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Lisega

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Insgesamt 1386 Bewertungen
Bewertung vom 10.04.2012
Twain, Mark

'Wenn man bedenkt, dass wir alle verrückt sind ...' Axel Prahl und Jan Josef Liefers lesen Mark Twain


ausgezeichnet

Axel Prahl und Jan Josef Liefers zählen als Tatort-Duo Thiel/Boerne aus Münster zu den beliebtesten Ermittlern des Sonntagabendkrimis. Auf der lit.COLOGNE 2011 durften die beiden beweisen, dass sie auch auf der Bühne hervorragend zusammenpassen. Moderiert von dem Autor und Mark Twain-Experten Paul Ingendaay lasen die beiden beim Event “Wenn man bedenkt, dass wir alle verrückt sind …” aus Texten des großen amerikanischen Erzählers und führten durch sein Leben. Und das war aufregend: Samuel Clemens alias Mark Twain war Klatschreporter, Mississippidampfersteuermann und Entertainer. Wie unterhaltsam Twains vielschichtige Texte auch heute noch sind, wird bei diesem Live-Mitschnitt sehr gut verdeutlicht: Liefers und Prahl geben frisch und frech Kindheitserinnerungen, Gerichtserlebnisse, Reiseberichte und Zitate aus Twains Tagebüchern zum Besten. Und natürlich kommen auch die berühmten Romanhelden Tom Sawyer und Huckleberry Finn zu Wort. Für Twains geistreichen Witz, aber auch die Lebensklugheit, die aus seinen Texten spricht, sind Jan Josef Liefers und Axel Prahl wirklich bestens geeignete Interpreten.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.04.2012
Pratchett, Terry

Snuff\Steife Prise, englische Ausgabe


sehr gut

Solo für Sam Vimes: Im neuesten Scheibenweltroman „Snuff“ schickt Autor Terry Pratchett den Kommandanten der Stadtwache von Ankh Morpork in Urlaub. Eigentlich soll er mit Frau und Sohn auf dem familieneigenen Landsitz zwei ruhige Wochen verbringen, doch Vimes stößt natürlich überall auf ein Verbrechen, und so stehen statt erholsamen Spaziergängen bald Ermittlungen unter der Erde, eine wilde Flussfahrt nach Quirm, die Jagd nach einem irren Mörder und nicht weniger als die Rettung einer ganzen Rasse auf dem Programm.

Die spannenden Romane mit der Stadtwache dienen Pratchett bei allem Humor schon immer als Vehikel für gesellschaftskritische Themen. So geht es in „Snuff“ um Sklaverei und die willkürliche Herrschaft des Landadels. Und Sam Vimes ist natürlich wieder die moralische Instanz, obwohl er sich bewusst ist, dass er mit seinen Methoden auch oft am Rande der Legalität agiert. Interessanterweise tritt die aus „Thud!“ bekannte Darkness wieder bei ihm auf, die ihn antreibt, das Verbrechen an den Kobolden aufzuklären. Dass mit den Kobolden schon wieder eine neue Rasse der Scheibenwelt auf den Plan tritt, hat mich nicht gestört, etwas schade fand ich aber, dass der Rest der Stadtwache nur sehr kurze Auftritte hat. Immerhin ist Young Sam nun schon sechs Jahre alt und seit dem letzten City Watch-Roman also schon einige Zeit vergangen, aber die Charaktere der Stadtwache entwickelt Pratchett leider nicht wirklich weiter. Trotzdem ist „Snuff“ ein gelungener Discworld-Roman, mit dem Pterry sein erzählerisches Können und seinen einzigartigen Humor wieder unter Beweis stellt.

Eine Anmerkung zur US-Ausgabe: Der Schnitt ist Rough Cut, wer also eine Abneigung gegen ausgefranste Seiten hat und eine bessere Papierqualität bevorzugt, sollte einen Euro mehr investieren und die UK-Ausgabe kaufen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.03.2012
Cotterill, Colin

The Merry Misogynist


ausgezeichnet

In seinem sechsten Fall bekommt es Dr. Siri Paiboun, einziger staatlicher Leichenbeschauer im Laos des Jahres 1978, mit einem "Merry Misogynist“, einem fröhlichen Frauenfeind, zu tun. Die Leiche eines bildschönen Mädchens wird nackt an einen Baum gefesselt entdeckt, penetriert mit einem Mörser. Nur durch Zufall kommen Siri, Dtui und Phosy darauf, dass vor längerer Zeit bereits eine weitere derartige Tote in einem anderen Winkel von Laos gefunden wurde. Sollte es in dem friedlichen Land tatsächlich einen irren Serienmörder geben? Unter den widrigen Umständen im postrevolutionären Laos – chaotische Verwaltung, null Koordination zwischen den einzelnen Distrikten, vernichtete alte Polizeiakten – gelingt es dem cleveren Siri mit seinen Freunden trotzdem, dem Täter auf die Spur zu kommen. Neben den Ermittlungen schaffen sie es auch noch, nach dem verschwundenen Crazy Rajid zu suchen. Das ist wie immer bei Colin Cotterill äußerst unterhaltsam geschrieben, sein typischer trockener Humor kommt v.a. bei der Beschreibung des sozialistischen Alltags zum Tragen. So ist es einfach köstlich, wie Siri das Department of Housing Allocation an der Nase herumführt, das natürlich etwas dagegen hat, dass er selbst nicht mehr in seinem staatlich zugeordneten Haus, sondern bei Madame Daeng wohnt, während sein Bungalow Nr. 22B742 von einer bunt zusammengewürfelten Truppe Bedürftiger genutzt wird. Neben den üblichen amüsanten Szenen schreibt Cotterill aber auch erstmals aus der Sicht des Täters. Das ist zunächst ungewohnt, aber die kurzen Einblicke in die Psyche des Frauenmörders sind sehr spannend und verraten keineswegs vorzeitig, wer der Mörder Phan tatsächlich ist. Ein weiterer überaus lesenswerter Krimi aus der Reihe der "Dr. Siri Investigations“!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2012
Cotterill, Colin

Love Songs from a Shallow Grave


ausgezeichnet

Fechten ist im Laos der 70er Jahre nicht gerade ein Breitensport – trotzdem landen in der Pathologie von Vientiane innerhalb kurzer Zeit drei mit dem Degen getötete Frauen auf dem Seziertisch. Wieder mal ein ungewöhnlicher Fall für Dr. Siri und sein bewährtes Team, doch Schwerpunkt in „Love Songs from a Shallow Grave”, dem siebten Band der Reihe, ist eigentlich nicht das durchaus spannende Rätsel um die schönen Frauenleichen, sondern Siris Ausflug ins Nachbarland Kambodscha. Denn er begleitet seinen guten Freund Civilai auf eine diplomatische Mission nach Phnom Penh, und ihr sarkastischer Humor bleibt den alten kommunistischen Recken bald im Halse stecken angesichts des Terror-Regimes der Roten Khmer und des Klimas der Angst, das dort herrscht. Siris Neugier bringt ihn in eine lebensgefährliche Situation, auch er wird inhaftiert und gefoltert.
Mit der Beschreibung der Schreckensherrschaft der Roten Khmer ist dieser Band der Dr. Siri Mysteries ungewohnt harte Kost. Zwar zeichnet auch „Love Songs from a Shallow Grave” zunächst der Cotterill-typische trockene Witz aus, aber in Kambodscha gibt es 1978 eben nichts zum Lachen, so dass dieser Handlungsstrang sehr traurig wird und nachdenklich stimmt. Doch Colin Cotterill setzt auch das ernsthafte Thema gekonnt um und beweist mit dem Balanceakt zwischen heiteren Ermittlungen und furchtbarem Staatsterror einmal mehr seine Klasse. Eines der besten Bücher der Serie!

Bewertung vom 29.03.2012
Hennemann, Michael

Finnland, Bärenrunde


ausgezeichnet

Für Trekking-Touren gibt es einfach keine besseren Reiseführer als die Conrad-Stein-Reihe "Der Weg ist das Ziel". Die praktischen gelben Büchlein kommen selbst im großen, randvollen Rucksack noch locker unter und sind (neben einer Karte) ein stets zuverlässiger Begleiter auf längeren Treks. Auch auf der Bärenrunde durch den finnischen Oulanka-Nationalpark war ich mit dem „Conrad Stein“ unterwegs. Der Routenverlauf und die Ausstattung der Hütten waren bestens recherchiert, auf Besonderheiten bzw. Abweichungen einzelner Etappen bei einer Winterbegehung wird ebenfalls eingegangen. Empfehlenswert!

Bewertung vom 22.03.2012

Friedrich-Ein Deutscher König


gut

Der alte Fritz, der siebenjährige Krieg, Kartoffeln, Sanssouci – das ist schon alles, was mir zu Friedrich dem Großen einfällt, weshalb ich dieses Doku-Drama, das anlässlich seines 300. Geburtstags produziert wurde, zur Erweiterung meiner Geschichtskenntnisse gerne angeschaut habe. Allerdings hat mich „Friedrich - Ein deutscher König“ nicht voll überzeugt. Die Mischung aus Spielszenen und erläuternden Interviews mit verschiedenen Historikern ist zwar grundsätzlich gelungen, und die bedeutenden Episoden in Friedrichs Leben und die vielen Facetten seiner Persönlichkeit werden gut ausgeleuchtet. Doch die Spielszenen erinnerten mich in der Machart doch sehr an billiges Schulfernsehen – karge Ausstattung und Kulissen, schlechter Schnitt – und sind zu theaterhaft geraten. Auch hatte ich Probleme damit, dass Friedrich von Frauen dargestellt wird. Anna und Katharina Thalbach sind zweifellos hervorragende Schauspielerinnen und geben auch hier ihr Bestes, aber die Frage bleibt: Warum diese Besetzung? Mich hat v.a. die Darstellung des alten Königs durch eine Frau eher befremdet, da geriet z.B. die Szene, in der er von hinten beim Pinkeln gezeigt wird, zur unfreiwilligen Comedy. Fazit: Ein Doku-Drama mit grundsätzlich gutem Informationsgehalt, aber etwas enttäuschend in der dramatischen Gestaltung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2012
Horváth, Ödön von

Jugend ohne Gott


ausgezeichnet

„Auch die Neger sind doch Menschen“ – meint der Ich-Erzähler dieses Klassikers, ein junger Geographie-Lehrer, im Gegensatz zu manchem seiner Schüler beim Aufsatz-Thema „Warum müssen wir Kolonien haben?“. Im Jahr 1937 wird er für diese Aussage prompt von der Aufsichtsbehörde gerügt. Mit dieser Episode und vielen weiteren kleinen Erlebnissen des Lehrers mit seinen Schülern wird klar, welche Jugend da heranwächst: Eine harte und rohe Generation, die, wie der Direktor bemerkt, moralisch zum Krieg erzogen werden muss. Doch ein Verbrechen bei einem Klassenausflug führt zu einem Prozess, bei dem der Lehrer, eigentlich ein opportunistischer Mitläufer, seinen humanistischen Idealen treu bleibt und zur Aufklärung des Falls beiträgt. Und er entdeckt, dass er nicht alleine ist: Eine Gruppe seiner Schüler lässt sich das selbständige Denken nicht verbieten und hat einen Club „Für Wahrheit und Gerechtigkeit“ gegründet – ein Lichtblick.
Spannender Kriminalroman, Antikriegsroman, wichtiger Bestandteil des Kanons antifaschistischer Literatur – Ödön von Horvaths „Jugend ohne Gott“ ist vieles, aber vor allem mit seinem Plädoyer für Zivilcourage, Toleranz und geistige Unabhängigkeit immer noch aktuell und überaus lesenswert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.03.2012
Drayson, Nicholas

Kleine Vogelkunde Ostafrikas


sehr gut

Dieses Buch ist mit einem Wort – charmant. Natürlich ist die Geschichte eigentlich völlig belanglos und vielleicht sogar etwas altbacken, aber sie ist sehr humorvoll geschrieben und hinterlässt einfach ein gutes Gefühl. Alle Figuren sind sympathisch, selbst der aufgedrehte und selbstverliebte Harry Khan, der sich als Mr. Maliks Rivale um die Gunst der Vogelkundlerin Rose Mbikwa entpuppt. Und trotz des durchwegs amüsanten Tons gewährt Nicholas Draysons Roman durchaus auch Einblicke in den oft problematischen kenianischen Alltag: durch den anscheinend in der Kolonialzeit stehengebliebenen Club der indischen Gentlemen Nairobis, durch die Geschichten von Machtmissbrauch und Korruption, die der Chaffeur Thomas Nyambe im Auto aufschnappt, durch Mr. Maliks Abenteuer im Hinterland mit seinem Shambaboy Benjamin, durch Harry Khans Ausflüge in die Naturparks des Landes und viele weitere kleine Details am Rande. Und man erfährt auch tatsächlich etwas über die in Ostafrika heimischen Vögel – oder hätten Sie gewusst, dass man am Klärwerk von Nairobi mehr Vögel zu sehen bekommt als am Lake Naivasha? Ein liebenswertes Buch, stets amüsant, manchmal spannend, und immer unterhaltsam – was will man mehr.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.03.2012
Maurer, Jörg

Oberwasser / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.4


ausgezeichnet

In seinem vierten Alpenkrimi aus dem Werdenfelser Land punktet Jörg Maurer mit den von ihm gewohnten Qualitäten: "Oberwasser“ ist wieder eine gekonnt vertrackte, sehr amüsant geschriebene Geschichte voller witziger Dialoge, schwarzem Humor und gelungener Situationskomik, und v.a. mit wunderbar skurrilen Charakteren. Die Einheimischen des Bindestrich-Kurorts werden wieder klischeehaft überzeichnet, aber im Kern sehr treffend beschrieben. Und Jörg Maurer kann es sich bei seinem Schreibtalent leisten, aus Jennerweins Ermittlungen eigentlich eher eine Krimi-Komödie zu machen, die amüsanten Szenen gelingen ihm einfach zu gut. Auch wenn der Fall an sich – Jennerweins Team sucht heimlich nach zwei verschwundenen BKA-Ermittlern – nicht zum Lachen ist: Wie vor der Alpenkulisse das organisierte Verbrechen, abenteuerlustige Unternehmer, unbedarfte Einheimische und eine hanebüchene Wilderer-Geschichte aufeinandertreffen und die eindrucksvolle Höllentalklamm zum spektakulären Schauplatz eines großen Showdowns wird, ist einfach genial geschrieben und entlockt immer wieder Lacher und Schmunzler. Nur schade, dass eine meiner Lieblingsfiguren der Reihe, der österreichische "Problemlöser“ Karl Swoboda, diesmal keinen Auftritt hat. Aber ich hoffe auf Band 5 …

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.