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Christina P.
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Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 1103 Bewertungen
Bewertung vom 15.09.2024
Godfrey, Jennie

Unser Buch der seltsamen Dinge


ausgezeichnet

Kaleidoskop aus Sünde und Gewalt, betrachtet aus Kindersicht
Dies ist eines der Bücher, bei welchen ich zu Beginn nicht wusste, in welche Richtung es sich entwickeln wird. Der Klappentext hätte auf eine Yorkshire-Version von Enola Holmes hindeuten können: Zwei Freundinnen überführen einen Mörder, damit die Familie des einen Mädchens nicht aus Furcht vor Gewalt wegzieht. Doch so einfach hat es sich die Autorin nicht gemacht und bietet ein emotional deutlich bewegenderes Werk.
Tatsächlich basiert der Roman auf einem damaligen Serienmörder, welcher bekannt als Yorkshire Ripper in Jennie Godfreys Kindheit aktiv war. Die zwölfjährige Miv ist ein Kind der Arbeiterklasse. Seitdem ihre Mutter aus für Miv unerklärlichen Gründen nur noch ein Schatten ihrer Selbst ist bewirtschaftet Tante Jean nach Feierabend den Haushalt, während der Vater immer öfter abends verschwindet. Als der Vater und seine Schwester, Tante Jean, überlegen fortzuziehen setzt Miv sich in den Kopf, die Gegend wieder sicher zu machen, indem sie mit ihrer besten Freundin Sharon eigenhändig den Yorkshire-Ripper überführt. Dann könnte sie bei ihrer besten Freundin wohnen bleiben. Sharon ist so ziemlich das Gegenteil von Miv mit der gut betuchten Familie, den schönen Kleidern und dem hübschen Aussehen. Und trotzdem halten die beiden zusammen und beginnen, sich die Menschen um sie herum genauer zu betrachten.
Und genau hier setzt die Autorin an, bei der Betrachtung der Mitmenschen. Wobei Miv noch eine sehr naive Sicht der Dinge hat, während Sharon bereits so manche Dinge besser versteht. Im Laufe des Romans kommt so ziemlich alles vor an Sünde, Hass und Gewalt der damaligen Zeit. Hass gegen alle, die anders sind, Gewalt hinter verschlossener Tür oder gegenüber Kindern, Mysogynie, Mobbing und so einiges mehr. Manches war regelrecht erschreckend zu lesen und einige Male wünschte ich mir, dass die richtigen Leute gewisse Anzeichen rechtzeitig deuten, um Schlimmeres zu verhindern. Der Schluss des Romans hinterließ mich mit einem erleichterten sowie einem traurigen Auge. Und auf dem Weg dorthin hatte ich so manch emotional aufwühlende Momente, da die Autorin recht viele Problemthemen in der Gesellschaft versteckt hat, welche die Mädchen nach und nach aufdecken, bewusst oder unbewusst.
Ein gelungenes Buch über Gewalt und Sünde der damaligen Gesellschaft, zwar aus Kindersicht, jedoch nicht weniger schonungslos.

Bewertung vom 14.08.2024
Lu, Marie

A Silent Fall / Skyhunter Bd.1


sehr gut

Dystopische, kriegslastige Zukunft mit Menschenexperimenten
Irgendwann in der fernen Zukunft sieht sich die Karensa-Bevölkerung als wahre Nachfahren, welche die Völker einen muss, um erneute Kriege und somit den Untergang der Menschheit zu verhindern. Dass diese Einigung wiederum mit kriegerischer Gewalt erfolgt sei mal nebensächlich. Experimente an Menschen auf angeblicher Basis früherer Aufzeichnungen sind da nochmal eine ganz andere Hausnummer.
Das letzte verbleibende Land des Kontinents in Freiheit ist Mara. Doch auch hier stehen die Truppen der Föderation bereits vor den Grenzen, bereit, diese einzureißen. In diesem Grenzgebiet ist Talin Kanami als eine von mehreren Spezialkämpfern unterwegs, um die Vorhut der Föderation, blutrünstige Monster als Ergbenis brutaler Experimente, niederzuringen. Als ein Überläufer des Feindes hingerichtet werden soll, hört Talin auf ihr Bauchgefühl und rettet den Mann vor dem Tod. Zur Strafe bekommt sie den Kerl aufgebrummt, um auf ihn aufzupassen. Doch auf ihren Instinkt ist verlass und der Fremde bietet schon bald eine Möglichkeit, dem Feind empfindlich zu schaden.
Dies ist der erste Band einer Dilogie, wobei der Cut am Ende in sich stimmig ist. Insgesamt ist die Atmopshäre sehr kriegslastig, sehr bedrückend. Talin selbst ist ein Flüchtling des Nachbarlandes und hat auf ihrer Flucht durch Giftgas ihre Stimme ruiniert. Ihre nonverbale Kommunikation ist im Grenzgebiet sogar von Vorteil, um sich lautlos dem Feind nähern zu können. Trotzdem hat sie es nicht leicht, werden die Flüchtlinge doch vom Adel als Rattenplage angesehen.
Was es mit dem Überläufer Red auf sich hat wird Talin auf überraschende Art klar, ein Blick auf das Buchcover liefert erste Hinweise. Ebenso hat mir die Karte im Buch ein wenig geholfen, die Handlungsorte räumlich einzuordnen. Die kurz-vor-Krieg-Atmosphäre und die vielen Kampfszenen sind schon recht bedrückend, Romantik sucht man in dieser Stimmung erstmal vergeblich, kommt wohl im zweiten Band. Generell wird die Beziehungen der Menschen untereinander nur wenig thematisiert, höchstens mal angerissen, der Schwerpunkt liegt auf den politischen Themen. Ich selbst find es sehr anstregend seitenweise Kriegsbedrohung und Rückblicke in kriegerische Szenen zu lesen. Auch erfährt man von der Welt und den vergangenen Geschehnissen kaum etwas, die Handlungsorte sind sehr begrenzt. Dafür waren die subtilen Anspielungen auf die Hinterlassenschaften der Vorfahren ganz amüsant. Ein großer rechteckiger Platz vor einer Anlage ließ bei mir z. B. gleich den Verdacht aufkommen, das könnte mal ein Parkplatz gewesen sein. Im Großen und Ganzen schon recht beeindruckend, auch von den Ideen her, auch wenn ich das technische Know How des Feindes im Vergleich zum Land Mara schon sehr futuristisch fand, insbesondere in Bezug auf die Experimente an Menschen.

Bewertung vom 14.08.2024
Große, Lara

City of Dust and Shadows


ausgezeichnet

Clankämpfe und Drogen in Pariser Schattenwelt
Wow, einfach nur wow. Ihr liebt spannende Urban Fantasy, eine toughe Protagonistin und einen grumpy-but-hot Love Interest? Dann ab mit euch nach Paris!
Erst ist Tess enttäuscht, dass ihre Schwester Claire sie bei ihrer Ankunft in Paris nicht vom Bahnhof abholt. Aus Enttäuschung wird Sorge, weil Claires WG-Mitbewohner sie ebenfalls schon eine Weile nicht mehr gesehen haben. Und als Tess herausfindet, in welcher Szene Claire zuletzt unterwegs war, ist sie schockiert. Da werden Parties in den Schatten der Stadt abgehalten, verbotene Drogen verkauft, Monster springen aus den Wänden, ein heißer Typ im Hoodie rettet Tess auf magische Weise das Leben - und am nächsten Tag kann sie sich an nichts mehr erinnern. Glaubt mir, und hier geht das Ganze erst so richtig los, denn Tess ist nicht die Einzige die auf der Suche nach Claire ist. Und irgendwer ist plötzlich Tess auf den Fersen.
Woah, ich bin durch das Buch regelrecht durchgeflogen. Was die Autorin sich da alles hat einfallen lassen mit der Schattenwelt, den herrschenden Clans, den zu bekämpfenden Monstern und und und. Es ist so fantastisch, so spannend, so abwechslungsreich, ihr werdet es lieben. Nebenbei gilt es noch, den oder die Bösen zu finden in der Hoffnung, zugleich eine Spur zu Claire zu erhalten. Und ein echt fieser Twist ist auch dabei. Sehr genial, ich hoffe, auf dem Level bald weitere Bücher der Autorin lesen zu können.

Bewertung vom 14.08.2024
Wolf, Klaus-Peter

Der Verdacht / Ein mörderisches Paar Bd.2


ausgezeichnet

Kopfgeld auf den Mann ohne Gesicht
Auf Sommerfeldt wurde ein Kopfgeld ausgesetzt, von seinem Gegenspieler und Jachtbesitzer Willi „George“ Kleppmann. Das ruft sowohl Profis wie auch Laien auf den Plan, selbst beim BKA werden einige gierig. Dumm nur, dass niemand weiß, wie Sommerfeldt aktuell aussieht, der als Dr. Ernest Simmel gemeinsam mit Frauke seine Privatklinik am Meer betreibt. Rupert ausgenommen (siehe Ruper Undercover). Da kann es schonmal vorkommen, dass jemand fälschlich für Sommerfeldt gehalten wird. Und der macht sich glatt noch einen Spaß und stolziert in die eigens für ihn gestellt Falle, nur um anschließend wieder hinauszuspazieren.
War schon faszinierend, wie sich da diverse Leute in die Kopfgeldjagd involvierten und welche Auswüchse das teilweise nahm. Dass da selbst einige von den Guten auch mal querschießen, nur für den eigenen Ruhm, war da schon richtig übel zu lesen und wird zum Glück von richtiger Seite aus aufs Schärfste kritisiert. Leider bleiben die Verluste auf beiden Seiten nicht aus. Dafür gab es ein paar schöne Szenen auf und um Norderney und ich denke, die Retourkutsche wird dann wohl im dritten Band kommen. Indgesamt wieder sehr unterhaltsam und etwas schwarzhumoriger als die reguläre Ostfriesenkrimi-Reihe.

Bewertung vom 14.08.2024
Wolf, Klaus-Peter

Ostfriesenhass / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.18


ausgezeichnet

Alienforscher und andere schräge Typen
Schon der 18. Fall und es wird nicht langweilig in Ostfriesland. Frank Wellers Tochter Sabrina will ihrem Vater ihre neueste Flamme vorstellen, der momentan mit seinem Buch über Ausserirdische durch den Norden tourt. Aus dem gemütlichen Beisammensein wird jedoch nichts, da Ann Kathrin Klaasen und Frank Weller zu einem Tatort gerufen werden. Dass die neuesten Morde sich thematisch mit Sabrinas Freund überschneiden, hier auch ein Alienfanatiker am Werk ist, wissen sie zunächst nicht. Und das wäre nicht der einzige schräge Typ, der diesen Band ordentlich aufmischt.
Ich fand diesmal die Unberechenbarkeit des fanatischen Alienkillers sehr gelungen, dadurch blieb es in vielen Dingen unvorhersehbar. Doch auch die Alienfreunde, mit denen Wellers Tochter unterwegs ist, haben für so manche Überrschung gesorgt. Typisch für KPWs Bücher ist wieder der Blick in die Köpfe der Menschen, wodurch sie nahbarer werden als die oberflächlicheren Beschreibungen anderer AutorInnen. Klar, muss man mögen, wer seine Roman kennt weiß, was einen erwartet. Ich fand es sehr unterhaltsam und hoffe, dass sich niemand ebenso berufen sieht wie der Alienkiller im Buch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.08.2024
Chen, Jiatong

Aufbruch ins Reich der Träume / Dream Keeper Bd.1


weniger gut

Langatmig, Kind soll nachts anderen die Träume gestalten statt selbst zu schlafen
Ein junges Mädchen wird wegen ihrer Fähigkeit, Träume zu malen, von einer Katze als Traumkünstlerin angeworben. Fortan soll sie die Träume anderer gestalten, damit diese einen erholsamen Schlaf finden.
Ich tat mich mit dieser Idee sehr schwer. Davon abgesehen, dass die Handlung zunächst nur schleppend voran geht, sehe ich es als äusserst befremdlich, ein Kind zu rekrutieren, die Nacht durchzuarbeiten und die Verantwortung zu übernehmen, dass andere Menschen ihnen wohltuende Träume erleben. Dass die Kleine am nächsten Tag völlig übernächtigt zur Schule geht und Ärger bekommt wird hier einfach so hingenommen. Am schlimmsten fand ich, dass sie im Traum des Lehrers herumwerkeln soll, der sie in der Schule ständig runterputzt. Aber hier soll sie ihm auch noch etwas Gutes tun? Die Lösung fand ich absurd, das war reinste Selbsterniedrigung. Natürlich gibt es noch einen Finsterling, der die Welt der Traumkünstler bedroht und hier seinen ersten Auftritt hat. Ich kann mich leider nicht damit anfreunden, die Reihe weiterzulesen, auch wenn ein paar schöne Ideen dabei sind.

Bewertung vom 14.08.2024
Heitz, Markus

Aufbruch nach Deseo / Die Traumgänger Bd.1


ausgezeichnet

Schneller Spannungsaufbau und fantastische Ideen
Finn hat eine ganz besondere Gabe: Als Klarträumer kann er seine eigenen Träume aktiv umgestalten. Grad jetzt, wo der Dreizehnjährige mit Gipsbein im Rollstuhl sitzt, bietet ihm das die Möglichkeit, sich zumindest in seinen Träumen frei zu bewegen. Diese Gabe möchte Sanja für ihre Zwecke nutzen. Angeblich sind ihre Eltern verschwunden und sie erhofft sich, mit Finns Hilfe Spuren im Traumland Deseo zu finden. Dem Land, in dem die Träume gemacht werden.
Endlich mal ein Abenteuer, bei welchem es sofort spannend wird. Keine langen Einleitungen, man erfährt einfach von Finns Gabe, indem man seine Abenteuer miterlebt. So werden die LeserInnen sofort ins Geschehen eingespannt, wobei die Story vom Layout gut zu lesen ist. Auch die Charaktere, also Finn und Sanja, sind von vornherein vielschichtig und lebendig. Schon Sanjas Outfit ist ein herrliches Statement. Das Nonplusultra ist natürlich das Abenteuer in Deseo, welchem der Bereich für die Albträume gegenübersteht, Dunkelion. Das Buch könnt ich mir prima als Anime vorstellen, so lebendig und voller fantastischer Ideen. Jetzt warte ich auf den zweiten Band und die weitere der beiden Kinder Verabredung zu einem neuen Abenteuer.

Bewertung vom 14.08.2024
Brooks, Nick

Promise Boys - Drei Schüler. Drei Motive. Ein Mord.


gut

Solide Story, unnötige Längen, mir fehlten wirkliche Highlights
Die Urban Promise Prep School gilt als Vorzeigeprojekt, um sozial gefährdete junge Männer in die Gesellschaft zu integrieren. Dass der Alltag an der Schule mittlerweile aus überzogenem, teils sogar entwürdigendem Drill besteht, wird nach außen nicht thematisiert. Erst der gewaltsame Tod des Schuldirektors, welcher am Schluss wie ein Despot über die Einrichtung herrschte, setzt etwas in Gang. Denn verdächtigt werden drei Schüler, die vehement ihre Unschuld beteuern. Da ihnen niemand glaubt nehmen sie die Ermittlungen eben selbst in die Hand.
Gleich zu Beginn wird man in einen Haufen aus Meinungen geworfen von Menschen, die sich herausnehmen, ein Bild von den Verdächtigen zu haben, ohne diese teilweise überhaupt zu kennen. Durch diesen Wust an Vorurteile und Vermutungen oder Auszügen aus Verhören bekommt das Thema gleich zu Beginn eine größere Dimension. In weiteren Perspektivwechseln begleitet man die drei Jungs, wie sie versuchen, erst sich gegenseitig zu überführen und dann, gemeinsam den wahren Täter zu finden. Das sich entwickelnde Teamwork war schön zu lesen, es gab einige Längen, die Auflösung war etwas vorhersehbar. Auch gibt es keine wirklichen Höhen und Tiefen, ein wenig fehlte mir das gewisse Etwas, um meine Begeisterung anzufachen. Vielleicht lag es auch an den Jungs selbst.

Bewertung vom 14.08.2024
Jager, Jennifer Alice

Der Fluch der Meere / School of Myth & Magic Bd.2


ausgezeichnet

Zweiter Band bietet so einige Überraschungen
Der zweite Band der Dilogie bringt Devin auf gefährliche Weise dem Rätsel um das verschlossene Portal näher. Um das Rätsel zu lösen geht sie einen Pakt mit Kassian ein, dem körperlosen Wesen, der sich zunächst unentdeckt weiterhin an der Akademie verbirgt. Auch wenn beide unterschiedliche Ziele haben, eint sie das Rätsel darum, was sich hinter dem letzten Portal verbirgt, warum der Direktor dies unbedingt zerstören will und wer Devins Vorfahren waren.
Tatsächlich wurd mir Kassian mit der Zeit immer sympathischer, wohl auch, weil er immer umgänglicher wurde. Nicht zuletzt dank Devins Einstellung, dass Zwang und Folter erst Wesen zu Monstern macht. Natürlich bleibt ihre Geheimnistuerei mit Kassian unter ihren Freunden nicht lange unentdeckt und die Freunde versuchen gemeinsam, das verborgende Archiv des Drachen-Direktors zu finden. Devins Gefühlschaos bezüglich Kassian/Caleb macht es zusätzlich spannend.
Die Auflösung fand ich sehr schön, wenn sie auch stellenweise etwas verwirrend war. Auf jeden Fall ist der zweite Band deutlich spannender als der erste, die Zwistigkeiten zwischen den SchülerInnen sind diesmal nicht mehr so präsent. Und als kleines Extra erfährt man endlich, wie der Drachen-Mitschüler in seiner Drachengestalt aussieht.

Bewertung vom 14.08.2024
Lind, Jessica

Kleine Monster


ausgezeichnet

Wie in der Kindheit erlebte Gewalt die Erwachsenen prägt
Es beginnt damit, dass die Eltern des kleinen Luca zu einem Gespräch mit der Lehrerin der zweiten Klasse gebeten werden, weil es einen gewissen Vorfall mit einer Mitschülerin gegeben habe. Dies wird zum Auslöser, dass sich Mutter Pia mit ihrer eigenen Kindheit auseinandersetzen wird.
Um den gewissen Vorfall wird im Buch zunächst ein Geheimnis gemacht, es wird lange nicht verraten, was denn nun genau vorgefallen ist, quasi, um die Neugier aufrecht zu erhalten. Dies Thema wird nach und nach überlagert von der psychologischen Entwicklung der Mutter.
Im Gegensatz zum Vater Jakob liegt in Mutter Pia tief im Inneren die Überzeugung verankert, dass auch Kinder bereits kleine Monster sein können, die alles mit Berechnung tun, als gäbe es das geborene Böse. Das klingt für manche merkwürdig, und ja, das ist Pia so auch überhaupt nicht bewusst. Nach und nach zeigt sich dies in ihrem Verhalten und in ihren Denkweisen, auch ihrem Sohn gegenüber. Langsam kommt man beim Lesen gemeinsam mit Pia dahinter, dass ihr diese Denkweise von den eigenen Eltern in der Kindheit regelrecht antrainiert wurde. Hier vielleicht auch eine Triggerwarnung, da es um körperliche und seelische Gewalt gegenüber Kindern geht. Im Lauf des Romans verdeutlichen sich immer mehr Hinweise darauf wie latent unter der Oberfläche brodelnder Jähzorn oder die Überzeugung, alle seien gegen sie. Tatsächlich schätzt sie die Reaktionen der Eltern und der Lehrerin auch völlig falsch ein, nicht mit Absicht, sondern weil sie selbst in diesem Denkprozess regelrecht gefangen ist.
Ich mochte dies langsame Aufdecken, dies Gewahrwerden, was Pia bezüglich ihrer Kindheit alles verdrängt hat. Auch in Bezug auf ihre Schwester, zu der sie keinen Kontakt mehr hat, da diese sämtliche Kontakte zur Familie abbrach. Schade war, dass sie, obwohl es ihr irgendwann bewusst war, sie dennoch zunächst in alte Verhaltensmuster zurückfiel. Ein sehr bewegendes Buch, ich möchte nicht ausschließen, dass sie einige Lesende hier wiederfinden könnten.