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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 1090 Bewertungen
Bewertung vom 14.01.2023
Boer, Sanne de

Ndrangheta


ausgezeichnet

Die niederländische Journalistin Sanne de Boer hat ein beeindruckendes Sachbuch über die Ndrangheta, die wohl mächtigste Mafia der Welt geschrieben. Während die diversen Mafia-Clans durch lautes Getöse - sprich Bandenkriege - auf sich aufmerksam mach(t)en, ist es der Ndrangheta gelungen unter dem Radar der Polizei ihr weit verzweigtes Netzwerk aufzubauen.

Meine Meinung:

Das Buch fasziniert und erschreckt zugleich. Der Autorin ist es sehr gut gelungen, das verzweigte Netzwerk den Leser darzustellen, das von Kalabrien aus agiert.

Die einzelnen Kapitel sind gut strukturiert. Sanne de Boers Schreibtsil ist sachlich und anschaulich. Die Leser erfahren viel über die juristische Praxis in Italien sowie über Aussteiger, Opfer sowie juristische Mängel bei der Verfolgung der Mafia in Deutschland.

Interessant sind die Informationen aus den Niederlanden. Mit diesen Informationen sind die Berichte über eine Gefährdung der niederländischen Thronfolgerin, die vor Kurzem durch die Medien gegeistert sind, verständlicher.

Das Cover passt vorzüglich zu diesem Sachbuch: wie ein Krake breitet die Organisation ihre Tentakel aus. Kaum hackt man einen Arm ab, wächst schon wieder ein neuer nach.

Fazit:

Ein aufschlussreiches Sachbuch, das fesselnd über die vermutlich größte Verbrecherorganisation Europas berichtet. Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne.

Bewertung vom 13.01.2023
MacLeod Trotter, Janet

Smaragdgrüne Hoffnung


sehr gut

Esmie McBride ist vor Kurzem von ihrem Einsatz als Krankenschwester des Ersten Weltkriegs vom Balkan nach Schottland zurückgekommen. Anders als Lydia, die als Kommandantenfahrerin einen General „spazieren“ geführt hat, hat Esmie das Sterben der jungen Soldaten am Rande der Front hautnah miterlebt und ist entsprechen ernsthaft, während Lydia die Vergnügungen such. Auf dem Landsitz von Lydias Eltern lernen die beiden Frauen zwei höchst unterschiedliche Männer kennen: Kriegsveteran Captain Tom Lomax und seinen Freund, den Arzt Harold Guthrie. Beide sind vom Krieg gezeichnet und hüten mehr als ein Geheimnis.

Esmie verliebt sich Hals über Kopf in den charismatischen Captain. Doch Lydia setzt sich in den Kopf den Kriegshelden Lomax zu heiraten, und gewinnt. Lomax hat große Pläne in Indien. Er hat in Rawalpindi ein Hotel gekauft und will dieses zu einer Art Grand Hotel ausbauen.

Esmie, die als Krankenschwester weiterarbeiten will, geht mit Guthrie ebenfalls nach Indien, allerdings in ein Missionskrankenhaus an der Grenze zu Afghanistan.

Das Leben der beiden Frauen könnte unterschiedlicher nicht sein: die eine ist unzufrieden und sehnt sich nach imperialen Glanz, die andere kämpft ihren eigenen Kampf um die Zuneigung ihres Mannes und wird in die Auseinandersetzungen der verfeindeten Clans hineingezogen.

Das Leben der beiden Frauen nimmt eine dramatische Wendung, als sich Lydia entschließt, ihrem Liebhaber ins Hinterland nachzureisen. Damit löst Lydia eine fatale Kettenreaktion aus. Danach wird nichts mehr so sein wie zuvor.

Meine Meinung:

Im Klappentext ist mir gleich ein gravierender Fehler aufgefallen: es wird Pakistan als Schauplatz angegeben. Der Roman spielt 1920/21. Pakistan wird erst 1947(!) als Staat gegründet. Pakistan geht aus dem muslimischen Teil von British-Indien hervor und liegt - quasi als Puffer - zwischen Afghanistan und Indien. Dieser Fauxpas geht allerdings auf Kosten des Verlages. Denn im Nachwort hat die Autorin die historischen Zusammenhänge, wenn auch nur kurz gestreift, jedoch richtig dargestellt.

Die Charaktere sind gut herausgearbeitet. Der eine oder andere gewinnt in Sachen Sympathie keinen Blumentopf: vor allem die verwöhnte Lydia zeichnet sich durch Arroganz einer Angehörigen der Kolonialmacht aus. Sie ist eine Egomanin, die nur das eigene Vergnügen im Kopf hat, seien es schöne Kleider, Tennis oder die Bewunderung durch andere Männer als ihren Ehemann. Dabei schreckt sie vor wenig zurück und verdreht die Tatsachen so, dass sie ihr in den Kram passen. Ein richtiges Herzerl also.

Der Schreibstil ist bildhaft und man kann sich das Leben in British-Indien ganz gut vorstellen. Natürlich überwiegt die europäische Sicht der Dinge, auch wenn durch Esmie auch ein wenig die Geschichte der Bevölkerung zur Sprache kommt, die unter den Besatzern und den Stammesfehden leiden.

Einige Begebenheiten haben sich so oder so ähnlich in Wirklichkeit abgespielt. Ein Glossar über die wichtigsten verwendeten Begriffe ergänzt diesen Roman.

Fazit:

Wer einen Roman mit exotischer Kulisse lesen will, ist hier richtig. Gerne gebe ich 4 Sterne.

Bewertung vom 11.01.2023
Kelly, Julia

Der letzte Tanz der Debütantin


sehr gut

Als bekannt wird, dass im Jahr 1958 das letzte Mal die Debütantinnen am Hof der britischen Königin vorgestellt werden sollen, bricht hektische Betriebsamkeit bei den Familien der Upper Class aus. Das letzte Mal „müssen“ die Töchter in prachtvolle Roben gesteckt werden, um in der „Saison“ einen möglichst vermögenden Ehemann zu ergattern.

So muss sich auch Lilian „Lily“ Nicholls, dem Wunsch ihrer Mutter und Grandma fügen, obwohl sie viel lieber an der Schule ihren Abschluss gemacht hätte, um dann studieren zu können. Blöderweise sind sie und ihre verwitwete Mutter auf die Zuwendung ihrer Grandma angewiesen, so nach dem Motto: Wer zahlt, schafft an.

Als Lily einem Familiengeheimnis auf die Spur kommt und bei einer der zahlreichen Partys ein Ballbegleiter stirbt, wird aus dem zurückhaltenden jungen Mädchen eine willensstarke junge Frau.

Meine Meinung:

Der Einblick in die Upper Class Englands hat einen Einblick in längst vergangen geglaubte Zeiten gewährt. Die Ehre der Queen vorgestellt zu werden, um einen vermögenden Ehemann zu angeln, hat mich einerseits ziemlich belustigt, andererseits mit auch wütend gemacht. Belustigt, weil ich mir die schnatternden Mädchen gut vorstellen kann und die Mütter vermutlich noch aufgeregter sind. Wütend, weil die Mädchen wie am Viehmarkt verschachert werden.

Gut gelungen sind die mehr als peinlichen Standesdünkel des Adels, die auf Geschäftsleute, die ihr Vermögen erarbeitet haben, herabsehen, während vom adeligen Glanz wenig bis nichts übrig geblieben ist. Mehr Schein als Sein.

Der Autorin ist es sehr gut gelungen, Lilys Entwicklung von einem ruhigen, zurückhaltenden Mädchen zu einer willensstarken Frau darzustellen und die Figur dem Leser näher zu bringen.

In der Mitte des Romans ist der Reiz der Ballsaison sowohl für Lily als auch die Leser ein wenig verflogen. Routiniert absolviert die Debütantin ihre Bälle und Partys. Für die Leser wiederholt sich das Geschnattere um Nebensächlichkeiten wie Kleider, wer mit wem, oder auch nicht. Damit flaut die Spannung ab, die dann im letzten Drittel doch wieder ansteigt.

Fazit:

Wer gerne einen Blick durch das Schlüsselloch in die doch nicht so perfekte Welt der Upper Class machen möchte, ist hier richtig. Gerne gebe ich diesem Roman 4 Sterne.

Bewertung vom 08.01.2023
Wunn, Andreas

Saubere Zeiten (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Jakob Auber hat als Taferlklassler seine Mutter bei einem Flugzeugabsturz verloren und nun, als Erwachsener liegt sein Vater nach einem Schlaganfall bewusstlos im Krankenhaus. Bei seiner Einlieferung hat er einige wenige Worte für Jakob auf einen Zettel gekritzelt.

Jakob versteht die Hinweise und muss sich nun der Familiengeschichte stellen, die in seinem ehemaligen Kinderzimmer einem Gral gleich, aufgetischt sind. Er hört Tonbandaufzeichnungen, die ihm sein Vater Hans hinterlassen und liest die Tagebücher seines Großvaters Theodor, der als genialer Erfinder gilt. Sein Zugpferd ist das Waschpulver, das unter dem Slogan „Auber wäscht sauber“ sehr bekannt ist. Doch ist ist der Lebensweg des alten Auber wirklich so sauber?

Jakobs Spurensuche führt in bis nach Rio de Janeiro, wo er der greisen Bella begegnet. Bella ist die Tochter von Theodors Lehrherrn, des jüdischen Drogeriebesitzers Klein, in dessen Geschäft einst die Karriere von Theodor Auber begann. Mosaiksteinchen für Mosaiksteinchen setzt Jakob die Geschichte des Aufstiegs und Falls des Familienimperiums zusammen.

Meine Meinung:

Der Buchtitel ist eine Metapher auf die Entnazifizierung vieler Deutscher, die vom NS-Regime profitiert haben. Der sprichwörtliche "Persilschein" also. Das passt auch gut zu Großvater Auber, denn der hat neben zahlreichen anderen Erfindungen ein Waschmittel erfunden: "Auber wäscht sauber". Dazu ist auch ein Auszug aus dem fiktiven Entnazifizierungsprotokoll der Romanfigur zu lesen.

Das Thema des Romans, die Aufarbeitung der Geschichte, der Erlebnisse und des Verhalten der Eltern und Großeltern durch den Protagonisten, ist sicherlich nicht neu - Expertise und Erfahrung des Autors versprechen jedoch eine sauber recherchierte Story.

Die Charaktere sind gut gestaltet. Jakob Auber ist der typische Kriegsenkel, der die Geschichte des Großvaters aufarbeiten muss. Jakob hat sein eigenes Leben nicht im Griff, ist mit Ende Dreißig unschlüssig, ob er es sich lohnt, um seine Ehe zu kämpfen. Erst als er sich der Vergangenheit und der Familiengeschichte stellt, kann er die Gegenwart begreifen und an seine Zukunft denken. Das „Nicht-miteinander-Reden“ wird hier über drei Generationen gepflegt. Erst Jakob kann diesen Teufelskreis durchbrechen. Dass bei der Aufarbeitung der Familiengeschichte nicht immer Angenehmes zu Tage gefördert wird, versteht sich von selbst.

Der Schreibstil ist eingängig und durch die Erzählung auf mehreren Zeitebenen liest sich diese Familiengeschichte wie ein Krimi. Ich könnte mir eine Verfilmung sehr gut vorstellen.

Fazit:

Eine gelungene Aufarbeitung einer fiktiven Familiengeschichte, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 08.01.2023
De Cesco, Federica

Der rote Seidenschal


sehr gut

Dieses Buch ist das Debüt der bekannten Autorin Federica de Cesco, das sie im Alter von 15 Jahren geschrieben hat und erstmals 1957 veröffentlicht wurde.

Das Buch kann zu den Klassikern der Jugendliteratur gezählt werden.

Kurz zum Inhalt:

Die 17-jährige Ann, die nach dem Tod ihrer Eltern bei ihren Tante aufwächst, fährt mit ihr von Phoenix nach Tucson. Als eine Mitreisende beim Aussteigen in Mesilla ihren roten Seidenschal verliert, springt Ann aus dem Zug und will ihr den wiedergeben. Die Frau verschwindet jedoch in der Menge, Ann verirrt sich in der Stadt und der Zug fährt ohne das Mädchen weiter. Blöderweise fährt der nächste Zug erst in drei Wochen. Auf der Suche nach einer Bleibe, trifft sie auf Chee, einen jungen Mann, dessen Vater Amerikaner und seine Mutter eine Apachin ist. Auf dem Weg zu seiner Mutter lernt Ann das raue Leben in Arizona des 19. Jahrhunderts außerhalb von Städten kennen.

„...Wir sind hier in einer sehr unsicheren Gegend. In diesem Land ist jeder jedem verdächtig. Vorsichtig ist geboten bei jedem Wort, bei jeder Bewegung...“


Meine Meinung:

Die Dialoge der beiden Jugendlichen beeindrucken durch Tiefgründigkeit. Beiden ist klar, dass sie keine gemeinsame Zukunft haben.

Im Jahr 2022 ist diese rund 200 Seiten lange Geschichte neu aufgelegt worden. Einzelne Grammatik- und Syntaxfehler wurden behoben. Eine Anpassung an die häufig geforderte „political correctness“ erfolgte nicht. Dazu gibt die Autorin ein Statement ab.

Fazit:

Ein gelungenes Debüt, das zu Recht nach 65 Jahren wieder aufgelegt worden ist. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 08.01.2023
Lorne, Mac P.

Jack Bannister - Herr der Karibik


ausgezeichnet

Vom Kapitän eines Handelsschiffs zum legendären Piraten

Der deutsche Autor Mac P. Lorne lässt in seinem penibel recherchierten und gekonnt erzählten historischen Roman die Zeit der Freibeuter im 17. Jahrhundert wieder aufleben.

Joseph „Jack“ Bannister ist Erster Offizier auf einem englischen Handelsschiff, dessen Kapitän ein ängstlicher Mann ist und sich während der ganzen Reise in seiner Kajüte regelrecht verbarrikadiert. Auf der Heimreise von aus der Karibik wird das Schiff von Piraten angegriffen. Bannister schätzt die Lage richtig ein, übernimmt das Kommando und schlägt die Piraten. Das einzige Opfer ist der Kapitän, den er zuvor in der Kapitänskajüte eingesperrt hat, weil er das Schiffe den Freibeutern kampflos ausliefern wollte ...

Zurück in England erhält er von der Royal African Company (RAC) das Kommando über die „Golden Fleece“, einer gut bewaffneten Galleone. Bannister weiß nicht, dass dies nicht ausschließlich seiner Seemannskunst zu verdanken ist, sondern vielmehr der Affäre seiner Frau mit dem intriganten wie einflussreichen Nicholas Crispe, der seinen Widersacher gerne weit weg haben will.

Als Bannister 1684 früher als geplant nach Hause kommt und Zeuge des Ehebruchs seiner Frau mit einem Mitglied der königlichen Familie wird, sagt er der RAC und dem Haus Stuart den Kampf an.

Er stiehlt die „Golden Fleece“, segelt in die Karibik und bringt ein englisches Schiff nach dem anderen auf, um sowohl dem Königshaus als auch der Royal African Company möglichst hohe Verluste zu bescheren.

Meine Meinung:

Dieser historische Roman ist penibel recherchiert, obwohl es über Jack Bannister wenig gesichertes Material gibt. Erst ab 1684 ist sein Leben gut dokumentiert. Gekonnt füllt der Autor die Lücken in der Biografie mit historischen Fakten. Neben großem nautischen Fachwissen besticht der Roman durch lebendige Erzählweise. Wir Leser dürfen die Strapazen einer Seereise von England über Westafrika in die Neue Welt hautnah miterleben. Dabei wird auch der unmenschliche Sklavenhandel für die karibischen Zuckerrohrplantagen nicht ausgespart.

Auch die Willkür und Macht sowie die Vergnügungssucht der herrschenden Klasse und ihrer Handlanger auf Kosten anderer ist Thema.

In einem Nachwort erzählt der Autor noch allerlei Wissenswertes über den historischen Jack Bannister und sein Schiff, dessen Wrack 2009 entdeckt worden ist. Für alle jene, die mit den nautischen Begriffen nicht so vertraut sind gibt es ein Glossar und Skizzen eines Seglers sowie am Beginn des Romans eine Landkarte mit deren Hilfe die Fahrten Jack Bannisters nachvollziehbar sind.

Fazit:

Eine fesselnde Reise in die Zeit der Piraten des 17. Jahrhunderts bei der ich mich keine Minute gelangweilt habe. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 07.01.2023
Figes, Orlando

Eine Geschichte Russlands (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Anschauliche Darstellung der russischen Geschichte

Orlando Figes gilt als profunder Historiker und Kenner Russlands. In diesem Buch nimmt er seine Leser in die Geschichte Russlands mit. In den folgenden elf Kapiteln zeigt er die Entwicklung von deren Anfängen bis zum Angriffskrieg Putins auf die Ukraine.

Ursprünge
Einfluss der Mongolen
Zar und Gott
Zeit der Wirren
Russland blickt nach Westen
Napoleons Schatten
Ein Reich in der Krise
Das revolutionäre Russland
Der Krieg gegen das alte Russland
Vaterland
Ende

Historiker und Autor Orlando Figes präsentiert seinen Lesern die wechselhafte Geschichte Russlands. Er erläutert, warum der Vielvölkerstaat, trotz mehrfacher gewaltsamer Russifizierung kein echter russischer Staat mit einem eigenem Nationalgefühl geworden ist. Figes entzaubert den Mythos der „russischen Seele“, versucht darzustellen, warum sich nie eine ernst zunehmende Opposition entwickeln konnte und warum die Menschen mehrmals auf einen Diktator hereingefallen sind.

In keinem Land wird die Geschichte so oft umgeschrieben, wie in Russland. Was an der Vergangenheit nicht zum aktuellen Machthaber passt, wird mit allen Mitteln passend gemacht. Egal ob der Nachname des Herrschers Romanow, Lenin, Stalin, Chruschtschow, Breschnew oder eben Putin ist.

Das Buch ist ein gut zu lesendes Grundlagenwerk der Geschichte und erweitert das Basiswissen interessierter Leser. Die Anfänge sind vielleicht für jene, die in der Geschichte Russlands noch nicht so bewandert sind, ob der vielen Namen ein wenig unübersichtlich. Um sich hier zurechtzufinden gibt es einige Landkarten sowie Erläuterungen im Anhang.

Fazit:

Eine sehr gut geschriebenes Sachbuch, das wissenschaftliche Details für interessierte Leser gut aufbereitet und einprägsam erzählt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

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Bewertung vom 06.01.2023
Mansel , Philip

König der Welt


sehr gut

Über Ludwig XIV. (1638-1715) sind schon einige (ich darf sagen: Meter) Bücher geschrieben worden. Seien es Biografien oder historische Romane.

Braucht es da noch eines? Noch dazu eines mit 944 Seiten? Für welche Zielgruppe? Historikerkollegen oder interessierte Laien? Nun, darüber gibt der britische Autor Philip Mansel keine Auskunft. Man muss selbst herausfinden, ob man sich mit dem Sonnenkönig, dessen Motto „L’Etat est Moi“ („Der Staat bin ich“) gewesen ist, so intensiv beschäftigen will.

Selbst für mich, die ich dicke Schwarten und detaillierte Biografien liebe, ist dieses Buch zu einer Herausforderung geworden. Es gibt kaum eine Seite, auf der nicht mindestens zwei Jahreszahlen und bis zu drei Fußnoten dem Leser an den Kopf geworfen wird. Wer die alle im Detail lesen will, wird dauernd aus dem Lesefluss gerissen. Philip Mansels Hang zum Perfektionismus sowie sein Drang, alles was er selbst weiß, dem Leser unbedingt mitteilen zu müssen, führt dazu, dass er sich in zahlreichen Nebenschauplätze, die ihm historisch interessant erscheinen, aber letztendlich von Ludwig XIV. wegführen, verzettelt.

Inhaltlich geht Philip Mansel auf die kostspieligen Hobbys des Königs ein (u.a. Versailles) sowie auf seine Außenpolitik innerhalb Europas (Stichwort Wahlkönigreich Polen), Nordamerikas sowie seine Versuche, diplomatische Beziehungen zu China und Siam zu knüpfen.

Kenntnisse über die Innenpolitik des Königs inklusive Mätressenwirtschaft und höfische Intrigen setzt Mansel sichtlich voraus. Anders lässt sich das Namedropping nicht erklären. Das ist ein wenig die Schwäche dieser ausführlichen Biografie, dass der Autor den Lesern Detailwissen abverlangt, die sie in der Intensität nicht haben können.

An einigen Stellen nimmt er zukünftige Ereignisse wie z. B. die Revolution von 1789 voraus.

Womit ich wieder bei der Frage bin: Wer ist die Zielgruppe dieser Biografie?

Das Hardcover ist in einer opulenten, dem Porträtierten wohl angemessenen, Ausstattung erschienen: Rotes Cover, mit der stilisierten Sonne in Gold, einem Porträt des Monarchen auf dem Vorsatzblatt, einem Lesebändchen sowie einigen Abbildungen. Nun, der Preis von ca. 60 Euro ist dem Herrscher angemessen.

Fazit:

Wer viel Zeit und Interesse für die Person Ludwig XIV. mitbringt, ist hier richtig. Gerne gebe ich dieser opulenten Biografie 4 Sterne.

Bewertung vom 04.01.2023
Horowitz, Anthony

James Bond: Mit der Absicht zu töten


sehr gut

Dieses Buch ist der 41. offizielle James-Bond-Roman und der dritte von Anthony Horowitz. Zeitlich ist der Roman nach „Der Mann mit den goldenen Colt“ einzuordnen.

Der Leser wird in die Zeit des Kalten Krieges, der Chruschtschow-Ära, zurückgeworfen. Eine Periode, die den meisten Lesern nur noch aus der Geschichte bekannt sein dürfte, aber für einen Spionage-Thriller einen vertrauten Hintergrund bildet.

Über den fesselnden Inhalt will ich gar nichts verraten.

Der Agenten-Thriller ist fesselnd wie alle JB-Bücher. Allerdings kommt ein Buch an die sehr aufwändig inszenierten Filmspektakel nicht heran. Es lässt aber dafür Spielraum für eigenes Kopfkino, bei dem man sich den Hauptdarsteller selbst aussuchen darf - Sean Connery oder Roger Moore? Die anderen Darstellen kommen hier nicht zum Zug, da viel zu modern.

Der Titel wandelt das klassische Bond-Thema „mit der Lizenz zu Töten“ ab.
Wieder mit dabei eine schöne Frau, deren Geheimnis sich erst im Laufe der Geschichte enthüllt.

Die vielen technischen Spielereien, die einen wesentlichen Anteil am Erfolg der Bond-Filme haben, fehlen hier gänzlich. James Bond ist auf sich allein gestellt.

Fazit:

Klassische Spannungsliteratur aus der Zeit des Kalten Krieges, der ich gerne 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 03.01.2023
Henn, Carsten Sebastian

Ein Schuss Whiskey / Kulinarische Kriminalromane Bd.3


gut

Dieser Krimi ist nun der Abschluss von Carsten Sebastian Henns Trilogie rund um Hochprozentiges. Ich habe zuvor schon „Der Gin des Lebens“ und „Rum oder Ehre“ gelesen und war nun auf „Ein Schuss Whiskey“ gespannt.

Leider hat mich dieser Ausflug nach Irland nicht ganz so gepackt.

Warum?

Janus Rosner, ein deutscher Autor, hat eine Sinn- und Schaffenskrise und glaubt diese durch einen Dublin-Aufenthalt zu bewältigen. In Dublin, so seine Schlussfolgerung haben schon trinkfeste Schriftstellergrößen wie James Joyce und Oscar Wilde zu Höchstleistungen gefunden.

Also begibt sich Janus auf eine Tour durch diverse Pubs und lässt sich, auf geistige Eingebung hoffend, volllaufen. Als er eines nachts beobachtet, wie eine junge Frau hingerichtet wird, meldet er den Mord an die irische Garda. Blöderweise weiß dort niemand etwas von einer Leiche und Janus beginnt auf eigene Faust zu recherchieren. Dabei stößt er auf die „Drunken Poets Society“, eine Gruppe junger Literaten und Whiskey-Fans, die gleich ihm, auf der Suche nach dem Thema für einen ultimativen Bestseller sind.

Dazwischen erhalten wir noch Einblick in die Gedanken des Täters, denn einen Tag nach seiner Beobachtung wird wirklich eine junge Frau, die noch dazu Mitglied der königlichen Familie ist, getötet.

Meine Meinung:

Ich mag Krimis, die in mehreren Zeitebenen bzw. aus unterschiedlichen Perspektiven geschrieben sind. In diesem hier ist die Verschachtelung der Ebenen bzw. Perspektiven nicht ganz gelungen.

Es dauert gefühlt ewig, bis die eigentliche Handlung in Gang kommt. Mehrmals war ich in Versuchung, das Buch abzubrechen. Gerettet hat mich und das Buch nur, dass Wissenswertes über Whiskey erzählt worden ist. Als erklärter Whiskey-Fan kenne ich zwar die Grundzüge der Herstellung des uisge beatha, doch einige Details waren mir noch unbekannt.

Irgendwie ist die Geschichte unrund - anders kann ich es nicht beschreiben. So halte ich es für unwahrscheinlich, dass die Garda so lasch in einem Mordfall ermittelt, in dem ein Mitglied der königlichen Familie betroffen ist. Selbst wenn wenig bis nichts an die Öffentlichkeit dringt, müsste die Polizei ein wenig mehr Elan an den Tag legen.

An einigen Stellen verzettelt sich der Autor in nebensächlichen Kleinigkeiten, die die Handlung genau gar nicht weiterbringen. Als Beispiel sei nur die SMS-Kommunikation von Janus mit seinem Vater, einem Kölner Ex-Polizisten, genannt. Völlig egal, ob da bei Tippen die Groß- und Kleinschreibung beachtet wird oder nicht.

Gefallen haben mir die Zitate berühmter irischer Schriftsteller zu Beginn jedes Kapitels und die Rezepte zu Mixgetränken und Speisen.

Das Cover passt gut zur Reihe. Das abgebildete Whiskeyglas passt gut zu Bourbon. Ich bevorzuge die Tulpenform für den irischen Whiskey.

Leider fehlt hier die durchgehende Spannung und an manchen Stellen ist die Konstruktion des Krimis deutlich sichtbar. Nicht falsch zu verstehen. Ein spannender Plot muss eine Struktur haben, doch sollte die für den Leser unsichtbar sein.

Fazit:

Wer hier einen spannenden Krimi erwartet, wird enttäuscht sein, daher nur knapp 3 Sterne.