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seschat
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Insgesamt 938 Bewertungen
Bewertung vom 04.04.2016
Hagen, Zoe

Tage mit Leuchtkäfern


ausgezeichnet

INHALT
Die 15-jährige Berlinerin Antonia, genannt Gandhi, hasst ihr Leben und vor allem ihre ach so perfekte Mutter.
Elterliche Zuneigung und Wärme kennt sie nicht und vermisst diese sehr. Infolge flüchtet sich Gandhi in Bulimie und beginnt sich zu ritzen. Die innere Leere und ihr Außenseitertum ist groß.
Erst als sie eines Tages Fred und dessen Freunden Amira, Lynn, Noah und Fabien begegnet, erfährt sie Verständnis und wahre Freundschaft. Doch Fred & Co sind keine gewöhnlichen jungen Erwachsenen, sondern bilden den geheimen "Club der verhinderten Selbstmörder". Wird Gandhi gerade durch sie wieder Freude am Leben gewinnen und die Bulimie besiegen können?

MEINUNG
"Tage mit Leuchtkäfern" ist das erste Buch der deutschen Jungautorin Zoe Hagen, das ich bisher gelesen habe. Es hat mir ausgesprochen gut gefallen, mich regelrecht positiv überrascht. Warum?

Erstens, Zoe Hagen schreibt im Tagebuchstil, was ich so nicht erwartet hätte und bei Romanen eher ungewöhnlich ist. Doch Ich-Erzählerin und damit Tagebuchschreiberin Gandhi konnte im Laufe der Handlung damit überzeugen. Man lernt sie und ihre Sorgen bzw. Nöte dadurch viel intensiver und authentischer kennen. Ich mochte besonders ihre direkte bis flapsige Sprache, die perfekt zu ihrem widersprüchlichen Charakter passte. Auch Gott als Adressat ihrer Briefe bzw. Tagebucheinträge lässt sich mit ihrer zwiespältigen Art erklären, denn obwohl sie Atheistin ist, schreibt sie ausgerechnet ihm. Was für eine Ironie des Schicksals!

Zweitens, Zoe Hagen beschönigt in ihrer Geschichte die Realität bzw. schmerzliche Vergangenheit von Gandhi, Fred etc. nicht, sondern nennt Dinge schonungslos offen beim Namen. Und obschon alle Charaktere Schlimmes durchgemacht haben, können sie miteinander lachen und das Leben genießen. Diese Freundschaft lässt Gandhi wieder ans Leben glauben und ist besser als jede Therapie.

Drittens, jede der verschiedenen Figuren ist anders gestaltet, sprich, hat einen anderen Charakter bzw. bestimmte Spleens. So liebt der nihilistische Noah alte Musik und Gustave Flaubert, fabuliert einfach gern. Fred hingegen ist etwas verrückt und macht schon mal spontan im Winter einen Schneeengel. Fabien kommt aus Frankreich und sagt zu allem "C'est la vie". Mir haben diese unterschiedlichen Charaktere sehr gefallen, auch wenn man nicht über jede Figur alles erfährt. Sie haben der Geschichte Farbe und Heiterkeit verliehen.

Viertens, Weltliteratur (Flaubert und Catull) wurde an passenden, meist philosophischen Stellen in die Handlung eingebunden, was das Niveau des Buchs ungemein gesteigert hat. Zudem kam dadurch Tiefe in die Story.

Fünftens, das Cover wurde sehr stimmungsvoll und ansprechend designt. Es harmoniert bestens mit dem Inhalt und wird die junge Leserschaft sicher anziehen.

Hier ein paar Zitate zur Einstimmung:

"Denn manchmal ist die Illusion schöner als die Realität, die Realität nichts als die schlechte Kopie der Vorstellung."

"Für meine Wunden heute gibt es keine Pflaster. Sie sind in mir, ich verblute innerlich und schaue mir dabei zu und kann doch nichts ändern."

"Nun fühle ich es, und mein Herz droht zu zerreißen, und ich bin wütend und zufrieden zugleich, und ich sehe, atme und weine und lache, aber mehr als das spüre ich: Ich lebe."

FAZIT
Ein authentisches Buch über Lebensverdruss und -lust. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 25.03.2016
Lindgren, Minna

Rotwein für drei alte Damen oder Wie starb der junge Koch? / Drei alte Damen Bd.1


weniger gut

INHALT
Die drei rüstigen Freundinnen Siiri, Irma und Anna-Liisa, alle über 90, kommen in der Altersresidenz "Abendhain" sonderbaren Geschehnissen auf die Spur. Erst stirbt der beliebte Koch und dann wird auch noch ein Heiminsasse vergewaltigt. Werden die drei finnischen Frauen die Verbrechen aufklären können?

MEINUNG
Minna Lindgrens Roman ist mehr eine heitere und selbstironische Altersstudie als ein ein echter Kriminalroman. Ich hatte mir im Voraus mehr spannende Handlung gewünscht, bekam hingegen dröge, aneinandergereihte Einblicke in den Altersheimalltag und in den heutigen Umgang mit dem Thema Altern in Finnland.

Die drei Protagonistinnen konnten nicht sonderlich überzeugen, wirkten oft verwirrt und wenig interessant. Alle drei haben ihre Wehwehchen und Spleens und können diesen im wenig ereignisreichen Heimalltag zwischen Canasta und Kaffeetrinken fröhnen. Dort , im Heim, wird, wenn es die Pfleger nicht sehen, ordentlich Rotwein getrunken und die neuesten Todesfälle werden besprochen. Man selbst fragt sich, möchte man auf solch langweilige Art und Weise seinen Lebensabend verbringen? In vielen Heimen mag es so und noch schlimmer zugehen, besonders was die finanzielle Abzocke betrifft. Sicherlich hält Minna Lindgren uns allen auf diese Weise den Spiegel vor und man muss über die ein oder andere Anekdote lachen, aber wo bleibt dabei der Krimi?

Der Todesfall des Kochs und die Vergewaltigung des Heimbewohners dienten mehr als Staffage als als Spannungsbeschleuniger. Insgesamt fehlte mir der rote Faden. Vieles wirkte sinnfrei und lose aneinandergereiht. Auch die unaufgeregte und uninspirierte Sprache konnte es nicht rausreißen.

FAZIT
Leider konnte ich den Hype um diesen finnischen Bestseller nicht nachvollziehen und hatte dementsprechend nur wenig Freude mit diesem Buch.

Bewertung vom 21.03.2016
Uebel, Tina

Uebel unterwegs


ausgezeichnet

Die Reise-Bücher des Delius Klasing Verlags sind einer meiner persönliches Lese-Highlights. Ich habe schon einige gelesen und dabei viel Neues aus aller Welt erfahren.
Tina Uebels Route (Deutschland – Serbien – Bulgarien – Türkei – Iran – Turkmenistan – Usbekistan – Kasachstan – China) ist beeindruckend. Sieben Wochen reist die Autorin von Hamburg nach Shanghai, um dort einen Preis (Literaturstipendium) entgegen zu nehmen. Sehr aufwändig, möchte man meinen, aber eine unvergessliche Lebenserfahrung. Auf dem Landweg trifft sie interessante Persönlichkeiten und muss dabei einige westliche Vorurteile revidieren. Mir hat besonders ihr sehr persönlicher, unverstellter Blick auf die Geschehnisse bzw. die Welt gefallen. Tina Uebel wagt sich als Frau durch Staaten ohne Gleichberechtigung, schon das nötigt Respekt ab. Sie ist mutig, offen und neugierig. Ihr Bericht weiß zu begeistern und Reiselust zu versprühen.
Ob endlos lange Grenzkontrollen, ungewöhnliche Gerichte oder Sprachbarrieren Uebel bleibt stets tiefenentspannt und genießt den Augenblick. Auftretenden Problemen begegnet sie mit bissiger Ironie und viel Optimismus. Reisen ist für sie ein Grundbedürfnis und das merkt man. Mich haben besonders ihre positiven Erfahrungen mit Fremden fasziniert, vor allem im Iran.

FAZIT
Ein beeindruckender Reisebericht voller Authentizität und Galgenhumor. Diese Frau lässt sich nicht unterkriegen. Ich bin begeistert und habe Fernweh bekommen.

Bewertung vom 20.03.2016
Miller, Sophie

Wie Sommer auf unserer Haut


sehr gut

„Wie Sommer auf unserer Haus“ ist ein sehr emotionaler Liebesroman. Er erzählt die Geschichte der 42-jährigen Deutschen Katrin und des 21-jährigen Australiers Cameron. Das Brisante an dieser ungewöhnlichen Liebesgeschichte ist nicht nur der hohe Altersunterschied, sondern vor allem die Tatsache, dass Cameron der Sohn von Katrins bester Freundin Isabel ist.
Sophie Miller nähert sich dieser interessanten Amour fou in sehr authentischer und einfühlsamer Weise. Katrins Zweifel und Bedenken gegenüber ihrer Affäre zu einem viel jüngeren Partner kommen sehr offen zum Ausdruck. Die toughe Modeexpertin aus Düsseldorf ist von ihren starken Gefühlen zum Architekturstudenten Cameron mehr als überrascht. Letzterer agiert im Gegenzug fast schon zu erwachsen und zu vernünftig, wenn er Katrin eine ernste Beziehung anfleht. Zwei Lebenswelten mit unterschiedlichen Wertvorstellungen und Erfahrungshorizont treffen aufeinander und trotzdem funktioniert es.
Die Autorin versteht es auf vortreffliche Weise, den Leser für ihre romantische und zugleich konfliktreiche Story einzunehmen. Man fragt sich selbst, wie hätte ich in dieser Situation reagiert? Und kommt zum Schluss, Liebe und Zuneigung kennt kein Alter und man lebt nur einmal. Es mag sehr pathetisch klingen, aber es ist so. Liebe ist etwas Schönes und man sollte sie leben dürfen, auch wenn man damit gegen gängige moralische Konventionen verstößt.
Ich habe bis zum Ende mit beiden Charakteren mitgefiebert. Millers eindringlicher und leicht verständlicher Erzählton hat sein Übriges dazu beigetragen.

FAZIT
Ein ungemein emotionaler Roman über eine ungewöhnliche Paarbeziehung, der das Credo vertritt: Geht nicht, gibt‘s nicht. Gute Frauenlektüre.

Bewertung vom 19.03.2016
Carton, Virginie

Lucien und Mathilde - eine Liebesgeschichte


ausgezeichnet

INHALT
Mathilde, 34 und Chocolatière, und Lucien, Kinderarzt, leben im selben Pariser Wohnhaus, doch kennen sich nicht wirklich. Beide sind sie hoffnungslose Romantiker und lieben die französischen Filme der 60er Jahre. Sie gehen nicht gern aus, haben nur wenige Freunde und können nicht viel mit dem modernen sozialen Netzwerken bzw. Kommunikationsmitteln anfangen. Kurzum, Mathilde und Lucien scheinen irgendwie aus der Zeit gefallen zu sein und passen eigentlich prima zusammen. Doch werden sie sich jemals begegnen?

MEINUNG
Virginie Carton erzählt eine zarte und sehr stille Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, die der modernen, unromantischen Welt nur wenig abgewinnen können und sich lieber in die Vergangenheit flüchten.

Schritt für Schritt taucht die Autorin in beider Lebensgeschichte ein, indem sie sowohl Mathilde als auch Lucien in die Rolle des Erzählers schlüpfen lässt. Man lernt Mathilde als schüchterne und gute Studentin kennen. Lucien wiederum zieht sich seit seiner Kindheit gern zurück und findet nur schwer Anschluss. Beide nehmen sich als anders, also jenseits des üblichen Mainstreams, wahr. Ihre Ideale und Ziele wirken veraltet und nicht mehr zeitgemäß. Doch gerade deshalb mochte ich diese Geschichte, weil sie zeigt, dass nicht alle Erdenbürger oberflächliche und nichtssagende Verbindungen eingehen. Die Autorin lässt den Leser noch an die unschuldige und schwärmerische Romantik weitab vom unpersönlichen Online-Dating glauben.

Ich habe Cartons sich langsam steigernden Roman mit großer Freude gelesen. Das französische Flair kam keinesfalls zu kurz; französische Filme und Chansons inklusive. Mit ihrem leichten, doch keineswegs weltfremden Sprachstil konnte sie mich überzeugen und mitreißen.

Das Cover wurde perfekt auf die feine Liebesgeschichte abgestimmt, denn es wirkt verträumt und versprüht zugleich ein französisch-leichtes Lebensgefühl.

FAZIT
Ein Buch, das noch an die echte Liebe glauben lässt. Einfach zauberhaft-leichte Belletristik.

Bewertung vom 14.03.2016
Bongard, Katrin

Kissing Bd.1


ausgezeichnet

INHALT
Emmy ist Anfang Zwanzig und studiert im zweiten Semester Psychologie in Berlin. Sie und ihr schwuler Freund Julian kennen sich von klein auf und haben bisher alles gemeinsam durchgestanden. Doch nun stellt der geheimnisvolle Noah ihre Freundschaft gehörig auf die Probe. Denn sowohl Julian als auch Emmy verlieben sich Hals über Kopf in den attraktiven jungen Mann, obwohl Emmy als Kupplerin Nr. 1 Noah eigentlich mit Julian zusammenbringen wollte. Aber steht Noah überhaupt auf Männer und wieso hält er auffällig häufig in ihrer Nähe auf?

MEINUNG
Nachdem ich bereits schon den zweiten Teil von Katrin Bongards Herz-Schmerz-Trilogie mit viel Freude gelesen habe, kam ich nun in den Genuss des ersten Bandes „Kissing“. Dieser steht dem Folgeband in keinster Weise nach und hat mich abermals vollkommen von sich überzeugen können. Warum?

Die Autorin Katrin Bongard hat ein fabelhaftes Gespür für die Alltagssorgen (vor allem Liebessorgen) der Generation 20+. Authentisch und ungemein humorvoll fühlt sie sich in ihre Charaktere ein, so dass man meinen könnte, sie gehöre selbst noch dieser Generation an. Aktuelle Themen wie Auszug aus dem Elternhaus, Studium, Freundschaft und Liebe werden eingehend und offen betrachtet. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und legt einen modernen, zielgruppenorientierten Erzählstil an den Tag, der an keiner Stelle aufgesetzt klingt.

Hauptfigur Emmy ist eine sympathische Ich-Erzählern mit hohen Idealen (gutes Studium, große Liebe) und liebenswerten Freunden. Für ihre Freundschaft zu Julian ist Emmy sogar bereit ihre Liebe zu Noah aufzugehen. Aber geht das überhaupt? Emmys Gefühlswirrwarr, der Konflikt zwischen Freundschaft und Verliebtsein, wird sehr ausführlich und mit allen Auf und Abs geschildert. Und man erkennt schnell, dass auch angehende Psychologen nicht gegen Emotionen und das damit einhergehende Durcheinander gefeit sind, was diese menschlich macht. Hierbei konnten mich besonders Emmys kursiv abgedruckte Träume begeistern.

Von den weiteren Figuren konnten mich vor allem Noah, Julian und Fiona mitreißen. Jeder für sich hat seine eigene Beziehung zu Emmy. Alle sind unfassbar hilfsbereit und liebenswert zueinander, so dass man sofort dieser Clique angehören möchte.

Neben der emotionalen Ebene wird auch ein ausführlicher Einblick in den heutigen Studentenalltag, besonders von Medizin- und Psychologiestudenten, gewährt. Insgesamt fand ich diese Exkurse sehr interessant und realistisch.

Auch die Elterngeneration und deren Probleme (Trennung oder Outing des Sohnes) kommen zu Wort, was erstaunt. Eines steht fest, Bongards Roman ist keine einfache leichte Liebeskomödie, sondern ein Buch mit Tiefgang und Verstand, wobei der Humor und die Romantik nicht auf der Strecke bleiben.

FAZIT
Die perfekte Melange aus Liebesgeschichte und Drama. Nicht nur jugendliche Leser werden dieses Buch mögen.

Bewertung vom 13.03.2016
Wells, Benedict

Vom Ende der Einsamkeit


ausgezeichnet

Benedict Wells' schnörkelloser und emotional treffsicherer Sprachstil war hinreißend. Ich konnte mich sehr gut in die Hauptperson Jules und in dessen zerrissene Seele einfühlen. Der Unfalltod der Eltern hat die Geschwister getrennt, gleichwohl sie alle das gleiche Heim besuchten. Es ist erschreckend, wie schnell man durch solch ein Ereignis aus der Bahn geworfen werden kann, gerade wenn man noch ein Kind ist und noch unsicher dem Leben gegenübersteht. Liz, die ältere Schwester von Jules, rebelliert, während Jules sich in seine Traumwelt zurückzieht. Gut, dass es Alva gibt, die ihn zu verstehen scheint. Aber auch diese Bindung ist nicht für ewig. Hauptcharakter und Erzähler Jules ist ein Gebrochener zugleich Suchender. Nach den Eltern verlässt ihn auch Alva und er steht allein da, ohne Halt und doppelten Boden. Das Vergangene scheint hin nicht los zu lassen. Unentwegt macht er sich Vorwürfe und kann kein "normales" Leben führen. Diese Leere fängt Wells auf großartige Weise ein, ohne allzu sentimental zu werden. Für Jules wird das Leben mehr und mehr zum Kampf, bis er seinen Bruder und seine Schwester wiedertrift und für kurze Zeit sich seinen Erinnerungen hingibt. Chronologisch nähert sich der Autor ausgehend von den Achtzigern bis jetzt Jules wichtigsten Lebensstationen, wobei er immer wieder feine Analogien zur Kindheit, seinen Geschwistern und der Freundschaft mit Alva spinnt. Als Leser kann und will man den Roman bis zur letzten Seite nicht mehr weglegen, weil er einerseits viel menschliches Drama bietet, aber auch, man mag es kaum glauben, Hoffnung auf bessere Zeiten verbreitet. Benedict Wells Erzählung ist zutiefst menschlich. Er betrachtet die Licht-, aber vermehrt die Schattenseiten des Daseins. Die Themen Verletzlichkeit und Unentschlossenheit spielen eine große Rolle. Alles in allem ist es eine in sich geschlossene, stark verwobene Geschichte mit gelungenem Ende. Meine Quintessenz: Denn zum Schluss ist es immer die Familie, die bleibt und unterstützt.

Hier meine Lieblingszitate:
"Eine schwierige Kindheit ist wie ein unsichtbarer Feind: Man weiß nie, wann er zuschlagen wird."

"Die Einsamkeit in uns können wir nur gemeinsam überwinden."

"Was folgt, ist dunkles Staunen und ein dichter Nebel, nur selten gelichtet von eigenen kurzen Erinnerungen."

FAZIT
Ein Roman, der sich tief ins Gedächtnis eingräbt und noch lange nachhallt. Absolute Leseempfehlung!

2 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.03.2016
Olshan, Ruth

All die schönen Dinge


ausgezeichnet

INHALT
Tammie ist 16 und hat ein Aneurysma, das bei der kleinsten Anstrengung sofort platzen könnte. Um ihr Leben nicht zu gefährden, meidet sie deshalb alles, was Spaß macht (vgl. Buchtitel); vor allem die Liebe. Kein Wunder, dass sie ihr eintöniges Leben einfach nur anödet und das Sammeln von Grabsprüchen ihr Hobby wird.
Als sie eines Tages auf dem Friedhof den lebenslustigen Fynn begegnet, der berufsbedingt an Grabsteinen rüttelt, beginnt ihr innerer Schutzwall erste Risse zu bekommen…

INHALT
Die Autorin Ruth Olshan hat mit „All die schönen Dinge“ ein sehr emotionales sowie authentisches Jugendbuch-Debüt vorgelegt, das sich wunderbar von den üblichen, wenig tiefgründigen Jugendbuch-/Teeniegeschichten abhebt.

Hauptprotagonistin und Ich-Erzählerin Tammie lebt aufgrund ihrer Krankheit ein Leben mit angezogener Handbremse. Sie wirkt erwachsener als viele ihrer Altersgenossen und nimmt die täglichen Einschränkungen mit viel Selbstironie hin. Ich habe sie auf Anhieb in mein Leserherz geschlossen. Ihre charakterliche Weiterentwicklung innerhalb des Buchs fand ich sehr realistisch dargestellt. Der unkomplizierte und lebensbejahende Junge Fynn ist Tammies beste Therapie. Durch seine Liebe und seine offenen Worte blüht sie regelrecht auf. Neben Fynn war es vor allem dessen Hund OKAY, der mich überzeugt hat. Beide bereicherten die Geschichten durch ihre Anwesenheit sehr.

Handlungstechnisch und sprachlich konnte Ruth Olshan mich 100%ig überzeugen. Tammies Krankheit wird offen thematisiert und Wege zum glücklichen Leben trotz Handicap aufgezeigt. Der Jugendroman ist eine Hommage an das Leben und die Verwirklichung eigener Träume. Bis zum Ende reißt Olshans Geschichte mit und wirkt in sich geschlossen.
Aus sprachlicher Sicht hat mich vor allem der heitere, moderne Grundton gefallen. Der Plot wirkt bunt und energetisch, was man bei Büchern zum Thema Krankheit nicht so üblich ist.

Das Cover mit den verschiedenen Post-Ist finde ich sehr innovativ und einfach perfekt auf die jugendliche Zielgruppe (13-16 Jahre) zugeschnitten.

FAZIT
Ein lebensechter und emotionaler Jugendroman mit Tiefgang. Krankheit trifft auf erste Liebe und trotzdem wird’s nicht depressiv. Absolute Leseempfehlung!