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S.
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Berlin

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Insgesamt 1138 Bewertungen
Bewertung vom 27.03.2021
Neuwirth, Günter

Dampfer ab Triest


sehr gut

Kreuzfahrt mit Mörder
Inspektor Bruno Zabini ist ein kluger und innovativer Ermittler, stattlich und den Frauen zugetan. Sehr zugetan. Zur Untersuchung der zu klärenden Kriminalfälle setzt er schon im Jahr 1907 fortschrittliche Methoden wie Daktyloskopie und Fotografie erfolgreich ein.
Als in Triest ein Anschlag auf den wohlhabenden Grafen von Urbinau verübt wird, muss er - sehr zu seinem Missvergnügen - zu dessen Schutz mit an Bord des Luxusdampfers Thalia. Auf der drei Wochen dauernden Kreuzfahrt treffen unterschiedlichste Charaktere aufeinander. Urbinaus Tochter gelingt es sogar, ihren Liebhaber an Bord zu bringen. Eine Reiseschriftstellerin sucht Material für einen Roman, ein Steward möchte die Frauen verführen. Aber ist auch ein Mörder an Bord?
Günther Neuwirth lässt nicht nur seinen Inspektor clever agieren, er gibt ein anschauliches und gut vorstellbares Bild des damaligen Triest und flicht viele historischen Fakten ein. Gewürzt mit antiquierten Begriffen und Wiener Schmäh ein ganz besonderes Leseerlebnis.

Bewertung vom 24.03.2021
Strobel, Arno

Die Spur der Mädchen / Max Bischoff - Mörderfinder Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Abgründe
Leni ist, als sie 10 Jahre alt war, verschwunden. Genau wie zwei weitere Mädchen. Das ist jetzt sechs Jahre her. Ihr Vater Rudolf Benz findet Dinge, die sie am Tag des Verschwindens trug, auffällig in seinem Haus platziert, vor. Daraufhin bittet er Max Bischoff, Fallanalytiker und Ex-Kriminalbeamter, nun Privatdozent, um Hilfe.
Zu gleicher Zeit sind wieder Mädchen verschwunden, möglicherweise vom selben Täter wie damals entführt
Max aktiviert alte Kontakte, durchforstet das Internet, setzt sich mit dem Ermittler der damaligen Fälle in Verbindung. Allerdings funktioniert seine Arbeitsweise nach seinen traumatischen Erlebnissen nicht so gut wie früher.
Strobel spricht wichtige Themen an: Politiker, denen Erfolge in gewissen Bevölkerungsschichten und damit die Chance der Wiederwahl wichtiger sind als ein fairer Umgang mit ihren Polizeibeamten. Auch Richter, die Täter auf freien Fuß setzten oder mit lächerlichen Strafen belegten, nachdem sie Kinder oder Frauen sexuell belästigt hatten, werden erwähnt. Ein Paradies für Täter, nicht für die Opfer. Stimmt.
Der zuständige Kommissar Menkhoff scheint unnahbar, unausstehlich. Ist er aber nicht, sondern ein hartnäckiger und brillanter Ermittler. Ein Verdacht erhärtet sich, Max verkraftet die Geschehnisse nur schwer. Aber die Hoffnung, die entführten Mädchen retten zu können, treibt ihn an. Er muss Dinge mit ansehen, die ihn innerlich zerreißen.
Strobel hat einen unfassbar perfiden und abstoßenden Fall beschrieben. Alle Achtung, dass die Ermittler dranbleiben. Spannend, packend, brutal und perfekt geschrieben - ein Thriller der Extraklasse.
Herausgegeben vom Fischer Verlag.

Bewertung vom 22.03.2021
Piercey, Rachel

Wer wohnt denn da im tiefen Wald?


ausgezeichnet

Ein Streifzug durch den Wald
Ein wunderschönes Cover mit vielen Waldtieren und goldenen Reflexen stimmt auf das Buch ein. Ein knuffiger kleiner Bär stellt sich vor und begleitet uns auf seinem Weg durch einen Wald mit all seinen Bewohnern. Es gibt so viel in diesem großen Wimmelbuch zu entdecken. Zahlreiche Details sind zu sehen, witzige Kleinigkeiten ( Picknickende Igel, Vögel mit bunten Reisekoffern) machen Spaß. Alles in ansprechenden Farben, liebevoll gezeichnet von Freya Hartas. Gedichte von Rachel Piercey ergänzen die Bilder, verschiedene Themen werden angesprochen, wichtige Worte sind in einer anderen Schriftart hervorgehoben. Schön, dass auch Aufgaben für die Kleinen zu lösen sind (Was gibt es zu entdecken - kann man ankreuzen, zeichne ein Spinnennetz ...). Außerdem werden Anregungen zu eigenen Aktivitäten gegeben - sportliche Übungen, Theater spielen.
Ein Streifzug durch den Wald, zu allen Jahreszeiten.
Aus dem Englischen von Kathrin Köller.
Der Insel Verlag hat dieses tolle Kinderbuch klimaneutral gedruckt.

Bewertung vom 22.03.2021
Buchberger, Anne

Die Krone der Drachen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Reise zum Drachenkönig
Der Sonnenkaiser führt ein machtgieriges und grausames Regime. Sein ältester Sohn Navid sollte, um selbst Kaiser zu werden, den mächtigen Drachenkönig töten, hat ihn aber nur verwundet. Yamal, der Zweitälteste, soll das jetzt vollbringen.
Die Dienerin Zina möchte den Drachenkönig auch finden. Sein Blut kann sie reich und frei machen. Plattenmeister Daniel begleitet sie. Azad, der jüngste Sohn des Kaisers, entdeckt sie, will mit. Jeder hat seine speziellen Gründe.
Nur ein Teil der Kaiserstadt ist unter freiem Himmel, der größte Bereich befindet sich unterirdisch. Hier verlaufen Arme eines Flusses, in dem die menschenfressenden Flussfresser leben. Hier müssen die Drachensucher entlang.
Die Suche nach einem verborgenen Weg in diesem unübersichtlichen und unterirdischen Flußdelta ist gefährlich. Die Reisenden kämpfen mit Palastwachen, Konkurrenten, treffen auf verstümmelte Magier, fliegende Flöße, Baumsiedler, Verlorene Prinzen, lernen einander besser kennen. Aber können sie sich auch vertrauen? Ihr größter Feind ist Prinz Yamal, skrupellos und heimtückisch. An seiner Seite hat er einen starken Magier, der ihm treu ergeben dient.
Anne Buchberger hat eine spannende und emotionale Geschichte geschrieben, die sich unterhaltsam liest. Gern geht man mit auf die Reise und begleitet Prinzen, Magier und mutige Frauen auf ihrem Abenteuer. Packend und nicht vor dem Ende aus der Hand zu legende Fantasy. Herausgegeben von ivi, ein Imprint der Piper Verlag GmbH.

Bewertung vom 20.03.2021
Bardugo, Leigh

Goldene Flammen / Legenden der Grisha Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Magie im Zarenreich
Die unscheinbare Waise Alina trägt ein ihr selbst unbekanntes Geheimnis in sich. Das ist für den geheimnisvollen und gefährlichen Dunklen enorm interessant, ihr aber gar nicht recht. Denn nach seiner Entdeckung wird sie von ihrem Freund Malyen getrennt und zählt jetzt selbst zu den geheimnisvollen Grisha, der magischen und militärischen Elite Ravkas.
Die Ich-Erzählerin beschreibt ein märchenhaftes, dem zaristischen Rußland ähnliches Reich, in dem es Krieger, Heiler und auch Entherzer gibt. Liebe, Hass und Machtkämpfe. Mittendrin jetzt Alina. Aber das fühlt sich für sie falsch an. Welche Pläne verfolgt der Dunkle mit ihr? Was hat es mit dem Kräftemehrer auf sich? Was ist mit Mal? Alina muss eine Entscheidung treffen.
Leigh Bardugo schreibt gewohnt spannend, ihre Alina ist sympathisch, ihre Entwicklung glaubhaft. „Goldene Flammen“ liest sich wunderbar flüssig, packend und unterhaltsam. Und so romantisch! Weitere Teile werden folgen, ich freue mich drauf.
Aus dem Englischen von Henning Ahrens. Verlegt von Knaur.

Bewertung vom 20.03.2021
McLean, Peter

Priest of Lies / Kampf um den Rosenthron Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Wie beherrscht man eine Stadt?
Tomas Piety, Anführer der Pious Men und titelgebende Figur, hat Pläne. Zuallererst aber muss er seiner zwangsweise geheirateten Frau und damit der Krone gehorchen, nach außen hin ein vornehmes Leben führen. Seine Ambitionen jedoch richten sich auf Beherrschung der Stadt Ellinburg, die Übernahme lukrativer Geschäfte und ab und zu eine handfeste Auseinandersetzung. Gern garniert mit derben Sprüchen. Treue und loyale Kämpfer unterstützen ihn dabei. Bloody Anne, Billy the Boy und andere sind sympathisch in ihren Rollen.
Ailsa, seine Gattin, diese Löwin aus Eisen und Stein, möchte Machtansprüche bzw die Belange der Krone durchsetzen. Nötigenfalls mit Krieg, Gewalt, Täuschung und List. Sie gehört den Queen’s Men, einer Art Ritterorden, an, verfügt über beste Verbindungen und unbegrenzte finanzielle Mittel.
Eine kritische Situation entsteht, als sehr viele Soldaten verschiedener Gruppierungen nach Ellinburg zurückkehren. Brutal sorgt Piety für die Durchsetzung seiner Gesetze. Bis er nach Dannsburg, der Hauptstadt, reisen muss. Eine ganz andere Welt. Genauso oder sogar noch gefährlicher, zumal die Konkurrenz daheim nicht schläft. Er verändert sich.
Peter McLean hat wieder eine spannende Geschichte voller Gewalt, List, Verrat und Skrupellosigkeit geschrieben. Er lässt seinen Piety Gedanken zu Krieg, Gewalt, Ehre und Moral darlegen.
Der Schreibstil ist gekonnt: Schilderungen, die auf einen präzise und knallhart formulierten Höhepunkt hinauslaufen. Spannend und interessant. Eine gelungene Fortsetzung des ersten Teils.
Deutsch von Jochen Schwarzer, Hobbit Presse, Klett-Cotta.

Bewertung vom 18.03.2021
Winterberg, Linda

Ein neuer Anfang / Hebammen-Saga Bd.4 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Willkommen im Leben
Ein neues Kapitel in der Hebammen-Saga wird aufgeschlagen. Edith, Marga und Luise arbeiten auch im Jahr 1957 engagiert und erfolgreich in Berlin, in der Neuköllner Geburtsklinik. Diese ist modern und gut ausgestattet, die gesellschaftlichen Verhältnisse aber sind als Rückschritt einzuschätzen. Frauen sollen zurück an den Herd und den Mann bedienen, nicht selbständig entscheiden und auf gar keinen Fall vor der Ehe schwanger werden. Unverheiratete Mütter wurden ausgegrenzt, Aufklärung gab es kaum. Dass verzweifelte Frauen keinen anderen Ausweg als den Weg zu Hinterhof-Engelmacherinnen sahen, wird anschaulich beschrieben.
Ebenfalls aber die wunderbaren Seiten des Hebammenberufes, eher eine Berufung. »Herzlich willkommen auf der Welt, Kleines«, ist der schöne Satz, den die neuen Erdenbürger als erstes hören. Auch die Schülerinnen sind sympathisch dargestellt. Schade, dass nicht alle ihren Abschluss machen.
Sowohl die ältere Generation als auch der Nachwuchs erscheinen als sehr idealistisch, sind Tag und Nacht im Einsatz, oft in Doppelschichten.
Linda Winterberg schreibt liebevoll über ihre Heldinnen, bezieht historische Fakten ein, ergänzt mit Lokalkolorit. Gern verfolgt man die Geschichte dieser Frauen, erfährt viel über die 50er Jahre. So lebten also unsere Großmütter!
Ein gelungener Abschluss der Hebammen-Saga, herausgegeben vom Aufbau Verlag.

Bewertung vom 16.03.2021
Casagrande, Romina

Als wir uns die Welt versprachen (eBook, ePUB)


sehr gut

Schwabenkinder
Signora Edna lebt mit Papagei Emil in einem alten Haus in Südtirol. Sie liebt ihren Garten, hat eine kaputte Hüfte, soll in eine Seniorenresidenz ziehen. In einer Zeitschrift sieht sie ihn: Jacob Kneip, dessen Haus von einer Schlammlawine weggerissen wurde. Erinnerungen werden wach. „Zimperliese“ hat er sie genannt ...
1938/39: Ein Dutzend Kinder stehen vor einem Bauernhof, gekommen sind sie aus ihren Heimatdörfern. Ihre Eltern hatten die sogenannten Schwabenkinder vermietet. Sie mussten bei der Ernte helfen, Gänse rupfen, Kühe melken und den Stall ausmisten, Flachs ernten und Ähren aufklauben, abspülen, Betten machen, Böden schrubben. Den gesamten Frühling, Sommer und Herbst. Edna war in allem langsamer als die anderen. Als sie nach Hause durfte, war sie zehn Jahre alt.
Beinahe 80 Jahre später will sie ihren einzigen Freund aus der damaligen Zeit, Jacob besuchen, ein gebrochenes Versprechen einlösen. Dazu muss sie von Castelbello nach Ravensburg, eine weite Strecke.
Mit ihrem alten Wollumhang, der Transportkiste, in der Emil sitzt und einem sorgfältig gepackten Rucksack bricht sie auf.
Zwischendurch tauchen immer wieder Gedankensplitter an jene Zeit auf, in der sie Jacob, den wilden, ungehorsamen und hilfsbereiten Jungen, kennenlernte, der ihr Freund und Beschützer wurde. Die anderen hatten Respekt vor ihm.
Auf der Reise tauchen unerwartete Probleme auf. Emil wird im Bus nicht befördert. Edna geht ab jetzt zu Fuß. Sie vergisst ihr Portemonnaie. Die Hüfte schmerzt.
Viele Erinnerungen werden wach, aber der Weg wird immer schwerer.
Jetzt zeigt sich, ob sie eine Zimperliese ist ...
Romina Casagrande hat sehr beeindruckend und sehr ausführlich beschrieben, wie hart das Leben der Kinder bei hartherzigen und geizigen Großbauern für die als billige Arbeitskräfte eingekauften Kinder war. Ein Überlebenskampf trotz Hunger, Kälte, ewiger Schufterei unter härtesten Bedingungen.
Edna wächst einem ans Herz, Jacob auch. Man wünscht beiden ein spätes Glück.

Bewertung vom 16.03.2021
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf die Erben


sehr gut

Auch im Chiemgau ist viel los
Hauptkommissar Constantin Tischler ermittelt jetzt in den Chiemgauer Alpen, tatkräftig unterstützt vom trachtenliebenden Polizeiobermeister Felix Fink und von Luise Brand, der Sekretärin der Brunngrieser Dienststelle.
Scheinbar beschaulich geht es hier zu, man spricht im gemütlichen Dialekt, Verhöre oder Tratsch gibt es nicht, man unterhält sich immer nur. Ob das ausreicht, den Mord am umtriebigen Hallodri, dem Bauunternehmer Wickerl Holzinger, aufzuklären?
Dabei sind doch alle so sympathisch, der Hauptkommissar mit seiner Kaffeemaschine, der Leberkässemmeln mag, der Felix, der über ungeahnte Talente verfügt und die Luise, die die Urlaubspläne des Gatten sabotiert. Aber wer schickt dem Chef die mysteriösen Kraniche, unliebsame Erinnerungen an frühere Zeiten?
Der Schreibstil von Friedrich Kalpenstein ist locker, angenehm zu lesen, die Handlung entwickelt sich unaufgeregt, logisch. Gern folgt man dem Dorfleben, lernt die verschiedensten Einwohner genauer kennen, erfährt etwas über bayrisch-thailändische Küche und Filz bei Auftragsvergaben. Außerdem kann man sich über gelingende Gaunereien wundern.