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Xirxe
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Hannover
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 876 Bewertungen
Bewertung vom 08.07.2010
Reiche, Dietlof

Freddy. Ein wildes Hamsterleben


sehr gut

Nachdem ich den dritten Band als erstes gelesen hatte, wurde ich neugierig auf den Auftakt dieser Reihe. Und auch diese Ausgabe enttäuschte mich nicht.
Freddy, als Sechster eines Zehner-Wurfs in einer Zoohandlung zur Welt gekommen, ist ein außergewöhnliches Exemplar seiner Art. Statt sich ausschließlich dem Fressen und der körperlichen Ertüchtigung auf dem Laufrad zu widmen, denkt er nach: Wieso leben Goldhamster in Käfigen? Wie kann er ins Gelobte Land Assyria finden, dort 'wo ein jeglicher Goldhamster seinen Ursprung hat in der Goldenen Trinität'? Auf dem Weg dorthin gelangt er zu Sophie, einer außergewöhnlichen Sechsjährigen und ihrem Vater Georg. Zusammen mit ihr lernt er lesen (ohne dass sie davon weiß) und alles könnte so wundervoll sein, wenn, ja, wenn nicht Sophies Mami solch ein falsches Frettchen wäre.
Wie Freddy sich vor ihr rettet, sich dafür sogar auf zwei singende Meerschweine und einen adligen Riesenkater einlässt und ihm zuguterletzt ein Dasein als frei laufendes, kultiviertes Haustier beschieden ist mit Buddenbrooks als Lektüre, ist humorvoll und mit viel Sinn für Feinheiten beschrieben (auch die Biologielehrer werden bedacht :-)).
Ein richtig schönes Kinderbuch, das auch für Erwachsene lesenswert ist.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.07.2010
Pehnt, Annette

Mobbing


sehr gut

Ein irreführender Titel. Bei einem Buch mit dieser Überschrift erwartet man eine gewissenhafte Auseinandersetzung mit diesem Thema. Doch behandelt wird es 'nur' aus der Sicht der Ehefrau des Betroffenen. Die Leserinnen und Leser wissen so viel, wie sie von ihrem Mann erfährt, man lernt ihre Gefühls- und Gedankenwelt kennen. Und so entsteht ein recht bruchstückhaftes Bild wie es zu diesem 'Kriegszustand' (lt. ihrem Mann) in seinem Büro kommen konnte, aber im Gegensatz dazu ein umso vollständigeres über eine Beziehung, die díeser Belastung (und vermutlich auch anderen) wohl nicht standhalten wird.
In Rückblenden und Momentaufnahmen beschreibt die namenlose Ich-Erzählerin das gemeinsame Leben mit ihren beiden kleinen Kindern, ihrem Mann Jo und die immer stärker werdende Zerrüttung an seinem Arbeitsplatz. Seine neue Chefin ist die Ursache des Ganzen, sie mag ihn nicht, versucht ihn kaltzustellen ebenso wie seinen Kollegen und Freund. Doch ganz so einfach ist es nicht mit der Schuldzuweisung: Immer wieder klingt durch, dass auch Jo kein einfacher Charakter ist. Er wirkt rechthaberisch, unnachgiebig, geht direkt auf Konfrontationskurs. Von seiner Frau erwartet er von Beginn an dass sie uneingeschränkt auf seiner Seite steht. Kommen kritische Fragen blockt er ab und redet nicht weiter, sein eigenes Verhalten scheint er nicht zu reflektieren . Doch auch als die Sache eskaliert, er seine Kündigung erhält, steht sie noch immer nicht völlig hinter ihm, sie kann sein Verhalten nicht nachvollziehen (Ein häufig wiederkehrender Satz ist: '...obwohl er doch jetzt Zeit hätte.') Doch auch sie ist nun ohne Rückhalt: Das wofür sie ihn geliebt hat, existiert nicht mehr (ihr Kraft und Rückhalt zu geben, seine Entschlossenheit usw.).
Dass eine Liebe nicht nur im Alltag sondern gerade auch unter besonderen Belastungen zerbricht, zeigt dieses kleine Büchlein mehr als deutlich. Beiden Seiten gelingt es nicht, sich in die Position des jeweils Anderen zu versetzen, ohne das eigene Ich in den Vordergrund zu stellen. Jeder sieht sein eigenes Leid als das jeweils Schwerste an, die Unverstandenheit der eigenen Bürde wächst und das Verständnis für die Last des Anderen sinkt. So währt es nicht lange und die Schuldzuweisungen beginnen.
Alles in allem ein ausgesprochen bedrückendes Buch - aber gerade deshalb sehr lehrreich.

Bewertung vom 02.07.2010
Harig, Ludwig

Der Gott aus der Maschine


sehr gut

Es ist Weihnachten, nicht nur das Fest der Liebe sondern auch das des Glaubens. Doch Ludwig und sein Bruder sind in einem Alter, in dem sie beginnen zu zweifeln: an der Existenz des Nikolaus, des Christkinds, des Klapperstorchs undundund. Ihr Vater, der mehr einer mechanistischen Erklärung der Welt anhängt, plant dennoch die Rettung des Glaubens seiner Söhne. Ganz im Sinne seiner Überzeugung, des mechanistischen Materialismus, schmiedet er einen Plan um das baufällige Glaubensbild seiner Kinder wieder herzustellen. Und siehe da...
Ludwig Harig beschreibt in seinem ihm ganz eigenen Stil, manchmal vielleicht etwas manieriert klingend, diese humorvolle Weihnachtsgeschichte. Mit viel Sinn für's Detail ('Gütermanns Nähseide Extra stark' spielt zum Beispiel eine wichtige Rolle) schildert er liebevoll dieses wohl unvergeßliche Fest. Daniela Bunge, deren Zeichnungen die Erzählungen begleiten, ergänzt das Ganze in gelungener Form. Wie Harigs Text sind auch ihre Bilder voller kleiner und feiner Details, dennoch nie überladen. Mal bunt, mal eher im Sepiaton, erstrecken sie sich über jede Doppelseite.
Auch wenn der Text nicht wirklich kindertauglich ist (zu viel 'Unbekanntes' kommt vor wie: Descartes' Zirbeldrüsenautomat, Goethes Sonnensystematik usw.), die Bilder sind es allemal. So ist es ein Buch an dem sich wirklich die ganze Familie freuen kann.

Bewertung vom 30.06.2010
Henrichs, Bertina

Die Schachspielerin


ausgezeichnet

Welch liebenswerte und bezaubernde Lektüre für diejenigen, die bereit sind sich auf dieses Buch einzulassen. Wer dagegen Unterhaltung sucht, die sich ggf. auch quer lesen lässt, wird dieses Buch sicherlich schnell gelangweilt zur Seite legen. Alle Anderen aber...
Eleni, Anfang 40, verheiratet, zwei Kinder, Zimmermädchen, lebt in der Gemeinschaft der Insel Naxos ein Leben voller Gewohnheit und Vertrautheit, man begnügt sich mit dem was man kennt und hat. Durch Zufall entdeckt sie ihre Begeisterung für das Schachspiel und beginnt heimlich mit ihrem ehemaligen Lehrer regelmäßig Schach zu spielen. Diese Entscheidung bringt nicht nur in Elenis Leben große Veränderungen, sondern auch in das vieler anderer.
Für Eleni ist Schach ein ganzer Kosmos, in den sie beim Spiel völlig versinkt. Es ist eine eigene Welt, aus der sie aber immer wieder Bezüge zum echten Leben herstellt: 'Die Esel...sind wie die Bauern beim Schachspiel...Sie gingen Schritt für Schritt, langsam, geduldig, ohne andere Bestimmung als zu dienen...', 'Die einzig weibliche Figur hatte also die meiste Macht. Diese subversive Vorstellung gefiel Eleni.' Das Spiel verleiht ihr Selbstbewusstsein und als ihre Leidenschaft im Dorf bekannt und sie von allen verspottet und misstrauisch beäugt wird, stärkt dies ihren Willen eher. Sie erkennt ihre Einsamkeit inmitten der Gemeinschaft und findet Kraft beim Schach, diese zu ertragen.
Ein schönes Plädoyer für den Mut Veränderungen zu wagen, notfalls auch gegen den Widerstand der Andern - und natürlich auch für 'Das königliche Spiel'.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.06.2010
Nesbø, Jo

Der Fledermausmann / Harry Hole Bd.1


sehr gut

Harry Hole, Hauptfigur einer Krimireihe von Jo Nesbø, untersucht in diesem ersten Fall den Mord an einer jungen Norwegerin in Australien. Dort ist Hole Andrew zugeordnet, einem Aboriginie-Kollegen, mit dem ihm bald ein freundschaftliches Verhältnis verbindet. Was zu Beginn wie ein Routineverbrechen aussieht, scheint sich jedoch zusehends als das Werk eines Serienmörders und -vergewaltigers zu entpuppen. Und Andrews Verhalten wird immer merkwürdiger...
Die neue Hauptfigur ist bemerkenswert untypisch für einen ,Kriminaler'. Zwar auch geplagt von schweren Problemen in der Vergangenheit (wie viele seiner nordischen Kollegen), verliert Hole sich dennoch nicht in Depressionen und tiefer Schwermut. Lieber versäuft er seinen Verstand :-)
Ebenfalls untypisch sind die ausgesprochen langen Exkurse zu Themen wie Geschichte der Aboriginies, deren Mythen und Sagen, der Vergangenheit der Ermittler usw. So werden einem nicht nur die handelnden Personen des Buches sehr nahe gebracht, sondern man erfährt zusätzlich viel Neues und Unbekanntes über das Land und dessen Vergangenheit (zumindest mir ging das so).
Die Story selbst ist verzwickt und mit viel psychologischer Raffinesse aufgebaut, die Spannung bleibt wirklich bis zur letzten Seite erhalten (Wäre am Schluß des Buches keine Leseprobe einer späteren Folge enthalten, wüsste man nicht ob Hole nun die Reißleine seines Fallschirms zieht oder nicht...).
Ein spannender und interessanter Erstling einer Krimireihe, die Lust auf mehr macht.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.06.2010
Carrisi, Donato

Der Todesflüsterer


schlecht

Heftiger Beginn: Im Wald werden sechs Arme gefunden, die offensichtlich kurz zuvor verschwundenen 9-13jährigen Mädchen gehören. Zu Hauptkommissar Roches Team, das mit dem Fall betraut wurde, stößt noch der Profiler Goran Gavila dazu und ihnen ist schnell klar, dass es sich hier um einen Serientäter handelt. Im zweiten Kapitel lernen wir Mila Vasquez kennen, eine junge Polizistin, die der Spur eines verschwundenen Jungen folgt. Verdächtig ist ein Musiklehrer und als sie in sein Haus eindringt, kann sie den kleinen Pablo tatsächlich befreien. Ungläubig entdeckt sie eine weitere Person, eine junge Frau die als kleines Mädchen verschwand und seitdem nicht mehr gesehen wurde.
Kein schlechter Plot für einen Thriller: Arme von verschwundenen Kindern werden gefunden, Kinder werden direkt aus ihrer Familie gekidnappt - hört sich vielversprechend an. Leider lässt die Logik und insbesondere die Sprache ziemlich zu wünschen übrig.
Erst mal die Logik: 'Hier wohnte der junge Musiklehrer' (Seite 17), der auf Seite 16 als 'dicken, käsig aussehenden Mannes um die vierzig' beschrieben wird. Wie jung definiert wird, mag ja Ansichtssache sein, aber trotzdem... Auf Seite 19 wird geschildert, wie sich Mila dem Haus nähert 'zu dem Palisadenzaun rannte, der das frei stehende Haus nur nach hinten begrenzte.' Laut Seite 16 beobachtet sie das Haus von der gegenüberliegenden Strassenseite, was bedeuten würde, dass der Hintereingang sich der Strasse zugewandt befinden müsste. Denn der Zaun begrenzt das Haus ja nur nach hinten. Man versuche sich dies mal konkret vorzustellen - es macht einfach keinen Sinn. Ein dritter Punkt wäre das Verhalten der jungen Frau: Nach jahrelanger Gefangenschaft reicht ein einziges Wort von Mila, dass sie ihr eigenes Selbst wieder wahrnimmt und ihr vertrauensvoll folgt. UAH!!
Die Sprache ist auch sehr gewöhnungsbedürftig, wobei unklar ist, ob es an der Übersetzung liegt oder tatsächlich dem Original entspricht. Auf Seite 17 'Fundstücke, an denen Mila auf der Suche nach einer Fährte geschnuppert hatte'. Ja ist sie denn ein Hund? Oder auf Seite 14 die 'Rede' des Profilers: Ob der Autor tatsächlich glaubt, dass ein Profiler solch ein Geschwafel von sich gibt? Immer wieder wirkt die Sprache zudem, als ob sie einem Horror-Dämonen-Roman entstamme: Seite 8 'Der große Nachtfalter flog ihn durch die Dunkelheit.', Seite 17 'von einem widerlichen Schatten verschluckt worden', Seite 18 'in dem widerliche Schatten sich ausbreiteten und alles Leben verfaulen ließen.', Seite 21 'in seinen Augen den Vorhof der Hölle zu erblicken.'. Dies ist nur eine Auswahl, aber ich denke es reicht :-)
Schade, denn der Fall ist durchaus spannend und packend. Aber so macht es keinen Spass, ihn zu lesen. Ich höre hier lieber auf...

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.06.2010
Amado, Jorge

Bola und der Torhüter


sehr gut

In Brasilien ist der Fußball weiblich - Bola heißt es übersetzt. Hier im Buch ist ihr Name Fura-Redes, die Netzbrecherin. Leichtfüßig ist sie, unbeschwert und frech, gefürchtet von den Verteidigern, geliebt von allen Angriffsspielern. Aber sie ist auch gerecht, sie bevorzugt keine Mannschaft. Doch eines Tages verliebt sie sich, ausgerechnet in einen Torhüter. Den man Blümchensucher, fauler Handschuh oder Zitterarm nennt - na, ihr könnt euch schon vorstellen warum :-) Doch von einem Tag auf den andern fliegt ihm Fura-Redes in die Arme, bei jedem Spiel und immer wieder und plötzlich ist er der beste Torwart von allen. Ob das gutgeht???
Eine wunderschöne, verrückte aber auch poetische Fußballgeschichte aus Brasilien, der die Liebe und Leidenschaft der Brasilianer zu diesem Spiel mal ganz anders darstellt.

Bewertung vom 19.06.2010
Reiche, Dietlof

Freddy, Ein Hamster greift ein


sehr gut

Freddy, der lesende und schreibende Hamster, hört durch Interanimal (eine Art tierische Telepathie) einen durchdringenden Hilfeschrei: 'Hilfe! Der Hamstermörder!'. Sofort mobilisiert er seine tierischen und menschlichen Mitbewohner (Sir William, ein schwarzer Kater, Enrico & Caruso, zwei Komiker-Meerschweine und Master John, der Versorger), um die Artgenossen zu retten. Zusammen mit Lisa, der Freundin von Master John und den Kornwölfen, einer Gruppe von Naturschützern, versuchen sie zu verhindern, dass eine Kolonie von Feldhamstern dem Bau einer Autofabrik zum Opfer fällt.
Wer schon immer mal wissen wollte wie Hamster Gottesdienste feiern, zwei Meerschweine Planierraupe und Fahrer spielen und adlige Haustiere miteinander kommunizieren, ist mit diesem Buch bestens bedient. (Unter uns: So groß sind die Unterschiede gar nicht zwischen Tier und Mensch :-))
Ein richtig schönes, witziges und auch spannendes Kinderbuch, denn: Edel sei der Hamster, hilfreich und gut. Doch muss er beissen - dann bis auf's Blut. Auch für Erwachsene geeignet :-)

Bewertung vom 19.06.2010
Traxler, Hans; Singer, Nelly

Finster war's, der Mond schien helle


sehr gut

Wer kennt es nicht, das Kindergedicht 'Finster war's, der Mond schien helle, als ein Wagen blitzeschnelle....'. Viele können es vermutlich sogar noch komplett auswendig :-) Hans Traxler und Nelly Singer haben es nun in eine etwas modernere (?) Version gebracht, wobei ich den ursprünglichen Text als herrlich zeitlos empfinde. Zugegebenermaßen aber ist dieser wohl doch etwas schwierig im Bild festzuhalten ('als ein Wagen blitzeschnelle langsam um die Ecke fuhr' oder 'Drinnen saßen stehend Leute').
Nun sind es keine direkten Gegensätze mehr, die den Witz des Gedichtes ausmachen, sondern schlicht herrlicher Unsinn, der neben den Versen mit wirklich witzigen und ideenreichen Bildern dargestellt wird. Ob wohl die Bilder zuerst da waren und dann die Verse? (Wäre meine Vermutung)
Mein persönlicher Favorit: Zwei Haie mit grünem Jägerhütchen, singend und musizierend vor einer Almhütte - einfach schön!

Bewertung vom 18.06.2010
Meyer, Philipp

Rost


ausgezeichnet

Keine zwei Wochen umfasst der Zeitrahmen dieses Buches - doch es reicht um das Leben aller Beteiligten grundlegend zu ändern.
Ein trostloser, heruntergekommener Flecken in den Weiten von Pennsylvania: Isaac, ein zarter junger Mann um die 20, intelligent und wißbegierig, will weg wie seine Schwester, auf nach Kalifornien zum Studieren. Er bricht auf, ohne das Wissen des Vaters doch mit dessen Geld und hofft, dass ihn sein bester Freund Poe begleitet, der im Trailer seiner Mutter ohne Zukunftsaussichten in den Tag hineinlebt. Doch diesem fehlt die Energie für einen solchen Aufbruch, will Isaac jedoch noch ein Stück begleiten. Als sie in einem leerstehenden Gebäude vor dem aufkommenden Regen Schutz suchen, begegnen sie dort drei merkwürdigen Gestalten. Isaacs schlechte Vorahnungen trügen ihn nicht: Während er nach draußen verschwindet, versuchen die Männer Poe zu vergewaltigen. Isaac rettet seinen Freund indem er einen der drei tötet. Kurz darauf verschwindet er erneut ohne jedoch zu erfahren dass Poe wegen Mordes verhaftet wird.
Alle Figuren des Buches mühen sich ab mit der Frage nach dem Sinn des Lebens angesichts der allgegenwärtigen Trostlosigkeit und Düsternis rings um sie herum. Der einzige Lichtblick in diesem freudlosen Dasein ist die beständige Schönheit der sie umgebenden Natur.
Während Isaac weiter auf dem Weg nach Westen ist, sich mühsam auf der Straße durchschlägt und beständig mit den Schuldgefühlen kämpft, die ihn seit dem Selbstmord seiner Mutter umtreiben, lernt Poe die harte Realität des Gefängnisalltags kennen. Den Sinn seines Lebens sieht er nun darin, seinem Freund all dies zu ersparen, er will die Schuld auf sich nehmen.
Parallel zur Geschichte von Isaac und Poe beschreibt Meyer den Niedergang der Stahlindustrie dieser Gegend in zwei Dimensionen: Die riesigen nun verlassenen Werke rosten vor sich hin und die Natur holt sich nach und nach wieder was man ihr mühsam abgetrotzt hatte. Im gleichen Maße kehrt auch die Gesellschaft wieder zu ihren Ursprüngen zurück: Nachdem 10.000e entlassen wurden, wird die zivilisatorische Schicht stetig dünner. Immer öfter gilt das Recht des Stärkeren, Gewalt und Diebstähle nehmen zu, das Rechtsbewußtsein im gleichen Maße ab. Isaac bekommt dies auf seiner Reise zu spüren: Als scheinbarer Penner identifiziert, wird er von Jugendlichen ohne Grund (Penner sein reicht) zusammengeschlagen.
Meyer zerpflückt den ‚Amerikanischen Traum’, dass es jede/r durch eigene Kraft nach oben schaffen kann. Er beschreibt wie durch Profitgier ganze Familien zerstört wurden, stolze Facharbeiter mit Stundenlöhnen zu 30 $ zu Verkäufern mit 4,50 $ pro Stunde degradiert wurden, Häuser massenweise geräumt und versteigert und völlig Verzweifelte auch vor dem Letzten nicht zurückschreckten.
Es ist das Porträt einer Gesellschaft die ihre beste Zeit hinter sich zu haben scheint und nur wenig Auserwählten die Möglichkeit bietet, am Leben teilzunehmen, denn: ‚Dass der Durchschnittsbürger keinen Job mehr hat, in dem er gut sein kann, da liegt doch das Problem’.
Meyers Erzählweise ist ungewöhnlich: Durch einen kleinen Kunstgriff gelingt es ihm, die Geschichte sowohl von außen mit Blick auf eine Person zu schildern aber auch deren Gedanken und Emotionen direkt miteinfließen zu lassen. Dies mag zu Beginn etwas verwirren, doch das Prinzip ist schnell zu durchschauen und bringt dem/der Lesenden die Protagonisten überaus nahe. Obwohl jedes Kapitel des Buches einer Person gewidmet ist und damit ständig die Sichtweise wechselt, fällt es nicht schwer dem Fortgang der Geschichte zu folgen.
Wer einen intensiveren Blick auf die heutige Gesellschaft (nicht nur der USA) sucht, ist mit diesem Buch bestens bedient. Als leichte Unterhaltungslektüre ist es denkbar ungeeignet.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.