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bolie
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Langscheid

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Insgesamt 932 Bewertungen
Bewertung vom 19.08.2019
Colombani, Laëtitia

Der Zopf


ausgezeichnet

„Drei Frauen, drei Leben, drei Kontinente“, so beginnt der Klappentext des Buches Der Zopf von Laetitia Colombani. Da ist zunächst die Inderin Smita. Sie arbeitet als „Kloputzerin“. Das heißt, dass sie zur niedrigsten Kaste Indiens, der Dalit, gehört und die Fäkalien der sozial über ihr stehenden Menschen entsorgen muss. Dieses Schicksal möchte sie ihrer Tochter Lalita ersparen und kämpft dafür, dass die lesen und schreiben lernt. Nur so hat Lalita eine Chance, dem alltäglichen Gestank und Schmutz zu entgehen. Obwohl Smita es schafft, die Tochter in der Schule anzumelden, sieht sie sich unüberwindbarer Grenzen gegenüber.

Die Firma Lanfredi steht auf Sizilien und gehört Giulias Vater. Sie ist seit Jahrzehnten in der Hand der Familie. Nach einem Unfall des Vaters stellt sich heraus, dass die Fabrik für feine Perücken vor dem Ruin steht. Und das nach 100 Jahren. So lange lebte die ganze Familie von der Firma. Guila ist eine unersättliche Leserin und hat kaum soziale Kontakte außerhalb der Fabrik. Nun muss sie ganz plötzlich einen Weg finden, damit sie das Geschäft retten kann. Die Haarteile und Perücken werden aus Echthaar gemacht. Das stammt entweder von Friseuren der Insel und dem Festland oder es wurde von den Menschen gesammelt. Gezahlt werden die Haare nach Gewicht und vor der Verarbeitung gesäubert und entfärbt. Es ist die letzte Fabrik dieser Art in Palermo und der Stolz ihrer Besitzer.

Sarah Cohen lebt in Montreal und sehr ehrgeizig. Sie lebt alleine mit ihrer Tochter und diese wird von ihr vernachlässigt. Und das nur, um ihre Karriere voranzutreiben. Sie hat eigens für das Kind einen Angestellten, der sich um sie kümmert. Sarah arbeitet in einer Anwaltskanzlei und sehr schnell wird sie dort auch Gesellschafterin. Sie ist am Ziel ihrer Wünsche. Doch dann erfährt sie, dass sie an Krebs erkrankte und erst dann merkt sie, was wirklich wichtig ist im Leben. Auch die vermeintlichen Freunde lernt sie nun erst richtig kennen.

Unterschiedlicher können die Lebensumstände der drei Frauen nicht sein. Trotzdem schafft es die Autorin, die Schicksale so miteinander zu verflechten, dass am Ende ein stimmiges Bild entsteht. Die Sprache ist ansprechend und ja, für meinen Geschmack gehoben. Das Buch lässt sich gut lesen, da die Autorin sehr bildhaft erzählt. Ein Buch, dass ich unbedingt empfehle.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.08.2019
Jachina, Gusel

Wolgakinder


ausgezeichnet

Schulmeister Bach wohnt an der Wolga. Hier liegt ein kleiner Ort namens Gnadental, der vor vielen Jahren von Deutschen besiedelt wurde. Sie kamen auf Einladung der Zarin Katharina und hofften auf ein besseres Leben als in der Heimat. Bach lehrt die Kinder des Dorfes und lebt sehr zurückgezogen. Eines Tages wird er von einem Bauern eingeladen, dass er seiner Tochter Hochdeutsch beibringt. Der Landwirt namens Grimm lebt außerhalb Gnadentals auf einem Aussiedlerhof. Bach nimmt den Auftrag an und lernt die junge Klara kennen.

Klara und Bach verlieben sich ineinander und möchten zusammen sein. Vater Grimm hat andere Pläne. Er will mit Tochter und Magd nach Deutschland reisen. Klara flieht und sucht bei Bach Schutz. Zunächst wohnen sie auf dem verlassenen Hof, wollen aber in Gnadental Fuß fassen. Das gelingt nicht. Die Einwohner kommen ihnen nur mit Verachtung und sogar Feindschaft entgegen.

Klara und Bach richten sich auf dem Hof ein und leben dort zufrieden und ohne Not. Am Rande erfahren sie von der Revolution und dem Krieg, aber selbst sind sie nicht betroffen. Bis eines Tages ein Ereignis ihre heile Welt völlig aus der Bahn geraten lässt.

Das Buch erfordert völlige Konzentration und lässt sich nicht so nebenbei lesen. Es beschreibt die Situation der Deutschen, die an die Wolga zogen aber auch die Zeit von Lenin und später Stalin. Beide Despoten hatten großen Einfluss auf das Leben der Einwanderer. Es lohnt sich, wenn neben dem Buch ein Computer bereit steht. Dort lässt sich nachvollziehen, welche Situationen die Autorin genau beschreibt.

Was mich am meisten faszinierte, das war die beeindruckende Sprache. Auch die Beschreibung der Landschaft und die Darstellung der Charaktere. Das Cover ist schlicht und doch aussagekräftig. Es zeigt karge Bäume vor einem breiten Fluss und ist mit wenigen Farben gestaltet. Wolgakinder von Gusel Jachina ist ein wirklich beachtenswertes Buch, welches viele Leser verdient. Ich betone auch die Arbeit des Übersetzers Helmut Ettinger. Er leistete ganze Arbeit.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.08.2019
Slaughter, Karin

Die letzte Witwe / Georgia Bd.9


sehr gut

Obwohl Michelle in einer lesbischen Ehe lebt, erzieht sie ihre Tochter recht konservativ. Lippenstift gibt es erst, wenn sie 12 Jahre alt ist und das gilt auch für andere Schminkutensilien. Nach einem Einkaufsbummel, wo die Tochter dann doch vor ihrem 12. Geburtstag ihren ersehnten Lippenstift bekommt, wird Michelle entführt. Die Tat geschieht in einem Parkhaus und niemand kann die Täter aufhalten. Das ist die Handlung im Prolog von #DieLetzteWitwe.

Tage später hören Will Trent und Sara Linton, wie es in der Nähe zwei laute Explosionen gibt. Sie haben frei und besuchen Saras Tante, die in einem großen Haus lebt. Das soll Sara schon bald geschenkt bekommen. Will wuchs in Heimen auf und hat schon einige Traumenhinter sich. Sara kommt aus einer wohlhabenden Familie und die Unterschiede zwischen den beiden könnten größer nicht sein. Trotzdem oder gerade deswegen sind sie ein Paar. Sie lieben sich und das ist auch der Grund für das Entsetzen Wills.

Die beiden eilen zum Ort des Unglücks und müssen aussteigen, da vor ihnen drei Autos stehen, die ineinander fuhren. Direkt nach dem Begutachten der Betroffenen erkennt Sara, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt. Nach einigem Hin und Her muss Will mit ansehen, wie sie mit Waffengewalt in ein Fahrzeug gezerrt wird. Er kann nicht handeln, da er verletzt am Boden liegt. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt und Will bemüht sich, dass er klar denkt und nicht verzweifelt.

#DieLetzteWitwe ist ein typischer Thriller von Karin Slaughter. Er beginnt direkt mit einem Verbrechen und sofort ist es spannend. Wer hat Michelle und Sara entführt? Sind es ehemalige Soldaten oder Polizisten, die die Frauen für ein Verbrechen missbrauchen möchten?

Mir gefiel das Buch gut, wenn auch die Längen im Mittelteil meiner Meinung nach nicht nötig waren. Das Eingehen auf das Privatleben der Ermittler ist nicht übertrieben und passt recht gut zur Story. Dabei müssen die vorherigen Bände der Reihe nicht gelesen werden. Ich kam auch so gut klar mit den Ausführungen. Die Recherche über Krankheiten und Ansteckung mit Bakterien wurde von Frau Slaughter sehr genau durchgeführt. Das konnte ich beim Lesen gut nachvollziehen. Allerdings war ich auch sehr betroffen den Aussagen zu Pädophilen und dem Leid der Kinder.

Das Cover gefällt mir ebenfalls, da es ohne großen Schnickschnack auskommt. Ein wirklich spannender Thriller, der endlich auch mal ohne Ausweiden und Zerstückeln von Leichen auskommt. Die Handlung ist nachvollziehbar und ich empfehle das Buch auf jeden Fall.

Bewertung vom 02.08.2019
Fontane, Theodor

Effi Briest


ausgezeichnet

Effi Briest ist ein Roman von Theodor Fontane, einem berühmten deutschen Schriftsteller. Er wurde zunächst in der Zeitung „Deutsche Rundschau“ abgedruckt und erschien erst danach, im Jahr 1896, als Buch. Effi Briest ist einer der ersten Gesellschaftsromane und Fontane gilt als Vordenker von Thomas Mann.

In dem Roman geht es um ein junges Mädchen, das einen wesentlich älteren Mann heiratet. Wie zur damaligen Zeit besonders in wohlhabenden Haushalten üblich, war Effi kindlich und sich ihrer Situation nicht bewusst. Anfangs empfand sie Stolz, dass der ältere Mann überhaupt Interesse an ihr zeigte. Später dann ging sie zunehmend ihre eigenen Wege.

Das Schicksal Effis ist in der heutigen Zeit unvorstellbar. Trotzdem birgt der Roman viel Lebensweisheit in sich und zeugt von dem typischen Denken der Wilhelminischen Ära. Scheuklappen und nicht nachzuvollziehende Dogmen bestimmten das damalige Leben.

Fontane gilt bis heute als Größe seines Fachs und wird immer wieder gerne zitiert. Auch mir hat die Sprache wieder bestens gefallen. Es war für mich eine Wohltat, da es heute kaum noch so sprachgewaltige Autoren und Schriftsteller gibt. Das ungekürzte Hörbuch wird von Oliver Rohrbeck gelesen und das wiederum war ebenfalls ein Genuss. Er versteht es, den Hörer in den Bann zu ziehen und mit seiner Stimme den Anschein zu erwecken, als seien mehrere Leser vor dem Mikrofon.

Es sind 2 MP3-CD´s mit einer Länge von 653 Minuten, die der Audiobuch Verlag anbietet. Dieses Vergnügen sollten Sie sich nicht entgehen lassen.

Bewertung vom 02.08.2019
Friederichs, Hauke

Funkenflug (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Wären nicht Zeitungen und unzählige Briefe, käme es mir gar nicht zum Bewusstsein, dass ich in einer Zeit lebe, in der menschliche Unzulänglichkeit und Grausamkeit beängstigend überhand nimmt.“ Nein, dieses Zitat stammt nicht aus dem Jahr 2019. Es stand in einem Brief von Albert Einstein an seine Freundin der Königin Elisabeth von Belgien. Das Zitat stammt aus dem Jahr 1939. Einstein musste vor den Nazis flüchten, weil er Jude war. Katja und Thomas Mann machen Urlaub in Holland an der Nordsee. Auch sie flüchteten vor Hitlers Schergen und ihr Sohn Golo hofft darauf, dass er eine Aufenthaltsgenehmigung für die Schweiz bekommt. Die wird ihm anfangs nur für zwei Wochen gewährt, denn hier sind die Flüchtlinge nicht willkommen.

Sophie Scholl, anfangs noch in der HJ, gründet mit ihrem Bruder die „Weiße Rose“ und wird später von den Nazis ermordet. Adolf Hitler schwärmt für Richard Wagner und ist in Bayreuth in der Villa Wahnfried stets ein gern gesehener Gast. Rienzi ist Hitlers liebste Oper und die Ouvertüre leitete die Reichsparteitage in Nürnberg ein. Minutiös und ausführlich schreibt der Autor Hauke Friederichs in dem Buch #Funkenflug was im August 1939 hinter den Kulissen geschah. Warum zum Beispiel Hitler so ganz plötzlich einen Pakt mit Stalin einging und wie die Medien zu Propagandazwecke Hitlers und Konsorten missbraucht wurden. Ja, damals konnten die Journalisten sich kaum wehren, ohne in Lebensgefahr zu geraten.

Jüdische Mitbürger mussten viel Geld aufbringen, um Deutschland verlassen zu können. Die Eltern von Katja Mann waren Millionäre, bis der „Führer“ ihrem Vermögen habhaft wurde. #Funkenflug, das ist mehr als „nur“ ein Sachbuch. Der Autor beschreibt die Tage im August 1939 sowohl aus Sicht der „Mächtigen“ als auch der Kritiker und Verfolgten. Wie alle getäuscht wurden, damit am 01. September 1939 „zurückgeschossen“ werden konnte. Was Churchill zu all den Lügen meinte und in welchem Luxus nicht nur der „Führer“ damals lebte.

#Funkenflug zeigt auch, welche Charaktere hinter den bekannten Namen der Nazigrößen standen. Das Buch beginnt mit einer kurzen Einleitung und ist in 10 Kapitel aufgeteilt. Start ist am 01.August 1939 und es endet am 01.09.1939. Das 10. Kapitel, der Epilog, vermittelt das Schicksal einiger im Buch beschriebenen Menschen.

Interessant für mich waren auch die 14 Fotos am Schluss von #Funkenflug. Albert Einstein auf einem Boot zu sehen, das hat was. Es folgen noch die Erklärung von Abkürzungen sowie eine Auswahl an weiter führender Literatur. Personenregister und Bildnachweis fehlen ebenfalls nicht.

Für mich erschreckend, sind die Parallelen zur heutigen Zeit. Leider gibt es wieder vermehrt Populisten, die einzelne Schicksale ausschlachten, um den Menschen ihre Politik schmackhaft zu machen.

Bewertung vom 29.07.2019
Dahl, Kjell Ola

Die Frau aus Oslo (eBook, ePUB)


sehr gut

#DieFrauAusOslo beginnt mit einem Zeitungsbericht im Jahr 2015. Dort wird auf ein Armband aufmerksam gemacht, das versteigert werden soll. Eine Frau namens Turid wird darauf aufmerksam. Das ist der Epilog.

Dann folgt das Jahr 1942 in Oslo. Ester, eine junge jüdische Frau muss mit ansehen, wie ihr Vater abgeführt und sein Geschäft geschlossen wird. Wie einen Schwerverbrecher behandeln die Männer ihn. Er ist Uhrmacher und nur weil er Jude ist und die Nazis damals bereits Norwegen besetzten, wird er ins Gefängnis gebracht. Ester flieht nach Schweden. Vorher verabschiedet sie sich noch von ihrer Freundin Ase, die mit einem Mann namens Gerhard zusammen lebt. Sie haben eine kleine Tochter, die Turid.

#DieFrauAusOslo wechselt immer wieder zwischen den Jahren 1942 und 1967. Hauptthema ist nicht die Verfolgung der Juden oder der 2. Weltkrieg. Es ist eher ein Nebenschauplatz. Sicher, die Gefahr für Menschen, die sich dem Widerstand gegen die Nazis anschlossen, wird gut dargestellt. Aber die ganze Story dreht sich um den Mord an einer jungen Frau, der nie aufgeklärt wurde.

Anfangs hatte ich Probleme mit dem stetigen Wechsel zwischen den Zeiten. Hilfreich waren dabei die Überschriften. Auch fand ich, dass #DieFrauAusOslo nicht so viele Seiten haben müsste. Aber es ist trotzdem ein spannendes Buch. Ein anderer Ansatz, das Thema Gestapo und Hitler darzustellen. Der Übersetzer des Kriminalromans hat ganze Arbeit geleistet.

Bewertung vom 26.07.2019
Prosser, Robert

Gemma Habibi (eBook, ePUB)


sehr gut

„#GemmaHabibi sei unter Boxern das oft beschworene Herz, der Hunger. Wonach? Nach Anerkennung, ein anderes Leben oder Selbstbestimmung. Boxen sei wie die Kunst oder die Literatur, ein Mittel, diesen Hunger aufrecht zu erhalten. Die Worte verkörpern die Sucht nach einer Bedingungslosigkeit, der sich alles andere unterordnen muss.“ Das meint Robert Prosser über sein neuestes Werk #GemmaHabibi.

„Es ist genug für alle da“, so lautet der Satz auf einem Transparent, welches während einer Demo in Wien hochgehalten wird. Und das ist der Beginn des Romans #GemmaHabibi. Der Autor schreibt in der Ich-Form. Die Anfänge in Wien, nachdem er zum Studium aus einem kleinen Ort in die „große Stadt“ zog. Sei Aufenthalt in Syrien und die Menschen, die er dort kennenlernte. Das ist Z., der später auch nach Österreich flüchtet und Elena, eine Fotografin. Mit ihr fängt er eine lockere Beziehung an. Während des Studiums, und zwar im Jahr 2013, gab es ein Projekt für die künftigen Anthroposophen. Lorenz, so heißt der Protagonist, meldet sich daraufhin in einer Boxschule, einem Gym, an. Er will erforschen, in welcher Weise das Boxen zur Völkerverständigung beitragen kann.

#GemmaHabibi zeigt, dass beim Boxen die Nationalität eigentlich keine Rolle spielt. Warum nur eigentlich, das wird im Verlauf der Erzählung klar. Der Autor beschreibt verschiedene Erlebnisse von Geflüchteten und immer wieder kommt die Sprache aufs Boxen. Ich denke es ist das Jahr 2015, wo viele Menschen in Wien ankamen und von „Bahnhofsklatschern“ begrüßt wurden. Elena hält diese besondere Situation mit ihrer Kamera fest. Dazu gehört auch die nicht nachvollziehbare Gewalt der Polizei bei einer Demo in Wien. Auch in Österreich sind die mit Schlagstöcken und Pfefferspray unterwegs, um „gewaltbereite, linke“ Demonstranten gewaltsam zu stoppen. Die Demo hieß übrigens „Refugees welcome“.

Eine Reise nach Ghana beschreibt der Autor ebenfalls und das sehr ausführlich. Seine Erlebnisse dort zeugen von guter Beobachtungsgabe und auch immer wieder der Schwenk zur Sportart Boxen. Der Roman ist nicht immer chronologisch aufgebaut und anfangs fiel es mir schwer, den Gedankengängen des Autors zu folgen. Das legte sich mit der Zeit. Viele Situationen waren für mich interessant, jedoch kam mir ein wenig zu viel Boxen vor. Dennoch empfehle ich das Buch, weil es toll geschrieben ist und der Wahrheit sehr nahe kommt. Es ist mehr als „nur“ ein Roman.

Bewertung vom 25.07.2019
Stanzl, Werner

Der Würger von Triest


sehr gut

In dem Buch Der Würger von Triest ermittelt ein Hauptkommissar namens Vossi. Es ist ein weiterer Band aus der Reihe rund um den Kommissar und der Hafenstadt Triest. Der Autor Werner Stanzl lebte viele Jahre in der Stadt und kennt sich dort bestens aus. Das merkt der Leser auch bei der Beschreibung der Tatorte.

Mia ist eine junge Frau, die sich nicht länger von ihrem Vater Vorschriften machen lassen möchte. Er zwingt sie zum Tragen eines Kopftuchs und sie darf weder enge Jeans noch Miniröcke anziehen. Heimlich hat sie eine Beziehung zu einem jungen Mann und entschließt sich zur Flucht aus dem Elternhaus. Sie möchte künftig mit ihrem Pablo zusammen leben. Mia arbeitet in einem Salon und wird eines Abends darum gebeten, dass sie einen Termin nach Feierabend übernimmt. Am nächsten Tag ist sie tot.

Hat ihr Vater etwas mit dem Mord zu tun? Oder gar ein Kunde des Frisörsalons? Bruno Vossi arbeitet seit 25 Jahren bei der Kripo von Triest und freut sich bereits auf den wohlverdienten Ruhestand. Er wird zum Tatort gerufen und mit der Aufklärung des Falles betraut. Auffallend ist hier die Todesursache der jungen Frau. Jelena, die Ehefrau von Vossi gibt ihm mitunter gute Tipps, die ihm bei den Ermittlungen helfen. Kurz nach dem Mord an Mia wird eine weitere Leiche gefunden und auch hier ermittelt Commissario Vossi.

Das Buch hält seine Spannung, weil der Autor einige Überraschungen eingebaut hat. Immer wieder kommen neue Verdächtige ins Spiel und bis zur Auflösung des Falles hatte ich keine Ahnung, wer der Mörder ist. Herr Vossi und seine Eigenarten ließen mich so manches Mal schmunzeln. Angenehm zu lesen und besonders für Liebhaber Italiens eine interessante Lektüre. Spannend bis zur letzten Seite und eine Todesursache, die ihresgleichen sucht.

Bewertung vom 25.07.2019
Winterberg, Linda

Aufbruch in ein neues Leben / Hebammen-Saga Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Aufbruch in ein neues Leben ist der erste Band der Hebammen-Saga von der Autorin Linda Winterberg. Er beschreibt das Leben während des 1. Weltkriegs und den damit verbundenen Schwierigkeiten.

Drei junge Frauen wollen in der neu erbauten Frauenklinik in Berlin-Neukölln ihre Ausbildung zur Hebamme absolvieren. Unterschiedlicher könnte ihre soziale Stellung kaum sein. Sie eint aber die Liebe zu den Neugeborenen und ihren Müttern. Margot, lebt mit ihrer Familie in einem Hinterhaus in Berlin und darf aufgrund einer Empfehlung die Ausbildung kostenlos durchführen. Edith, eine junge Frau aus reichem Elternhaus, fängt in der Klinik ohne den Willen ihrer Eltern an. Luise, die mit ihrer Großmutter in Ostpreußen lebt, beginnt auf drängen ihrer Oma die Ausbildung. Luise hat viel von der Seniorin gelernt, da diese als Gemeindehebamme arbeitet und Luise ihr oft geholfen hat.

Das Leben in der Zeit von 1917 und 1918 ist für die Menschen nur schwer zu ertragen. Sie leiden unter dem „Großen Krieg“ und sehnen sich nach Frieden. Nahrung gibt es nur noch sehr begrenzt und viele hungern. Die Männer sind an der Front und täglich kommen Nachrichten von gefallenen Soldaten. Die Witwen müssen sich ohne Unterstützung durchschlagen und am meisten leiden die Schwächsten. Das sind die Säuglinge, Kleinkinder und Kranke.

Die drei jungen Frauen freunden sich rasch an und helfen sich gegenseitig. Sie kommen mit viel Elend in Berührung und sind teilweise erschüttert. Können sie doch nicht wirklich helfen, sondern die Not höchstens lindern.

Dass mir Aufbruch in ein neues Leben gut gefiel liegt zunächst an dem angenehmen Schreibstil von Frau Winterberg. Aber auch die vielen Fakten, welche von gründlicher Recherche zeugen, beeindruckten mich. Es ist die Rede vom ersten Inkubator für Säuglinge, der auf der Weltausstellung in Berlin vorgestellt wurde. Damals hieß er noch „Kinderbrutanstalt“ und war ein wertvolles Gerät für Frühgeborene. Dann kommt die Revolution mit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zur Sprache, welche dann den Sturz des Kaisers als Folge hatte. Die Schwierigkeiten der Demonstranten, welche verhaftet oder ermordet wurden, haben mich erschüttert. Wie dankbar dürfen wir sein, dass wir heute und in einer Demokratie leben.

Aufbruch in ein neues Leben ist ein Stück Geschichte Deutschlands und genau das Richtige, um abzuschalten.