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seschat
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Insgesamt 938 Bewertungen
Bewertung vom 01.06.2016
Bell, Anna

Eigentlich bist du gar nicht mein Typ


sehr gut

INHALT
Abi geht auf die 40 zu und wurde ohne Vorwarnung von ihrem Langzeitfreund Joseph verlassen. Eine gemeinsame Zukunft samt kleiner Familie ist damit in weite Ferne gerückt.Doch Abi gibt nicht auf und will um die Beziehung kämpfen. Einen Plan hat sie auch schon. Josephs 10 Punkte umfassende To-do-Liste mit Dingen, die er vor seinem 40. Lebensjahr alles getan haben will, versucht Abi nun in die Tat umzusetzen, um ihn damit zu beeindrucken. Doch verrät sie sich dabei nicht selbst?

MEINUNG
Anna Bells heiterer und kurzweiliger Roman erinnert stark an Mhairi McFarlanes Geschichten und enthält durchaus lebensweise Botschaften. Es geht darum, im Leben mutig zu sein, Grenzen auszutesten und zu sich selbst zu stehen, nicht darum die Listen anderer abzuarbeiten und sich ständig neu zu erfinden. Erst wer eigene Ideen und Spinnereien realisiert, lernt zu fliegen.

Abi ist eine zupackende, aber auch leicht chaotische Persönlichkeit, die man nur gernhaben kann. Nicht jeder wäre so mutig bzw. naiv und ließe sich blindlings auf solch ein Abenteuer ein. Aber Liebe versetzt Berge oder geht es innerhalb des Plots nicht eher darum, eigene Gewohnheiten aufzugeben und der Komfortzone zu entfliehen?

"Eigentlich bist du gar nicht mein Typ" ist ein richtiges Frauenbuch, weil es natürlich auch eine Romanze enthält. Abi und Ben, der sportaffine und freundliche Fahrradladenbesitzer, sind zusammen einfach nicht zu stoppen. Er hilft ihr und spricht ihr Mut zu, begleitet sie sogar bei Fahrradtouren oder waghalsigen Abseilaktionen. Zudem kann er es nicht lassen, sie aufzuziehen, was mit allerhand humorvollen Szenen und Gesprächen einhergeht. Mit Abenteurer Ben hat Stubenhockerin Abi den richtigen Gegenpart und Fürsprecher gefunden und sogar mehr als das...

Die insgesamt 395 Seiten lesen sich sehr flott und bieten allerhand Kurzweil. Autorin Anna Bell (vielleicht ist der Name auch ein Wortspiel?) versteht sich auf leichte Sommerlektüre und sympathische Protagonisten.

Das Cover habe ich aufgrund der sommerlichen Pastellfarben und der lustigen Motivik auf Anhieb gemocht. Es hat mich regelrecht magisch angezogen. Auch haptisch wird einiges geboten.

FAZIT
Ein sommerlich-leichter Sommerroman, der gut unterhält und Lust auf Sport im Freien macht.
Autor: Anna Bell

Bewertung vom 01.06.2016
Gillot, Alain

Die alltägliche Logik des Glücks


ausgezeichnet

INHALT
Victor, Mitte 30 und Ex-Fußballprofi, lebt allein in Sedan und trainiert eine Jugendfußballmannschaft. Mit seiner Vergangenheit/Familie scheint er abgeschlossen zu haben, doch sie nicht mit ihm.Eines Tages steht seine ältere Schwester Madeleine mit Sohn Leonard vor seiner Haustür. Er soll seinen in sich gekehrten und Schach besessenen Neffen für eine Woche bei sich aufnehmen. Aber wird er einen Zugang zu ihm finden können, wenn Leonard immer alles besser zu wissen scheint. Fußball heißt das Zauberwort. Mit dem 13-Jährigen kommt Victor jeden Tag besser zurecht, wäre da nicht seine krebskranke Mutter, die auch seine Hilfe benötigt. Gerade sie, die ihm an die zerstörte Kindheit und den alkoholabhängigen Vater erinnert...

MEINUNG
Alain Gillots Roman erzählt anfangs eine mehr als tragische Geschichte aus zerstörten Träumen und grauen Kindheitserinnerungen. Nach dem ersten Drittel vollzieht sich dann ein Wandel innerhalb der Handlung, denn aus dem zurückgezogen lebenden Victor wird ein fürsorglicher Erzieher und Freund. Leonard und er arrangieren sich und vertrauen einander. Beide verändern sich zum Positiven. Leonard kann trotz Aspersyndorm die Mannschaftssportart Fußball betreiben und gewinnt dadurch an Selbstbewusstsein. Auch Victor kann sich nun wieder dem richtigen Leben und der Vergangenheit stellen, wird insgesamt offener. Ich-Erzähler Victor ist der alles beeinflussende Dreh- und Angelpunkt des 286-seitigen Buchs und wurde von Gillot insgesamt sehr realistisch gezeichnet. Seine Verletzlichkeit und sein Glaube an das Gute im Menschen sind unübertroffen und lassen den Leser nicht kalt.

Gillot vermag mit ihrer einfachen, aber eindringlichen Sprache, den Leser für sich und ihre Story zu gewinnen. Einfühlsam und zaghaft deckt sie unterschwellige menschliche Konflikte und Fehler auf. Was bleibt ist die Quintessenz, dass trotz aller Probleme Familie und Freundschaft das Leben bereichern und es voranbringen. Wer den Mut hat zu kämpfen und sich nicht abzuwenden, der wird am Ende gestärkt hervorgehen und offen für Neues sein.

Neben dem starken emotionalisierenden Part ist es vor allem das Thema Fußball, das den Plot bestimmt. Wer sich für französischen bzw. internationalen Fußball, vor allem auf theoretischer Ebene, interessiert, wird hier auf seine Kosten kommen.

FAZIT
Ein einfach gehaltener Roman, der Menschlichkeit propagiert und an die Zufälle im Leben glauben lässt. Zudem geht es um Fußball und die unbestreitbare positive Macht dieses Sports.

Bewertung vom 31.05.2016
Bern, Tanja

Am weißen Strand


ausgezeichnet

NHALT
Esther North ist fast 30, als sie gemeinsam mit Sohn Marvin zu ihrer Freundin Jacky nach Dänemark flüchtet. Mehr als 5 Jahre wurde sie von ihrem kontrollsüchtigen Ehemann fremdbestimmt und verprügelt, nun soll Schluss damit sein.

Robin Falk ist Schriftsteller und Mitte 30. Der überzeugte Eigenbrötler liebt es, gemeinsam mit seinem Wolfshund durch die Sanddünen zu streifen und sich dabei Inspirationen für seine Romane zu holen.

Esther und Robin lernen sich langsam kennen und man fast Vertrauen, bis die Geister der Vergangenheit plötzlich wieder präsent sind...

MEINUNG
Tanja Berns Roman ist vielschichtig und zutiefst emotional. Er hat mich ab der ersten Zeile begeistert und bis zum Ende nicht mehr losgelassen. Liebe, Angst, Einsamkeit und Neubeginn sind die beherrschenden Themen. Darüber hinaus vermag die dänemarkische Umgebung, den Leser für sich einzunehmen und ihn tagträumen zu lassen.

Hauptfigur Esther konnte durch Mut und Verletzlichkeit gleichermaßen überzeugen. Die junge Frau kämpft sich auf Dänemark regelrecht frei aus den Ketten ihres terminierten alten Lebens und wird dadurch, so meint man, wiedergeboren. Ihr Neuanfang reist alle, Freund und Bekannte, mit, wirkt ansteckend. Auch Robin kann sie aus seiner selbstgewählten Eremitage hervorlocken. Letzterer besitzt aufgrund seiner allseits hilfsbereiten und loyalen Art märchenhafte "Prinzenzüge", die Romantikfans lieben werden. Zudem beginnt auch Marvin durch Robins Wolfshund und das Inselleben aufzublühen.

Doch die Idylle trügt, denn vor das Happy End hat die Autorin allerhand spannende und mitreißende Szenen gepackt. Hierbei ist es Tanja Berns kurzweilige und bildhafte Sprache, die das Lesen federleicht macht.

FAZIT
Ein Frauenroman, der nicht nur Romantik- und Inselfans von den Socken hauen wird. Ein sich stimmiges Werk mit wunderbar gestaltetem Cover.

Bewertung vom 15.05.2016
Janz, Tanja

Krabbe mit Rettungsring


ausgezeichnet

INHALT
Die 39-jährige Kölnerin Nina arbeitet als Sekretärin in einer Werbeagentur, bis ihre Affäre, Juniorchef Marc, plötzlich superschlanken Ersatz für sie findet. Ohne Job und mit gut 20 Kilo zu viel will Nina so schnell wie möglich etwas in ihrem Leben ändern und meldet sich erfolgreich bei der Abnehm-TV-Show Weight-Fight an. Daraufhin geht's für sechs Wochen an die Nordsee nach St. Peter-Ording; attraktiver Rettungsschwimmer inklusive...

MEINUNG
Tanja Janz hat mit "Krabbe mit Rettungsring" einen herrlich ironischen und lockeren Roman geschrieben, der Sommerfeeling bzw. Urlaubsstimmung aufkommen lässt.

Ich-Erzählerin Nina ist eine offene und sehr selbstironische Person, die St. Peter-Ording als ultimative Chance betrachtet, endlich abzunehmen. Weight-Fight ist nahezu identisch mit dem TV-Format "The Biggest Loser", nur dass die Teilnehmer noch witziger bzw. skurriler auftreten. Ninas Abnehmteam setzt sich aus der Katzen-T-Shirt süchtigen Silke, Ex-Boygoupsänger Paul und Familienvater Erwin zusammen. Diese bunte Truppe hat nicht nur den Kilos, sondern auch ihren Gegnern den Kampf angesagt, denn es geht um den Gruppensieg und um 100.000 Euro. Nina ist insgesamt eine sehr sympathische Protagonistin, die alles ausprobiert, egal ob es Yoga, Surfen oder eine Ayurveda-Diät ist. Zudem schreibt sie parallel zu ihrer Showteilnahme den Blog Curvy Couture. Sie und ihr Team muss man einfach nur mögen. Auch den muskulösen und hilfsbereiten Veit kann man nur gern haben. Seine kleine Liaison mit Nina macht den Roman zu einem richtigen Wohlfühl-/Frauenbuch. Veit ist es auch, der Nina verniedlichend „Krabbe mit Rettungsring“ (s. Titel) nennt, was als Anspielung auf füllige Strandbesucher mit Sonnenbrand gemeint ist.

Abgesehen von der alles beherrschenden Abnehmthematik mit ständigen Auf und Abs ist es die gastfreundliche Nordseeinsel mit ihren urigen Kneipen und Rettungsschwimmern, die gut unterhält und Lust auf einen Nordseeurlaub macht.

Das Cover ist ein wahrer Eyecatcher und auch haptisch eine gelungene Komposition, denn Schwimmring samt Drachen sind fühlbar plastisch herausgearbeitet. Zudem bildet das Meer samt Strandlandschaft eine passende und ansprechende Szenerie. Vor allem die vorherrschende Farbe Blau wirkt positiv und sommerlich.

FAZIT
Ein unterhaltsamer Inselroman, der sich bestens als Sommer- bzw. Urlaubslektüre eignet. Auch abnehmwillige Leser werden ihren Spaß an der Geschichte haben.

Bewertung vom 13.05.2016
Jasmund, Birgit

Luther und der Pesttote


ausgezeichnet

"Luther und der Pesttote" ist ein in sich stimmiger Roman, der in Wittenberg um 1517/1518 spielt. Birgit Jasmund ist es vortrefflich gelungen, Fiktion und Historie miteinander zu verknüpfen. Wer bisher nicht allzu viel über Martin Luther, den Ablasshandel und den Thesenanschlag vom 31. Oktober 1517 wusste, wird nach der Lektüre der 431-seitigen Geschichte schlauer sein. Doch nicht nur Luthers Handeln zur damaligen Zeit wird bravourös in den Blick genommen, sondern auch der auf einer wahren Begebenheit beruhende Kriminalfall des Tamme Redecker. Letzterer soll angeblich an der Pest verstorben sein (s. Titel), doch seine Verlobte Almuth glaubt nicht daran und bittet sogar Mönch Luther um Hilfe. Insgesamt kann man Jasmund zu diesem spannenden und sehr gut recherchierten Roman nur beglückwünschen. So wurde nicht die Sprache der Zeit sehr gut eingebunden, sondern auch der Lebensalltag und die Stimmung der Reformationszeit glaubwürdig wiedergegeben.

FAZIT
Ein historischer Roman mit dem gewissen Etwas. So müsste Geschichtsunterricht 2.0 sein. Der perfekte Roman zum Lutherjahr 2017.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.05.2016
Gesing, Daniela

Venezianische Schatten / Luca Brassoni Bd.3 (eBook, ePUB)


sehr gut

NHALT
Luca Brassonis dritter Fall führt den charismatischen Kommissar ins sog. Judenviertel Venedigs. Hier treibt ein Serienmörder, der es auf blonde junge Frauen abgesehen hat, sein Unwesen.
Auch privat warten Brassonis Familie und Freundin, Rechtsmedizinerin Carla Sorrenti, mit Neuigkeiten auf.

MEINUNG
Daniela Gesings dritter Kriminalfall mit Luca Brassoni vereint alle bereits lieb gewonnenen Eigenarten aus den Vorgängerbänden. So wird Brassoni trotz der soliden Beziehung mit Carla Sorrenti von allerlei Überraschungen im Privaten heimgesucht und kann seiner Heimatstadt Venedig einfach nicht widerstehen. Aufs Neue kann Erzähler Brassoni den Leser für Venedig und dessen speziellen Zauber entflammen.

Sprachlich sowie inhaltlich war ich mal wieder begeistert und kann mit Überzeugung sagen, dass Daniela Gesing sich vor Donna Leon nicht zu verstecken braucht. Die eingestreuten italienischen Wörter bzw. Sätze mit Übersetzung trugen zum überzeugenden Lokalkolorit bei, so dass man sich bei jedem Satz gleich neben Hauptfigur Brassoni wähnte. Nur das Tempo der Handlung empfand ich im Vergleich zu den ersten beiden Teilen als etwas zu gemächlich. Zwar blieb die Spannung dabei nicht auf der Strecke, doch hätte diese noch etwas in die Höhe getrieben werden können.

Der Leser wurde bis zum Ende etwas im Unklaren über Täter und Tatort gelassen, was ich bei guten Krimis sehr schätze. So kann man bis zum Schluss miträtseln und spekulieren. Das Verbrechen bzw. der Kriminalfall an sich ließ mich manches Mal obschon der Brutalität des Täters etwas erschauern, aber alles in Maßen und niemals zu viel, denn es ist und bleibt ein Unterhaltungskrimi. Daher verwundert es nicht, dass neben des Falls auch Brassonis Privatleben eine große Rolle spielt. Diese Mischung aus Krimi und Roman macht das Besondere an Gesings Geschichten aus. Denn wenn's zu krimilastig wird, kann man ja schnell ins Familiäre/Zwischenmenschliche wechseln.

FAZIT
Gute Fortsetzung der Venedig-Krimireihe. Weiter so!

Bewertung vom 09.05.2016
Siemen, Christel

Tangata Whenua - Fire of Love (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

INHALT
Junglehrerin Chiara Christensen hat gerade ihre Mutter und ihren Job verloren. In Deutschland hält sie nichts und niemand mehr. Gut, dass sie noch liebenswerte Tante Maggie in Neuseeland hat, die ihre traurige Nichte nur allzu gern auf ihrer Rinderfarm "Tangata Whenua" aufnimmt.Dort lernt Chiara das Leben Schritt für Schritt wieder zu genießen und verliert ihr Herz an den schweigsamen und verschlossenen Rinderherdenmanager Marc. Schnell merkt sie, dass es alles andere als leicht ist, an Marc heranzukommen. Er scheint ein Geheimnis zu haben. Doch auch auf der Farm gibt es Probleme mit unerklärlichen Sabotageakten...

MEINUNG
Christel Siemen hat mit "Inferno der Herzen" einen spannenden sowie ungemein romantischen Roman geschrieben, der zum Träumen einlädt und für ordentlich Fernweh sorgt.

Die Hauptprotagonisten Marc und Chiara könnten unterschiedlicher nicht sein, doch ergänzen sich wider Erwarten hervorragend. Beide haben in der Vergangenheit den Verlust geliebter Menschen verarbeiten müssen und versuchen nichts mehr als im Alltag zu funktionieren. An das Wunder Liebe haben beide überhaupt nicht mehr geglaubt. Umso schöner finde ich es, dass Siemen innerhalb der Geschichte sowohl Marc als auch Chiara abwechselnd zu Wort kommen lässt. Diese geteilte Erzählperspektive macht die handelnden Personen griffiger bzw. plastischer. Doch nicht nur die beiden Hauptfiguren, sondern auch die zahlreichen Nebendarsteller, Tante Maggie oder Maori-Gehilfe Ben, flogen sofort meine Sympathien zu. Hier stimmte einfach alles.

Das Landleben und die Exotik Neuseelands kamen zu gleichen Teilen zum Tragen und nahmen gefangen. Besonders der Einblick in die Maori-Kultur war interessant.

Der Plot ist gut durchdacht wurden und macht beim Lesen einfach nur Freude. Neben der zaghaften Romanze zwischen Marc und Chiara sind es die stetigen Sabotageakte auf der Farm, die den Leser bei Laune halten.

Auch sprachlich konnte der 209 Seiten umfassende Roman überzeugen. Der Sprachstil ist flüssig, leicht verständlich und kurzweilig.

FAZIT
Ein richtiger Sommerroman mit Spannung und ordentlich Romantik vor himmlischer Kulisse. Frauen werden dieses Buch lieben.

Bewertung vom 06.05.2016
Gricksch, Gernot

Morgens in unserem Königreich


ausgezeichnet

INHALT
Der unkomplizierte Hamburger Jung Arne hat immense Schulden und versucht diese durch seine Arbeit in einem Imbiss abzubauen. Sein Traum war es, in Hamburg eine Bar zur eröffnen, doch sein ach so seriöser Geschäftspartner hat ihn nur abgezockt und hintergangen. Sein eingebrachtes Geld ist weg und damit auch Freundin und Zukunft. Und wäre das nicht schon schlimm genug, fordert der russische Kiezkriminelle Oleksander die 20.000 Euro hohe Kreditsumme zurück, die er Arne geliehen hatte.Von nun an kann Arne nicht mehr klar denken, weil Oleksanders Schuldeneintreiber ihn im Nacken sitzen und zudem herauskommt, dass er seinen Arbeitgeber, Imbissbetreiber Udo, bestohlen hat.Als eines Tages zwei Vertreter der Zeugen Jehovas vor seiner Tür stehen, ergreift den sich bietenden rettenden Strohhalm und findet Unterschlupf bei einem jungen tugendhaften Pärchen, Mathias und Johanna, was die religiöse Gemeinde als Skandal empfindet.

MEINUNG
"Morgens in unserem Königreich" ist das zweite Buch von Gernot Gricksch, das ich innerhalb kurzer Zeit gelesen habe und das mich restlos überzeugen konnte.

In diesem 270 Seiten starken Roman prallen zwei Welten aufeinander, die normale und die religiöse Welt. Wer bisher nichts bzw. nur wenig über die Zeugen Jehovas wusste, wird nach der Lektüre um einige Eckpunkte schlauer sein. Diese religiöse Gemeinschaft lebt ein sehr puristisches Leben ohne Wettkampf, Drogen und mit viel Nähe zu Gott. Man lebt unter sich, abgeschlossen von den bösen und undisziplinierten "Weltenmenschen". Arne, die Hauptperson der Geschichte, ist der diametrale Gegenentwurf zu den Zeugen Jehovas. Er lebt in den Tag hinein, lässt sich von Emotionen treiben und zieht das Unglück und die Kriminalität magisch an. Sein Asyl findet bei der Gemeinde geteiltes Echo, vor allem der Älteste und Einflussreichste wittert baldiges Ungemach. Mathias und Johanna hingegen setzen sich für Arne, den Aussätzigen, ein und versuchen einen besseren Menschen aus ihm zu machen. Doch als Johanna und Arne dann noch zarte Gefühle füreinander hegen und Schlägertypen in der Gemeinde auftauchen, um Arne zu drohen, ist nicht nur Arnes Leben in Gefahr.

Arne als liebenswerter Chaot und Johanna als mildtätige Kämpferin haben mich mitgerissen. Beide haben so ihre Problem mit dem Leben. Während es für Arne vor allem das Geld ist, ist es für Johanna die Religion und der Lebensentwurf. Ihr Verlobter Mathias ist ihr viel zu nett und zu ergeben und vielleicht sogar homosexuell. Sie weiß nicht, ob sie mit ihm, den sie eigentlich gar nicht liebt, eine Familie gründen und für immer zu Hause bleiben sollte. Hinzu kommt, dass ihr Bruder Karsten ADHS hat und vom eigenen alkoholabhängigen Vater deswegen immer und immer wieder geschlagen wird, während Johannas Mutter nur apathisch daneben sitzt. Doch dann kommt Arne ins Spiel und alles ändert sich.

Der Autor hat den Spagat zwischen den beiden Welten sehr fabelhaft gemeistert und sogar noch eine emotionale Komponente mit einfließen lassen. Zudem hat er auch die Machenschaften auf dem Hamburger Kiez sehr lebensnah nachgezeichnet.

Sprachlich konnte mich Gricksch wieder einmal begeistern. Seine Sprache passt sich den handelnden Personen an, wirkt glaubhaft. Mal ist sie, wenn es um Arne geht, witzig bis provozierend und mal ist sie verhalten bis religiös konform, wenn es um die Zeugen Jehovas geht. Dieser Wechsel lässt viel Spielraum für zwischenmenschliche Missverständnisse, aber auch einige heitere Momente.

FAZIT
Eine unterhaltsame Geschichte mit Tiefgang, Herz und Authentizität. Hier wird alles geboten, was ein guter Roman braucht.

Bewertung vom 03.05.2016
Kobr, Michael;Klüpfel, Volker

In der ersten Reihe sieht man Meer


ausgezeichnet

INHALT
Der Familienvater Alexander Klein plant eine nostalgische Reise. Mit Frau, Kindern, Eltern und Schwester soll es wieder an die Adria gehen. Doch bevor der heitere Generationentrip starten kann, nickt Alexander zuhause ein und träumt von der letzten Fahrt nach Italien, als er noch 15 gewesen ist und Babyspeck mit sich herum trug.

MEINUNG
Das Autorenduo Volker Klüpfel und Michael Kobr nimmt den Leser mit auf eine ganz besondere Reise, zurück in die 80er Jahre. Wer schon immer einmal wissen wollte, wie Urlaub in einer gutbürgerlichen, westdeutschen Familie zu dieser Zeit aussah, wird hier fündig werden. Familie Klein mit Vater Norbert, Mutter Renate, Tochter Nicole, Sohn Alexander und Oma haben in mir Erinnerungen an den Heinz-Erhardt-Film "Das kann doch unseren Willi nicht erschüttern" wachgerufen. Jedes Familienmitglied wurde so wunderbar authentisch beschrieben, dass man meint selbst mitzureisen - eine Art Zeitreise zu machen. Besonders die heutigen Best Ager werden sich in dieser Geschichten bzw. der ein oder anderen Szene wiederfinden und nickend zustimmen, weil's genau so oder so ähnlich bei ihnen auch gewesen ist. Ich habe vor allem über den Mode- und den Musikgeschmack der 80er lachen müssen. Leggings, Walkman, Nena oder Vokuhila, wer erinnert sich nicht gern oder gar mit Grausen an diese verrückte Zeit zurück. Ich war damals selbst noch ein Kind, kann mich aber gut in Alexander & Co hineinversetzen. Damals gab es noch kein Navi, von Smartphone oder Eurogeld ganz zu schweigen. Es war eine ruhigere und natürlichere Zeit. So erleben es auch die Kleins, wenngleich sie sich anfangs gegen alles Ausländische bzw. Fremde sträuben und lieber das mitgebrachte Essen genießen. Diese so herrlich lustigen Klischees sind alles andere als unwahr. Ob nun Vaters Geiz, Mutters Hygieneeifer oder Omas vehementes Eintreten für deutsche Hausmannskost, vieles wirkt und ist zeitlos. Als es dann am italienischen Strand auch noch zu einer Art Völkerverständigung a la "Maria ihm schmeckt's nicht" kommt, sind bei mir alle Dämme gebrochen und ich musste mir vor Lachen den Bauch halten. Es ist diese überaus stimmige Mischung aus Autobiografischen und Situationskomik, die überzeugt und die 320 wie im Fieber weglesen lässt.

FAZIT
Ein heiteres Urlaubsbuch, das man besten in der prallen Sonne mit einen Cocktail im 80's-Style genießen sollte. Buon viaggio!