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seschat
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Bewertungen

Insgesamt 938 Bewertungen
Bewertung vom 15.02.2016
Bergmann, Emanuel

Der Trick


ausgezeichnet

MEINUNG
Endlich weiß ein Autor mal wieder richtig zu fabulieren. Ich habe das Buch mit großem literarischen Genuss gelesen.

Emanuel Bergmann ist ein versierter Erzähler, der nichts dem Zufall überlässt. Sein Roman gliedert sich in zwei Erzählstränge, die am Ende zusammen geführt werden.
Ein Erzählstrang beschäftigt sich mit dem Leben des einst schmächtigen Rabbinersohns Mosche (bzw. Moses) Goldenhirsch. Der zukünftige Zauberkünstler wuchs in ärmlichen Verhältnissen und ohne Mutter in Prag auf. Vom Vater wurde er oft verprügelt, so dass er sich eines Tages einem Zirkus anschloss und dort das Zauberhandwerk beim legendären "Halbmondmann" erlernte. In den 30er Jahren war er der gefeierte Star des Berliner Wintergartens. Als die Judenverfolgungen einsetzen, blieb auch er nicht verschont. Nun 2007, lebt er in einem Altersheim und vom Glanz vergangener Tage scheint nichts übrig geblieben zu sein. Mosche ist ein halb erloschener Charakter, der durch Max erst wieder zum Leben verführt wird. Der grummelige Alte will eigentlich nur seine Ruhe haben. Im Laufe der Handlung offenbart er zutiefst menschliche Charakterzüge. Für mich war er der wahre Held der Geschichte.
Der zweite Erzählstrang nimmt den amerikanischen Jungen Max Cohn in den Blick, der ebenfalls über jüdische Wurzeln verfügt. Die Trennung seiner Eltern nimmt ihn sehr mit. Einzig in der Zauberei, die er durch Zufall durch eine Zabbatini-Schallplatte seines Vaters für sich entdeckt, findet er Halt. Denn der große Zauberer hat u.a. einen Zauber für die "ewige Liebe" erfunden. Infolge hat Max nur noch ein Ziel, seine Eltern wieder zusammen zu bringen. Max ist ein pfiffiger, aber auch verletzter Junge, der noch etwas in seiner Traumwelt lebt. Wie er sich mutig der fremden Person Zabbatini näherte und nicht mehr losließ, hat mir imponiert.

Die Kombination aus Zeitgeschichte, Menschlichkeit, Liebe und Magie hat mich einfach ab der ersten Zeile begeistert und bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Der Autor Emanuel Bergmann weiß das Spannungselement geschickt zu händeln, indem er kurz vor Romanende die Bombe, den sog. Trick (siehe Buchtitel), platzen lässt.
Wer sich darüberhinaus für Zaubertricks und Mentalismus interessiert, wird an diesem Buch seine wahre Freude haben.

Für den reichen, emotional mitreißenden, schonungslos offenen und sehr bildhaften Sprachstil Bergmanns konnte ich mich sofort begeistern. Einmal angelesen, konnte ich die Lektüre gar nicht wieder weglegen. Das lag vor allem an den ungemein realistisch wirkenden Beschreibungen von Zabbatinis Vergangenheit (goldene Zeiten als Star, Inhaftierung im KZ Auschwitz etc.). Vor dem Leserauge entstanden unwillkürlich spannende und erschreckende Bilder. Es war so, als ob man in einen Film aus 30er Jahren hineingezogen wurde. Gerade heute, in dieser multimedialen Welt, in der alles und jeder verfügbar zu sein scheint, ist es schön, wann man einen Blick zurück, in wesentlich unaufgeregtere und für Magie/Zauberei empfänglichere Zeiten werfen kann. Damals waren Zauberei und Zirkus noch großen Showevents. In der Gegenwart haben wir viel zu oft aufgehört, so zu staunen wie die damaligen Zirkusbesucher. Das Gefühl für den Augenblick und dessen Wert ist irgendwie verloren gegangen. Das Leben ist nicht immer leicht, warum sollten wir dann auf den vielfältigen Zauber, den es bereithält, verzichten?

FAZIT
Ein erstaunliches Romandebüt, das gleichermaßen fesselt, verblüfft und nachdenklich stimmt. Hier wird alles geboten, was die literarische Zauberkiste so zu bieten hat. Also lassen sich von Emanuel Bergmanns Erzählung verzaubern!

Bewertung vom 13.02.2016
Korman, Gordon

Im Auge der Macht / Masterminds Bd.1


sehr gut

INHALT
Die Kleinstadt Serenity in New Mexico ist eine Art Festung der Gutmenschen. Hier, in der 185 Seelen Gemeinde gibt es keine Kriminalität, jeder kennt jeden und alles ist geregelt und sauber. Dieser idyllische Ort ist einfach zu schön, um wahr zu sein. Das findet auch der 14-jährige Teenager Eli, der durch einen Brief seines vor kurzem weggezogenen Freundes Randy an "Happyhausen" (andere Bez. für Serenity) zu zweifeln beginnt. Gemeinsam mit seinen Freunden versucht Eli daraufhin hinter die ach so perfekte Stadtfassade zu schauen und sie entdecken Unglaubliches.

MEINUNG
Gordon Kormans Geschichte beginnt wie ein x-beliebiger Highschool-Roman und endet fulminant in einem utopisch-psychologischen Drama. Besonders im zweiten Drittel der Handlung wird der Spannungsbogen in die Höhe getrieben. Das hätte ich nach den ersten, etwas zäh verlaufenden 150 Seiten nicht für möglich gehalten. Der Cliffhanger am Ende hat mich wiederum überrascht, weil ich mit einem in sich geschlossen Roman gerechnet hatte. Aber auch so konnte mich die Geschichte mitreißen und in Erstaunen versetzen.

Die 5 Protagonisten des Buchs, die Freunde Eli, Tori, Amber, Malik und Hector, sind etwas Besonderes, sog. Masterminds (s. Titel). Ihrer aus der Masse herausgehobenen Stellung werden sie relativ spät gewahr. Worin diese besteht, das sollte der geneigte Leser aber selbst herausfinden. Ich fand die 5 unterschiedlichen Romanfiguren ungemein lebendig, pfiffig und lustig. Der Autor hat gut daran getan, alle 5 zu Erzählern zu machen, denn auf diese Weise wird es dem Leser nie langweilig.

Der Handlungsort Serenity ist sehr speziell. Die Menschen wachsen dort wie unter einer hermetischen Glocke, abgeschnitten vom „bösen“ Rest der Welt, auf und werden permanent überwacht, was stark an Orwells Roman „1984“ erinnert. Ich möchte nicht in solch einer „überperfekten“ Stadt leben.

Der frische und leicht verständliche Sprachstil passt perfekt zu Kormans Geschichte. Man fliegt förmlich von Seite zu Seite - Pageturneralarm.

Das Cover wurde zeitgemäß und sehr spannend in Szene gesetzt, so dass auch männliche junge Leser angesprochen werden.

FAZIT
Eine sehr skurrile Story, die zu begeistern weiß und nach Fortsetzung schreit.

Bewertung vom 12.02.2016
Käppler, Juliane

Die sieben Tode des Max Leif


sehr gut

Max Leif ist 41 Jahre alt und Inhaber des Frankfurter Musiclabels LeifMusic. Mit dem plötzlichen Tod seines besten Freundes Paul und dem eigenen Herzinfarkt gerät sein bisheriges Leben völlig aus den Fugen. Nun vergeht kein Tag, an dem er nicht glaubt, die ein oder andere tödliche Krankheit (HIV, Krebs oder Schlafkrankheit) zu haben. Kurz, Max Leif wird zum chronischen Hypochonder...

Wer glaubt schon alles über Hypochonder gelesen zu haben, der irrt sich, denn Max Leif ist kein einfacher Hypochonder, sondern eine Hardcore-Version.

Max Leif ist ein wahrer Antiheld, sehr wehleidig und voller Zweifel. Als Außenstehender möchte man ihn mehr als einmal zurechtweißen, aber was Freunde nicht vermögen, kann auch der Leser nicht. Und so wird man exklusiver Zeuge von Max' persönlicher Tour der Leiden. Eine Tour, die auf einer Art Lebens- bzw. Sinnkrise des Musikproduzenten beruht.

Authentisch und manches Mal arg überspitzt gewährt die Autorin Juliane Käppler Einblick in Max Leifs Leben. Es ist eine Art Tragikomödie mit viel schwarzem Humor und sogar Tiefgang. Dass Max Leif hierbei als Ich-Erzähler agiert, ist in Anbetracht der Handlung nur folgerichtig.

Max ist kein einfacher Charakter, aber ungemein komisch, teils nervig und selbstzerfleischend. Durch ihn lernt man den Hypochonder-Menschenschlag besser verstehen.

Meine persönlichen Lieblingscharaktere waren zwei Nebendarsteller. Max energische Putzfrau Jekaterina Poljakow und dessen Ärztin Dr. Ingrid Bärbeißer. Beide konnten mich durch ihre energische, ehrliche und unerschrockene Art überzeugen. Vor allem über die Putzfrau mit ihrem dialektal eingefärbtem Deutsch musste ich viel lachen.
Sieht man mal vom allzu schnellen und etwas zu harmonisch ausgefallenen Ende ab, so vermochte mich, das Buch gut zu unterhalten.

Mit der Gestaltung des Covers wurde sich augenscheinlich viel Mühe gegeben, denn es verfügt über einen hohen Wiedererkennungswert. Farbwahl sowie Motivik wurden minimalistisch und damit effektreich ausgeführt, was perfekt zum Buchinhalt/-thema passt. Im Fokus steht ein Mann im Anzug, der trotz Regenschirm nass wird; ich fand's sehr witzig und innovativ.

FAZIT
Ein humorvolles, aber auch nachdenklich stimmendes Buch zum Thema Hypochondrie. Hier ist 100%ig drin, was auch drauf steht.

Bewertung vom 05.02.2016
Graf, Maren

Todschreiber


ausgezeichnet

INHALT
Die Kieler Kriminalkommissarin Lena Baumann muss eine ungewöhnliche Selbstmord-Serie aufklären, bei der sich Menschen verschiedenen Alters wegen anonym abgesendeter Briefe umbringen.

MEINUNG
Maren Graf ist mit "Todschreiber" ein überaus spannendes und zugleich psychologisch höchst interessantes Krimi-Debüt gelungen. Als Leser wird man von der temporeichen Story regelrecht mitgezogen und ist schnell Feuer und Flamme. Ich konnte das Buch gar nicht mehr weglegen.

Inhaltlich wird viel geboten. Der Fall überzeugt durch seine Andersartigkeit, vor allem die menschliche Psyche und deren Verführbarkeit/Manipulierbarkeit wird thematisiert. Wie können psychisch bereits etwas angeschlagene Personen mittels Briefen dazu gebracht werden, sich das Leben zu nehmen? Das hört sich zuerst unglaublich an, ist aber durch Hypnosemethoden möglich. In diesem Punkt kann der Leser noch einiges dazulernen. Mich hat die Thematik nicht mehr losgelassen. Als besonders gelungen empfand ich hierbei die Tatsache, dass die Autorin die Informationen zur Falllösung nur scheibchenweise an den Leser weiterreicht, so dass dieser nichts anderes als mitfiebern kann. Peu à peu wird man sich der Verschiedenartigkeit der einzelnen Selbstmordfälle bewusst. Kontinuierlich wird der Spannungsbogen sehr hoch gehalten und das Ende bzw. die Überführung des Täters überrascht. So muss ein guter Krimi sein!

Sprachlich kann die Autorin ebenfalls überzeugen. Der detail- und wortreiche Erzählstil reißt mit. Die Beschreibungen der Taten ufern nicht aus, sondern sind auf den Punkt formuliert. Hier sitzt einfach alles.

Das Cover konnte mich auf Anhieb überzeugen. Es wurde geradezu perfekt auf den Buchinhalt abgestimmt. Die blaue, verschmierte Tinte im Bildhintergrund verleiht dem Hauptmotiv, dem Kieler Rathausturm, eine verwunschene, spannungsreiche Aura.

FAZIT
Ein stark psychologisierender Krimi, der fesselt und mitreißt. Absolut lesenswert.

Bewertung vom 01.02.2016
Cavallaro, Brittany

Die Morde von Sherringford / Holmes & ich Bd.1


ausgezeichnet

INHALT
Im Elite-Internat Sherringford an der amerikanischen Ostküste ereignen sich mysteriöse Verbrechen. Erst wird ein Schüler mit Arsen vergiftet und kurz darauf erstickt eine Schülerin fast an einem Plastikdiamanten. Ins Fadenkreuz der polizeilichen Ermittlungen geraten Charlotte Holmes und James Watson - Nachfahren des legendären Londoner Ermittlerduos Sherlock Holmes und Dr. Watson. Warum werden gerade die beiden 16-jährigen Nachwuchskriminalisten verdächtigt, die Mordfälle doch eher aufklären als selbst begehen?

MEINUNG
Ich muss zugeben, dass ich bisher noch keinen einzigen Fall von Sherlock Holmes gelesen habe. Mit der bekannten TV-Serie kenne ich mich ebenso wenig aus. In Hinblick auf dieses Buch waren meine beschränkten Vorkenntnisse aber kein Problem. Denn die Autorin Brittany Cavallaro vermeidet allzu ausschweifende Anklänge an die alten Vorbilder und verwendet ihre Beschreibungen lieber auf die beiden Jugendlichen James und Charlotte, die sich natürlich nur mit Nachnamen ansprechen - so viel britisches Understatement muss doch erlaubt sein oder?

Ich habe den Krimi rund um James und Charlotte mit viel Freude gelesen, weil beide keine einfachen Persönlichkeiten sind und sich gern gegenseitig zu Höchstleistungen anstacheln. Ihre Ermittlungen sind teils erschreckend genial und teils jugendlich leichtsinnig. Doch gerade diese Mischung macht's. Charlotte Holmes ist eine kühle, hochintelligente, streng deduktiv vorgehende junge Frau mit Drogenproblem, deren kriminalistisches Gespür unheimlich gut funktioniert. Kein Wunder, denn schon mit 4 Jahren wurde sie in verschiedenste Techniken (Kampfkunst, Psychologie, Deduktion etc.) eingeführt. James Watson ist hingegen ein sensibler Eigenbrötler, der lieber Gedichte schreibt als knallhart ermittelt. Durch Charlotte ändert sich sein Leben von jetzt auf gleich. Er wird ihr bester Freund und engster Mitarbeiter. Dabei bleibt auch nicht aus, dass er sich in dieses geniale und zugleich unnahbare Mädchen verliebt.

James Watson ist ein guter Ich-Erzähler. Seine Beschreibungen und seelischen Zustände wirken sehr lebensnah und gekonnt wiedergegeben. Jugendliche Frische gepaart mit erwachsenem (Sach-)Verstand, das ist Watson und so hat er mein Leserherz erobert. Schön wäre es darüber hinaus auch gewesen, wenn man einen Blick in Charlottes abstruse Gedankengänge hätte werfen können. Aber vielleicht ist dies beim nächsten Buch, sollte es eine Fortsetzung geben, der Fall?

Ich fand die Story bis zum Ende spannend, weil im Laufe der Handlung die Hauptverdächtigen Watson und Holmes zu Opfern wurden. Zudem haben mich die modernen und intelligenten Ermittlungsmethoden von Charlotte in ihren Bann gezogen.

Das Cover mit dem grandiosen Schwarz-Weiß-Kontrast wirkt stimmig und sehr edel. Ich fühlte mich an einen Scherenschnitt-Motiv erinnert und bin immer noch vom eindrücklichen Minimalismus des Bildmotivs fasziniert.

FAZIT
Ein Jugendkrimi, der Vergangenheit und Moderne wunderbar miteinander kombiniert. Die jungen Ausgaben von Holmes und Watson sind ebenso clever wie ihre alten Pendants und bedienen sich gern neuester technischer Mittel. Eine Geschichte voller Spannung, jugendlichem Charme und britischer Emotionalität. Absolut lesenswert!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.01.2016
Eisenhardt, Uta

Vier Zimmer, Küche, Boot


ausgezeichnet

INHALT
Familie Eisenhardt verwirklicht sich 2003 in Berlin einen Lebenstraum. Sie kaufen für 10.137 Euro ein Bauhüttenschiff aus DDR-Zeiten. In diesem schon etwas in die Jahre gekommenen Boot wollen sie künftig wohnen. Doch dafür muss noch einiges getan werden. Umfangreiche Sanierungsarbeiten und die Suche nach einem Liegeplatz stehen an. Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg; wenngleich dieser nicht immer leicht ist...

MEINUNG
Ein Hausbootleben in Berlin - das klingt mehr als abenteuerlich. Schon die persönlichen Fotos sind brillant. Die Inneneinrichtung wirkt ganz normal, nur der Ausblick ist anders...
Uta Eisenhardt, gelernte Gerichtsreporterin, erzählt humorvoll und zugleich schonungslos offen aus ihrem Hausbootleben - Rückschläge und unbezahlbare Erlebnisse inklusive. Die kleine Familie bestehend aus Vater Felix, Mutter Uta und den beiden Söhnen Oscar und Tom hat sich an ein immens mutiges Projekt gewagt und diese Entscheidung nie bereut. Ob Ärger mit ungebetenen menschlichen und tierischen Gästen oder mit der Liegeplatzlizenz. Familie Eisenhardt bleibt unerschrocken und gelassen - sehr beneidenswerte Charakterzüge. Abgesehen von den eigenen Schilderungen konnte die Autorin mit den individuellen Erfahrungsberichten anderer, befreundeter Hausbootbesitzer überzeugen. Auf diese Weise erhält der unbeleckte Laie bzw. der vorinformierte Hausbootinteressent gleichermaßen ein gutes Rüstzeug für das eigene "Hausbootprojekt". Besonders das Glossar mit nützlichen Tipps fürs erfolgreiche Hausbootdasein kann ich nur empfehlen.
Da bekommt auch die überzeugteste Landratte Sehnsucht auf ein Leben auf See.
"Vier Zimmer, Küche, Boot" ist bereits das dritte Buch aus dem Delius Klasing Verlag, das ich gelesen habe und das mich positiv überrascht hat. Diese persönlichen Erfahrungsberichte haben es mir einfach angetan und ich hoffe, dass es noch viele Bücher aus dieser Reihe geben.

FAZIT
Ein Hoch auf das Hausbootleben! Auch wenn nicht alles Gold ist, was hier an der Reling glänzt. Dieses Buch muss man gerade deshalb lesen, weil es einen unverstellten Blick auf das ach so idyllische Leben auf einem Hausboot gewährt.

Bewertung vom 19.01.2016
Tromly, Stephanie

Tot ermittelt es sich schlecht / Digby Bd.1


ausgezeichnet

INHALT
Die 16-jährige Zoe zieht nach der Scheidung ihrer Eltern mit der Mutter in den New Yorker Vorort River Heights. Dort ist es weniger nobel als in der Großstadt und die staatliche Schule kann Zoe auch nicht überzeugen. Sie fühlt sich zu Höherem berufen und will so schnell wie möglich ihr altes, sorgenfreies Leben zurück - Privatschule und reiche Freunde inklusive.
Infolge durchlebt sie eine depressive Phase, von der sie ausgerechnet Digby, ein hochintelligenter und kleinkrimineller Außenseiter, befreit. Er wird heimlich, still und leise zu ihrem besten Freund, wenngleich dies bedeutet, dass Zoe von nun an keine ruhige Minute mehr haben wird. Denn Digby versucht, die Entführung seiner Schwester und der Schülerin Miranda auf eigene Faust aufzuklären. Einbrüche, Inhaftierungen und Kidnapping sind dabei keine Seltenheit...

MEINUNG
Stephanie Tromly hat mit "Digby #01" einen beeindruckend gelungenen Debütroman vorgelegt.


Die spannende Geschichte lebt vom männlichen Hauptcharakter, dem Teenager Digby. Er ist ein unberechenbarer, wacher und zugleich unerschrockener Geist. Seine glasklaren bis zynischen Urteile machen die Lektüre des Buchs so einzigartig. Wie er Zoe ein ums andere Mal um den kleinen Finger wickelt und sie so zur Komplizin seiner Ermittlungen macht, ist einfach nur filmreif und ungemein lesenswert. Die Dialoge zwischen beiden sprühen förmlich vor Humor und Ironie; Lachflashs inklusive. Zoe, die als Ich-Erzählerin von Tromlys Geschichte agiert, wirkt anfangs sehr unscheinbar und ängstlich, traut sich aber durch die Erlebnisse mit Digby im Laufe der Handlung mehr und mehr zu. Einerseits verachtet sie seine unangekündigten Besuche, andererseits ist es gerade seine Spontanität und Andersartigkeit, die sie fasziniert. Tromly schafft es, den Leser für beide Charaktere gleichermaßen zu begeistern, besonders weil sie so antagonistisch zu sein scheinen. Doch gerade das ist das Salz in der Suppe der Geschichte. Auf der einen Seite steht das unsichere und unbescholtene Mädchen Zoe und auf der anderen der mutige und wilde Junge Digby. Mit der Zeit drängt sich einem der Vergleich mit Bonny und Clyde - nur in jung - auf.


Auf insgesamt 317 Seiten bietet die Autorin an Spannung und zwischenmenschlichen Emotionen so einiges auf. Es geht um Scheidungskinder, zerstöre Familien, erste Liebeleien und allerhand kriminelle Energie. Bis zum Schluss wird die Spannung auf einem hohen Niveau aufrecht erhalten. Mir hat das Buch dermaßen gut gefallen, dass ich mich über eine Fortsetzung sehr freuen würde.

FAZIT
Ein Jugendbuch mit viel Klasse und hervorragendem Witz. Vorsicht: Hohes Suchtpotenzial!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.01.2016
Varese, Bruno

Die Tote am Lago Maggiore / Matteo Basso Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

INHALT
Der ehemalige Mailänder Polizeipsychologe Matteo Basso kehrt in seine Heimat zurück. Im kleinen Örtchen Cannobio, direkt am Lago Maggiore, wagt er einen Neustart als Metzger in der elterlichen Macelleria (Fleischerei). Kurz darauf wird Matteos Kollegin Gisella tot im See gefunden. Der 43-Jährige glaubt nicht an einen Badeunfall und beginnt auf eigene Faust zu recherchieren, was der lokalen Polizei nicht verborgen bleibt.

MEINUNG
Bruno Vareses Erstling konnte mich durch seine ruhige Grundstimmung und seinen ungemein gescheit agierenden Ermittler überzeugen. Ich bin kein großer Krimifan, vor allem wenn es sehr blutig und brutal zugeht, möchte ich das Buch nur zuschlagen. Vareses Krimi hebt sich deutlich von der Masse an Gewalt-Geschichten ab. Im Stile von Donna Leona Commissario Brunetti setzt der Autor auf einen feinsinnigen und logisch vorgehenden Detektiv. Was sollte man bei einem Ex-Psychologen wie Matteo Basso auch erwarten? Mir hat der kettenrauchende Gourmet und Hobbyangler mit seiner bedächtigen, schon väterlichen Art sehr gefallen. Nur das Fleischerberuf scheint so gar nicht zu ihm zu passen, da er nicht mal die landestypischen Salsiccias schmackhaft zubereiten kann. Aber dies sei ihm verziehen, denn aufgrund seiner Ermittlertätigkeit hat er nicht viel Zeit, Wurst & Co herzustellen. Der Tod der quirligen Gisella und die folgenden Anschläge bzw. Morde machen ihn stutzig. Gibt es einen Zusammenhang? Seite für Seite taucht der Leser tiefer in die regionalen Verstrickungen und Familiengeschichten ein.
Diese tröpfenweise Fütterung mit Information lässt die Spannung nie abflauen. Besonders das Ende konnte mich mitreißen, weil es einige Überraschungen bereithält und man als Leser einfach erkennen muss, dass voreilige Verdächtigungen nicht immer der Wahrheit entsprechen. Den Schauplatz der Handlung, der Lago Maggiore und seine Umgebung, hat der Autor atmosphärisch, d.h. realitätsnah, sehr schön eingefangen. Ohne Umschweife konnte sich der Leser sofort nach Cannobio wähnen. Auch das italienische Lebensgefühl bzw. die italienische Lebenswelt kam nicht zu kurz. Hierbei konnten mich vor allem die kulinarischen Sequenzen und Naturbeschreibungen überzeugen. Abgesehen von den alles und jedem überstrahlenden Charakter Matteo gab es noch einige mit großer Detailliebe angelegte Figuren, wie z.B. Kommissarin oder die drei Männer von der Werkstatt, die perfekt in den Plot integriert wurden und mich zum Schmunzeln brachten.
An den flüssigen, charmanten und mit italienischen Vokabeln versetzen Sprachstil habe ich mich schnell gewöhnt. Ich mag es sehr, wenn Fragmente aus der Landessprache mit einfließen, weil dies der Story das nötige Lokalkolorit verleiht. Die 300 Buchseiten schmeichelten dem Leserauge sehr, so dass das Buch schnell ausgelesen war. Ich kann nur hoffen, dass dies nicht Matteo Bassos letzter Fall gewesen ist. Denn mir hat der Krimi ausgesprochen gut gefallen.
Das Cover hat meine Urlaubslust geweckt. Die gesamte Atmosphäre strahlt Ruhe und viel italienisches Flair aus und erinnert damit keinesfalls an einen Krimi.

Mein Lieblingszitat (S. 12): "Wer Seelen sezieren kann, der wird es doch mit ein paar Kalberhälften aufnehmen können."

FAZIT
Ein ruhiger Krimi, bei dem man sehr gut in die italienische Lebenswelt eintauchen kann und von Reiselust gepackt wird.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.01.2016
Hoover, Colleen

Love and Confess


ausgezeichnet

INHALT
Die 20-jährige Auburn kehrt 5 Jahre nach dem Tod ihrer ersten großen Liebe Adam nach Dallas zurück. Auf der Suche nach einem lukrativen Nebenerwerb trifft sie zufällig auf das Atelier "Confess" des Künstlers Owen. Der 21-Jährige sucht händeringend nach einer Assistentin. Als Auburn sich bei ihm vorstellt, ist Owen wie vom Blitz getroffen. Die Faszination beruht auf Gegenseitigkeit. Denn auch Auburn verliebt sich Knall auf Fall in den geheimnisvollen Maler, der Bilder zu anonymen Lebensbeichten zeichnet. Doch kann diese stürmische Liebe den Schatten der Vergangenheit Stand halten?

MEINUNG
Worte können nicht beschrieben, wie toll ich diesen Jugendroman fand. Er wühlt auf, reißt mit und lässt den Leser am Ende auf magische Weise nicht mehr los. Colleen Hoovers "Love and Confess" ist eine Art modernes Drama ganz im Stile William Shakespeares. Auburn und Owen hat das Schicksal zueinander geführt, was dem Leser Seite für Seite durch perfekt eingeschobene Rückblenden vor Augen geführt wird. Ich konnte über Hoovers ungewöhnliche Liebesgeschichte nur staunen, weil sie auf eindrückliche Weise beweist, dass aus schlimmstem Leid das größte Glück erwachsen kann, solang man selbst nur an die Kraft der Liebe glaubt und diese zu leben bereit ist.

Die Autorin Colleen Hoover erzählt mehr als eine banale Liebesgeschichte. Sie lenkt den Blick auf das Schicksal zweier gebrochener, vom Leben gezeichneter Charaktere. Obschon beide noch sehr jung sind, son haben sie doch schon einiges durchmachen müssen. So ist Owens Vater, ein renommierter Rechtsanwalt, seit dem Unfalltod von Frau und zweitem Sohn, tabletten- und alkoholsüchtig. Ein normales Familienleben ist seit dem verfluchten Unfall, bei dem auch noch Owen am Steuer des PKWs saß, nicht mehr denkbar. Auch Auburn hadert mit ihrer Vergangenheit. Ihre erste und große Liebe Adam starb viel zu früh ein einer unheilbaren Krankheit und der gemeinsame Sohn muss bei ihrer verhassten Schwiegermutter aufwachsen.
Gerade in dieser wenig aussichtsreichen und stark angespannten emotionalen Lage, in der sich beide befinden, schlägt die Liebe zu. Was keinesfalls konfliktfrei bleibt, denn Drogenbesitz, Sorgerecht und ein eifersüchtiger Onkel bedrohen das junge Glück...

Colleen Hoovers Sprache ist tiefgründig, witzig, abwechslungsreich und zudem höchst emotional. Nichts wirkt kitschig oder aufgesetzt. Die schonungslose Authentizität der Hauptcharaktere zeichnet diesen Roman aus. Besonders die schmerzvollen Erlebnisse von Owen und Auburn werden eindrücklich realistisch beschrieben. Ihre Verletzlichkeit und ihre aufkeimende Zuversicht, alles hat seinen Platz. So verwundert es nicht, dass die Autorin die Geschichte abwechselnd aus Auburns und Owens Sicht erzählt. Ich habe besonders mit Owen mitgelitten, der nicht nur intellektuell und künstlerisch, sondern auch menschlich seinen Altersgenossen um Jahre voraus zu sein scheint. Seine Kunst bzw. die des von Colleen Hoover fürs Buch engagierten Künstlers ist beeindruckend. Die im Buch abgedruckten Bilder haben mir ausnahmslos gefallen. Gerade die Kombination mit den auf kleinen Notizzetteln geschriebenen Lebensbeichten empfand ich als sehr innovativ und berührend. Das folgende Bonmot von Adam hat mich dabei besonders angesprochen (S. 375 mit Bild): "Ich werde dich immer lieben. Selbst dann, wenn ich es nicht mehr kann."

FAZIT
Ein emotionaler Pageturner, den jeder einmal gelesen habe sollte. Einfach ein spannendes Jugendbuch der Extraklasse, für das ich gern mehr als 5 Sterne vergeben würde.