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adel69
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Baden-Württemberg

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Insgesamt 130 Bewertungen
Bewertung vom 08.08.2021
Kornberger, Ruth

Frau Merian und die Wunder der Welt


ausgezeichnet

Portrait einer faszinierenden Frau

Worum geht es in dem Buch?
Maria Sybilla Merian lebt in Amsterdam Ende des 17. Jahrhunderts. Maria ist eine sehr talentierte Malerin. Sie fertigt detailgenaue Zeichnungen über Insekten, Früchte und Pflanzen an. Sie erledigt Auftragsarbeiten – zeichnet aber auch das, was sie gerade fasziniert. Weiterhin erteilt sie Zeichenunterricht. So hält sie sich und ihre Töchter finanziell über Wasser. Ihrer Tochter Dorothea hat sie diese Zeichenkunst vermittelt – so kann auch sie etwas zum Familienunterhalt beitragen.
Marias Traum ist, eines Tages nach Surinam zu reisen. Sie erhofft sich, dort viele interessante Insekten und Pflanzen zu finden, die sie malen kann. Sie fühlt sich verpflichtet, der Welt mit ihren Zeichnungen ein Stück Flora und Fauna nahezubringen. Ihre Zeichnungen veröffentlicht sie als Bücher in kleiner Auflage, die immer wieder nachgefragt werden.
Mit ihren Zeichnungen, Büchern und dem Unterrichten lässt sich allerdings eine Expedition nach Suriname nicht finanzieren. So versucht Maria, auch dem Zar, als er Amsterdam besucht, ihre Bilder und Bücher zu verkaufen.
Hingerissen ist sie von Jan de Jong, einem Mann, der auftaucht, betört und wieder verschwindet. Ein Mann, der Maria versteht – aber aus irgendwelchen Gründen nicht bei ihr bleiben kann. So sucht sie nicht nach ihm und konzentriert sich darauf, Mittel und Wege zu finden, nach Suriname zu kommen.

Meine Meinung zu dem Buch:
Das aus der auktorialen Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler) liest sich mitreißend. Maria ist ein liebenswerter Charakter – eine Frau, die es tatsächlich gab, von der ich bisher aber noch nie gehört hatte. Die Autorin zeichnet Maria Sybilla Merian als fleißig und zielstrebig. Eine Frau, die mit ihrer Begabung ihre Mitmenschen faszinieren kann – die aber ihr Ziel nie aus den Augen verliert, eines Tages nach Suriname reisen zu können.
Dass sie in Suriname war, erfährt man als Leser gleich zu Anfang des Buches. Ich habe das Buch gelesen, um zu erfahren, wie sie das geschafft hat. Ihre finanzielle Situation war ja nicht gerade günstig. Sie entfloh aus einer unglücklichen Ehe nach Amsterdam, nahm ihre beiden Töchter mit, fand bei der religiösen Gruppe der Labadisten eine geistliche Heimat.
Die Autorin kann mir ein gutes Bild der Stadt Amsterdam im 17. Jahrhundert vermitteln. Es ist eine Stadt, in der man leben und überleben kann, in der man abends allerdings aufpassen sollte, wenn man alleine auf den Straßen ist. Ich kann mir das Leben der Maria Sybilla Merian dort gut vorstellen, ihre Arbeit – und wie sie immer wieder fasziniert von Jan de Jong ist. Ein Mann, der ihr ab und an unerwartet helfen kann, dann wieder verschwindet.
Ja, es entspinnt sich eine Liebesgeschichte, die mir zeitweise zu ausschweifend war. Aber sie lockert das Buch auch etwas auf – macht aus der fleißig arbeitenden Maria immer wieder einen emotionalen Menschen.
Lebendig ist auch die Überfahrt mit dem Schiff nach Suriname beschrieben sowie das, was Maria und Dorothea dort erwartet.
Am Schluss des Buches gibt es ein Nachwort, in dem ich nachlesen kann, was in diesem Roman den Tatsachen entspricht, und, was dazuerfunden wurde.
Ich habe mir lange überlegt, wie ich das Buch bewerten soll. Mit Maria Sybilla Merian habe ich eine historische Figur kennenlernen dürfen, die ich vorher noch nicht kannte. Ich habe viel über ihr Leben, ihr Umfeld und ihren Traum, nach Suriname zu reisen, erfahren. Einen Traum, den sie realisieren konnte.
Die Liebesgeschichte mit Jan de Jong war mir zeitweise zu dominant – andererseits hat die Figur dieses Mannes dem Roman auch eine gewisse geheimnisvolle Note gegeben, die oft zur Handlung passte und Spannung erzeugte.
Deswegen gebe ich dem Buch fünf Sterne und empfehle es weiter.

Bewertung vom 08.08.2021
Fanto, Judith

Viktor


ausgezeichnet

Überaus lesenswert

Worum geht es in dem Buch?
Geertje ist eine junge Frau und lebt in Nijmegen in den Niederlanden. Sie will Jura studieren, trifft sich mit ihrer Freundin Yolante und verliebt sich in den angehenden Zahnarzt Thomas.
Gleichzeitig möchte sie für sich selbst herausfinden, wie sie zum Judentum steht, da sie und ihre Familie jüdisch sind. Sie versucht, in eine jüdische Gemeinschaft einzutreten, was ihr aber nicht einfach gemacht wird. Und sie recherchiert ihre Familiengeschichte, da ihr ihre Großeltern nicht alles sagen wollten, was damals in deren Heimat – in Wien – während der Nazi-Zeit passierte.
Geertjes Großvater Felix hatte einen Bruder, namens Viktor, der als Frauenheld galt. Außerdem galt er als sehr kreativ, was seine Geldverdienstmöglichkeiten anbelangte.
Geertje recherchiert und ändert parallel dazu ihren Vornamen. Geertje passt nicht zu ihr – das fühlt sie nicht nur, das haben ihr auch mehrere Leute gesagt. Sie nennt sich von nun an Judith.

Meine Meinung zu diesem Buch:
„Viktor“ ist ein flüssig geschriebenes und lesenswertes Buch aus der auktorialen Erzählperspektive (kein Ich-Erzähler). Sofort bin ich mitgerissen von den Ereignissen rund um die Familie Fanto in Wien. Sie sind Juden, sie feiern jüdische Feste. Wenn ich Ausdrücke und Wörter zu diesem Thema, die in dem Buch fallen, nicht kenne, kann ich ihre Bedeutung am Schluss des Buches in einem Extra-Kapitel nachschlagen.
Mir gefällt der Schreibstil und manche Ereignisse in dem Buch werden mit einem Augenzwinkern geschildert. Beispielsweise ein Essen bei den Großeltern oder das Gespräch zwischen Judith und einem Rabbiner, mit dessen Hilfe sie in eine jüdische Gemeinschaft in Nijmegen aufgenommen werden will.
Als Leserin will ich wissen, wie es mit Viktor, Felix und ihren Angehörigen in Wien weitergeht. Es passieren erschütternde Dinge. Die Familie diskutiert, wie sie mit den Repressalien gegen die Juden umgehen soll. Alles ist mit einer gewissen Distanz, aber auch anschaulich und lesenswert geschrieben.
„Victor“ ist nicht nur ein Familienroman, sondern auch ein Roman über eine junge Frau, die ihren Platz im Leben sucht. Ich wünsche diesem Buch noch viele Leserinnen und Leser und empfehle es weiter.

Bewertung vom 26.06.2021
McCreight, Kimberly

Eine perfekte Ehe


sehr gut

Keine perfekten Ehen

Das Buch beginnt sofort interessant. Lizzie Kitsakis, die in einer Anwaltskanzlei in New York arbeitet, befasst sich vorwiegend mit Mandanten, denen Wirtschaftskriminalität vorgeworfen wird, und schiebt viele Überstunden. Eines Abends bekommt sie einen Anruf von einem ehemaligen Studienkollegen, den sie schon vergessen hatte. Zach Grayson heißt er und sitzt in einem strengen Gefängnis, weil er dringend verdächtig ist, seine Frau Amanda umgebracht zu haben. Zach bittet Lizzie, dass sie ihn vertreten soll– denn laut eigenen Aussagen hat er seine Frau nicht getötet.

Lizzie verfügt, was Strafverteidigung anbelangt, nicht über viel Erfahrung und versucht, den Fall abzulehnen. Als ihr jedoch ihr Vorgesetzter Paul Mut macht, Zach zu verteidigen, kniet sich Lizzie in diesen Fall und versucht genau herauszufinden, was an dem Abend geschah, als Amanda ermordet wurde.
Sie leistet akribische Recherchearbeit, findet Spuren, die die Polizei noch nicht gefunden hat. Und sie versucht zu ergründen, was für eine Ehe Amanda und Zach führten. Zach, der Millionär, und Amanda, die ursprünglich aus ärmeren Verhältnissen stammte und wunderschön war.

Dabei hat Lizzie selbst Eheprobleme. Ihr Mann Sam ist Alkoholiker und in vieler Hinsicht haben er und sie sich auseinandergelebt….

Das Buch bleibt interessant. Allerdings hat es keine Thrillerqualitäten. Es ist ein Krimi, in dem ermittelt wird. Als Leserin bekomme ich abwechselnd mit, wie die sehr sympathische Ich-Erzählerin Lizzie versucht, das Rätsel um Amandas Tod zu lösen und was für ein Mensch Amanda war. Die Passagen rund um Amanda werden aus der auktorialen Erzählperspektive erzählt. Dass ich in diesem Roman abwechselnd Handlungsstränge aus der Ich- und der auktorialen Erzählperspektive lese, hat mich nicht gestört. Auch nicht, dass immer wieder Gesprächsprotokolle vor Gericht zu lesen sind – vorwiegend in einer anderen Schrift.

Die Ermittlungen sind langwierig. Es gibt falsche Fährten, also Leute, die man in Verdacht hat, die dann aber doch keine Mörder sind. Man liest das Buch, weil man wissen will, wer Amanda umgebracht hat und warum. Amanda, die mir als Leserin auch sympathisch rüberkam – mit ihren Ängsten und der Sorge um ihren Sohn Case.

Neben Lizzies Ermittlungsarbeit tun sich auch menschliche Abgründe auf. Viele der Beziehungen und Ehen in dem Buch sind marode – und man ist als Leser oft so ratlos wie die Hauptperson Lizzie.

Ganz „rund“ war für mich das Leseerlebnis allerdings nicht. Die Handlung zog sich an manchen Stellen sehr in die Länge. Der Schluss war nicht vorhersehbar – das spricht für das Buch.

Ich vergebe vier von fünf Sternen und empfehle das Buch weiter.

Bewertung vom 09.06.2021
Casagrande, Romina

Als wir uns die Welt versprachen


ausgezeichnet

Unterhaltsam und gleichzeitig erschütternd

Worum geht es in dem Buch?
Edna ist ungefähr 90 Jahre alt, lebt in Südtirol (Italien) mit dem Papagei Emil und liest immer wieder die deutsche Zeitschrift „Stern“, die sie sich von ihrer Nachbarin Adele besorgen lässt.
Tief im Herzen weiß Edna jedoch, dass sie ein jahrzehntealtes Versprechen einlösen muss. Sie muss den Papagei Emil seinem rechtmäßigen Besitzer, ihrem Freund aus Kindertagen Jacob, zurückbringen. Allerdings konnte sie sich nicht früher auf den Weg machen, denn sie wusste nicht, wo Jacob lebt und wie er mit Nachnamen heißt.
Mit Jacob verbinden Edna gemeinsame Erlebnisse auf einem Bauernhof in Süddeutschland. Sie waren so genannte „Schwabenkinder“, die oft schuften mussten, um zu überleben. Viele Bauern und ihre Mitarbeiter gingen mit den Schwabenkindern um, wie es ihnen beliebte. So gab es bittere Zeiten für die Kinder – aber auch Freundschaften entstanden.
Ein Artikel im „Stern“, der von einer Katastrophe im Süden Deutschlands berichtet, zeigt Edna plötzlich, dass Jacob in einem Krankenhaus in Ravensburg ist. Er wurde schwer verletzt und kämpft um sein Leben.
Edna fasst den Entschluss, ihn endlich in Deutschland zu besuchen und den Papagei Emil zurückzugeben. Diverse Pannen – zum Beispiel der Verlust ihres Geldes und ihres Ausweises – bringt sie nicht davon ab, die Reise zu machen. Auf ihrem Weg findet sie immer wieder Leute, die sie unterstützen und ihr helfen können. Sie nehmen sie beispielsweise mit auf einem Motorrad, sie begleiten sie zu Fuß und so weiter.

Meine Leseerfahrung:
Dieser Roman ist ein aberwitziges Roadmovie – teilweise abenteuerlich, absurd und humorvoll, teilweise aber auch sehr ernst. Er ist in der auktorialen Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler) in der Vergangenheit verfasst. Als Leserin erfahre ich, wie Edna mit ihrem Papagei per Bus, Zug, Motorrad, zu Fuß und so weiter versucht, ihr Ziel in Deutschland zu erreichen. Dabei trifft sie allerhand interessante Leute, Roland mit der Lederjacke, das esoterische Pärchen Priska und Flo und andere.
Ich habe das Buch gelesen, weil ich wissen wollte, ob Edna Deutschland erreichen und wie das Treffen mit Jacob nach langer Zeit ablaufen wird. Natürlich habe ich mich auch gefragt, warum Edna in ihrem Alter diese Reise überhaupt noch macht. Ihre Gesundheit ist nicht die beste.
Das Buch spielt in zwei Zeiten. Einmal in der Vergangenheit, als Edna und Jacob als „Schwabenkinder“ auf einem Bauernhof in Süddeutschland schuften und der Willkür von Bauern und Knechten ausgeliefert sind. Diese Kapitel erschüttern.
Ein Lichtblick ist hier, dass sich Edna und Jacob anfreunden – und sich gemeinsam um den Papagei Emil kümmern, den sie im Hof immer wieder verstecken können.
Die Reise Ednas nach Deutschland dagegen ist humorvoll, spannend und immer wieder skurril. Die Autorin schildert alles mit intensiver Fantasie – so entstehen immer wieder Bilder im Kopf und man kann sich beim Lesen gut ablenken.
Auch wenn ich denke, dass viele der beschriebenen Begebenheiten so nicht in Wirklichkeit passieren können, hat mich der Roman sehr gut unterhalten. Einen Augenblick lang habe ich geschmunzelt - und im nächsten Moment war ich erschüttert.
Den Schluss hätte ich mir etwas anders gewünscht. Aber das ist meine Meinung.
Ich vergebe dem Buch alle Sterne und eine Weiterempfehlung.

Bewertung vom 18.05.2021
Fuchs, Katharina

Lebenssekunden


ausgezeichnet

Interessanter Roman über zwei Frauen – sowie ein Stück Zeitgeschichte

Worum geht es in dem Buch?

Im Jahr 1956 muss Angelika Stein in Kassel die Schule abbrechen. Einige Zeit später bekommt sie die Chance, eine Ausbildung zur Fotografin zu beginnen. Sie meistert ihre Lehre vorbildlich und landet anschließend bei einer großen Tageszeitung. Dort muss sie sich in einer – in der damaligen Zeit – Männerdomäne als Frau behaupten.

1956 wird Christine Magold als Sportlerin für die DDR entdeckt und muss sich von da an einem harten körperlichen Training unterziehen. Sie meistert es mit Bravour. Als sie sich in einen westdeutschen Sportler verliebt, spürt sie die volle Härte des DDR-Systems, das Kontakte zu Westdeutschland nicht duldet. Sie muss eine Entscheidung treffen.

Meine Leseerfahrung:

Das Buch ist in der Vergangenheit in der auktorialen Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler) verfasst. Der Leser bekommt abwechselnd Ereignisse aus dem Leben vorwiegend von Angelika und Christine mit. Das liest sich flüssig und interessant – denn in diesen Roman fließt immer wieder Zeitgeschichte ein.

Die Hauptprotagonistinnen Angelika und Christine waren mir beim Lesen immer sympathisch. Ich fühlte mit ihnen mit. Ich habe auch viel Geschichtliches durch diesen Roman gelernt. Beispielsweise, welche Vorurteile gegenüber Frauen in den 1950er-Jahren bestanden. So muss sich Angelika als Fotografin gegenüber einigen profilierten männlichen Kollegen behaupten, kämpfen, um das tun zu dürfen, wofür sie fähig ist. Und damit ihre Arbeit die Würdigung erfährt, die sie verdient hat.
Christine, die Top-Sportlerin, lernt, dass das DDR-System nicht nur Lob für seine Sportler übrig hat, sondern sie auch gewaltig unter Druck setzen kann.
Als Leserin konnte ich sehr gut in die Handlung eintauchen und beim Lesen oft die Welt um mich herum vergessen.

Lange Zeit habe ich mich gefragt, wie die Schicksale von Angelika und Christine zusammenhängen könnten – im Laufe des Buches offenbaren sich einige Bezugspunkte zwischen beiden Frauen. Der Schluss ist spannend und nicht vorhersehbar.

Mich hat dieses Buch auf weitere Bücher der Autorin neugierig gemacht. Mir gefällt der Schreibstil und die Art, wie die Bücher der Autorin aufgebaut sind.

Ich vergebe dem Buch „Lebenssekunden“ fünf Sterne und eine Leseempfehlung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.05.2021
Shinkai, Makoto;Nagakawa, Naruki

Das Geschenk eines Regentages


sehr gut

Über Beziehungen zwischen Katzen und Menschen

Worum geht es in dem Buch?
Der Roman beschreibt vier Episoden mit Menschen und ihren Katzen. Irgendwie hängen die Menschen und die Katzen miteinander zusammen. So ist beispielsweise Miyu, die den ausgesetzten Kater Chobi im Regen findet und ihm ein neues Zuhause gibt, eine Bekannte von Reina, die an einer Fachschule an Kursen für Malerei teilnimmt.
Reina macht Bekanntschaft mit der Katze Mimi, sie gibt ihr zu fressen. Mimi ist Freigängerin und lernt irgendwann Chobi, Miyus Kater, kennen. Sie will mit ihm zusammen sein, trifft aber dann einen anderen Kater.
In einer anderen Geschichte geht es um Aoi, die sich die Schuld am Tode ihrer besten Freundin gibt. Dadurch wird sie depressiv. Die Katze Cookie versucht, Aoi auf andere Gedanken zu bringen.
Die vierte Geschichte erzählt von dem Kater Kuro, der von einer älteren Dame gefüttert wird.
Einige der Katzen in dem Roman treffen den Hund John, mit dem sie sich unterhalten und der immer wieder weise Sprüche von sich gibt.

Meine Meinung zu diesem Buch:
Die ersten beiden Episoden mit Miyu und Chobi sowie Reina und Mimi haben mir gut gefallen. Dass man sich als Leser auf einige Ich-Erzähler einstellen muss, die immer wieder – ohne vorherige Ankündigung – wechseln, hat mich nicht sehr gestört. Mal erzählen die Menschen, mal die Katzen aus der Ich-Perspektive.
Die Stimmung in der dritten Episode fand ich zu traurig, was mich beim Lesen sehr gestört hat. Die vierte Episode fand ich okay, bis auf manche Stellen, die mir doch zu märchenhaft oder esoterisch waren.
An dem Buch gefällt mir, dass ich einiges über die Japaner und ihr Verhältnis zu Haustieren lerne. Die Haustiere sind wie Familienmitglieder, sie können den Menschen Freude bringen. Manches Mal sah ich beim Lesen vor meinem inneren Auge Manga-Figuren, also Figuren aus einem japanischen Comic.
Die Menschen in diesem Buch allerdings sind mir oft zu hölzern, zu unnahbar. Gerade, wenn ein Charakter anfängt, sich zu entwickeln in dem Buch, beginnt eine neue Episode. An diese Art der Erzählweise muss man sich gewöhnen, wenn man den Roman lesen will.
Der Schreibstil ist einfach, leicht zu lesen – manchmal beinahe wie ein Kinderbuch.

Mein Fazit:
Ich finde es schwierig, dieses Buch zu bewerten. Die geschilderten Menschen in dem Buch mochte ich, allerdings waren sie mir oft zu distanziert. Die Katzen sind liebenswert geschildert. Manche Episoden in dem Roman mochte ich sehr, andere weniger.
Ich vergebe dem Buch 3,5 Sterne und runde auf vier Sterne auf. Eine Leseempfehlung gebe ich für Leute, die sich für Japan und Mangas interessieren und auch Katzen mögen.

Bewertung vom 08.04.2021
Miyashita, Natsu

Der Klang der Wälder


sehr gut

Ein ruhiger Roman aus Japan

In dem Roman „Der Klang der Wälder“ geht es um einen jungen Japaner, namens Tomura, der in einer ländlichen Gegend in Japan wohnt und Klavierstimmer wird. Er besucht dazu eine Fachschule auf der Insel Honshu.
Nach zwei Jahren Ausbildung findet er eine Stelle in einem Instrumentenhandel. Dort absolviert er eine Einarbeitungsphase von einigen Monaten. Anschließend besteht sein Berufsalltag vorwiegend daraus, zu Kunden nach Hause zu fahren, um deren Klavier zu stimmen. Es gibt viele Stammkunden, beispielsweise die Zwillinge Yuni und Kazune. Zwei hübsche junge Mädchen, die sehr begabt sind.
Tomura stellt an sich selbst hohe Ansprüche. Er will perfekt werden – so perfekt wie sein Idol, der Klavierstimmer Itadori.
Ich habe diesen Roman lesen wollen, weil ich festgestellt habe, dass der Schreibstil in Büchern, in denen es um Musik geht, oft lyrisch und besonders schön ist. Hier werden meine Erwartungen erfüllt – der Roman lässt sich gut lesen, die Sprache gefällt mir, es gibt viele Dialoge.
Von der Handlung her ist der Roman wenig spektakulär. Tomura fährt herum und stimmt Klaviere – und er sucht den perfekten Klang. Von der Persönlichkeit her wirkt er auf mich oft hölzern und distanziert. Man erfährt kaum Privates über ihn – beispielsweise wird nie auf seine Hobbys Bezug genommen.
Dabei stört es mich nicht, dass der Roman aus der Ich-Perspektive von Tomura erzählt wird. Auch wenn ich viel über den Berufsalltag eines Klavierstimmers und über Klaviere erfahre, bleiben die Personen in dem Roman für mich als Leserin so distanziert wie Tomura. Dabei sind sie alle sehr höflich und nett, machen sich hin und wieder Komplimente und sind sehr bescheiden, wenn jemand ihre Talente und Fähigkeiten lobt.
Dennoch hat mich der Roman nicht gelangweilt. Die Autorin hat sehr viel Fachwissen über Klaviere eingeflochten – und ich habe die Entwicklung eines Klavierstimmers vom Berufsanfänger zum Profi mitbekommen. Tomura ändert seine Ansichten über den „perfekten Klang“, je mehr Berufserfahrung er bekommt. Dabei spielen die Zwillinge Yuni und Kazune, deren Klavierspiel ihm sehr am Herzen liegt, eine große Rolle.
Ich vergebe dem Buch „Der Klang der Wälder“ vier Sterne.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.03.2021
Schröder, Alena

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid


ausgezeichnet

Interessante und gut zu lesende Familiengeschichte

Worum geht es in dem Buch?
Hannah ist die Enkelin von Evelyn, einer 95-jährigen Medizinerin im Ruhestand, die in einem Pflegeheim lebt.
Immer wieder besucht Hannah ihre Großmutter und macht für sie Besorgungen. Dabei ist die Großmutter nicht einmal besonders nett zu ihr und kritisiert sie ständig.
Evelyn wuchs in den 1920er-Jahren bei ihrer Tante Trude auf, der Schwester ihres Vaters Ulrich. Dieser starb bei einem Unfall, als Evelyn noch ein Kleinkind war. Evelyns Mutter Senta hatte Ulrich und Evelyn bald verlassen und war nach Berlin gezogen. Dort machte sie Karriere bei einer Zeitung und heiratete Julius Goldmann, einen jüdischen Mann. Als die Situation für die Juden in Deutschland gefährlich zu werden begann, konnten Senta und ihr Ehemann nach Dänemark fliehen.
Durch Zufall erfährt Hannah, dass Julius Goldmanns Vater ein jüdischer Kunsthändlers war, der viele wertvolle Bilder in seinem Laden hatte, die allerdings geraubt wurden. Evelyn Ist Erbin dieser Bilder – wenn diese noch aufgefunden und zurückgefordert werden können.
Hannah macht sich auf, die Geschichte ihrer Familie zu ergründen und nach dem Verbleib der Bilder zu forschen. Mit Unterstützung zweier Leute, namens Marietta und Jörg, findet Hannah viel heraus über ihrer Urgroßmutter Senta und ihre Großmutter Evelyn. Von den Bildern scheint eines besonders wertvoll zu sein – vielleicht ein Original des Malers Vermeer mit dem Titel „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid…“

Meine Meinung zu diesem Buch:
Nach einer kurzen Einlesezeit war ich gepackt von dem Buch und der Handlung. Es ist aus der Sicht des auktorialen Erzählers (kein Ich-Erzähler) in der Vergangenheit verfasst.
Ich verfolgte gespannt, wie Hannah ihre Großmutter besuchte, nach der Geschichte ihrer Familie recherchierte, sich Gedanken über ihre Doktorarbeit machte und sich noch mit ihrem Liebhaber, dem verheirateten Professor Andreas befasste, von dem sie nicht wusste, ob er sie überhaupt liebte.
Parallel dazu las ich die Geschichte von Senta und ihrer Freundin Lotte in den 1920er-Jahren, ich bekam mit, wie sich Trude um Evelyn kümmerte. Geschrieben ist alles interessant und mitreißend. Vor meinem inneren Auge entstehen Szenen aus Hannahs Leben, die sich in diesem Roman von einer Frau, die oft ausgenutzt wird, zu einer selbstbewussten Frau, die genau weiß, was sie will, entwickelt. Auch die Szenen aus Sentas und Evelyns Leben, beginnend in den 1920er-Jahren, sind packend und anschaulich geschildert, so dass mich die Lektüre des Buches insgesamt begeistern konnte.
Als Leserin wollte ich wissen, was aus Senta und Evelyn wurde, ob die beiden als Mutter und Tochter irgendwie zusammenfinden können. Weiterhin wollte ich erfahren, was mit den Bildern, die Julius‘ Vater in seinem Laden hatte, passiert ist.
Der Schluss ist anders als erwartet, aber dennoch nachvollziehbar. Ich habe ein Buch über starke Frauen gelesen, von denen mir Hannah und Senta sympathisch waren. Trude mochte ich weniger, und Evelyn und ihre Tochter Silvia sind Nebenfiguren.
Ich vergebe fünf Sterne und eine Leseempfehlung für „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“.

Bewertung vom 01.03.2021
Meller, Marc

Raum der Angst


ausgezeichnet

Ein sehr spannendes Buch

Worum geht es in dem Buch?

Sieben Personen, die an einem Experiment von Professor Dr. Andreas Zargert teilnehmen sollen, werden durch eine SMS an einen anderen Ort zitiert. In ein baufälliges Schloss in der Nähe von Hannover. Ein Bus bringt sie dorthin. Sobald die Teilnehmer in dem Schloss sind, wird der Busfahrer ermordet.

Anschließend spielt jemand, der sich „Janus“ nennt, mit diesen sieben Personen und Hannah, die entführt wurde, und ins Schloss gebracht wurde, ein perfides Spiel. Die acht Personen müssen Aufgaben und Rätsel in verschiedenen Escape Rooms lösen. Diese Escape Rooms sind sehr aufwändig und clever gestaltet. So ist ein Escape Room beispielsweise eine Nachbildung eines Spielcasinos, ein anderer erinnert an eine Abflughalle eines Flughafens. Doch jeder Escape Room birgt Gefahren – tödliche Gefahren. Das merken die acht Personen in dem Schloss sehr bald, als immer wieder jemand gewaltsam zu Tode kommt.

Hannah merkt sehr bald, dass sie die Lösung, wer „Janus“ ist, weiß. Wenn sie sich nur erinnern könnte!

In einer Parallelhandlung findet die Polizei den ermordeten Busfahrer und erfährt sehr bald von den vermissten Personen. Fieberhaft versucht die Polizei herauszufinden, wo Hannah und die anderen sieben Leute stecken könnten. Dabei befragen sie Professor Dr. Zargert und einen ehemaligen Studenten, der in einer psychiatrischen Klinik untergebracht ist. Doch es ist nicht einfach, herauszufinden, wer hinter „Janus“ steckt, wie er „tickt“ und, wo er und die vermissten Personen sich befinden….

Meine Meinung zu diesem Buch:

Nachdem das Buch in einer Fernsehsendung vorgestellt worden war, wollte ich es unbedingt lesen. Das Buch ist aus der auktorialen Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler) in der Vergangenheit geschildert.

Die Handlung konnte mich sofort packen und der Roman hat mich sehr gut unterhalten. Er ist durchweg spannend, die meisten dargestellten Personen sind nicht oberflächlich geschildert, sondern so, dass man als Leser mit ihnen mitfiebert. Nur „Janus“ ist sehr rätselhaft, ein unsympathischer, aber durchaus cleverer Mörder. Als Leser will man wissen, wer diese lebensgefährlichen Spiele in den Escape Rooms überstehen wird – und wer hinter „Janus“ steckt.

Dabei ergeben sich immer wieder neue Wendungen – hervorgerufen beispielsweise durch zwei Jugendliche, die sich in die Nähe des Schlosses verirren.

Das Buch ist nichts für Zartbesaitete, es schildert aber die Morde zum Glück auch nicht zu detailliert.

Der Schluss überraschte mich total, aber das spricht für das Buch. Man meint irgendwann zu wissen, wer der Mörder ist – aber dann gibt es noch überraschende Wendungen und neue Erkenntnisse.

„Raum der Angst“ ist ein sehr gut zu lesender Escape-Room-Thriller, der in Deutschland spielt. Ein Buch, das von vorne bis hinten spannend ist – und selbst am Schluss noch mit unerwarteten Überraschungen aufwarten kann.

Ich vergebe fünf Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 17.02.2021
Ruff, Matt

88 Namen


gut

Das Leben ist manchmal ein Online-Game
Worum geht es in dem Buch?
John Chu ist chinesischer Abstammung, lebt in den USA und verdient seinen Lebensunterhalt als Gamer. Genauer gesagt als „Sherpa“, also eine Person, die spielinteressierte Kunden durch diverse Online-Spiele leitet.
Eines Tages soll er Mr. Jones im Auftrag von Mr. Smith durch Online-Spiele führen – also zeigen, welche Ausrüstung man dafür braucht, in welche Charaktere man schlüpfen kann, was bei den jeweiligen Spielen wissenswert ist etc. John Chu kann durch diesen Auftrag viel Geld verdienen, allerdings gibt es auch unklare Faktoren bei diesem Auftrag. Wer ist Mr. Jones? Könnte er vielleicht etwas mit der Volksrepublik Nordkorea zu tun haben?
Die Lage wird für John Chu so gefährlich, dass sie eines Tages sogar Auswirkungen auf sein reales Leben hat…

Meine Meinung zu diesem Buch:
Vorab gesagt: Ich mache keine Online-Spiele – aber ich wollte mich durch diesen Roman in diese Welt entführen lassen und lernen, wie es in dieser Welt zugeht. Gelernt habe ich durch diesen Roman einiges. Geholfen haben mir dabei nicht nur die Handlung, sondern auch die Erklärung von Begriffen aus der Welt der Online-Spiele, die am Anfang der Kapitel sowie am Ende des Buches stehen.
John Chu erzählt seien Erlebnisse aus der Ich-Perspektive im Präsens. Das hat mich beim Lesen nicht gestört. Gestört haben mich jedoch viele Nebenhandlungen und Gedanken von John, die für die Handlung nicht unbedingt relevant waren und dem Buch oft die Spannung nahmen. Das Buch war für mich oft nur zäh zu lesen – und lange vermisste ich einen „roten Faden“, also einen durchgehenden Handlungsstrang, der für mich zu einem Roman gehört.
Natürlich wollte auch ich wissen, wer der geheimnisvolle Mr. Jones ist. Am Schluss wird das aufgelöst – es war für mich eine Überraschung, aber auch kein Ende, das mich vollkommen zufriedenstellte. So wie mich die ganze Handlung nicht überzeugen konnte. Ich habe zwar einiges darüber gelernt, wie sich Menschen in Online-Spielen in Persönlichkeiten verwandeln, die sie im normalen Leben nicht sein können. Jedoch waren die meisten Charaktere sehr schemenhaft – so wie Comicfiguren. Nur John Chu war mir sympathisch.
Wer Online-Spiele mag, sie immer wieder spielt und an einem Roman aus dieser Welt interessiert ist, kann dem Roman „88 Namen“ von Matt Ruff vielleicht viel abgewinnen. Ich erwartete mehr Spannung.
Deswegen vergebe ich drei Sterne.