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Xirxe
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Hannover
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 872 Bewertungen
Bewertung vom 03.03.2010
Johnson, Denis

Engel


sehr gut

Puh, wahrlich kein Buch für trübe Tage. Die betrogene Jamie verlässt mit ihren beiden kleinen Mädchen ihren Mann und fährt mit dem Greyhound-Bus quer durch die USA, um bei einer Verwandten Zuflucht zu finden. Unterwegs lernt sie Bill kennen, einen charmanten Tunichtgut, der sich mit Diebstählen, Überfällen u. ä. über Wasser hält. Sie verlieben sich und reisen gemeinsam weiter, sich immer knapp am Rande des Existenzminimums befindend. Als sie alle bei seiner Familie halt machen, kommt es bei der Durchführung von Bills Plan eines großen Coup zu einer Katastrophe.
Wie schon geschrieben, dies ist wirklich kein Buch für schlechte Tage. Der komplette Roman schildert das Leben am Abgrund bzw. kurz davor, gekennzeichnet durch die ständige Suche nach Geld und Glück, geprägt durch Gewalt und Hoffnungslosigkeit. Warum man so etwas dennoch lesen sollte? Weil es ein Stück großartige Literatur ist. Johnson gelingt es die ganze trostlose Atmosphäre überdeutlich zu vermitteln, das langsame Abrutschen bis zum Bodensatz der Gesellschaft und die verzweifelten Bemühungen, daraus wieder hervorzukommen.
Bereits 1983 erschien dieses Buch in den USA, doch es wirkt so aktuell wie eh und je.

Bewertung vom 28.02.2010
Perucho, Joan

Ein Ritterroman


weniger gut

Im ersten Teil des Buches werden mehrere Geschichten parallel erzählt - selbst innerhalb eines Kapitels. Unvermittelt springt der Autor aus der Gegenwart ins tiefste Mittelalter, um von dort plötzlich in einer weiteren Gegenwart zu landen. Ziemlich verwirrend, ich fand geraume Zeit keinen roten Faden. Gegen Ende des ersten Teils werden die einzelnen Fäden dann zusammengeführt: Der Protagonist wird von einem 'Vermittler zwischen den Zeiten' gebeten, in der Vergangenheit diverse Aufgaben zu erledigen, die von ungeahnter Wichtigkeit sind.
Wie in einem Märchen üblich, sind unvorstellbare Abenteuer zu bewältigen, eine Prinzessin muss befreit werden und zum guten Schluss gibt es dann auch ein Happy End.
Der Autor vermischt immer wieder geschickt die Gegenwart mit den Erlebnissen des Helden in der Vergangenheit, zudem erfährt man viel über die Geschichte der damaligen Zeit, kann sich jedoch nicht immer ganz sicher sein, ob es auch tatsächlich der Wahrheit entspricht.
Insgesamt hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Der Schreibstil wirkte auf mich stellenweise sehr lyrisch, manchmal zu sehr, so dass ich Schwierigkeiten hatte, dabei zu bleiben. Mehr als einmal legte ich das Buch zur Seite, so dass es mir -wie bei anderen Büchern- nicht gelang, die Welt um mich herum zu vergessen...:-)

Bewertung vom 28.02.2010
Frost, Scott

FBI-Agent Dale B. Cooper


sehr gut

Erinnert sich noch jemand an Twin Peaks? In diesem Buch findet man Information über das Leben von Cooper, bevor er nach Twin Peaks kam. Spannend geschrieben, in Tagebuchform, für alle Twin Peaks Fans ein Muss.

Bewertung vom 27.02.2010
Krüger, Michael

Der Mann im Turm


schlecht

Die Ich-Erzählung eines Malers, der sich gerade in einer Schaffens-, Lebens- oder Sonstwaskrise befindet; so ganz genau weiß ich es immer noch nicht. Zurückgezogen in einem Turm auf dem Land in Frankreich lebend, schildert er seine Gedanken und Überlegungen zum Leben, zur Malerei.... Dazwischen ereignen sich merkwürdige Dinge, die die Hoffnung aufkommen lassen, die Geschichte entwickle sich zu einem Kriminalroman. Leider nicht. Vielleicht für MalerInnen ganz gut geeignet, die sich in einigen Dingen wiederfinden können. Für mich eher ziemliches Geschwurble.

Bewertung vom 25.02.2010
O'Hanlon, Redmond

Redmonds Dschungelbuch


sehr gut

Um ehrlich zu sein: Ich hatte mir dieses Buch anders vorgestellt. Beeinflusst durch die ersten Seiten und den Umschlagtext erwartete ich ein durchweg zum Brüllen komisches Buch mit ein bisschen Dschungel drumrum. Stattdessen endloser Dschungel und noch mehr Vögel mit witzigen Stellen zwischendrin. Was die Qualität dieses Buches aber nicht mindert.
Redmond, ein britischer Oxford-Gelehrter startet eine Expedition in Venezuela, um die bisher noch nicht entdeckte Flussverbindung zwischen Rio Negro und dem Orinoko zu finden. Es begleitet ihn sein Freund Simon und mehrere Einheimische, die ihm ein venezolanischer Abenteurer vermittelt hat. Nachdem das Unternehmen nach vielen Strapazen scheitert, entschließt Redmond sich auf die Suche nach den Yanomami zu machen, die größte unberührte Indianergruppe im Regenwald, die durch ihre enorme Aggessivität berühmt-berüchtigt ist.
Für einen britischen Gelehrten, dazu noch aus Oxford, ist das Buch vermutlich recht ungewöhnlich. Keine Spur von Vornehmheit, Snobismus oder ähnlichen Eigenarten, die gemäß diverser Vorurteile die Menschen der britischen Inseln auszeichen. Statt dessen rülpst, scheisst und rotzt Redmond mit den Einheimischen um die Wette, sehr zum Entsetzen seines Freundes Simon, der sich als der wahre Snob entpuppt. Entnervt und frustriert von den Qualen der Fahrt (Myriaden von bissigen kleinen schwarzen Fliegen, Delikatessen wie Piranhas, Tapirspeck, Affenschenkel usw., ständig kreischenden und krakeelenden Vögeln und Fröschen u.v.m.) bricht dieser die Reise nach dem ersten Teil ab.
Redmond selbst ist mit Leib und Seele dabei, für ihn erfüllt sich mit dieser Expedition ein Kindheitstraum. Er beschreibt mit unverhohlener Begeisterung alles, was ihm über den Weg kreucht und fleucht und wer etwas Interesse für Flora und Fauna aufbringt, wird dieses Buch mit Freude lesen. Die dazwischen immer wieder eingebundenen Auszüge historischer Reiseberichte geben zusätzliche Informationen.
All dies, zusammen mit den amüsanten Schilderungen Redmonds, ergeben ein rundum gelungenes Buch aus dem man zudem noch eine Menge lernen kann. Vier Punkte gibt es deshalb 'nur', weil es für mich persönlich etwas zu viel Flora und Fauna war.

Bewertung vom 13.02.2010

'Klick!'


gut

Ein ungewöhnliches Jugendbuch: Zehn Autorinnen und Autoren haben sich zusammengefunden, um dieses Buch zu schreiben. Jede/r hat einen Abschnitt dazu beigetragen, immer in Kenntnis der bereits geschriebenen Teile.
Herausgekommen ist nicht ein Roman mit zehn Kapiteln, sondern eher ein Buch mit zehn eigenständigen Erzählungen, in denen einige Personen immer oder immer wieder auftauchen.
Die Hauptfigur ist Gee, ein bekannter Fotograf, der eine große Lücke hinterläßt als er stirbt, insbesondere bei seiner Enkelin Maggie. Ihr vermacht er ein Kästchen mit sieben Muscheln mit dem Auftrag, sie alle zurückzuwerfen - in das Meer, an dessen Küste Gee sie erhalten hat. Jason, sein Enkel, erhält seine Fotoausrüstung, die sein Leben nachhaltig verändert.
Ein Teil der Kapitel beschreibt Maggie und ihre Familie, wie sie mit dem Tod des Großvaters umgehen, ein anderer Teil welche Geschichten hinter den Muscheln und dem Kästchen stecken. Zudem gibt es drastische Sprünge in die Zukunft, doch alle verbindet die Person Gee. Durch die sehr unterschiedlichen Schreibstile und die verschiedene Herangehensweise an dieses 'Projekt' fehlt jedoch das Verbindende, was einen Roman ausmacht. Die Figuren Gee und Maggie sind dafür nicht ausreichend.
Dennoch - es ist interessant zu lesen, welch unterschiedliche Ideen entstanden sind und wie sie dann umgesetzt wurden. Gute Idee auch, im Nachwort die AutorInnen zu Wort kommen zu lassen, was sie zu ihrem Einfall inspiriert hat.
Zu empfehlen ab 12, 13 Jahren, wobei Mädchen wohl eher von diesem Buch angetan sein werden.

Bewertung vom 07.02.2010
Silva, Daniel

Das Moskau-Komplott / Gabriel Allon Bd.8


sehr gut

Gabriel Allon, ehemaliger Geheimagent Israels, wird während seiner Flitterwochen von seinem früheren Arbeitgeber gebeten, ein Gespräch mit einem russischen Journalisten zu führen. Doch unmittelbar vor dem Treffen wird dieser ermordet und Gabriel steckt plötzlich inmitten eines Komplotts mit internationalem Ausmaß. Es geht um Waffenhandel in dessen Zentrum Iwan Charkow steht, ein russischer Oligarch, kaltblütig und brutal, mit besten Verbindungen zur Politik und dem russischen Geheimdienst. Gabriel reist nach Russland und muss bald feststellen, dass er es mit einem Mann zu tun hat, der ihm durchaus ebenbürtig ist und vor nichts zurückschreckt.
Bemerkenswert finde ich, dass dieser überaus packende Thriller dennoch nicht besonders blutrünstig ist. Natürlich gibt es einige Brutalitäten und Tote, doch der Autor geht vergleichsweise schnell über diese Geschehnisse hinweg. Stattdessen liegt sein Hauptaugenmerk auf der Darstellung wie versucht wird, an Personen und deren Informationen heranzukommen: der Aufbau von falschen Identitäten, die Kontaktaufnahme unter äußerster Lebensgefahr zu Informanten, die Errichtung fiktiver Szenarien in unterschiedlichen Ländern - all das um an das Insiderwissen über Charkows Geschäfte heranzukommen. Immer wieder ertappte ich mich dabei, dass ich den Atem anhielt: Gelingt diese Gratwanderung, die Täuschung? Doch es ist nicht nur aufregend: Gabriels schwarzer Humor führt vielfach zu witzigen Dialogen, just in den 'unmöglichsten' Situationen.
Zusätzliche Spannung vermittelt das Buch durch den geradezu realistischen Anschein. Der Autor weist im Nachwort zwar explizit darauf hin, dass es sich um ein rein fiktives Werk handelt. Einige Absätze später beschreibt er aber tatsächliche Ereignisse in Russland, die durchaus als Anregung für die Entstehung dieses Thrillers gedient haben könnten.
Das Moskau-Komplott ist der achte Band mit dem Geheimagenten Gabriel Allon, doch auch ohne Kenntnis der vorhergehenden ist der Lesegenuss garantiert. Zudem Silva im Anhang noch eine Zusammenfassung aller bereits erschienen Bücher liefert.
Langer Kritik kurzer Sinn :-) : Dieses Buch lohnt sich zu lesen.

Bewertung vom 31.01.2010
Savage, Sam

Firmin


sehr gut

Firmin kommt als 13. Rattenjunges in einer Buchhandlung zur Welt, im Vergleich zu seinen Geschwistern körperlich eher zurückgeblieben und wenig durchsetzungsstark. Statt sich mit ihnen ums Fressen zu streiten, frisst er sich im wahrsten Sinne des Wortes durch die Bücher um ihn herum. Und stellt zu seiner eigenen Verwunderung eines Tages fest, dass er lesen kann. Um sich die geistige Nahrung zu erhalten, hält er sich beim Fressen nunmehr an die Ränder und Einbände - und verschlingt zusätzlich den Inhalt mit den Augen in großen Mengen. Durch all das Wissen das er auf diese Art und Weise ansammelt, fühlt er sich den Menschen immer mehr verbunden und wünscht sich nichts sehnlicher als von ihnen als einer der ihren anerkannt zu werden. Firmin versucht mit dem Buchhändler in Kontakt zu treten, doch all seine Bemühungen scheitern: Zeichensprache, Schreibmaschine, Blickkontakt (Computer gab es noch nicht). Als er in einer gefährlichen Situation von einem anderen Menschen gerettet und 'adoptiert' wird, hat Firmin zwar den gewünschten direkten Kontakt, doch die Anerkennung als Wesensgleicher bleibt ihm weiterhin versagt. Er arrangiert sich mit der Situation, spielt das putzige Haustier und erträumt sich seine Welt...
Zu Beginn ist man verwundert: Der Sprachstil ist für eine Ratte doch sehr gewählt, wenn nicht sogar gelegentlich etwas geschraubt. Doch bald wird einem bewusst, wieviel Firmin in seinem doch recht kurzen Leben bereits gelesen hat. Und dass er mit diesem Wissen und der sich angeeigneten Bildung so manchen Menschen weit übertrifft. Dennoch: Eine Ratte ist eine Ratte ist eine Ratte.
Eine moderne Fabel die mit etwas Nachdenken klar macht, wie wenig äußere Attribute doch etwas über das aussagen, was dahinter steckt. Und das alles ohne moralischen Zeigefinger. Lesenswert!

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