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Xirxe
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Insgesamt 872 Bewertungen
Bewertung vom 12.03.2010
Fitzek, Sebastian

Der Seelenbrecher


gut

Na das war jetzt doch eine Spur zuviel des Guten. Was sich laut Klappentext als Psychothriller ankündigt, entpuppt sich als Horror-Brutalo-Roman in dazu noch recht unglaubwürdiger Weise.
Ein Unbekannter, Caspar genannt, findet sich kurz vor Weihnachten als Patient in einer psychosomatischen Klinik wieder, ohne jede Erinnerung an sein früheres Leben. Als die Klinik durch einen Schneesturm von der Außenwelt abgeschnitten wird, gelingt es dem 'Seelenbrecher' unerkannt dorthin zu kommen. Dieser hatte zuvor drei Frauen in das Locked-In-Syndrom versetzt, d. h. sie waren in keiner Weise mehr in der Lage mit ihrer Umgebung zu kommunizieren. Es wird klar, dass er nun sein nächstes Opfer sucht und dabei vor nichts zurückschreckt. Für die Eingeschlossenen beginnt ein Kampf auf Leben und Tod.
Die Story ist Inhalt einer Patientenakte, die in einer Rahmenhandlung von zwei Studenten für die Durchführung eines Experiments gelesen wird, dessen Sinn und Zweck sich erst gegen Ende erschließt.
Alles in allem eine wirklich spannende Konstellation, aber der Schwerpunkt verlagert sich immer mehr in Richtung brutaler Gewaltorgien. Dabei mutiert der Unbekannte Caspar, der im wahren Leben eher als Schreibtischtäter zu bezeichnen wäre, zu einer Art Rambo, als Kämpfer für das Gute beinahe unbesiegbar. Ebenso unglaubwürdig sind all die Zufälle die zu dem Gemetzel kurz vor Heiligabend führten. Auch manche Handlungen bzw. Nichthandlungen der Figuren lassen einen angesichts der Unlogik den Kopf schütteln.
Schön ist wiederum die dazugehörige Website, auf die es im Buch in Form eines beigefügten Post-its einen Hinweis gibt.
Alles in allem Durchschnittsware für blutrünstige Leserinnen und Leser :-)

1 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.03.2010
Dahl, Arne

Böses Blut / A-Gruppe Bd.2


sehr gut

Die 'Spezialeinheit beim Reichskriminalamt für Gewaltverbrechen von internationalem Charakter' in Stockholm, kurz A-Team genannt, steht wegen Nichtbeschäftigung kurz vor der Auflösung. Da naht 'Entspannung': Ein Serienmörder aus den USA ist auf dem Weg nach Schweden, das A-Team ist in Alarmbereitschaft. Schon nach kurzer Zeit werden mehrere Tote gefunden, auf grausame Art und Weise gefoltert und ermordet. Doch es lässt sich kein Muster erkennen, völlig untypisch für einen Serienmörder scheint er seine Opfer wahllos auszuwählen. Kerstin Holm und Paul Hjelm, Mitglieder des A-Teams, fliegen nach New York, um mehr über die bisherigen Ermittlungen des FBI zu erfahren.
Endlich mal ein Krimi ohne schwedische depressive Ermittler :-) Natürlich haben auch die Angehörigen des A-Teams ihre Schwächen (wie auch Stärken), aber zur Abwechslung mal keine 'normale' Lebenssinnkrise (sieht man von Paul Hjelm ab) die sich in Form von Resignation, Frust und Flucht in den Alkohol äußert. Statt dessen ein verkrachter Bodybuilder, ein geläuterter Ex-Staranwalt, ein energiegeladener Jazzbassist... Die Figuren werden detailgetreu dargestellt mit all ihren Vor- und Nachteilen, ihren Widersprüchen und inneren Konflikten.
Dahl gelingen ungewöhnliche, durchaus vergnügliche Bilder (Zwei Lungenentzündungen kamen durch die Luft gesegelt und suchten ihre rechtmäßigen Besitzer), aber er spart auch nicht mit Gesellschaftskritik. Bemerkenswert ist ein zweiseitiger Part, in dem Hjelm sich Gedanken über das Verhalten der Unternehmen in der Gesellschaft macht. Obwohl das Buch bereits 1998 erschienen ist, lässt es sich 1:1 auf die Bankenkrise des letzten Jahres übertragen.
Weshalb nicht die volle Punktzahl? Im Klappentext wird in der Zusammenfassung erklärt, dass es sich um das zweite Buch mit Kommissar Hjelm handelt. Direkt darunter in der Autorennotiz steht hingegen, es wäre sein erster Fall. Nach der Lektüre würde ich nun sagen, es ist das zweite Buch. Ein weiterer Grund für den Abzug sind die überdurchschnittlich vielen Rechtschreibefehler.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.03.2010
Tyler, Anne

Mister Morgan und die Puppenspielerin


gut

Morgan, die Hauptfigur des Romans, ist ein Mensch wie man sie sich gerne mehr in unserer Gesellschaft wünschen würde. Aber nur nicht als Ehemann!! :-)
Er liebt es, sein Leben in verschiedenen Rollen zu leben und unterstreicht die Wahrhaftigkeit dieser Existenzen noch durch entsprechende Verkleidungen. Seine Familie hat gelernt damit umzugehen, vielleicht auch deshalb weil sie selbst mit ihrem eigenen Chaos genug beschäftigt ist. Mortons Haushalt umfasst neben seiner Ehefrau Bonnie sieben Töchter, seine depressive Schwester und seine langsam an Vergesslichkeit leidende Mutter. Auch wenn Bonnie die Hauptlast des Haushalts trägt, in dem sie durch ihre eigene Art das Durcheinander noch verstärkt, fühlt sich Morton völlig überfordert. Selbst ein Chaot, sehnt er sich nach Ruhe, klaren Linien, Ordnung - Dinge die er in seinem Haus nirgends vorfindet. Zudem scheint ihn auch niemand aus seiner Familie richtig zu verstehen, man hält ihn für etwas verrückt. Eines Tages wird er durch eine seiner Rollen der Geburtshelfer des Kindes von Emily und Leon. Er freundet sich mit ihnen an und bringt sich immer mehr in deren Familie ein, die für ihn das verkörpert was er sich schon immer wünscht.
Die Figuren sind liebevoll und schön beschrieben bis ins kleinste Detail und man wünscht sich, es gäbe mehr Menschen die sich diese Fähigkeiten bewahrt hätten, auch hinter den scheinbar einfachen Dingen die unglaublichsten Geschichten zu entdecken oder einmal etwas völlig anderes zu tun. Aber nach ca. 200 Seiten hatte ich die eigentümliche Person Morton irgendwann über, er wurde mir mit seiner Art zuviel. Zwar dreht sich das Ganze zum Ende hin noch, doch ich hatte genug.
Wer skurrile Charaktere mag, wird sicherlich Freude an diesem Buch haben.

Bewertung vom 08.03.2010
Lehane, Dennis

Regenzauber


sehr gut

Dies ist das erste Buch von Lehane das ich - dem Zufall sei Dank - in die Finger bekam, aber vermutlich nicht mein letztes.
Im fünften Band der Reihe um den Privatdetektiv Kenzie läuft diesem die junge unschuldige Karen über den Weg, die ihn um Hilfe bittet. Diese Bitte ist schnell zu ihrer Zufriedenheit erfüllt, doch sechs Monate später stürzt sich Karen vom Dach eines Hochhauses, drogenabhängig, kurz vor der Obdachlosigkeit. Niemand kann sich diese Wesensveränderung erklären und Kenzie, der ein schlechtes Gewissen hat, da er ihre erneute Bitte um Hilfe vier Monate vor ihrem Tod vergaß, beginnt mit seinen zwei Freunden Angie und Bubba zu ermitteln. Sie finden heraus, dass ein Unbekannter Karens Leben systematisch zerstörte bis sie nur noch eine Lösung sah. Und dieser Unbekannte beginnt nun, Kenzies Freunde ins Visier zu nehmen...
Die Charaktere sind wunderbar klischeefrei, Orginale die einem schnell ans Herz wachsen. Die Sprache ist herrlich schnoddrig und frotzelnd (aber auch vulgär), egal ob untereinander oder mit ihrer Klientel. Obwohl relativ schnell festzustehen scheint, wer für all das 'Unheil' verantwortlich ist, bleibt die Spannung bis zum Schluss erhalten, wofür eine Reihe unerwarteter Wendungen mit verantwortlich ist.
Kleine Negativkritik zum Schluss: Manche der aufgenommenen 'Erzählfäden' enden im Nirgendwo bzw. lassen einen aufgrund der Unlogik doch etwas den Kopf schütteln. Doch dies kommt nicht allzu häufig vor, sodass man ohne große Problem leicht darüber hinweg lesen kann.

Bewertung vom 07.03.2010
Foer, Jonathan Safran

Alles ist erleuchtet


sehr gut

Welch schräges, witziges aber auch bitterernstes, tieftrauriges und hintergründiges Buch. Zugegebenermaßen kein allzu leicht lesender Roman da die drei unterschiedlichen Erzählstränge zu Beginn recht zusammenhanglos nebeneinander stehen. Da ist einmal Alex, ein ukrainischer junger Mann, der gemeinsam mit seinem Großvater einen jüdischen Amerikaner bei dessen Suche nach seiner Vergangenheit begleitet. Alex erzählt in einer unnachahmlichen Sprache (er ist noch immer dabei seine Englischkenntnisse zu erweitern), wie diese Reise ablief die auch eine Reise in seine bzw. die Vergangenheit seines Großvaters wird. Der zweite Erzählstrang kommt von dem Amerikaner, der die Geschichte seiner Familie darstellt, beginnend mit der Urururururgroßmutter Brod (sollte ich ein Ur vergessen haben, bitte ich dies zu entschuldigen :-)). Immer wieder zwischen Realität und Phantasie hin und her wechselnd, entsteht ein kunterbuntes Bild des Schtetls in dem die Familie des Amerikaners zuhause war. Der dritte und letzte Teil des Buches stammt wieder von Alex. Er und sein früherer Gast tauschen die jeweils geschriebenen Abschnitte aus und Alex kommentiert sie in seinen Briefen die zudem die Geschehnisse in seiner Familie sowie seine Gedanken im Allgemeinen und im Speziellen beinhalten.
Die Familiengeschichte von Foer (der den Amerikaner darstellt), spannt sich von 1791 bis zum II. Weltkrieg, während dem das gesamte Dorf der Vernichtung anheim fiel. Foers Großvater war der Einzige der sich retten konnte dank der Hilfe einer Frau, auf deren Suche sich nun der Enkel befindet.
Es ist eine anrührende Geschichte über die Suche nach der Vergangenheit, nach Liebe, nach sich selbst, nach dem was zählt. Und irgendwie sind alle auf der Suche.

4 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.03.2010
Gaiman, Neil

American Gods


ausgezeichnet

Neil Gaiman war mir bis vor kurzem 'nur' als (außergewöhnlicher) Kinderbuchautor ein Begriff und hätte mir ein Freund nicht dieses Buch geschenkt (um seinen Lieblingsautor kennenzulernen), wäre dies wohl auch so geblieben.
Die Story ist recht schnell erzählt: Shadow, ehemaliger Häftling auf Bewährung entlassen, erwischt keinen guten Start ins neue Leben. Seine Frau und sein bester Freund sterben kurz zuvor, sodass er ohne weitere Alternative das Jobangebot des mysteriösen Wednesday annimmt, künftig dessen Fahrer und Bodyguard zu sein. Bald stellt sich heraus, dass sein Chef ein Gott ist und dieser mit enormer Anstrenung versucht, seine KollegInnen in den USA dazuzubringen, zu einem letzten Kampf aufzubrechen in dem es um ihr aller Überleben geht.
Die zugrunde liegende Idee ist bemerkenswert realistisch: Götter und Göttinnen existieren nur solange man an sie glaubt. Doch wie alles im Leben ist auch der Glaube einem Wandel unterworfen und so kommen neue Gottheiten auf während die alten verblassen: des Internets, der Drogen, der Automobilindustrie - letztere wurde insbesondere durch ihre zahlreichen Opfer groß und mächtig. Obwohl es eine völlig fantastische Geschichte ist, gelingt es Gaiman sie derart gut in die Realität einzuflechten, dass man (bzw. ich :-)) sich immer wieder fragt, ob der obskure Alte im Supermarkt heute morgen oder die schrille Rothaarige gegenüber nicht vielleicht auch ein Gott oder eine Göttin darstellen.
Zwischen die eigentliche Handlung bettet der Autor kurze Kapitel ein, wie die Götter in die USA gelangten oder wie sie ihr heutiges Dasein in den USA fristen - eine ziemlich deprimierende Angelegenheit.
Das Alles ist ausgesprochen spannend erzählt, mit vielen überraschenden Wendungen und nicht weniger gelungenen Geschichten. Einziges Manko: Der Held ist vielleicht eine Spur zu gut. Kaum Zweifel, immer loyal, treu und ergeben - zu gut um wahr zu sein :-)
Ein toller Schmöker mit einer Reihe nachdenkenswerter Anregungen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.03.2010
Hahn, Anna Katharina

Kürzere Tage


sehr gut

Selten habe ich den Umschlag eines Buches als so passend empfunden wie bei diesem. Bürgerliche Fassade, doch bei genauerem Hinsehen offenbaren sich kräftige Risse.
Stuttgart, eine gut-bürgerliche Wohngegend. Hier wohnen die Gutverdiener, Familien bei denen die Welt noch in Ordnung zu sein scheint. Judith, verheiratet mit Klaus, Universitätsprof, zwei Söhne, Nur-Hausfrau. Ihre Ängste versucht sie mit Tabletten sowie mithilfe der Anthroposophie in Griff zu bekommen - jedoch nur äußerlich erfolgreich. Leonie, berufstätig, verheiratet mit einem erfolgreichen Mann der mehr für seinen Beruf lebt und zwei kleinen Töchtern ist zerrissen zwischen der Liebe zu ihrem Job und dem Wunsch, mehr für ihre Familie dazusein. Insgeheim beneidet sie Judith um deren scheinbares Idyll. Daneben gibt es Marco, einen 13jährigen Jungen der typisch für die Unterschicht zu sein scheint. Große Klappe, Fehlzeiten in der Schule - doch in Wirklichkeit... Und es gibt Luise, seit über 60 Jahren mit demselben Mann verheiratet. Und noch immer voller Liebe füreinander.
Die Autorin lässt abwechselnd immer eine andere ihrer Hauptpersonen zu Wort kommen. Durch den Wechsel der Zeiten mischt sie geschickt Gegenwart und Vergangenheit, so dass momentane Gedanken und Überlegungen direkt durch entsprechende Rückblicke begründet werden. Die beschriebenen Personen kommen einem auf diese Weise unerhört nahe.
Für Stuttgart-KennerInnen ist das Buch noch zusätzlich ein Genuss: Es gibt eine Vielzahl von Wiedererkennungseffekten. Nicht-KennerInnen haben hingegen vielleicht gelegentlich ein Verständnisproblem. Beispielsweise wenn von einem Elefanten in der Wilhelma die Rede ist, ist der Stuttgarter Zoo gemeint. Aber das sollte der Lektüre keinen Abbruch tun, das Buch ist auf jeden Fall lesenswert.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.03.2010
Safier, David

Mieses Karma


sehr gut

Ich muss zugeben, ich bin positiv überrascht von diesem Buch. Nach all dem was ich so gehört bzw. gelesen hatte, erwartete ich extrem seichte Kost mit viel plattem Humor. Na ja, tiefgründig ist es nun wirklich nicht, aber das war sicherlich auch nicht beabsichtigt. Die Story ist ausgesprochen schräg und jede Möglichkeit wird genutzt, einen Gag zu erzielen. Meist gelingt das auch überraschend gut.
Kim Lange, erfolgreiche Fernsehmoderatorin, wird auf dem Höhepunkt ihrer Karriere von einem Stück einer Weltraumstation erschlagen. Statt im Jenseits findet sie sich in einem Erdloch als Ameise wieder, da sie im Laufe ihres Lebens zuviel mieses Karma ansammelte. Voller Reue und aus Liebe zu ihrer Tochter beschliesst sie, die Reinkarnationsleiter wieder hochzuklettern und zu ihr zurückzukehren. Auf ihrem Weg dorthin begegnet sie u. a. Casanova, auch er ein Wiedergeborener, der sie nach besten Kräften unterstützt.
Wie schon geschrieben: völlig schräg und zudem genauso albern. Mir gefielen insbesondere Casanovas Kommentare, die als Fussnote dem Fliesstext beigefügt wurden.
Alles in allem eine unterhaltsame Lektüre.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.