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KimVi
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Niedersachsen
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Insgesamt 1588 Bewertungen
Bewertung vom 26.02.2020
Ludwig, Stephan

Unter der Erde


sehr gut

Der Schriftsteller Elias Haack erhält eine Einladung zum 90. Geburtstag seines Großvaters Wilhelm. Da er ihn seit etwa dreißig Jahren nicht mehr gesehen hat, beschließt Elias, einen kurzen Pflichtbesuch zu absolvieren und danach schnell wieder zu verschwinden. Das ist der Plan, der allerdings von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Denn seine Ankunft in Volkow, dem kleinen Dorf, in dem Wilhelm lebt und in dem auch Elias seine ersten Jahre verbracht hat, steht unter keinem guten Stern. Elias verunglückt nicht nur mit dem Wagen, sondern liefert dann auch noch eine peinliche Vorstellung beim Geburtstagskaffee ab. Sein Wiedersehen mit Wilhelm verläuft dann auch kürzer als gedacht, da der Großvater in der Nacht stirbt. Da das Auto von Elias nicht so schnell repariert werden kann und es in dem verschlafenen Ort nur mäßigen bis gar keinen Handyempfang gibt, sitzt Elias erstmal fest. In Volkow kümmert man sich allerdings umeinander, doch was das bedeuten kann, stellt Elias bald am eigenen Leibe fest. Denn je länger sein Aufenthalt dauert, desto merkwürdiger kommen ihm die Leute vor....

Der Einstieg ins Geschehen verläuft eher gemächlich. Dennoch versteht Stephan Ludwig es von Anfang an, die merkwürdige Atmosphäre, die in dem kleinen Ort herrscht, so authentisch zu beschreiben, dass man sofort ein mulmiges Gefühl hat . Gemeinsam mit Elias lässt man die eigenartigen Dorfbewohner und ihre Gepflogenheiten auf sich wirken. Durch kurze Einschübe ist man allerdings etwas schlauer als Elias und weiß, dass er unter ständiger Beobachtung steht und das, was die geheimnisvollen Beobachter so von sich geben, klingt nicht gerade ungefährlich. Doch wer Elias im Visier hat und warum das eigentlich so ist, erfährt man nicht. Dadurch schleicht sich schon früh eine unterschwellige Bedrohung zwischen die Zeilen, die beim Lesen ständig spürbar ist.

Handlungsorte und Protagonisten werden so lebendig beschrieben, dass man sie mühelos vor Augen hat. Selbst die große Sommerhitze, die zum Zeitpunkt der Handlung herrscht, wird so authentisch vermittelt, dass man beinahe selbst zu schwitzen beginnt. Es fällt also leicht, sich ganz auf das Geschehen einzulassen und darauf zu hoffen, hinter das Geheimnis der Dorfbewohner zu kommen. Doch bis es so weit ist, kommt es zu einigen spannenden Wendungen, die dafür sorgen, dass man nicht mehr weiß, was man glauben und wem man eigentlich vertrauen soll. Denn das, was nach und nach ans Tageslicht kommt, ist schier unglaublich. Und zwar so unglaublich, dass man nicht mal in den kühnsten Vorstellungen daran gedacht hätte.

"Unter der Erde" ist ein Thriller, der erst gemächlich startet, dann allerdings deutlich Fahrt aufnimmt und dabei eine Richtung einschlägt, die man nicht vermutet hätte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.02.2020
Thiele, Markus

Echo des Schweigens


sehr gut

Strafverteidiger Hannes Jansen vertritt einen Polizisten, der einen Asylbewerber in seiner Zelle ermordet haben soll. Das Gutachten von Dr. Sophie Tauber soll die Anklage untermauern. Hannes Jansen steckt nun in einem Zwiespalt, denn Sophie Tauber ist die Frau, in die er sich verliebt hat. Nicht ahnend, dass sie die Gutachterin ist. Welchen Weg wir Hannes wählen? Doch auch Sophie Tauber steht vor schwierigen Entscheidungen, denn die Vergangenheit, dir ihre Mutter ihr immer vorenthalten hat, beginnt nun, ans Tageslicht zu drängen und Sophies Zukunft zu beeinflussen. Wo liegt der schmale Grat zwischen Recht und Unrecht?

Es handelt sich hier um einen fiktiven Roman, der vom Fall Oury Jalloh in Dessau inspiriert wurde. Der Autor versteht es vom ersten Moment an, packend und mitreißend zu erzählen. Man merkt dabei sofort, dass er genau weiß, wie es im Gerichtssaal zugeht und die Kniffe und Spitzfindigkeiten kennt, die es braucht, um ein guter Strafverteidiger zu sein. Deshalb wirkt Hannes Jansen auch sehr lebendig und seine Auftritte vor Gericht zeigen, dass er seinen Beruf versteht. Dabei verfolgt man nicht nur gespannt sein Vorgehen, sondern wird außerdem zum Nachdenken über Recht und Gerechtigkeit angeregt.

Die Handlung wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Es gibt auch einen Handlungsstrang, der in die Vergangenheit führt. Zunächst kann man nicht einordnen, wie sich alles verbinden wird, doch am Ende verknüpft sich alles schlüssig. Beide Stränge sind durchgehend interessant, sodass man früh in den Sog der Ereignisse gerät. Manchmal mag man kaum glauben, was man liest. Das sorgt allerdings dafür, dass man, neben der spannenden Unterhaltung, auch noch jede Menge Stoff zum Nachdenken erhält und dabei in sich gehen muss, um sich selbst die Frage zu stellen, in welche Richtung der eigene moralische Kompass ausschlagen würde. Zugegebenermaßen wirkt die Handlung gelegentlich arg konstruiert, aber wenn man darüber hinwegsieht, wird man durchgehend spannend unterhalten.

"Das Echo des Schweigens" bietet nicht nur spannende Unterhaltung, sondern regt den Leser dazu an, sich mit der Frage zu befassen, wo der schmale Grat zwischen Recht und Unrecht verläuft. Ein Buch, das lange nachwirkt und zum Nachdenken anregt!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.02.2020
Glattauer, Daniel

Alle sieben Wellen


sehr gut

Wie auch der Vorgängerband ist dieses Buch nicht in einer Romanform geschrieben, sondern umfasst nur den E-Mail Verkehr der beiden. Es gibt wieder keine extra Handlung, sondern nur den Hinweis wie viel Zeit seit der letzten Mail vergangen ist und manchmal eine Betreffzeile. Dem Verlauf der Ereignisse kann man also aufgrund der Inhalte der Mails folgen.

Der Inhalt des Briefwechsels ist wieder wunderschön zu lesen. Denn die E-Mails spiegeln völlig ungeschminkt die Gefühlswelt der beiden wider. Manchmal sind sie humorvoll und fröhlich oder melancholisch und ernst. Natürlich gibt es auch mal Streit zwischen den beiden, doch nie verlieren sie ihren ganz eigenen Stil. Denn diese Mails kommen ganz ohne die sonst üblichen Kürzel und Wortverstümmelungen aus. In der heutigen Zeit gefällt mir gerade dieser korrekte und formvollendete Sprachgebrauch ausserordentlich gut. Dadurch wirken die beiden auch keinesfalls antiquitiert oder spießig, sondern es macht einfach Spaß dem Briefwechsel zu folgen.

Im ersten Teil störte mich Emmis teilweise sehr kindisches Verhalten. In diesem Teil ist davon allerdings nichts mehr zu spüren, denn sie wirkt reifer und ausgeglichener. Trotzdem kann sie es natürlich auch in diesem Teil nicht lassen, Leo gelegentlich auf die Schippe zu nehmen oder sein Benehmen ironisch zu durchleuchten. Gerade dieser ganz eigene Emmi-Humor hat mir wieder gut gefallen.

Auch in diesem Band wirken die beiden Hauptprotagonisten wieder authentisch und menschlich. Der Autor hat sich auch wieder gut in die Gedanken Emmis hineinversetzen können. Obwohl Männer ja eigentlich eher dafür bekannt sind, die Gedankengänge von uns Frauen nur schwer nachvollziehen zu können, ist das Herrn Glattauer überraschend gut gelungen. Denn beim Lesen hatte ich nie das Gefühl, dass Emmi und ihre Gedanken nicht "echt" sind.

Das Buch wurde von mir innerhalb weniger Stunden verschlungen. Allerdings muss ich zugeben, dass mir der erste Band doch etwas besser gefallen hat. Denn die E-Mails des ersten Buchs hatten ihren ganz besonderen Reiz dadurch, dass sich hier zwei Menschen schrieben, die einander noch nie gesehen hatten. Sie hegten also ganz besondere Wunschvorstellungen in Bezug auf das gesichtlose Gegenüber. Durch das Treffen der beiden , in dieser Fortsetzung verfliegt für mich ein wenig von dem Zauber.

Bewertung vom 23.02.2020
Dahl, Arne

Totenmesse / A-Gruppe Bd.7


ausgezeichnet

Dies war mein erster Krimi aus der Reihe um das Ermittlerteam um Paul Hjelm und Kerstin Holm. Da es ja bereits sechs vorhergehende Fälle gab, fehlten mir zwar einige Hintergrundinformationen zur Vorgeschichte dieser Spezialeinheit. Doch diese sind nicht zwingend notwendig um den Einstieg in die Ermittlungen zu finden. Selbst ohne diese Kenntnisse konnte ich der Handlung folgen.

Zunächst konnte ich die verschiedenen Handlungsstränge nicht miteinander in Verbindung bringen, da mir die Zusammenhänge bis kurz vor Schluss nicht ganz klar waren. Doch gerade dadurch wurde die Spannung für mich aufrechterhalten, da ich nun unbedingt wissen musste in welche Richtung sich dieser Krimi noch entwickeln würde. Denn dass hinter der Geiselnahme noch viel mehr steckte wurde recht bald klar. Stück für Stück verbanden sich die losen Handlungsfäden zu einem absolut stimmigen Abschluss. Dieses Ende und die Verknüpfungen der einzelnen Handlungen, waren für mich so nicht vorhersehbar und deshalb bot mir dieser Roman eine willkommene Abwechslung zum typischen Krimi-Einheitsbrei.

Normalerweise liegen mir die Skandinavien-Krimis mit ihrem leicht düsteren Schreibstil nicht so und gehören deshalb auch nicht zu meinen bevorzugten Krimis. Doch Arne Dahls Schreibstil hat mich angenehm überrascht, denn die Handlung zog mich gleich in ihren Bann und war durchgehend flüssig zu lesen. Die Verbindung der einzelnen Schauplätze und Hintergründe wie Irak-Krieg, Zweiter Weltkrieg, Afghanistan, Kalter Krieg, Stasi-Vergangenheit und heutiger Spionage ist wirklich sehr gut gelungen und wurde glaubhaft geschildert. Auch die Beschreibung der zwischenmenschlichen Beziehungen der Protagonisten und die Schilderung der einzelnen Charaktere der Spezialeinheit wirkten auf mich lebendig und überzeugend.

Ein sehr empfehlenswerter Krimi, den ich mit fünf Sternen bewerte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.02.2020
Glattauer, Daniel

Gut gegen Nordwind


sehr gut

Das Buch ist nicht in Romanform geschrieben, sondern umfasst den gesamten E-mail-Verkehr der beiden. Es gibt keine extra Handlung, sondern nur den Hinweis, wieviel Zeit seit der letzten Mail vergangen ist und die Betreffzeile. Somit hat das Buch also auch nur einen Handlungsstrang dem man sehr gut folgen kann.

Der Schreibstil des Autors, beziehungsweise der Briefwechsel der beiden Hauptprotagonisten, ist wunderschön zu lesen. Das empfinde selbst ich als "Kitsch-Hasser" so. Die Mails spiegeln die unterschiedlichsten Gefühle. Sie sind witzig, humorvoll, bissig, tiefschürfend, traurig, melancholisch, liebevoll, eifersüchtig und manchmal auch wütend. Sie sind einfach lebendig und dadurch entstehen auch die Charaktere Emmi und Leo im Kopf des Lesers und erwachen zum Leben. Der Schreibstil beider E-mail Verfasser ist wunderbar und beide kommen ganz ohne Smilies aus. Sie sprechen sich zwar mit ihren Vornamen an, doch zum vertraulichen Du gehen sie nicht über. Denn das würde ihrer "Beziehung" eine andere Dimension geben.

Sicher kann man geteilter Meinung über die Figur "Emmi" sein, denn wenn ihre Ehe doch so glücklich ist, warum lässt sie sich dann auf diesen Dialog ein? Kindisch versucht sie sogar "ihren" Leo mit ihrer besten Freundin zu verkuppeln. Um dann ganz entsetzt und eifersüchtig zu reagieren, als es den Anschein hat, dass ihr Kuppelversuch Erfolg hat. Doch gerade dadurch wirken die Figuren menschlich und lebendig.

Das Buch wurde von mir an zwei Abenden verschlungen. Das mag wohl auch an der E-mail Form liegen, denn wer "schnüffelt" nicht gerne im Privatleben zweier Menschen herum, zumal es ja hier auch noch erlaubt und gewollt ist. Zwar habe ich auch schon andere Romane in dieser Form gelesen, doch dieser hier hat mich ganz besonders begeistert. Da wird selbst der blutrünstige Thriller-Fan ganz zahm. Mir hat es jedenfalls sehr gut gefallen und ich stehe nun wirklich nicht auf Kitsch und rosarote Wölkchen, in denen die Heldinnen hingebungsvoll seufzend versinken.

Bewertung vom 23.02.2020
Schier, Petra

Die Liebe gibt Pfötchen / Lichterhaven Bd.4


ausgezeichnet

Thorsten hat in Lichterhaven endlich den Ort gefunden, in dem er sich heimisch fühlen kann. Er arbeitet gemeinsam mit seinem Halbbruder Lars in der Familienwerft. Dort hat er vor einem Jahr zum ersten Mal seine Traumfrau Martina entdeckt. Doch sie hat ihm damals klar zu verstehen gegeben, dass sie kein Interesse an ihm hat. Doch Thorsten kann Martina einfach nicht vergessen. Er fühlt, dass es sich lohnt, um sie zu kämpfen. In Martinas Hund Capone findet Thorsten einen Verbündeten. Denn er schafft es beinahe mühelos, dass Thorsten und Martina sich oft über den Weg laufen.....

"Die Liebe gibt Pfötchen" ist bereits der vierte Liebesroman der Lichterhaven-Reihe. Da die Bände in sich abgeschlossen sind, kann man sie allerdings unabhängig voneinander genießen. Lichterhaven ist ein fiktiver Ort an der Nordseeküste, in dem man sich sofort wohl und aufgenommen fühlt. Denn der Autorin gelingt es einfach hervorragend, diesen Ort und die Bewohner zum Leben zu erwecken. Man kann sich alles mühelos vorstellen und hat beim Lesen schon bald das Gefühl, ebenfalls ein Teil der Gemeinschaft zu werden. Und ganz nebenbei kann man ein wenig Nordseeluft schnuppern und sich den Wind um die Nase wehen lassen.

Der Einstieg in diesen Roman gelingt deshalb auch mühelos. Man ist sofort mitten im Geschehen und kann ganz in die Handlung eintauchen. Diese wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Martina und Thorsten stehen abwechselnd im Zentrum der Ereignisse. Beide wirken sofort sympathisch und ihre Gefühle nachvollziehbar. Auch wenn Thorsten zuweilen recht forsch an seine Mission, Martina zu erobern, herangeht, schafft er es doch, mit seinem Charme zu überzeugen, sodass man ihm nicht böse sein kann. Denn der Zweck heiligt die Mittel und bei Martina muss er hartnäckig vorgehen. Doch auch Martinas Gefühle kann man problemlos nachvollziehen und deshalb gespannt die Handlung verfolgen. Aufgelockert wird diese durch Einschübe, in denen sich Hund Capone zu Wort meldet. Denn er hat natürlich auch ein Wörtchen mitzureden. Diese Einschübe machen, neben dem wundervollen Handlungsort, den lebendigen Protagonisten und dem spürbaren Knistern zwischen Martina und Thorsten, den ganz besonderen Reiz dieser Geschichte aus. Es gibt also keinen Grund, dieses Buch nicht zu lesen, denn hier stimmt mal wieder alles.

Ein wundervoller Liebesroman, bei dem man nicht nur die authentischen Gefühle der Protagonisten, sondern außerdem einen Ausflug an die Nordseeküste genießen kann. Das I-Tüpfelchen dieser ausgewogenen und keinesfalls kitschigen Geschichte, die übrigens mitten ins Herz trifft, ist ganz klar Hund Capone, der mit seinen Einschüben oft für unverhofftes Schmunzeln sorgt.

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.02.2020
Prange, Peter

Am Ende die Hoffnung / Eine Familie in Deutschland Bd.2


ausgezeichnet

Seit Generationen ist die Familie Ising in Fallersleben, im Wolfsburger Land ansässig. Die Zuckerfabrik, die die Familie betrieben hat, musste dem Volkswagenwerk weichen. Und nun bricht der Krieg aus und die Familie spaltet sich. Denn Vater und Mutter Ising warten sehnsüchtig auf Nachrichten von ihrem Sonnenschein Willy, der in einer Heil- und Pflegeanstalt untergebracht ist. Edda reist mit Leni Riefenstahl durch das Land und begleitet dabei auch den Polenfeldzug. Während Georg mit dem VW zu einer Testfahrt durch Europa, bis nach Afghanistan aufbricht, klettert Horst immer weiter die Karriereleiter innerhalb der Partei empor, wobei er von seiner Frau Ilse ehrgeizig unterstützt wird. Charly wartet dagegen sehnsüchtig auf ein Lebenszeichen von Benny, dem es nicht gelungen ist, von Bord der St. Louis zu gehen und ein gefahrloses Leben außerhalb der Reichweite der Deutschen zu beginnen. Alle Familienmitglieder müssen Entscheidungen treffen und darauf hoffen, in den Wirren des Krieges nicht unterzugehen...

" Eine Familie in Deutschland - Am Ende die Hoffnung " ist nach " Zeit zu hoffen, Zeit zu leben " der Folge- bzw. Abschlussband des Zweiteilers, in dem die Familie Ising im Zentrum der Ereignisse steht. Dieser Band schließt nahtlos an das Ende des ersten Teils an und umfasst die Jahre 1939 bis zu einem Epilog, der ins Jahr 1955 führt. Die Geschichte der Isings ist fiktiv, allerdings stark angelehnt an die damaligen Ereignisse. Um die umfangreiche Erzählung richtig genießen zu können, empfiehlt es sich, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen. Obwohl auch Leser, die den ersten Teil nicht kennen, keine Schwierigkeiten haben dürften, der Handlung zu folgen.

Der erneute Einstieg in die Handlung gelingt mühelos, denn Peter Prange versteht es wieder hervorragend, Charaktere und Handlungsorte so lebendig zu beschreiben, dass man alles sofort vor Augen hat und in das düstere Kapitel der deutschen Geschichte eintauchen kann. Dabei wird das Geschehen wieder aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und ist in recht kurze Kapitel unterteilt. Dadurch bekommt man nicht nur einen guten Gesamtüberblick, sondern kann hautnah beobachten, welche Auswirkungen die Ereignisse auf die Familie und die Beziehungen untereinander haben. Peter Prange beschreibt die unterschiedlichen Szenen so intensiv, dass man sich schon recht früh nicht mehr von der Geschichte lösen mag, denn die Schicksale gehen unter die Haut und regen zum Nachdenken an. Man stellt sich beim Lesen oft die Frage, wie man selbst reagiert hätte, doch das kann man nicht mit Gewissheit sagen, da man selbst ja nicht in der Gefahr schwebt, die für die Protagonisten schon bald zum Alltag gehört. Denn sie wissen nicht, wem sie noch glauben oder vertrauen können und das fängt bereits innerhalb der Familie an. Denn zu unterschiedlich sind die Meinungen und Gesinnungen. Man merkt, dass Peter Prange die historischen Fakten sehr gut recherchiert hat, denn sie fließen glaubhaft und interessant in die fiktive Geschichte ein. Ganz nebenbei kann man beim Lesen also auch noch sein Wissen erweitern.

Eine umfangreiche, aber sehr lebendig geschilderte Familiengeschichte, die unter die Haut geht und zum Nachdenken anregt.

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.02.2020
Schlennstedt, Jobst

Lübsche Wut / Kommissar Birger Andresen Bd.11


sehr gut

In der Lübecker JVA Lauerhof wird der Insasse Ralf Blum tot aufgefunden. Blum ist wahrscheinlich der bekannteste Häftling der Anstalt, da der Missbrauch und anschließende Mord an einem achtjährigen Jungen, für den er vor dreißig Jahren verurteilt wurde, durch alle Medien ging und die Gemüter erhitzte. Nun ist Blum tot und alles sieht nach einem Suizid aus. Birger Andresen und seine Kollegin Ida-Marie Berg nehmen die Ermittlungen auf. Denn was sollte Blum nach all den Jahren zum Selbstmord veranlasst haben? Die beiden stoßen allerdings auf eine Mauer des Schweigens und schon bald wird ihnen der Fall vom LKA entrissen. Doch das hält Andresen nicht davon ab, tiefer zu graben und was er dort entdeckt, zieht weite Kreise....

"Lübsche Wut" ist bereits der neunte Lübeck-Krimi aus der Feder von Jobst Schlennstedt. Man kann den aktuellen Ermittlungen aber auch dann problemlos folgen, wenn man noch keinen Band der Reihe gelesen hat. Denn der Autor lässt wichtige Hintergrundinformationen zu den Charakteren in die Handlung einfließen.

Der Einstieg in den Fall gelingt durch den spannungsgeladenen Prolog mühelos. Denn dadurch ist man sofort mitten im Geschehen. Danach flacht die früh aufgebaute Spannung zunächst wieder ab, da Birger Andresen und seine Kollegin Ida-Marie Berg bei den Ermittlungen ständig ausgebremst und aufs Abstellgleis geschoben werden. Doch die beiden entwickeln einige kreative Ideen, um trotzdem an Informationen zu gelangen.

Auch wenn die Ermittlungen zunächst auf der Stelle treten und andere Ereignisse im Vordergrund stehen, kommt dennoch keine Langeweile auf, da Jobst Schlennstedt Handlungsorte und Charaktere so lebendig beschreibt, dass man sie vor Augen hat. Die ganz besonderen Umstände dieses Falls sorgen außerdem dafür, dass man durchgehend interessiert beobachtet, was vor sich geht und versucht, dabei eigene Rückschlüsse zu ziehen. Da hier nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint und man sich nicht sicher sein kann, wer eigentlich die Strippen zieht, gerät man in den Sog der Ermittlungen. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass man sich in die Irre leiten lässt und die eigenen Überlegungen überdenken muss. Das macht einen großen Reiz dieses eher ruhigen, aber dennoch interessanten, Krimis aus. Zum Ende hin überschlagen sich allerdings die Ereignisse und dann wird es nochmal richtig spannend.

Ein eher ruhiger Krimi, der dazu einlädt, eigene Ermittlungen anzustellen und durch grandioses Lübeck-Flair überzeugt!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.