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Baerbel82

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Insgesamt 971 Bewertungen
Bewertung vom 16.09.2016
Billingham, Mark

Die Schande der Lebenden


ausgezeichnet

Ein sicherer Ort?

Um es gleich vorwegzunehmen, „Die Lügen der Anderen“ von Mark Billingham hatte ich mit Begeisterung verschlungen und so war ich schon gespannt auf „Die Schande der Lebenden“. Die Inhaltsangabe ließ erneut auf einen packenden Psychothriller hoffen und ich wurde nicht enttäuscht. Worum geht es?
Fünf Menschen treffen sich jeden Montagabend im Haus eines Londoner Therapeuten. Sie alle haben eine Suchtkarriere hinter sich und versuchen nun, mit Unterstützung der Gruppensitzungen nicht rückfällig zu werden. Spannungen und Streit sind vorprogrammiert. Tony De Silva leitet diese Gruppe. Früher war er selbst ein Junkie.
Eines Tages wird ein Gruppenmitglied tot aufgefunden, ermordet in der eigenen Wohnung. Nicola Tanner und ihr Kollege ermitteln. Doch eine eiserne Regel verhindert die schnelle Auflösung. Zitat: »Dieser Kreis ist ein sicherer Ort. Seine Regeln gelten uneingeschränkt. Was auch immer in diesem Kreis besprochen wird, dringt niemals nach außen…«
„Die Schande der Lebenden“ ist eine Geschichte über Sucht und Lügen, Scham und Mord und besticht durch perfekte psychologische Hochspannung. Opfer und Täter bleiben lange im Dunkeln. Auch wenn der Leser der Polizei immer einen Schritt voraus ist, wird dennoch Spannung aufgebaut. Denn erst ganz am Schluss weiß man wirklich, was passiert ist.
Wechselnde Zeitebenen, die mit „Damals“ oder „Jetzt“ überschrieben sind sowie wechselnde Perspektiven sorgen für Dynamik. Die Figurenzeichnung ist glaubhaft und durchdacht. Schnell ist klar, dass der Mörder nur ein Teilnehmer der Suchtgruppe sein kann. Nichts ist wie es scheint, niemand ist, wer er zu sein scheint.
Zitat: »Heather ist der Prügelknabe«, sagt Chris. »Robin ist ein langweiliger Besserwisser mit haarigen Ohren, Caroline, eine fette Kuh und Diana eine verzogene Zicke mit zu viel Zeit. Kann ich jetzt wieder auf meinen Platz? « Chris selbst ist schwul und spielt gern den Clown. Und welche Rolle spielt Tony?

Fazit: Beste psychologische Spannung. Ein echter Billingham eben. Sehr zu empfehlen!

Bewertung vom 12.09.2016
Fox, Candice

Eden / Eden Archer & Frank Bennett Bd.2


gut

Nix Neues aus Down Under

HADES hatte ich mit Begeisterung verschlungen und so war ich schon gespannt auf den zweiten Teil der Thriller-Trilogie von Candice Fox. Doch meine Erwartungen wurden enttäuscht. Worum geht es?
Schauplatz ist wieder Sydney in Australien. Mehrere Handlungsstränge, einen davon in der Vergangenheit, gilt es zu verfolgen.
Rückblenden in Kursivschrift erzählen von einem kleinen Jungen. Wie sich später herausstellt, handelt es sich um das Schicksal von Heinrich, genannt Hades, dem Ziehvater von Eden und ihrem toten Bruder Eric.
In der Gegenwart gibt es ein Wiedersehen mit Hades, Eden und Frank. Hades bekommt „Besuch“ von Kat. Sie ist eine Mörderin, die ihren „menschlichen Abfall“ auf Hades‘ Müllkippe entsorgt und mit Sex bezahlt.
Frank Bennett, der Ich-Erzähler und Partner von Eden, hat nach dem Tod seiner Freundin Martina angefangen zu trinken. Beide sind seit ihrem letzten Fall in therapeutischer Behandlung. Wobei Frank nicht gerade kooperiert.
Hades fühlt sich bedroht und bietet Frank einen Job an, während Eden undercover im Fall von drei verschwundenen Mädchen auf einer Farm für Biofleisch ermittelt. Ein Alleingang, der ihr fast zum Verhängnis wird…
Die Vergangenheit von Hades und einem Mädchen namens Sunday nimmt einen breiten Raum ein. Das fand ich langatmig und langweilig. Zudem haben mich die ständigen Wiederholungen bezüglich Band 1 genervt. Für mich ist EDEN daher eher ein Abklatsch, ein Aufguss von HADES. Schade.
Nichtsdestotrotz lässt sich die Geschichte wieder leicht und locker lesen. Es geht um Vergewaltigung, Mord - und einen Kannibalen. Alles wird letztlich schlüssig aufgelöst. Selbst wenn Candice Fox am Ende nochmal richtig Gas gibt, bin ich nicht sicher, ob ich mir FALL, den dritten Band, noch antun werde.

Fazit: Alles in allem ein spannender und gut zu lesender Hardcore-Thriller, der jedoch nicht an den ersten Band heranreicht.

Bewertung vom 07.09.2016
Erzberg, Tim

Hell-Go-Land / Anna Krüger Bd.1


sehr gut

Rache und Gerechtigkeit

Sturm über Helgoland. Die Insel ist vom Festland abgeschnitten. Ein atmosphärisch dichtes, düsteres Szenario, dass Tim Erzberg alias Thomas Montasser sich für seinen Debütroman ausgedacht hat. Worum geht es?
Anna Krüger kehrt als Polizistin nach Helgoland zurück, um sich den Dämonen ihrer Vergangenheit zu stellen. Seit einem traumatischen Erlebnis in ihrer Jugend leidet sie unter starker Migräne.
Ein weiterer Handlungsstrang erzählt von Katarina Loos. Sie ist Haushälterin bei Dr. Strecker. Seine Frau hatte ihn verlassen. Katarina schnüffelt in bester Miss Marple-Manier hinter dem Doc her. Eines Tages macht sie im Keller des Hauses eine grausige Entdeckung.
Anna erhält ein Päckchen mit einem menschlichen Daumen und eine mysteriöse SMS. Als sie erneut Post bekommt, diesmal ein Glas mit Blut, wird klar, dass es sich um einen Psychopathen handeln muss. Irgendjemand spielt ein perfides Spiel mit Anna. Aber wer und warum?
Die Ermittlungen drehen sich im Kreis. Anna wird von der Vergangenheit eingeholt und die Spannung steigt.
Zwischendurch sind auch immer wieder Abschnitte in Kursivschrift eingestreut, in denen ein Mensch zu Tode gefoltert wird. Wer ist das Opfer, wer der Täter und wo liegt sein Motiv? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…
Der etwas andere Reiseführer von Helgoland. Der Sturm und die düstere Atmosphäre sind gut beschrieben. Dass das Opfer lange im Dunkeln blieb, hat mir gefallen. Die Suche nach dem Täter fand ich dagegen etwas langatmig - und vorhersehbar.
Mit Anna bin ich bis zum Schluss nicht wirklich warm geworden. Eine Figur, die mit ihrer Vergangenheit hadert. Unprofessionell und unsympathisch. Ihr Handeln konnte ich oft nicht nachvollziehen und mich erst recht nicht damit identifizieren.

Fazit: Genialer Plot, tolles Setting - eher mäßig umgesetzt. Ein Erstling mit Hoffnung auf Steigerung.

Bewertung vom 30.08.2016
Dahl, Arne

Sieben minus eins / Berger & Blom Bd.1


ausgezeichnet

Wenn der Jäger zum Gejagten wird

All diese verschwundenen Mädchen. Sie verfolgen den Stockholmer Kriminalkommissar Sam Berger bis tief in seine Träume. Berger und sein Team finden Blutspuren: Da muss jemand 15-jährige Schulmädchen hassen. Aber warum?
Sam Berger muss sich erinnern. Denn seine eigene Vergangenheit ist eng verbunden mit den aktuellen Entführungsfällen. Dann stößt er auf eine geheimnisvolle Frau. Doch da hat er sein Schicksal schon längst nicht mehr selbst in der Hand.
Wird es der Polizei gelingen, die Mädchen noch lebend zu finden - und ihren grausamen Entführer? Ein atemloser Wettlauf gegen die Zeit beginnt…
„Sieben minus eins“ punktet mit vielen grausigen Einfällen, Twists & Turns, mit denen Arne Dahl die Geschichte voran und die Spannung in die Höhe treibt. Eine Geschichte, die sich zudem flott und flüssig lesen lässt. Nichts ist wie es scheint, niemand ist, wer er zu sein scheint.
Die Vergangenheit wirft lange Schatten, die der Autor gründlich ausleuchtet. Wechselnde Perspektiven sorgen für Dynamik. Die Figurenzeichnung ist glaubhaft und durchdacht. Erst ganz am Ende schließt sich dann der Kreis.
Sam Berger ist mir sofort ans Herz gewachsen. Er schleppt einiges an Ballast mit, verfängt sich in seiner Vergangenheit. Das Thema Zeit dominiert seine Gedanken. Und so überrascht es nicht wirklich, dass er alte Uhren sammelt. Überhaupt ist Berger sehr analog.
Molly Blom hat sich wegen chronischer Migräne einer Botox-Behandlung unterzogen. Ihr scheint jedes Mitgefühl zu fehlen. Eine starke Frau, die Berger zeigt, wo der Hammer hängt. Sie arbeitet für eine interne Einheit der Säpo, dem schwedischen Geheimdienst.
„Sieben minus eins“ ist der Beginn einer neuen Krimiserie um das Ermittlerduo Sam Berger und Molly Blom - psychologisch raffiniert, voller abgründiger Wendungen und unglaublich spannend bis zum überraschenden Ende, das geradezu nach einer Fortsetzung schreit.

Fazit: Berger und Blom, ein neues starkes Team. Schwedisch. Schnell. Spånnend.

Bewertung vom 29.08.2016
Walker, Adrian J.

Am Ende aller Zeiten


gut

Es ist niemals zu Ende

Um es gleich vorwegzunehmen, nach der Leseprobe hatte ich auf schräge Szenen und Figuren in einem spannenden postapokalyptischen Setting gehofft. In dieser Hinsicht wurde ich enttäuscht. Denn es geht eher ums Laufen - und um Kindergedöns.
Der 35-jährige Edgar ist mit seiner Vaterrolle überfordert: Sohn Arthur schreit, Tochter Alice weint. Ed ist phlegmatisch, chaotisch, mit sich und der Welt unzufrieden, ein Loser. Das hat mich genervt. Seine Frau Beth ist ein typisches Muttertier.
Aber dann werden Asteroideneinschläge angekündigt und Ed schafft es gerade eben noch mit seiner Familie in den Keller. Sie überleben und werden nach zwei Wochen von Soldaten gerettet. Die Zeit im Keller ist spannend erzählt.
Nicht nur Edinburgh ist verwüstet und verbrannt. Eds Familie kommt in einer Kaserne unter. Dort lernt er Harvey, Richard und Bryce kennen. Die reinste Freak-Show! Zu den Offizieren gehören Yuill, Henderson und die Soldatin Grimes.
Eine neue Organisation, die „sauver“, hat die Macht übernommen. Als die Vorräte zur Neige gehen, müssen die Männer raus und Beute machen. Während Ed unterwegs ist, werden Beth und die Kinder evakuiert. Eines Tages sind auch Yuill und Henderson plötzlich weg.
Ed und sein „Laufverein“ versuchen mit Gehen und Joggen Cornwall zu erreichen, wo die Schiffe nach Süden ablegen sollen. 500 Meilen durch das tote Land. Sie begegnen lauter skurrilen Figuren. Jeder kämpft gegen jeden ums blanke Überleben. Und die Zeit wird knapp!
Zitat Ed: „Hoffnung war meine Droge geworden.“
Ein düsteres, apokalyptisches Szenario, das Adrian J Walker sich ausgedacht hat. Die Geschichte beginnt in der Gegenwart und wird quasi rückwärts erzählt. In einer kraftvollen Sprache. Zwischendrin erinnert sich Ed immer wieder an die guten alten Zeiten. Das geht zu Lasten der Spannung.
„Am Ende aller Zeiten“ ist mehr eine Geschichte über das Laufen, meditatives Laufen, als ein postapokalyptischer Spannungsroman. Wie so oft passt der Titel der englischen Originalausgabe meines Erachtens daher viel besser: „The End of the World Running Club“.
Am Ende ist Ed über sich hinausgewachsen. Er ist jetzt süchtig nach Laufen. Sympathisch war er mir trotzdem nicht. Nachdem mein Lieblingscharakter tot war, hatte ich auch niemand mehr zum Mitfiebern. Gut gefallen hat mir, dass keine fantastischen Kreaturen vorkommen.
Ein emotionales Ende. Alles in allem ein sehr persönliches Buch. Düster und beklemmend. Dennoch konnte mich die Geschichte nicht wirklich fesseln.

Fazit: Es ist niemals zu Ende. Weltuntergang für Erwachsene. Nicht nur für Fans von Elsbergs Blackout und Schätzings Schwarm.

Bewertung vom 23.08.2016
Karlden, Chris

Der Todesprophet


ausgezeichnet

Die Vergangenheit holt einen immer ein

Um es gleich vorwegzunehmen, „Unvergolten“ von Chris Karlden hatte ich mit Begeisterung verschlungen und so war ich schon gespannt auf „Der Todesprophet“. Die Inhaltsangabe ließ erneut auf einen packenden Thriller hoffen und ich wurde nicht enttäuscht. Worum geht es?
Der Autor geht gleich in medias res: Der Berliner Journalist Ben Weidner gerät in Äthiopien in Gefangenschaft und muss einen Mann erschießen, wenn er überleben will. Seitdem leidet er an einer Posttraumatischen Belastungsstörung, hat Flashbacks und Blackouts.
15 Monate später. Ben hat alles verloren, seinen Job, seine Frau Nicole und die gemeinsame Tochter Lisa. Als Tamara, eine Bekannte seines Freundes Viktor, brutal ermordet wird, gerät Ben unter Verdacht. Denn Ben war zur Tatzeit in ihrer Wohnung. Aber, er kann sich nicht erinnern!
Schon bald gibt es ein weiteres Opfer mit demselben Modus Operandi. Der Täter scheint religiös verblendet. Ein Racheengel, der Frauen umbringt, die in seinen Augen schuldig sind, weil sie ihre Ehemänner verlassen haben: „Bis dass der Tod euch scheidet.“
Plötzlich sind auch Nicole und Lisa verschwunden. Kriminalhauptkommissar Lutz Hartmann und seine Kollegin Sarah Winter tappen im Dunkeln. Um seine Familie zu retten, begibt sich Ben auf eine verzweifelte Suche…
„Der Todesprophet“ punktet mit vielen grausigen Einfällen, Twists & Turns, mit denen Chris Karlden, der Meister der Irrungen und Wendungen, die Geschichte voran und die Spannung in die Höhe treibt. Eine Geschichte, die sich zudem flott und flüssig lesen lässt. Nichts ist wie es scheint, niemand ist, wer er zu sein scheint.
Die Vergangenheit wirft lange Schatten, die der Autor gründlich ausleuchtet. Wechselnde Perspektiven, auch aus Sicht des Killers, sorgen für Dynamik. Die Figurenzeichnung ist glaubhaft und durchdacht. Erst ganz am Ende schließt sich dann der Kreis. Die Auflösung ist überraschend, absolut stimmig und schreit geradezu nach einer Fortsetzung.

Fazit: Abgründiger, nervenzerreißender Thriller, der mich mordsmäßig gut unterhalten hat.

Bewertung vom 20.08.2016
Castillo, Linda

Grausame Nacht / Kate Burkholder Bd.7


ausgezeichnet

Späte Sühne

„Grausame Nacht“ ist bereits der 7. Fall für die sympathische Ermittlerin Kate Burkholder. Dennoch handelt es sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte, die ohne Vorkenntnisse lesbar ist. Schauplatz ist wieder Painters Mill in Ohio. Worum geht es?
Der Prolog führt uns zurück in die Vergangenheit, in den August des Jahres 1985: Die neunjährige Sally macht in der Nähe einer alten Scheune eine grauenvolle Beobachtung. Einen Tag später wartet eine 17-jährige Frau an einer Brücke auf ihren Liebsten, mit dem sie ein neues Leben außerhalb der amischen Gemeinde beginnen möchte.
In der Gegenwart gibt es ein Wiedersehen mit Kate, Chief of Police, die einst selbst zu den Amischen gehörte. Sie lebt inzwischen mit ihrem Freund John Tomasetti zusammen. Er war früher Detective bei der Polizei in Cleveland und ist jetzt Agent im Ohio Bureau of Criminal Identification and Investigation.
Sie sind gerade zu Besuch bei Kates Familie, als ein Sturm aufzieht. Nachdem der Tornado die halbe Stadt in Schutt und Asche gelegt hat, werden bei Aufräumarbeiten unter einer eingefallenen Scheune die Überreste eines menschlichen Skeletts gefunden. Wer ist der Tote? Und warum lag er jahrelang hier vergraben? Schnell wird klar, dass der Mann keines natürlichen Todes gestorben ist.
Linda Castillo hat ihren neuen Roman wieder routiniert und mit viel Atmosphäre in Szene gesetzt. Erzählt wird die Geschichte - wie immer - in der Ich-Perspektive aus Sicht von Kate. Englische und Amische, zwei Weltanschauungen stehen einander gegenüber, nicht feindlich, sondern in Koexistenz. Kate Burkholder kennt beide Seiten und löst ihre Fälle mit viel Einfühlungsvermögen.
„Grausame Nacht“ ist eine spannende Geschichte. Dem gruseligen Beginn folgt die Ermittlungsarbeit, die authentisch und nachvollziehbar dargestellt wird. Das Grauen kann sich auch hinter der Fassade von Sittsamkeit und Bescheidenheit verbergen. Und so ist das Ende stimmig, allerdings nicht überraschend. Das Privatleben nimmt einen breiten Raum ein, denn Kate ist schwanger.

Fazit: Mitreißend und überwältigend. Kate Burkholders schwerster Fall!

Bewertung vom 20.08.2016
Eckert, Horst

Wolfsspinne


ausgezeichnet

Der dritte Mann

„Wolfsspinne“ ist der dritte Fall für den sympathischen Düsseldorfer Kommissar Vincent Veih und zugleich sein schwierigster und auch persönlichster. Doch worum geht es?
Es geht um Rechtsextremismus, um Strukturen, die Parallelen zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) haben, um NSU 2.0. Und es geht um die Rolle von Polizei und Verfassungsschutz. Was ist Fiktion, was ist Realität - oder krude Verschwörungstheorie?
Zwei Handlungsstränge gilt es zu verfolgen:
- 2011: Ein Banküberfall in Eisenach. Anschließend liegen zwei Männer tot in ihrem Wohnmobil. Im Gegensatz zur offiziellen Version, die von Selbstmord ausgeht, erzählt Horst Eckert die Geschichte eines dritten Mannes, der Max und Gerri erschoss.
- 2015: Melli Franck wird in ihrer Düsseldorfer Kneipe brutal vergewaltigt und ermordet. Hauptkommissar Vincent „Che“ Veih und sein Team ermitteln. Die Spur führt zunächst ins Drogenmilieu. Bald ist klar, dass auch Neonazis in den Fall verstrickt sind.
Über das Wiedersehen mit Vincent, seiner Mutter Brigitte und Freundin Nina, habe ich mich sehr gefreut. Gut gefallen hat mir auch, dass es für diejenigen Leser, die die Vorgänger nicht kennen, eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse gibt und das Personal vorgestellt wird.
Gekonnt springt Horst Eckert durch Zeit und Raum. Kurze Kapitel, und viele Perspektivwechsel sorgen für Dynamik. Auch wenn der Leser der Polizei oft einen Schritt voraus ist, wird dennoch Spannung aufgebaut. Der Leser merkt sofort, dass dem Autor das Schicksal seiner Figuren sehr wichtig ist: Was ging in dem Mann vor, der Max und Gerri erschoss, deren Komplizin aber verschonte?
Die Vernichtung von NSU-Akten durch Verfassungsschützer, nur eine Panne? Auch dieser Frage geht der Autor in seinem brandaktuellen, bestens recherchierten Roman nach. Ein Buch mit Herzblut, fesselnd und bedrückend zugleich.
Mit „Wolfsspinne“ hat Horst Eckert nach „Schwarzlicht“ und „Schattenboxer“ erneut einen hochkomplexen und wirklich spannenden Politthriller geschrieben. Eine Lektüre, die einen klüger macht und lange nachhallt.

Fazit: Gelungene Mischung aus Dichtung und Wahrheit zum Thema NSU. Starker Stoff. So muss Thriller!

Bewertung vom 10.08.2016
Gerwien, Michael

Schattenkiller


gut

Killer I ist tot. Es lebe Killer II.

Auf diesen Thriller hatte ich mich so gefreut, denn die Bücher aus dem Gmeiner Verlag haben mich noch nie enttäuscht! Leider wurden meine Erwartungen diesmal nicht erfüllt. Worum geht es?
Rebekka, die Frau des Münchener Journalisten Wolf Schneider, bekommt Besuch von einem Unbekannten und soll irgendwelche Pläne rausrücken. Wolf findet seine Frau bewusstlos auf der Couch. Statt die Polizei einzuschalten, flüchtet er mit ihr an den Chiemsee. Doch der Täter hat einen Peilsender an Rebekkas Wagen angebracht und folgt ihnen.
Während Wolf beim Joggen ist, wird Rebekka ermordet. Wolf ruft wieder nicht die Polizei, sondern verlässt still und heimlich das Hotel und taucht bei seiner Halbschwester Eva unter. Sie ist Esoterikerin mit übersinnlicher Gabe. Sein Freund und Kollege Roman, ein Alkoholiker, soll ihm ein Alibi geben. Doch Rebekkas Mörder gibt nicht auf. Bald ist klar, dass Rebekka nicht die erste Tote ist.
Ein weiterer Handlungsstrang führt uns in die USA, nach Baltimore, zu Arthur, Ex-Banker und Kongressabgeordneter. Er feiert gerade seinen 60. Geburtstag. Es stellt sich heraus, dass er auch Wolfs Chef Bernie kennt. Beide machen Geschäfte am Rande der Legalität. Es geht um Geld, viel Geld. Weitere Menschen sterben…
Mit Gesellschaftskritik spart Michael Gerwien nicht: Die Gier nach Macht und Geld. Kurze Kapitel mit wechselnden Protagonisten und Perspektiven sorgen für Dynamik. Aber die Story war mir zu wirr und mit Klischees durchsetzt. Der Stil etwas hölzern. Von Anfang bis Ende kommt nie ein ordentlicher Spannungsaufbau zustande.
Wer ist Täter, wer ist Opfer? Mord ist Mord! Sympathie für Menschen zu empfinden, die aus Rache selbst zu Mördern werden, ist für mich obskur. Und so hält sich mein Mitleid mit Wolf in Grenzen. Das Ende lässt mich zwiegespalten zurück. Viele Fragen bleiben offen. Das scheint gewollt, denn „Schattenkiller“ ist der Auftakt einer Trilogie.

Fazit: Künftig bitte weniger Klischees, dafür mehr Spannung!

Bewertung vom 08.08.2016
Aichner, Bernhard

Interview mit einem Mörder / Max Broll Krimi Bd.4


ausgezeichnet

Der will doch nur spielen

Endlich: der vierte Krimi mit Kult-Totengräber Max Broll. Über das Wiedersehen mit Max habe ich mich sehr gefreut. Doch, oh Schreck, sein bester Freund, Ex-Fußballstar Johann Baroni,wird bei der Eröffnung seines Würstelstandes angeschossen und liegt seitdem im Koma.
Max hat den Täter gesehen. Aber als er sich der Polizei anvertraut, glaubt man ihm nicht. Nicht einmal seine geliebte Stiefmutter Tilda. Also nimmt Max die Verfolgung des mutmaßlichen Mörders auf. Es handelt sich um den deutschen Touristen Konrad Maria Fink aus Wuppertal.
Zusammen reisen sie im Zug nach Italien und gehen an Bord eines Kreuzfahrtschiffs. Dort findet er nicht nur Gewissheit, sondern auch eine neue Liebe, die Journalistin Anna. Als er mit Anna in sein Dorf zurückkehrt, hat Fink alle manipuliert, so dass Max schließlich selbst in Verdacht gerät.
Denn Fink entpuppt sich nicht nur als Serienkiller, sondern als Spieler, der ein perfides Spiel mit Max spielt. Wer wird gewinnen, wer wird verlieren und zu welchem Preis?
Story und Stil haben mir gefallen. In einem ganz eigenen Stakkato-Stil schildert der Autor die Geschichte seiner Protagonisten. Eine wunderbar schräge Geschichte mit lauter skurrilen Typen. Knappe Dialoge, ohne Anführungszeichen und hohes Erzähltempo.
Zitat: "Zu schnell ging alles, keine Verbindung zwischen den Dingen, Max steht nur da, begreift es nicht. Nur zuschauen. Wie Baroni auf dem Asphalt liegt und ihn anstarrt. Wie sich sein Hemd verfärbt. Wie alles rot wird. Und wie die Augen seines Freundes einfach zugehen."
Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Heimlicher Star der Geschichte ist der afrikanische Dorfpfarrer Akofa, der selbst Gras anbaut - und Erntedank 2.0 in der Sauna feiern will. Anna und Max, Baroni und Akofa, eine sympathische Truppe, der ich gerne wieder über die Schulter schauen möchte.

Fazit: Ein Thriller aus der österreichischen Provinz. Erfrischend anders. Beste Unterhaltung!