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Christina P.
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Hamburg

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Insgesamt 1119 Bewertungen
Bewertung vom 01.10.2019
Taylor, Laini

Der Junge, der träumte / Strange the Dreamer Bd.1


ausgezeichnet

Über Träume und die Magie, die ihnen innewohnt
Waise Lazlo arbeitet nach seiner Kindheit im strengen Kloster als städtischer Bibliothekarsgehilfe. Auch wenn sein älterer Kollege ihn ständig drängt, endlich mal die Nase aus den Büchern und Papieren zu nehmen und sich stattdessen um eine Freundin zu bemühen, treibt ihn eine ganz besondere Sehnsucht voran: Weep! Die vergessene Stadt hinter der großen Wüste, einst bekannt für Wissenschaft und Kultur und Ziel jeder Handelskarawane. Bis von 200 Jahren die Karawanen ausblieben. Einer der alten Möche erzählte Lazlo früher heimlich von dieser faszinierenden Stadt und ihren aussergewöhnlichen Bewohnern. Genaugenommen hat die Stadt einen ganz anderen Namen, doch das Merkwürdige ist: Vor 15 Jahren verschwand dieser Name von einem Moment auf den anderen aus dem Gedächtnis aller, selbst Lazlo kann sich nicht mehr daran erinnern, sosehr er sich auch bemüht. Seitdem versucht er, alles über diesen magischen Ort heraus zu bekommen – und da ist die Bibliothek mit seinen alten Handelspapieren einfach perfekt. Selbst in den alten Märchenbüchern entdeckt Lazlo geschickt versteckte Hinweise.

„Was Märchen betraf, so hatte er begriffen, dass sie die Gedankenwelt ihrer Schöpfer wiedergaben und mit kleinen Wahrheiten gesprenkelt waren – Körnchen von Wirklichkeit inmitten der Fantasie … wie Toastbrösel im Bart eines Zauberers.“ (Zitat Kapitel 4)

Überraschend taucht eine Gruppe Tizerkan, Krieger der Vergessenen Stadt, im Ort auf, dessen Anführer nach Freiwilligen für eine Mission in Weep sucht. Lazlo sieht seine Chance gekommen, seinen Traum endlich mit eigenen Augen zu sehen. Was ihn jedoch erwartet, damit hätte Lazlo selbst in seinen kühnsten Träumen nicht gerechnet…

Diese Buch ist einfach ein Traum! Laini Taylor lässt den Leser an Lazlos Abenteuer teilhaben und eine Welt erleben, welche auf ihre ganz eigene Art fasziniert. Dabei bedient sie sich fantastischen Wesen ebenso wie einer Magie, welche einzigartig sind für die Vergessene Stadt hinter der Wüste. Zugleich hat sie einen bildhaften Schreibstil, welcher es ermöglicht, komplett in die Welt einzutauchen.
Zu Beginn verwirrten mich zwar ein wenig die Rückblenden in Lazlos Leben, welche das ein oder andere erzählen und erläutern sollten. Sie waren spannend, keine Frage, brachten aber die Linearität der Erzählung etwas unangenehm durcheinander. Ohne allzuviel zu verraten kann ich sagen, dass sich noch eine weitere Perspektive im Laufe der Erzählung zu Lazlos dazugesellt, welche wichtig für die Mission der Gruppe ist. Und auch wenn Lazlo bisher glaubte, nur ein einfacher Bibliothekarsgehilfe mit der Neigung zu Phantastereien zu sein, entdeckt er an sich plötzlich eine ganz besondere Fähigkeit.
Die ganze Erzählung ist märchenhaft schön, sowohl inhaltlich wie auch von Erzählstil her. Einziger Wermutstropfen ist, dass der erste Teil des Originals im Deutschen auf zwei Bände gesplittet wurde und somit die Handlung unschön mittendrin abbricht. Das tut mir sehr leid für die Autorin, da der Zauber dadurch gebremst wird, bevor er sich so richtig entfalten kann. Wen das nicht stört, den erwartet auf jeden Fall eine ganz besondere Erzählung mit fantastischen neuen Ideen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.09.2019
Pettersen, Siri

Gabe / Die Rabenringe Bd.3


ausgezeichnet

Grandioses Ende eines aussergewöhnlichen Fantasy-Epos
Nach ihren Abenteuern in Ymsland und der Menschenwelt ist Hirka nun durch durch den Steinkreis in Dreysil gelandet, der Welt der Umpiri, bisher bekannt als "Blinde" oder "Totgeborene". Als Tochter des Graal, Blut von seinem Blut sowie zur Hälfte Mensch, wird sie von der Herrscherklasse, den Dreyri, als schwach angesehen und soll doch zugleich den Sieg über Ymsland gewährleisten, um dem Volk die Gabe zurück zu bringen, welche Naiell ihnen einst raubte. Doch Hirka lässt sich nicht unterkriegen. Sie trotzt der rauen, eisigen Welt, den groben Sitten sowie den Ritualen des Sehers und schmiedet ihre eigenen Pläne. Dazu muss sie sich ihrem Vater entgegen stellen. Doch der hat Schwarzrock Rime An-Elderin, Hirkas große Liebe, in seiner Gewalt, nachdem dieser den Schnabel nahm. Und auch von anderer Seite drohen Rime Gefahren in Ymsland.
Wer bereits die ersten beiden Bände der Rabenringe-Trilogie kennt, wird den dritten Band nicht missen wollen. Endlich erfahren wir mehr über die Totgeborenen, die Nábyrn, welche über tausend Jahre alt werden können und von sich behaupten, als Volk der Umpiri einst vor den Ymsländern deren Welt bewohnt zu haben. Gemeinsam mit Hirka erfährt man mehr über die Brüder Graal und Naiell, über deren Familie und die gesellschaftlichen Strukturen in Dreysil. Auch diesmal findet sich Hirka erstaunlich schnell zurecht, passt sich an und nutzt ihre Instinkte, um sich an die richtigen Personen zu wenden, statt alten Vorurteilen zu folgen.
Parallel dazu nehmen die Machtkämpfe in Ymsland eine erschreckende Wendung. Rime, der Hirka in die Menschenwelt folgte und dadurch seinen Platz im Rat der Zwölf verwirkte, sieht sich tödlichen Intrigen gegenüber, während er zugleich den Wünschen Graals dienen muss, der über den Schnabel aus der Menschenwelt mit ihm verbunden ist.
Mir hat das Ende der Trilogie sehr gut gefallen. Spannung, Gewalt, Intrigen und uralter Aberglaube halten die Spannung hoch, bis es zu einem unerwarteten Showdown der Welten kommt. Zwischendurch wurde es zwar für meinen Geschmack etwas sehr magisch, aber das sei diesem grandiosen Fantasy-Epos verziehen.

Bewertung vom 28.09.2019
Suchanek, Andreas

Seelensplitter / Das Erbe der Macht Bd.20 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Gefährliche Abenteuer über und unter Wasser
Das Cover lässt es bereits erahnen: Die Monster kommen! Versorgt mit jeder Menge Hintergrundwissen aus Band 19 (Blutzeit) startet man als Leser in spannende und gefährliche Abenteuer. Jen und Alex versuchen, ihre Freunde aus dem versiegelten Reich der Aquarianer zu retten, in welchem sie mit Kapitän Nemo festsitzen. Die Zeit drängt, denn die Monster aus der Zeit vor dem Anbeginn warten nur darauf, die schützende Hülle zu durchdringen und über Nikki, Nemo und all die anderen herzufallen. Die Situation scheint auswegslos, die Freunde dem Tode geweiht. Doch da bietet sich Hilfe von unerwarteter Seite.
Währenddessen bereist Grace Humiston ein weiteres, ihr bisher unbekanntes Splitterreich. Dort gerät sie nicht nur selbst in tödliche Gefahr, sondern erhält auch erste Hinweise auf mögliche Schwachstellen Merlins.

»"Vor uns liegen so viele Herausforderungen. Ein Problem nach dem anderen." Und prompt betrat eines die Küche.« (Zitat Kapitel 1)

Band 20 ist definitiv wieder eine der actionlastigen Folgen, wobei man diesmal gleichzeitig wieder recht viele Informationen geboten bekommt. Auf wenige Handlungsstränge beschränkt, geht es dadurch zügig voran und die Spannung bleibt entsprechend hoch. Neben Spannung und Action dürfen natürlich auch diesmal freche Sprüche und Überraschungen nicht fehlen. Definitiv ein Pageturner!

Bewertung vom 17.09.2019
Turton, Stuart

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle


ausgezeichnet

Raffiniertes Verwirrspiel rund um einen unlösbar scheinenden Mord
Wer bin ich? Wo bin ich? Und wie komme ich hier her? Diese Fragen stellt sich der Protagonist gleich zu Beginn des Romans, als er sich ohne jede Erinnerung in einem Wald wiederfindet und einen vermeintlichen Mord beobachtet. Mühsam findet er heraus, dass er einer der geladenen Gäste auf dem Anwesen der Familie Hardcastle ist, die zu einem Maskenball geladen hat. Doch steht ihm eine ganz besondere Aufgabe zu...

"Während des Balls heute Abend wird jemand ermordet werden. Es wird nicht wie ein Mord aussehen, und man wird den Mörder daher nicht fassen. Bereinigen Sie dieses Unrecht, und ich zeige Ihnen den Weg hinaus." (Zitat S. 106)

Fortan in einer Zeitschleife gefangen, erlebt er den besagten Tag täglich aus einer anderen Perspektive neu. Wem kann er trauen? Wer will die Tochter des Gastgebers umbringen? Und warum? Das Ganze entpuppt sich schnell zu einem Verwirrspiel - und zu einem wahren Lesevergnügen!

"Es geht doch nichts über eine Maske, um die wahre Natur eines Menschen zu offenbaren." (Zitat S. 190)

Mit diesem Roman hat der Tropen-Verlag mal wieder einen Glücksgriff gemacht. Es gibt wohl kaum einen, der nicht "Und täglich grüßt das Murmeltier" kennt. Auch hier durchläuft der Protagonist mehrere Stadien, wie er mit dieser Zeitschleife zurecht kommt. Erschwerend kommt allerdings hinzu, dass er jeden Tag in einem anderen Körper der Gäste verbringt. Inklusive deren Eigenschaften und Neigungen. Und es scheint jemanden zu geben, der das Auflösen des Mordfalls unbedingt verhindern will.
Das Buch weicht definitiv vom klassischen Krimi ab. Hier ist es einfach nicht möglich linear zu ermitteln, wenn Personen, die ihm an einem Tag noch Sympathie entgegen bringen, dem Protagonisten am Folgetag die kalte Schulter zeigen. Es gilt also, sich in der jeweiligen Rolle zurecht zu finden und durch die richtigen Fragen und Aktionen an richtiger Stelle Antworten zu erhalten. Fast wie bei einem Rollenspiel. Und das ist es, was diesen Roman auch ausmacht, die Unvorhersehbarkeit und der Versuch, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Mir hat das Lesen viel Spaß gemacht. Durch die vielen Wechsel der Persönlichkeiten kam es immer wieder zu Überraschungen, die mindestens ebenso spannend waren wie der Versuch, den Mord aufzuklären. Oder was hinter dieser mysteriösen Zeitschleife stecken könnte. Wobei der Krimi-Anteil erst etwas später stärkere Gewichtung erhielt. Eine Karte des Anwesens und der Raumbelegung im Haupthaus sowie eine Einladungskarte zum Maskenball mit einer Übersicht der wichtigsten Personen sind ebenfalls dabei, welche ich als sehr hilfreich empfand.
Ein ausgefallener und angenehm komplex gestalteter Krimi, in welchem der Ermittler unfreiwillig in verschiedene Rollen schlüpft und einen unlösbar scheinenden Fall zu entwirren versucht.

Bewertung vom 11.09.2019
Benkau, Jennifer

Von Sternen gekrönt / One True Queen Bd.1


sehr gut

Mailin im Wunderland
Seit Jahren liegt Mailins ältere Schwester Victoria im Wachkoma. Wenn sie ihr nicht aus Büchern wie "Alice im Wunderland" vorliest, holt die junge Irin sich Kraft beim Kendo-Training. Bis ein Sog sie erfasst - und Mailin in einem fremden Wald erwacht, belebt von merkwürdigen Kreaturen wie "Killer-Kaninchen" und nicht jedem freundlich gesinnt. Dort trifft sie auf einen jungen Mann, welcher sie charakterlich spontan an Peter Pan erinnert und der ihr nur widerstrebend hilft, in die Hauptstadt zu gelangen. Dort erhofft sie sich Hilfe, um nach Hause zurück zu kehren. Die Entdeckung, welche sie dort macht, übertrifttt jedoch alle ihre Erwartungen. Und was sie noch nicht weiß: Sie soll zur nächsten Königin des Landes gekrönt werden. Nur deswegen ist sie in dieser Welt gelandet. Doch haben Königinnen hier nur eine sehr kurze Lebensdauer...

"Was ist das Schlimmste in diesem Wald?", flüstere ich, obwohl ich nicht weiß, ob ich die Antwort hören will. (...) "Das Schlimmste hier, ja?", fragt er schließlich. "Das bin ich." (Zitat S. 97/98)

"One true Queen" erinnerte mich stark an Alice im Wunderland: Auf magische Art landet Ich-Erzählerin Mailin in Lyaskye, wo es Magie ebenso gibt wie seltsame Lebewesen. Und wo sie auf schmerzhafte Weise lernen muss, dass sie dort längst nicht allem und jedem über den Weg trauen darf. Bis hierhin klingt es noch wie ein Fantasyroman von vielen, doch was den Wunderland-Touch ausmacht sind viele kleine, gestreute Details, welche einen beim Lesen immer wieder zweifeln lassen: Ist Lyaskye wirklich real? Oder vielleicht doch nicht?
Dieses zweifelnde Gefühl hat sich mir beim Lesen erst so nach und nach eingestellt, denn zu Beginn geht es doch eher abenteuerlich zu. So benötigt Mailin rund 100 Seiten, um überhaupt erst in die Hauptstadt zu gelangen. Von da an geben sich Abenteuer, Magie und Intrigen fast schon die Hand. Etwas ausgebremt wurde die Spannung zwischenzeitlich von einer Liebesgeschichte, dafür nahm die Story nach einem überraschenden Twist umso stärker an Fahrt auf, wurde endlich wieder spannend und vor allem herrlich verworren: Wer verfolgt welches Ziel, wem ist zu trauen?
Mailin war mir als Charakter größtenteils sympatisch, auch wenn ich ihre Romanze nicht nachvollziehen konnte. Die hat mich jetzt nicht überzeugt und zog den Roman unnötig in die Länge. Auch war sie für ihre 17 Jahre stellenweise etwas naiv, wenn auch eine Kämpfernatur mit dem Herz am rechten Fleck. Mehr hätte ich mir von der magischen Welt Lyaskye gewünscht, was die Welt so besonders macht. Sehr gut gefielen mir die subtil gestreuten Details, welche mehrfach meine Vermutungen durcheinander würfelten, inwiefern Lyaskye nur Mailins Form des "Wunderlands" ist, zumal es doch einen gewissen Märchen-Charakter mit Überschneidungen zur Realität hat.
Die Geschichte hat auf jeden Fall Potential, auch wenn dieses noch nicht so ganz ausgeschöpft wurde.

Bewertung vom 11.09.2019
Plaschka, Oliver

Der Wächter der Winde


sehr gut

Neuinterpretation eines Shakespeare-Klassikers
Während eines Sturms an der amerikanischen Westküste gelangen mehrere Personen in eine fantastische Welt, der "Welt unter dem Winde". In dieser ist Erfinder Ross Perrault der König. Ein Mann, welche vor zwölf Jahren spurlos verschwand. Und mit ihm seine damals siebenjährige Tochter Mira. Unter den Neuankömmlingen befinden sich u.a. seine frühere Frau ebenso wie sein damaliger beruflicher Rivale. Was sie jedoch noch nicht wissen: Es war keinesfalls ein Zufall, der sie zu Ross führte. Denn Ross sehnt sich nach Genugtuung...

"Sie wissen genau, welchen Eisberg ich meine", sagte Swaine, deutlich ernster. "Das Eis ist unsere Angst. Und der Berg wird immer größer, je tiefer Sie tauchen." (Zitat)

Mit diesem Buch hat Autor Oliver Plaschka sich an den Versuch gewagt, Shakespeares "The Tempest" (Der Sturm) als zeitgenössische Fantasy wiederzugeben. So orientiert sich der Roman inhaltlich auch sehr am Original mit einigen mehr oder weniger fantastischen Abweichungen. In erster Linie wäre dies z. B. die Fantasiewelt statt einer Insel.
Geschrieben ist das Buch aus der Sicht einiger Charaktere, welche sich, zum Teil aus unterschiedlichen Zeiten stammend, in der Welt unter dem Winde zusammenfinden. Es gibt mehrere Erzählstränge, welche recht lang ausfallen statt ineinander zu greifen. Dadurch geraten die anderen Handlungen derweil etwas ins Hintertreffen. Auch wirkt der Stil oft eher wie berichtend statt erzählend, wodurch sich mir beim Lesen alles emotional zu sehr auf Distanz hielt. Interessant war hingegen, immer mal wieder Aussagen zwischen den Zeilen zu entdecken.
Der Schwerpunkt liegt stark auf Antonia "Toni" Perrault, der früheren Frau des Erfinders, sowie Konzernbesitzer Alexander King, von welchen Ross sich einst verraten fühlte und deren frühere Handlungen nach und nach aufgerollt werden. Einblicke in die Welt unter dem Winde erhält man hauptsächlich durch Mira, der mittlerweile fast erwachsenen Tochter, welche ebenfalls seit zwölf Jahren in dieser Welt lebt, sowie von zwei weiteren dort lebenden Charakteren.
Die Idee, den Klassiker in die Welt unter dem Winde zu transferieren, gefällt mir an sich recht gut und ist in meinen Augen auch inhaltlich sehr gelungen. Etwas ausgebremst wurde meine Begeisterung jedoch von dem oftmals eher berichtenden Stil sowie dem durch sehr lang ausfallende Kapitel fehlenden durchgängigen Spannungbogen.

Bewertung vom 31.08.2019
Dabos, Christelle

Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast / Die Spiegelreisende Bd.2


sehr gut

Abenteuer und Geheimnisse in einer aussergewöhnlichen Welt
Die märchenhaft-magische Erzählung um die Spiegelreisende Animistin Ophelia geht in die zweite Runde. Die arrangierte Vermählung mit ihrem Verlobten Thorn rückt immer näher, was ihre Familie zum Anlass nimmt, sie auf der eisigen Arche Pol zu besuchen. Da sie sich nicht mehr als stummer Bediensteter verstecken muss, gerät sie als Verlobte des Intendanten zusehends in den Fokus der Höflinge, und viele sind ihr nicht wohlgesonnen. Sogar der Familiengeist Faruk lädt sie zu einem Treffen vor und verpflichtet sie zur Vize-Erzählerin am Hof. Als sie jedoch anonyme Drohbriefe erhält und wichtige Personen spurlos verschwinden, gerät sie in eine ebenso spannende wie gefährliche Ermittlung...
Im zweiten Band ist Ophelia endlich deutlich aktiver als in Band eins, nutzt vermehrt ihre besonderen Fähigkeiten und zeigt Aktionen und Reaktionen statt wie zuvor alles passiv, fast schon devot, über sich ergehen zu lassen. Allerdings könnte sie noch deutlich aktiver sein und wird mir leider weiterhin zu verhuscht und verpeilt dargestellt. So will die Autorin dem Leser tatsächlich weismachen, dass Ophelia zu einem Spontanausflug in winterlichen Temperaturen zwar Mantel und Schal über ihren Badeanzug wirft, die warmen Stiefel jedoch komplett vergisst und barfuß unterwegs ist. Solche Details ruinieren immer wieder mal Ophelias Glaubwürdigkeit. Von ihren vielen Verletzungen und Erniedrigungen mal wieder ganz zu schweigen. Ihr Verlobter Thorn wird zwar endlich etwas vielschichtiger dargestellt, bleibt aber leider weiterhin recht distanziert und Ophelias Verhalten ihm gegenüber konnte ich oftmals nicht so recht nachvollziehen.
Schwung bringen auf jeden Fall die Animisten in die Erzählung, Ophelias Verwandte, welche eine erfrischend unkonventionelle Art mit sich bringen und der höfischen Intriganz gegenüber stehen. Zudem wird die Handlung endlich vielschichtiger und komplexer, man erhält Einblicke in weitere Clans und deren magische Fähigkeiten ebenso wie in das Geheimnis rund um die Familiengeister der Arche und Faruks Buch, welches bisher unlesbar schien. Auch den Sanduhren der Mutter Hildegard, eine in meinen Augen geniale Idee der Autorin, wird endlich eine größere Bedeutung zuteil. Und die Drohbriefe und verschwundenen Personen bereichern alles mit einem zusätzlichen, fantastisch angehauchten Kriminalfall. Abgerundet wird das Buch diesmal mit einer Karte der Himmelsburg sowie einer Übersicht der Familienclans am Pol.
Mit der Spiegelreisenden-Saga hat die Autorin unbestreitbar eine fantastische Welt mit sehr vielen charmanten Einfällen und Geheimnissen erdacht, welche es zu entdecken gilt. Mit dem zweiten Band verschiebt sich der Fokus weg von den Palastintrigen hin zu Abenteuern, Geheimnissen und Verschwörungen, wird die Protagonstin Ophelia endlich aktiv und die Handlung gewinnt an Komplexität. Leider wird mir Ophelia auch im zweiten Band weiterhin zu unterwürfig und vertrottelt dargestellt, was mir wiederholt den Spaß an der ansonsten so wunderbaren Welt mindert.