen Vorfall ändert, schildert Bennett außerordentlich humorvoll, doch ohne Klamauk. Mit viel Wortwitz und Ironie erzählt er, wie Beide auf ihre jeweils eigene Art und Weise mit diesem Ereignis umgehen.
Und Uwe Friedrichsen ist für diese Erzählung der ideale Vorleser. Voller Seriosität trägt er selbst die amüsantesten Stellen vor und verleiht zudem den beiden Hauptpersonen eine Stimme, dass man sie wahrhaft vor Augen hat.

Bewertung vom 01.11.2009
Welch, James

Fools Crow


ausgezeichnet

James Welch schildert auf knapp 480 Seiten ca. zwei Jahre im Leben des Fools Crow. Aufgewachsen als White Man's Dog, Angehöriger der Stammesgruppe der Lone Eaters vom Stamme der Pikuni, entwickelt er sich in dieser Zeit vom ängstlichen und schüchternen Jungen zu einem allseits anerkannten und respektierten Krieger und Mitglied seiner Stammesgruppe. Der Autor, selbst ein Blackfeet, zu denen auch die Pikuni gehören, erzählt ganz aus der Sicht sowie in der Sprache der Indianer. Dies macht das Buch zu Beginn etwas schwierig zu lesen, da man immer wieder zum (recht guten) Anhang wechseln muss, wenn man die indianischen Ausdrücke verstehen möchte.
Man wird in eine gänzlich andere Welt hineingezogen, eine Welt in der Mensch und Natur in völliger Übereinstimmung leben, was sich gerade auch durch die Sprache vermittelt. Selbst die Riten (z.B. die verschiedenen Tänze, Zeremonien), die Visionen (z.B. Treffen und Gespräche mit Totemtieren), Dinge, die in unserer Welt häufig als Aberglaube abgetan werden, scheinen hier wie selbstverständlich dazuzugehören. Dennoch wird keine Traumwelt dargeboten. Nüchtern, manchmal brutal und (vermutlich) authentisch wird der Alltag dieser Menschen beschrieben: die Jagd auf Büffel, Raubzüge gegen andere Stämme, die Abkehr mancher Jungen von den Stammessitten und nicht zuletzt der Kampf gegen die Napikwan - die Weissen. Und die Erkenntnis, dass die Pikunis keine Chance haben.
Dennoch ist es kein trostloses Buch: Trotz aller Niederlagen glauben die Pikuni weiter daran, dass wieder bessere Zeiten kommen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2009
Kundera, Milan

Die Identität


weniger gut

Ein etwas spröde und daher teilweise mühevoll zu lesendes Buch. Es gibt wenig Anschauliches, Beschreibungen von Äußerlichkeiten (Personen, Umgebung) werden eher vernachlässigt. Der Text bezieht sich meist auf die Innenansicht, Gedanken, Gefühle der HauptdarstellerIn. Gegen Ende wird die Geschichte zusehends wirrer und unsinniger, bis sich zuguterletzt alles in einem Happy End auflöst.
In einer Kritik der ZEIT stand Folgendes: "Der Text ermöglicht unsere Gedanken- und Phantasieproduktion, und er fordert sie. Er weist über die bloße Anschauung hinaus, er will Erkenntnis, ist also philosophisch." Ist zum Teil recht treffend. Nachdenkenswerte Abschnitte sind beispielsweise die über Freundschaft oder über den Zwang (?) in unterschiedlichen Bereichen des Lebens die entsprechenden Masken tragen zu müssen.
Alles in Allem: Keine Liebesgeschichte der herkömmlichen Art.