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Kuehn, S.

Bewertungen

Insgesamt 917 Bewertungen
Bewertung vom 20.05.2021
Madsack, Sylvia

Enriettas Vermächtnis


sehr gut

Verwirrendes Erbe
"Enriettas Vermächtnis" von Sylvia Madsack ist ein Roman, der nach dem Tod der bekannten Autorin Enrietta Da Silva handelt. Sie hat ein beträchtliches Erbe an zwei sich untereinander unbekannten Personen verteilt. Die werden nach Zürich bestellt, damit die Formalitäten erledigt werden können. Völlig unerwartet taucht dort dann der leibliche Sohn der Enrietta auf, der im Testament nicht mal erwähnt wurde.
Unter den Bedachten und auch Armando, dem Sohn gibt es hier untereinander viel Platz fürs gegenseitige Kennenlernen, Sympathien und auch Antipathien aufbauen und auch Vorurteile abzubauen. Nach und nach erfährt man so die Geschichte der Beteiligten und auch in welchem Verhältnis sie zueinander stehen.
Das Buch baut von Anfang an eine Spannung auf, obwohl es nur wenig Schauplätze und Personen gibt. Es liest sich sehr gut und der Schreibstil ist sehr ansprechend.
Was mir ein wenig gefehlt hat, ist etwas mehr über Enrietta selber zu erfahren und ihre Beweggründe, genau diese Konstellation zu schaffen. Das war bis zum Schluß nicht eindeutig ersichtlich. Die Personen waren mir alle nicht wirklich sympathisch, man konnte sich nicht identifizieren. Hier hat mir wirklich etwas die Tiefe gefehlt.
Der Roman machte aber Mut, an die Menschen zu glauben, an das Gute in ihnen und das Potential, dass jeder auch zu jeder Zeit zu einem Neuanfang fähig ist. Das hat mir gefallen.

Bewertung vom 19.05.2021
Döbler, Katharina

Dein ist das Reich


sehr gut

Gottes Wort in Neuguinea
"Dein ist das Reich" von Katharina Döbler ist eine Familiengeschichte, die sich über mehrere Generationen erstreckt. Die Autorin verarbeitet hier die Geschichte ihrer Großeltern, die viele Jahre in einer deutschen Kolonie in Neuguinea verbrachten. Die Zeitspanne umfasst beide Weltkriege.
Das Buch muss sehr aufmerksam gelesen werden, da hier verschiedene Erzählstränge von den Familien Reinhardt und Mohr ausgearbeitet werden und auch von verschiedenen Zeiten berichtet wird. "Es dauerte lange, bis ich den Archipel der Geschichten im Meer des familiären Schweigens zu erforschen begann."
Die Autorin berichtet hier anhand von Fotos, die sie genau beschreibt, von Tagebüchern, erzählten Überlieferungen und eigenen Recherchen. Am Anfang steht ein Stammbaum, der zur Erfassung der Geschichte sehr hilfreich ist und auf den Buchdeckeln sind innen auch Karten der Kolonialreiche abgebildet. Viele Jahre Geschichte und auch Missionstätigkeit werden hier sehr lebendig und anschaulich geschildert.
Dadurch, dass die Enkelin aus heutiger Zeit erzählt und durchaus eine kritische Sicht auf die Dinge hat, entsteht hier ein ganz besonderer Erzählstil, dem sich aber durchaus gut folgen lässt. Die sachliche Herangehensweise macht auch sehr emotionale und tragische Erlebnisse ertragbarer.
Vieles aus dieser Zeit der Kolonialisierung und auch der Missionare und den Hintergründen der Menschen, die so fern ihrer Heimat ihre Lebenspflicht sahen, ist mir hier erst verständlich geworden.
Ein Buch, für das man sich Zeit und Ruhe nehmen muss, damit es funktioniert, mir hat es sehr gefallen.

Bewertung vom 17.05.2021
Consolati, Franziska

In Deutschland um die Welt


ausgezeichnet

Urlaub in Deutschland
"In Deutschland um die Welt" von Franziska Consolati ist ein Buch einer Weltreise, für das man keine Weltreise unternehmen muss. Das Buch ist von recht großem Format und fest gebunden, so dass es zu wiederholtem lesen und darin blättern geradezu einlädt. Im Buch selber sind viele wundervolle Farbfotos enthalten und auch farblich abgesetzte Infokästen. Mir gefällt diese Gestaltung hier sehr.
Die Gliederung im Buch selber ist nach Kontinenten und Gegenden wie Afrika, Asien, Antarktis, Europa, naher Osten, Nordamerika, Südamerika, Ozeanien und unsere Nachbarländer vorgenommen worden und dort ist dann jedem Abschnitt eine Deutschlandkarte vorangestellt, wo man auf einen Blick sieht, welche Ziele sich in welcher Ecke Deutschlands befinden.
Sehr gefallen haben mir die persönlichen Erfahrungen und Berichte der Autorin, die von den Reiseerlebnissen in der Ferne erzählt und dann auf die Alternative im eigenen Land zu sprechen kommt. Wo es ihr möglich war, hat sie diese selber gesehen und getestet, ansonsten gründlich recherchiert. Sehr gut auch Informationen zu Reisezeiten, Parkplätzen, Buchungsmöglichkeiten und Preisen. Alles schön auf einen Blick.
Wirklich angetan haben es mir auch ihre Fotos, die teilweise zum träumen einladen und Fernweh schaffen.
Im Zuge der Klimaveränderung und zur Reduzierung von Flugreisen, ist dieses Buch mehr als nur ein kleiner Denkanstoß, ich werde es noch oft zur Hand nehmen und einige der vorgestellten Ziele sind fest auf meiner Reiseliste gelandet.

Bewertung vom 15.05.2021
Wohlleben, Carina

Die Welt ist noch zu retten


sehr gut

Persönlich und informativ
"Die Welt ist noch zu retten" von Carina Wohlleben ist eine Art Ratgeber, ein Sachbuch über ein besseres Verhältnis zur Umwelt, zur Natur und damit auch zu uns selbst.
Die Autorin erzählt hier sehr persönliche Dinge, beispielsweise wie sie durch eine Reportage selbst zur Veganerin wurde und belegt dann auch mit gut recherchierten Beispielen das Tierleid und alle Konsequenzen für uns selber und auch unser Klima.
Die Themenbreite ist in diesem Buch aber noch viel weitreichender, es wird über die industrielle Landwirtschaft, schädliche Forstwirtschaft, wachsende Weltbevölkerung und noch vieles mehr geschrieben. Ganz viele Denkanstöße gibt es auch zu Themen, die ich gar nicht für so problembehaftet hielt. Es ist ein gutes Buch um Einsteigern in diese Themen die Augen zu öffnen. Für Leser, die hier schon mehr wissen, gehen hier die Informationen nicht genug in die Tiefe.
Besonders gefallen haben mir hier im Buch die persönlichen Erfahrungen und Einblicke der Autorin, so erzählt sie von Ausflügen mit der Familie, der Bindung an ihre Lieblingsziege, den Erfahrungen in der Waldakademie.
Abschließend gibt es viele Hinweise, wie jeder selbst aktiv werden kann, um unserer Welt wieder ein wenig mehr Zuversicht auf eine lebenswerte Zukunft zu geben. Jeder Mensch ist wichtig dabei, mit jedem Schritt in die richtige Richtung, auch mit ganz kleinen.

Bewertung vom 10.05.2021
Bazyar, Shida

Drei Kameradinnen


sehr gut

Für das Miteinander
"Drei Kameradinnen" von Shida Bazyar ist ein Buch, über das ich ganz sicher noch eine Weile nachdenken werde.
Erzählt wird hier die Geschichte von drei jungen Frauen, Kasih, Saya und Hani, die seit Kindertagen befreundet sind, die das Leben jetzt aber räumlich etwas verteilt hat. Jetzt treffen sich die drei für einige Tage und wir dürfen daran teilhaben. Gleichzeitig besteht die Geschichte aus Rückblicken, subjektiv erzählt von Kasih. Ganz langsam nähern sich dann die verschiedenen Erzählstränge aneinander an und man hat fast Angst vor der Auflösung, dem Hochkochen von Emotionen und Aggressionen.
Das Buch hat einen angenehmen Wortwitz und durchaus spannenden Erzählstil, liest sich trotzdem sehr anstrengend, weil hier viele wichtige und aktuelle Themen verpackt sind. Auch ist die Erzählung aus Kasihs Sicht teilweise sehr einseitig und echt gewöhnungsbedürftig. Als Leser wird man hier voll mit einbezogen, sich Gedanken zu machen, wo Alltagsrassismus anfängt und wo er aufhört, wo man sich selber beobachten und reflektieren muss. Das geschieht hier auch durchaus mal auf die harte Tour. Jede der drei Frauen geht anders um mit den Voreingenommenheiten, der Hetze, dem Rassismus in ihrem Alltag und auch die drei sind dabei nicht ohne Vorurteile.
In meinen Augen ein sehr wichtiges Buch, anstrengend zu lesen, aber lohnenswert auf jeden Fall.

Bewertung vom 04.05.2021
Baldelli, Simona

Die Rebellion der Alfonsina Strada


ausgezeichnet

Die Königin der Tretkurbel
"Die Rebellion der Alfonsina Strada" von Simona Baldelli ist ein Buch über eine absolut außergewöhnliche Frau. Ihre Geschichte, die hier erzählt wird, ist eine sehr ungewöhnliche und mitreißende. Ungewöhnlich finde ich auch, dass ich bisher fast nicht über sie wußte, dabei war und ist sie die einzige Frau, die je den Giro d'Italia mitgefahren ist und das 1924. Das war eine Zeit, wo Frauen auf dem Rad ausgelacht und verhöhnt wurden.
Die Erzählung beginnt in ihrer Kindheit, wo sie sich heimlich und nachts das Fahrrad des Vaters ausleiht und erlebt, was es heißt glücklich zu sein und sich frei zu fühlen. Das Leben ist sonst geprägt von Enge, Hunger und Armut,vielen Geschwistern und wenig Liebe.
Das Buch hat über weite Strecken eine eher düstere und bedrückende Grundstimmung, wodurch aber grade das Erleben dieser Zeit mit den vielen Entbehrungen, Beschimpfungen und auch Rückschlägen gut rübergebracht wird. Auch wenn man kein Fan des Radsports ist, sind die Trainings und auch Radrennen sehr gut und vorstellbar beschrieben. Und Alfonsina selbst, es ist fast unvorstellbar, was diese Frau alles für die Erfüllung ihrer Träme auf sich genommen hat, was sie erlebt und durchlitten hat. Dieses und auch ihre großen Glücksmomente, als die Königin der Tretkurbel, der Autorin gelingt es hervorragend, diese einzufangen und weiterzugeben.
Mich wird dieser Roman noch eine Weile beschäftigen, wenn ich daran denke, dass diese Zeit, wo Frauen so sehr benachteiligt wurden, quasi grade erst gestern war und was es für starke und mutige Frauen brauchte, um die vielen Tabus zu brechen und zu verschieben. Ein sehr spannendes und wertvolles Buch.
" Wie schön Du bist auf dem Fahrrad, Fonsina. Steig niemals ab."

Bewertung vom 03.05.2021
Baumheier, Anja

Die Erfindung der Sprache


ausgezeichnet

Adams Reise
"Die Erfindung der Sprache" von Anja Baumheier ist ein sehr ruhiges Buch, dass den Leser auf Reisen schickt, in vielerlei Hinsicht. Es geht einmal auf Reisen auf die Insel Platteoog in Ostfriesland und in die Vergangenheit.
Erzähler hier ist Adam, Adam Riese. Adam liebt Zahlen und Listen und die Sprache, einzig mit Beziehungen zu anderen Menschen hat er so seine Probleme. Mir hat es sehr viel Freude gemacht, die Welt durch seine Augen zu sehen und zu erkunden.
Im Buch gibt es zwei Erzählstränge. Es wird einmal aus der Vergangenheit berichtet, wie sich Oda und Hubert, die Eltern von Adam kennen und lieben lernen. Hier wird mit sehr viel Humor und Liebenswürdigkeit erzählt. Der andere Teil des Buches spielt in der Gegenwart, in der sich Adam auf die Suche nach seinem Vater Hubert macht, der vor vielen Jahren verschwunden ist. Für Adam ist schon das Reisen eine große Herausforderung und man kann miterleben, wie er ich weiterentwickelt und mit den Anforderungen wächst. Auch dieser Teil ist gefüllt mit Liebe und Mitgefühl und Verständnis.
Durch viele Sprachwitze und Anspielungen besticht dieses Buch durch ganz besonderen Humor und Einfühlungsvermögen. Mich hat diese Geschichte rund um Adam und seinen Vater sehr berührt und auf eine spannende Reise mitgenommen.