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Xirxe
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Insgesamt 872 Bewertungen
Bewertung vom 27.11.2009
Johnson, Hugh

Der kleine Johnson 2004 . Die Taschenführer (Hallwag Die Taschenführer)


ausgezeichnet

Der kleine Helfer für den Weinkauf. Steht man mal wieder hilflos vor dem immensem Weinangebot oder ist sich nicht sicher, ob das tolle Angebot wirklich so toll ist, hilft dieses Büchlein meist weiter. Wenn man auch nicht immer exakt genau DEN Wein findet, bekommt man dennoch gute Anhaltspunkte dafür, ob ein Kauf sich lohnt oder nicht. Natürlich lässt sich über Geschmack streiten (oder war es nicht streiten :-) ?) - ich bin auf jeden Fall bisher immer gut mit dem 'kleinen Johnson' gefahren.
Ob man ihn sich jedes Jahr kaufen muss? Weinenthusiasten vermutlich, ich komme alle zwei Jahre mit einem neuen Exemplar klar.

Bewertung vom 08.11.2009
Edwardson, Åke

Toter Mann / Erik Winter Bd.9


sehr gut

Dies ist der neunte Roman mit dem Ermittlerteam von Erik Winter, Kriminalkommissar im Fahndungsdezernat in Göteborg. Und für mich der Erste.
Ein ungewöhnlicher Auftakt: Im ersten, rund 100 Seiten umfassenden Teil erscheinen alle Personen, die mit den Geschehnissen zu tun haben. Doch meist nur als Momentaufnahme, zudem einige ohne Namen. Es ereignen sich merkwürdige Dinge: Schüsse fallen, ein verlassenes Auto, ein namenloser (künftiger?) Mörder ist auf dem Weg zu seinem Opfer (oder nicht?), eine junge Frau flüchtet... Was all dies miteinander zu tun hat, bleibt im Dunklen. Besser: im Düsteren. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass dies die Stimmung ist, die ALLE Handelnden umgibt. Der erste Teil schließt ohne dass auch nur ansatzweise klar ist, wie all die Ereignisse zusammenhängen.
Im zweiten Teil werden erste Verbindungen sichtbar. Die Personen bekommen (fast) alle Namen, Beziehungen werden erkennbar ebenso wie ein eventuelles Motiv. Trotzdem bleibt vieles immer noch im Ungefähren, was im dritten Teil aufgeklärt wird. Man glaubt nun zu wissen was passiert ist und weshalb. Und wird im vierten Teil auf's Neue überrascht, welch unerwartete Wendungen diese Geschichte nimmt.
Doch diese Geschichte macht nur einen Teil des Romans aus, der andere gehört den Ermittlern. Alle haben massiv mit privaten Problemen zu kämpfen: Gesundheit, Familie, Lebenssinn, Beziehung... Es sieht so aus, als ob sie die Düsternis des kommenden Winters, der langen Nächte, schon vorwegnehmen (Dabei herrscht den ganzen Roman über ungewohnterweise das schönste Wetter in Göteborg). Obwohl äußerliche Beschreibungen eher knapp ausfallen, hat man bereits nach kurzem ein ziemlich gutes Bild der einzelnen Charaktere vor Augen (was für die Fähigkeiten des Autors spricht).
Edwardsons Sprache sind kurze und knappe Sätze, ganz dem Typ der Ermittler entsprechend. Sie reden nicht gerne, wenn dann nur auf das Notwendigste beschränkt. Dennoch bleibt Edwardsons Sprache ausdrucksreich, ihm gelingen immer wieder beeindruckende Bilder ('Die Vergangenheit ist wie ein Mantel, der einem schwer auf den Schultern lastet' oder 'Im Gras lagen Rosen die wie Blutflecken aussahen'), die durch die Kürze der Sätze besonders prägnant wirken.
Wer Probleme mit dem Herbst- oder Winterblues hat, dem ist dieses Buch vielleicht nicht unbedingt zu empfehlen. Allen anderen aber ohne Einschränkung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.11.2009
Adair, Gilbert

Blindband


ausgezeichnet

Unbedingt 2x lesen!
Paul Reader, berühmter Schriftsteller, seit einem Unfall blind, grauenhaft entstellt und in völliger, selbstgewählter Isolation lebend, plant ein neues Buch zu schreiben. Dafür engagiert er den wesentlich jüngeren John Ryder, der für ihn schreiben und Recherchen durchführen soll. John zieht bei ihm ein und trotz Pauls schwieriger Art zeigt die Zusammenarbeit Fortschritte, das Buch nimmt Gestalt an. Doch etwas scheint mit John nicht zu stimmen...
Fast der komplette Roman ist in Dialogform wiedergegeben, lediglich wenige Mal unterbrochen von Gedanken und Überlegungen Pauls. Paul ist ein unangenehmer, egozentrischer, überheblicher und arroganter A...., so dass es trotz seiner Blindheit und Verunstaltung schwer fällt, Mitgefühl für diese Figur zu entwickeln. Je weiter man liest desto unklarer wird die Atmosphäre zwischen den beiden Männern. Hat John finstere Absichten? Oder sind es nur Hirngespinste eines Blinden?
Weshalb nun zweimal lesen? Weil die Lösung dieses Falles im ganzen Buch immer und immer wieder angedeutet wird. Nur Kleinigkeiten, die man beim ersten Mal überliest, beim zweiten Mal jedoch mit einem 'Ach so!' kommentiert. Beispielsweise die Sache mit den Wasserspeiern oder der Hintergrund der nicht vorhandenen Leerstellen. Erst die wiederholte Lektüre erschließt einem wirklich das ganze Buch!

Bewertung vom 01.11.2009
Griese, Sabine (Bearb.) / Kerscher, Hubert / Meier, Albert / Stockinger, Claudia

Die Leseliste


gut

(Diese Kritik bezieht sich auf eine später unverändert erschiene Bibliotheksausgabe.)
Rund 600 Titel der Weltliteratur sind in 'Die Leseliste' zusammengefasst, ergänzt durch knappe Kommentare. Es wird unterschieden nach deutschsprachiger sowie fremdsprachiger Literatur, wobei ersteres eine weitere Unterteilung nach zeitlichen Gesichtspunkten erfährt: Mittelalter, Humanismus und Reformation, Barock, Aufklärung, Sturm und Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier und Vormärz, Bürgerlicher Realismus, Naturalismus bis Expressionismus, Weimarer Republik und Drittes Reich, Literatur seit 1945 (BRD, A und CH), DDR-Literatur. Die fremdsprachige Literatur wird nach ihrer Herkunft unterschieden: orientalisch und asiatisch, griechisch, lateinische der Antike, lateinische der Mittelalters, italienisch, französisch, spanisch und portugiesisch, lateinamerikanisch, russisch, skandinavisch, englisch, nordamerikanisch.
Obwohl das Büchlein 2002 neu aufgelegt wurde (und 2003 gedruckt), scheint es unverändert von der Ausgabe 1994 übernommen worden zu sein. Die aktuellsten Titel stammen aus dem Jahr 1997, aber insbesondere bei den fremdsprachigen (sieht man von englischen und französischen ab) liegen die Empfehlungen noch wesentlich länger zurück: orientalisch und asiatisch: 1791, griechisch: 1559, italienisch: 1980, spanisch und portugiesisch: 1934, lateinamerikanisch: 1969, russisch: 1975, skandinavisch: 1910. Gibt es keine Bücher der jüngeren Zeit die es wert wären, hier aufgeführt zu werden? Merkwürdig...
Die Kommentare sind, wie bereits erwähnt, recht knapp gehalten, in der Regel nicht mehr als fünf Zeilen.
Bsp.: Sten Nadolny 'Die Entdeckung der Langsamkeit'. Zivilisationskritischer Roman, der (unter Verwendung authentischer Quellen) den Seefahrer und Entdecker John Franklin (1786-1847) als humanen Gegentypus zum modernen Leistungsdenken charakterisiert.
Dies ist eines meiner Lieblingsbücher, aber ob ich es aufgrund dieser Empfehlung gelesen hätte...?
Richtige Empfehlungen wird man aus diesem handlichen Büchlein wohl nicht entnehmen können, aber als Nachschlagewerk sicherlich nicht ungeeignet.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2009
Butschkow, Peter;Rauschenbach, Erich

Cartoons für Sportler


gut

22 Seiten von Erich Rauschenbach und 24 Seiten von Peter Butschkow mal mehr, mal weniger gelungene Comics zum Thema Sport. Keine Sportart wird ausgelassen, ob Sprint, Gewichtheben, Kraft- oder Ausdauertraining, hier kriegt jede/r sein/ihr Fett weg :-)
Ganz nett für zwischendurch.

Bewertung vom 01.11.2009
Fischer, Joschka

Der Umbau der Industriegesellschaft


sehr gut

20 Jahre ist es her, als dieses Buch erschien. Eine Zeitspanne, die für ein Sachbuch, insbesondere ein politisches, mehr als ausreichend ist, um es als nicht mehr zeitgemäß und völlig überholt in die (Altpapier)Tonne zu klopfen. Sicher, für Vieles in diesem Buch mag dies auch zutreffend sein, aber es gibt auch Einiges, was Einen gerade jetzt staunen macht.
Einen Großteil der Lektüre machen Anklagen und Vorwürfe gegen die damalige (nicht oder kaum existente) Umweltpolitik und die damit verbundenen Akteure aus. Man kommt immer wieder ins Staunen: 20 Jahre ist das her? Nordseesterben, verdreckte Flüsse, Waldsterben, Müllberge - es hat sich doch schon Einiges getan.
Verblüffend ist auch, wie geradezu hellsichtig Fischer manche Beispiele ausgewählt hat: 'Was, so stellt sich die Frage, wäre denn los gewesen in dieser unserer Bundesrepublik, wenn im Sommer des Jahres 1987 nicht die Nordsee ökologisch am Umkippen und die niedlichen Robben am Krepieren gewesen wären, sondern wenn stattdessen eine westdeutsche Großbank in die Zahlungsunfähigkeit hineingeschlittert wäre und statt der Robben reihenweise Kapitalanleger und Sparer ihren letzten Heuler von sich gegeben hätten? Bundesregierung und Kreditwirtschaft hätten sofort gehandelt. Was rede ich, sie hätten es überhaupt nicht soweit kommen lassen. An sofortigen und sofortigsten Stützungsprogrammen in Milliardenhöhe hätte es nicht gefehlt, kein Gesetz der Marktwirtschaft wäre heilig genug gewesen, auf daß man es nicht unverzüglich außer Kraft gesetzt hätte, wenn es einer Rettung der angeschlagenen Großbank im Wege gestanden hätte.' (S. 45f)
Vergnügen bereiten seine bildhaften Beschreibungen bzw. 'nette Sottisen' wie die ZEIT damals schrieb: '..Klaus Töpfers gattungsgeschichtlicher Rückfall in das Zeitalter der Wirbellosen.' (S. 25) und 'Gegenüber diesem wahnsinnigen Tempo des Herrn Töpfer und der Bundesregierung wirkt eine Schnecke wie Ben Johnson bei dem Gewinn der Goldmedaille - uneinholbar schnell.' (S. 49)
Doch Fischer geht über die Rolle des Anklägers hinaus. Für ihn sind die Industrialisierung und der Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus unumstößliche Tatsachen, die jedoch ein grundsätzliches ökologisches Umdenken erfordern, was in vielen Politikbereichen zu deutlichen Veränderungen führen würde. Und genau in dieser Forderung ist er erstaunlich aktuell:
'Für die neoliberale Angebotstheorie wurde eine betriebswirtschaftlich durchaus sinnvolle Logik zu einer volkswirtschaftlichen Handlungsstrategie mit katastrophalen Konsequenzen erhoben, denn letztendlich bedeutet dieser Sieg der Betriebswirtschaft über die Volkswirtschaft in Theorie und politischer Praxis eine historische Regression in die Frühzeit eines zügellosen Wirtschaftsliberalismus..' (S. 63). Kommt einem das angesichts der Bankenkrise nicht erstaunlich bekannt vor?
Alles in allem, ein (zum Teil auch vergnüglicher) Rückblick auf die Umweltpolitik Mitte der 80er Jahre mit teilweise überraschender Aktualität.

Bewertung vom 01.11.2009
Pitigrilli

Kokain


ausgezeichnet

Was für ein Buch! In den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts (das Buch wurde 1922 veröffentlicht) flüchtet ein junger Mann aus Liebeskummer nach Paris. Dort wird er mehr oder weniger zufällig Journalist und verfällt dem Kokain ebenso wie zwei Frauen, zwischen denen er hin- und hergerissen ist: Seine alte Liebe von einst, früher Maddalena, jetzt Maud, 'hatte die ganze Skala einfacher Liebe durchschritten, um sich auf die Suche nach dem Laster zu machen.' Und Kalantan, die bildschöne Armenierin, 'die durch die kompliziertesten Formen des Lasters gegangen, um die Einfachheit von Umarmungen ohne Raffinement zu suchen.'
Doch es würde diesem Buch nicht gerecht, reduzierte man es allein auf diese Liebesgeschichte. Pitigrilli hält der damaligen Gesellschaft einen Spiegel vor und stellt ihre ganze Oberflächlichkeit und Verlogenheit bloß. Das Ganze wird dazu mit Witz und Intelligenz erzählt - es ist eine wahre Freude dies zu lesen. Ein paar Beispiele hierzu:
'Man muss heiraten, um die Art der Langeweile zu verändern.'
Eine Krankenschwester tröstet einen todkranken Patienten: 'Bedenke doch,...dass dein eines Bein schon im Paradies ist, und dass du nun bald wieder mit ihm vereinigt sein wirst.'
'...erste Anzeichen nahenden Alters. Es ist das Alter, in dem die Männer anfangen, sich braun zu kleiden.'
'Das Mönchlein erklärte ihm, dass man Christus lieben müsse, weil er sich für die Menschheit geopfert habe. Und Tito erwiderte ihm, dass dann die Maulwürfe und Kaninchen, die in den physiologischen Laboratorien geopfert würden, um neue Heilmittel zum Wohle der Menschheit auszuprobieren, ebensogut Jesus Christus seien.'
Und so weiter...
Dazu kommt noch eine ganz eigene Art der Erzählung der Genesis, ein wunderbares Plädoyer für Mütter von unehelichen Kindern, eine ausführliche Diskussion weshalb Prostituierte bessere Ehefrauen sind als Witwen, Überlegungen wie man Gefühle (insbesondere Eifersucht) durch Krankheiten heilen kann, viele Gedanken zum Thema Frauen und Männer und vieles mehr. Und auch wenn ich mich wiederhole: Dieses Buch erschien 1922!
Der einzige Wermutstropfen: In diesem Buch wimmelt es von altmodischen, französischen und spanischen Ausdrücken, die zum Teil auch weder per Lexikon noch Internet zu klären waren. Ein Anhang wäre hier sehr hilfreich gewesen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2009
Weldon, Fay

Vier starke Frauen


gut

Anfang der siebziger Jahre gründen vier Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten, einen feministischen Verlag, Medusa. Er wird ein Erfolg, doch im Laufe der Zeit treten die unterschiedlichen Charaktäre der Frauen immer stärker hervor. Aus dem ursprünglich gemeinsamen Ziel, Frauen aus ihrer Unmündigkeit und ihrer benachteiligten Situation herauszuhelfen, die Unterdrückung der Frau zu beseitigen, werden Grabenkämpfe gegeneinander. Der Roman begleitet die Vier und ihren Verlag bis zum Ende des letzten Jahrtausends.
Besonders eindrücklich bleiben die ersten beiden Teile des Buches im Gedächtnis haften, die etwas mehr als die Hälfte ausmachen: der Beginn in den siebziger Jahren. Weldon schildert detailgetreu die damalige Stimmung, das Zusammenleben von Mann und Frau, die gesellschaftlichen Verhältnisse - man kann kaum glauben, dass all dies sich vor kaum 40 Jahren ereignet hat.
Der Klappentext bringt es auf den Punkt: 'Mit bösem Humor und Eleganz geht sie den Dingen auf den Grund und führt uns zurück in die Zeit der ersten Frauengruppen, der unendlichen Diskussionen und der ewiggleichen Sorgen, Ängste und Liebesgeschichten.'

Bewertung vom 01.11.2009
García Márquez, Gabriel

Bericht eines Schiffbrüchigen


sehr gut

Diese Geschichte, die sich tatsächlich ereignet hat, ist schnell erzählt: Mann geht über Bord und treibt 10 Tage ohne Essen, Trinken und Werkzeuge auf einem Floß auf dem Meer bevor er das Festland erreicht. Sollte jemand einen Bericht à la Robinson Crusoe erwarten, wird er/sie enttäuscht. An tatsächlichen Ereignissen geschieht wenig bis nichts. Der Schiffbrüchige, dessen Bericht Marquez aufgezeichnet hat, schildert sachlich und detailliert sein Überleben auf dem Floß. Anschaulich wird dargestellt, wie selbst in Momenten der völligen Verzweiflung und Kraftlosigkeit sein Lebenswille wieder die Oberhand bekam. Beeindruckend!