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Isabel
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Bietigheim-Bissingen

Bewertungen

Insgesamt 360 Bewertungen
Bewertung vom 23.04.2025
Hope, Anna

Wo wir uns treffen


sehr gut

Ich liebe ja komplizierte Familiengeschichten und so sprach mich auch dieser Klappentext sofort an. Ich begebe mich mit Anna Hope auf eine Reise auf die Insel, genauer gesagt in den Süden Englands, nach Sussex. Hier finde ich mich mit der Familie Brooke auf einem riesigen Anwesen wieder, doch leider ist der Anlass ein trauriger – das Familienoberhaupt Philip Brooke lebt nicht mehr und die Kinder und Enkel treffen sich dort zu seiner Beerdigung. Wer jedoch glaubt, ein solches Event schweißt die drei Geschwister enger zusammen, wird enttäuscht sein. Denn während die älteste Tochter Frannie versucht stark zu sein – sie will das Anwesen ja auch übernehmen und renaturieren – brechen die beiden Jüngeren, Milo und Isa, seelisch und körperlich zusammen. Was hat der Vater kaputt gemacht in dieser mächtigen Familie? Seine Kinder scheinen jedenfalls fürs Leben gezeichnet. Als schließlich noch die vermeintliche Tochter Clara von Vaters Geliebter auftaucht, nimmt die Katastrophe ihren Lauf …

Ich brauchte eine Weile, bis ich mich in dieses Buch eingelesen hatte, aber schließlich schien ich angekommen zu sein auf dem Anwesen und in der Familie. Jeder Protagonist hat sein Päckchen zu tragen und die einen verkraften es besser als die anderen. In dieser Familie stimmte es von Anfang an nicht und keiner will Verantwortung dafür tragen. Während sich mir die Vergangenheit langsam erschließt, taucht noch eine weitere Geschichte von Seiten Clara auf, die mir den Roman schließlich ein wenig verleitete. Somit erhält dieses Buch von mir leider nur 3,5 von Sternen mit einer bedingten Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.04.2025
Pattis, Erika

Jenseits der Tränen


ausgezeichnet

Was für ein emotionales Thema die Autorin Erika Pattis gemeinsam mit der betroffenen Frau, dem betroffenen Mädchen Anne mit ihrem Buch „Jenseits der Tränen“ aufgegriffen hat – mir fehlen immer noch die Worte! Es hat mir mal wieder vor Augen geführt, wie ein erwachsener Mensch, in diesem Fall die eigene Mutter, ein Kind kaputt machen kann. Hier kommt leider alles zusammen … die Mutter, die lieber Jungs gehabt hätte, der Vater, der seine Tochter zwar liebt, aber zu schwach ist, sich gegen die omnipräsente Mutter durchzusetzen und schließlich als Krönung der endlich geborene Sohn, der natürlich sofort den Prinzenstatus erhält. Und als wäre das noch nicht genug, ergeht es Anne in ihrem Erwachsensein nicht anders. Auch hier wird sie rumgeschubst, geschlagen und bleibt schließlich ungeliebt zurück. Für mich gleicht es einem Wunder, dass sie sich schließlich nach vielen Jahren der Tortur freischaufeln kann …

Erschüttert musste ich beim Lesen feststellen, wie glücklich ich mich schätzen kann, dass mir Annes Schicksal erspart geblieben ist. Dankbar schaue ich auf mein eigenes Leben und nehme mir vor, mich wegen kleiner Dinge nicht mehr zu ärgern – mir geht es gut und ich freue mich, dass auch Anne hoffentlich noch viele schöne Jahre haben wird. Dennoch hat es bei mir nicht für die Bestnote gereicht, ich kam einfach mit dem Schreibstil nicht gut zurecht. Während das Buch flüssig zu lesen war, hat mir bei der doch recht einfach gehalten Art des Schreibens die Tiefe gefehlt. Zudem fand ich mich mit den doch recht großen Zeitsprüngen manchmal schlecht zurecht, aber das ist sicher mein persönliches Empfinden. Ich bedanke mich aber bei der Autorin und vor allen Dingen bei der leidtragenden Protagonistin, dass sie die Geschichte für uns LeserInnen erzählt haben und vergebe hierfür solide drei Sterne.

Bewertung vom 17.04.2025
Winter, Claire

Die Erbin


ausgezeichnet

Auf das neue Buch einer meiner Lieblingsautorinnen Claire Winter habe ich regelrecht hin gefiebert und was soll ich sagen, ich wurde auch diesmal nicht enttäuscht. Sie greift mit der schrecklichen Zwangsarbeit in Deutschland während des Zweiten Weltkrieg mal wieder ein brisantes Thema auf, das noch viel mehr Beachtung finden sollte.

Der Roman schildert die Geschichte rund um die sehr vermögende Unternehmerfamilie Liefenstein, die an sich zwar fiktiv ist, jedoch genau so hätte passieren können. Cosima Liefenstein, die Tochter einem der Söhne der Familie, hat es sich auf die Fahne geschrieben, durch den Krieg bedürftig gewordene Frauen zu unterstützen. Sie gründet eine Stiftung und kann es kaum glauben, was durch und mit ihrer Arbeit langsam, aber sicher über ihre Familie zu Tage tritt. Immer mehr steigert sie sich in die Aufdeckung der schrecklichen Taten, die in der Fabrik ihres Großvaters aber auch in ihrer eigenen Familie geschahen …

Immer wieder schafft es die sympathische Autorin Claire Winter mich in eine Art Leserausch zu katapultieren. Die Geschichte, die nicht nur historischen Charakter trägt, sondern auch durchaus Krimielemente aufweist, liest sich so spannend, dass man das Buch schwer aus der Hand legen kann. Geschickt mischt sie Wahrheit und Fiktion und wieder einmal war ich zudem schwer begeistert von der extensiven Recherche, die diesem Roman zugrunde liegt.

Von mir gibt es hierfür die volle Punktzahl und natürlich eine Leseempfehlung. Zudem wünsche ich dir, liebe Claire, ein Riesenerfolg und dem Buch viel Anerkennung und Wertschätzung. Der Roman an sich aber auch das sprachlos machende Thema haben es verdient!

Bewertung vom 04.04.2025
Bliesener, Kai

Hotel Silber - neue Zeit, alte Schuld


ausgezeichnet

Der Roman „Hotel Silber“ von dem mir bis dato unbekannten Autor Kai Bliesener konnte mich wirklich restlos überzeugen. Er behandelt ein delikates Thema: wie lief es in Deutschland, nachdem der Zweite Weltkrieg verloren war? Um einen kleinen Einblick zu bekommen, begebe ich mich lesender Weise nach Stuttgart. Hier lerne ich den jungen Polizeibeamten Paul Kramer kennen, der selbst in den letzten Kriegstagen, als sich viele schon längst ergeben hatten, noch in die Mühlen der Gestapo gelangt und in den heiligen Hallen deren Hauptquartiers „Hotel Silber“ gequält und gefoltert wird. Er hat Glück, überlebt die Tortur und findet sich schließlich Wochen später bei der neu gegründeten deutschen Polizeigruppe wieder. Während die Polizeilandschaft noch überwiegend von den Alliierten Streitkräften geprägt ist, versucht man auch mit deutschen Polizisten wieder für Recht und Ordnung zu sorgen. Schnell kristallisiert sich heraus, wer aus dem schrecklichen Krieg gelernt hat und wer am liebsten weitermachen würde wie zuvor. Während Paul an der ehrlichen Aufklärung vorliegender Verbrechen interessiert ist, gibt es genug Kollegen, denen das gar nicht schmeckt. Schnell gerät Paul selbst wieder in das Visier der Unverbesserlichen und muss um sein aber auch um das Leben seiner Freundin Hilde fürchten …
Kai Bliesener schildert das Leben im Jahr 1945 auf sehr anschauliche Weise. Er schafft es eine lebendige Atmosphäre zu kreieren, die den Leser mitreißt und mehr als einmal mit dem Kopf schütteln lässt. Hier würde ich mir wünschen, dass ich mit Paul Kramer noch viele weitere Fälle lösen darf. Wird es wohl eine Fortsetzung geben? Ich vergebe für den vorliegenden Band sehr gerne mit fünf Sternen die volle Punktzahl und spreche auch eine uneingeschränkte Empfehlung aus. Toll, dass ich auf diesem Ausflug nach Stuttgart mit von der Partie sein durfte.

Bewertung vom 28.03.2025
Stern, Anne

Wenn die Tage länger werden


ausgezeichnet

Der neueste Roman der von mir sehr geliebten Autorin Anne Stern dreht sich diesmal primär um zwei Frauen. Zum einen lerne ich Lisa kennen, die sich als alleinerziehende Mutter durchs Leben schlägt und von dem Kindsvater zwar Unterhalt, sonst jedoch recht wenig Unterstützung erhält, da er aus der ehemals gemeinsamen Umgebung weggezogen ist. Lisa ist Musiklehrerin, nachdem es mit der Karriere als Berufsmusikerin, die allerdings nur die Mutter, nie sie selbst anstrebte, nicht funktioniert hat. Sie ist frustriert und fast einem Burnout nahe, so sehr überfordert sie die jetzige Situation. Als ihr Exmann Janusz Lisa überraschend das Angebot macht, den gemeinsamen Sohn Paul in den Sommerferien für ein paar Wochen mit nach Polen zu den Großeltern zu nehmen, versetzt sie das in leichte Panikstimmung. Wie soll sie die Zeit ohne Paul überbrücken? Ist er nicht ihr ein und alles? Plötzlich beginnt Lisa ihr eigenes Leben in Zweifel zu stellen. Wofür lebt sie? Wofür brennt sie? Warum ist ihr Verhältnis zu ihrer eigenen Mutter so angespannt und was hat das alles mit der Vergangenheit und ihrem Großvater zu tun, der zu Kriegszeiten ein strammer Nazi war?

Zum anderen begegne ich Ute auf ihrem Kirschenhof, die ihrerseits – vor allem bedingt durch ihre raumeinnehmende Krankheit – mit sich hadert. Sie lebt allein mit ihrem alten Vater, der sich immer mehr in seiner Werkstatt und tief in seinem eigenen Inneren vergräbt und seiner Tochter gefühlsmäßig wenig beistehen kann. Als schließlich Lisa und Paul in Utes Kirschgarten stehen, scheint für sie ein wenig die Sonne aufzugehen und ein klitzekleiner Hoffnungsstreif zeigt sich am Horizont …

Aus abwechselnden Perspektiven erfahre ich im Laufe der 33 Kapitel, die sich auf 382 Seiten verteilen, mehr über die beiden Protagonistinnen, die beide schwer an ihrem seelischen und, wie in Utes Fall, körperlichem Gepäck zu tragen haben. Ich tauche mit ihnen ein in die Vergangenheit, versuche aber auch mit Lisa und Ute ihre Gegenwart zu verarbeiten, immer in der Hoffnung, dass das Leben doch eigentlich so viel mehr zu bieten hat, als die Beiden in ihrer jetzigen Situation zu sehen vermögen. Während ich Lisa am Anfang einfach nur schütteln wollte mit ihrem ewigen Gejammer über ihre doch so furchtbare Situation, hatte ich für Ute von Anfang an ein wenig mehr Sympathie, wenn auch manchmal wenig Verständnis. Umso begeisterter war ich miterleben zu dürfen, wie sich Beide im Laufe der Story weiterentwickeln und am Ende alles doch sehr viel positiver aussieht.

Wie von Anne Stern gewohnt, war auch „Wenn die Tage länger werden“ wieder in einem sehr bildhaften und flüssigen Stil geschrieben. Ich flog durch die Geschichte und war ganz überrascht, wie schnell ich das Ende erreicht hatte. Ich vergebe hier sehr gerne absolut verdiente vier Sterne verbunden mit einer uneingeschränkten Leseempfehlung.

Bewertung vom 27.03.2025
Durand, Catherine

Die tausend Farben von Paris


ausgezeichnet

Es ist schon viel zu lange her, dass ich Paris, die Stadt der Liebe und der Kunst, besucht habe. Und so machte ich mich natürlich gerne durch die literarischen Augen der Autorin Catherine Durant, vielen auch bekannt unten den Namen Petra Mattfeldt, Caren Benedict und Ellin Carsta, auf die Reise ins Jahr 1951. Kaum angekommen treffe ich als erstes auf den sympathischen Amerikaner Jack, der Dank der sogenannten G. I. Bill der US Army ein Künstlerleben in der französischen Hauptstadt genießen darf. Das Geld ist knapp aber die Liebe ist groß, mit der er die zauberhafte Französin Rose Chevalier überschüttet, ein Mädchen aus gutem Hause, das auch ihm nicht abgeneigt ist. Auch Frank Levant ist Amerikaner und hat es als Sänger in Paris zu Ruhm gebracht und ist zudem der kleinen Blumenverkäuferin Amelie hoffnungslos verfallen. Die Liebe der beiden Paare könnte so schön sein, wenn nicht einige gutgehütete Geheimnisse, den französischen Himmel verdunkeln würden. Schnell finden sich die Vier inmitten einer Spionagegeschichte wieder, die mich als Leserin streckenweise die Luft anhalten ließ. Kommen die jungen Leute da heil wieder raus oder holt den ein oder anderen seine Vergangenheit ein?

Was hier als locker, leichter Liebesroman beginnt, entwickelt sich beim Lesen schnell als eine Spionagegeschichte vom Feinsten. Wie von der Autorin gewohnt, lässt ihre extensive Recherche vor Ort keine Wünsche offen. Als würde ich selbst durch Paris schlendern, konnte ich so die Charaktere begleiten und hatte die schönsten Bilder vor Augen. Die Bemühungen, jedem der Protagonisten eine Kunstrichtung zuzuweisen, sind wunderbar gelungen und so war es mir möglich Jacks Malerei, Roses einzigartige Fotografien, Jacks Musik und Amelies Blütenzauber beim Lesen auf mich wirken zu lassen.

Hier kommen weder Spannung noch die Liebe zu kurz und das Ganze fügt sich zusammen zu einer rasanten Story. Durch das informative Nachwort der Autorin bekam ich nochmal einen tiefen Einblick in die tatsächlichen Fakten und so vergebe ich hier natürlich sehr gerne mit fünf farbigen Sternen die Bestnote. Alle Bücher, inklusive diesem aktuellen, bekommen von mir eine von Herzen kommende Empfehlung und ich freue mich heute schon auf weitere Geschichten aus ihrer Feder.

Bewertung vom 27.03.2025
Arenz, Ewald

Zwei Leben


ausgezeichnet

„Zwei Leben“, der Titel hätte nicht besser gewählt werden können, denn um genau die geht es. Genauer gesagt geht es um die beiden Frauen Roberta und Gertrud, die beide ihr Leben in einem kleinen Dorf in Süddeutschland führen oder fristen – je nachdem, wie man es betrachtet - die eine von Geburt an, die andere durch ihre Heirat mit dem Pfarrer Herrmann, der der kleinen Gemeinde vorsteht. Die junge Roberta hat gerade ihre Lehre in einer Industrieschneiderei beendet und freut sich wieder heimkehren und auf dem Hof ihrer Eltern wieder mit ihren eigenen Händen eine ehrliche Arbeit verrichten zu dürfen. Nicht so die „Frau Pfarrerin“, die schon lange bereut hat, sich in diese Einöde verpflanzen hat zu lassen. Während Getrud immer unglücklicher wird, genießt Roberta das Leben mit ihrer großen Liebe Wilhelm, dem Pfarrerssohn, und kann sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Für Getrud hingegen bringt eine Reise mit ihrem Bruder Georg eine ganz neue Erleuchtung und bei ihrer Rückkehr zieht sie ihre Konsequenzen. Doch dann kommt alles ganz anders als geplant und eine schreckliche Tragödie verändert das Leben von Robert und Gertrud auf einen Schlag …

Oh weh, dieses Hörbuch hat mich berührt, wie schon lange keines mehr zuvor. Ich konnte tief eintauchen und mich fallen lassen in eine Geschichte, die mir an Herz und Nieren ging. Ich möchte nicht spoilern und erwähne deshalb an dieser Stelle keine weiteren Details zu der Geschichte an sich, so viel sei aber gesagt, sie hat mich sehr beeindruckt und wird mir bestimmt noch lange in Erinnerung bleiben. Für mich das bisher absolut beste (Hör)buch des Autors, von dem ich bereits fünf Vorgängerbücher genießen durfte. Absolute, von Herzen kommende Empfehlung verbunden mit fünf dicken, fetten beeindruckten Sternen!

Bewertung vom 26.03.2025
Schulman, Alex

Endstation Malma


gut

Nach „Die Überlebenden“ war „Endstation Malma“ mein zweiter Roman von Alex Schulman und ich glaube inzwischen sagen zu können, dass der Autor und ich in diesem Leben keine Freunde mehr werden.
In diesem Buch dreht sich alles mehr oder weniger um Harriet, Oskar und Yana, die alle mit doch recht verhaltensgeschädigten Eltern aufgewachsen sind, wobei man hier erwähnen sollte, dass es sich bei Harriet und Oskar um die Eltern von Yana handelt. Alex Schulman versucht uns die Personen während drei Zugfahrten näher zu bringen, die im Abstand einiger Jahre alle mit Endstation Malma stattfinden.
Man muss als Leser einiges an Geduld aufbringen, bis man sich einigermaßen in die Geschichte eingefunden hat und bis man realisiert, dass es sich um unterschiedliche Reisen handelt. Die Situation an sich ist unheimlich traurig und berührend. Hier werden Menschen zu Eltern, die ungeeigneter dafür nicht sein könnten.
Man konnte den Schmerz beim Lesen spüren, hier hat Alex Schulman sehr tief in die Gefühlekiste gegriffen. Mal hatte ich Mitleid, dann verspürte ich wieder einen unbändigen Zorn und manche Szenen war mit zu heftig, besonders die zwischen Harriet und ihrer Schwester. Ich vergebe hier gutgemeinte drei von fünf Sternen und werde die Bücher des Autors in Zukunft anderen Lesern überlassen.

Bewertung vom 26.03.2025
Wellemin, Nicole

Das Echo der Moore


sehr gut

Mit „Echo der Moore“ lerne ich eine für mich neue Autorin kennen und finde mich auch sofort in der Welt der ProtagonistInnen wieder. Hierzu zählen die Zwillinge Theresa und Chrissie sowie deren Mutter Helen. Doch neben den drei genannten Charakteren liegt leider noch ein Schatten auf der Familie, denn der kleine Bruder ist schwer krank und überfordert die Mutter in einem ungeahnten Maß. Sie fühlt sich nicht nur von den Ärzten, sondern auch von ihrem eigenen Mann im Stich gelassen und das Familienleben scheint daran zu zerbrechen. Die ultimativ Leidtragenden sind traurigerweise die Zwillingsmädchen, die in einem sehr jungen Alter nun auf sich selbst gestellt zu sein scheinen …

In einer Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart lässt mich Nicole Wellemin am nicht immer einfachen Leben der Familie teilhaben. Doch es ist wie im wahren Leben, jeder hat sein Päckchen zu tragen, der eine schwerer, der andere weniger schwer. Die drei Frauen versuchen im Jetzt und Heute den Zusammenhalt der Familie wieder herzustellen, doch stoßen mehr als einmal an ihre Grenzen. Es ist ein Stück harte Arbeit mit mehr als einem Rückschlag, doch schließlich findet die Geschichte einen schönen und befriedigenden Abschluss. Der anschauliche und flüssige Schreibstil der Autorin macht das Buch zu einem angenehmen Leseerlebnis und so vergebe ich sehr gerne vier von fünf Sternen verbunden mit einer Leseempfehlung an alle Familiengeschichtenliebhaber. Das andere Buch der Autorin - „Späte Ernte“ - liegt schon auf meinem SuB und freut sich, für nächsten Monat auf meinen Stapel der zu lesenden Bücher gerutscht zu sein.

Bewertung vom 16.03.2025
Fuchs, Katharina

Vor hundert Sommern


ausgezeichnet

Clara, Elisabeth, Anja und Lena … vier Namen, vier Frauen, die in dem neuesten Roman von Katharina Fuchs eine tragende Rolle belegen. Erzählt wird die Geschichte von Clara, einer Frau, die in den 20er/30er Jahren des letzten Jahrhunderts jung war. Sie wurde mit drei Geschwistern in eine Familie an der Armutsgrenze geboren und musste schon früh mit anpacken, um den Familienunterhalt der Familie mitzubestreiten. Während ihre Arbeit als Flaschenwäscherin in der Berliner Brauerei Kindl eine harte ist, versucht sie doch ihr Leben zu genießen und zwackt hier und da etwas für die schönen Dinge im Leben ab. Schnell lernt sie jedoch auch, dass es Menschen gibt, denen es noch viel schlechter geht als ihr selbst und mit ihrer selbstlosen Art hilft sie, wo sie kann. Als sich schließlich mit dem Naziregime die Lage noch weiter zuspitzt, muss auch sie leider feststellen, dass sie an ihre Grenzen stößt.

Ihre Nichte Elisabeth, inzwischen selbst 94 Jahre alt, hat lange geschwiegen zu den Vorkommnissen in der Familie und trägt nun schwer an dieser Last. Nach und nach öffnet sie sich schließlich gegenüber ihrer Tochter Anja und der Enkelin Lena, die während der Erzählungen wie gebannt an ihren Lippen hängen und schnell merken, wie sehr es Elisabeth zu schaffen macht, die Geheimnisse, besonders auch um Elisabeths Vater, aufzudecken.

Doch auch die Gegenwart schreibt in diesem Buch Geschichten und so erfahren wir wie Anja, bedingt durch ihre Arbeit, die Pflege ihrer Mutter, die Wohnungsauflösung derselben und den erneuten Einzug beider Töchter auf einen dicken, fetten Breakdown zuzusteuern zu droht. Während die ältere Tochter Anabel „nur“ ein physisches Problem hat, sitzen die Traumata bei der jüngeren Tochter Lena tiefer. Wie soll Anja das alles bewerkstelligen?

Neben der Familiengeschichte an sich, auf die ich mich sehr gefreut hatte – besonders den Part in der Vergangenheit rund um Clara – findet auch viel Zeitgenössisches den Weg in diesen Roman. Antisemitische Anfeindungen, nicht nur an den Hochschulen an der Tagesordnung sind, und der Konflikt zwischen Israel und dem Gazastreifen sind politisch höchst aktuell und verdienen immer wieder Erwähnung. Aber meiner Meinung nach nicht in diesem Ausmaß in einem Roman, der doch eigentlich Clara und die Vergangenheit im Fokus haben sollte. Bei mir führte es deshalb leider zu einer gewissen Enttäuschung, wenn sich auch das Buch an sich sehr angenehm und flüssig lesen lässt. Eine kleine Bonusfreude hatte ich jedoch, als ich Anna, die kleine Schneiderin aus „Zwei Handvoll Leben“ wieder treffen und somit durch die Heirat Claras mit ihrem Bruder Willy eine kleine Familienführung miterleben durfte. Ich vergebe für „Vor hundert Sommern“ 3,5 Sterne, die ich auf vier Sterne aufrunde. Eine Empfehlung spreche ich aus an alle LeserInnen, die Familiengeschichten lieben und mit der Mischung aus Gegenwart und Vergangenheit gut zurechtkommen. Ich bin gespannt, was sich Katharina als nächstes einfallen lassen wird.