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Igelmanu
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Mülheim

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Insgesamt 1033 Bewertungen
Bewertung vom 28.12.2015
Bruen, Ken

Kaliber


sehr gut

»Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich am vergangenen Dienstag einen Mann unter einen Zug gestoßen habe. Der Express aus Brighton, natürlich verspätet und ohne Speisewagen… Er war der Erste. Kommenden Freitag werde ich eine Frau ermorden, völlig unvoreingenommen. Die Mission, die ich auf mich genommen habe, ist es, den Bewohnern unseres Fleckens Erde eine Lektion zu erteilen. Eine Lektion in puncto Manieren.«

Der Manieren-Killer beschäftigt das Team um Detective Sergeant Brant: Ein Killer mit einer Mission, niemand ist vor ihm sicher. Vor Brant scheint allerdings auch niemand sicher zu sein, denn er verkörpert in einer Person alles, was einem Polizisten an schlechten Eigenschaften angedichtet werden kann: Aggressiv, korrupt, bestechlich, egozentrisch, homophob und völlig skrupellos. Eins ist dem Leser sofort klar: Dieser Detective begegnet dem Killer auf Augenhöhe – allerdings fragt man sich bis zum Ende, wer nun eigentlich die gute und wer die böse Seite vertritt…

Meine Güte, ist dieses Buch schwarz! In der Tradition der Noir-Literatur präsentiert sich hier ein Ermittlerteam, bei dem die Grenzen von Recht und Ordnung mehr als nur verschwimmen. Brant ist zweifelsfrei der Schlimmste unter den „Guten“, aber auch bei seinen Kollegen ist kaum einer (bzw. eine) dabei, von dem man sich freiwillig über die Straße bringen lassen würde.

Auch der Killer ist ein hochinteressanter Charakter, der uns in Briefen und Tagebucheinträgen an seinen Taten teilnehmen lässt. Ein angsteinflößender Psychopath einerseits, eine charismatische Gestalt andererseits. Und immerhin: Im Gegensatz zu Brant legt er viel Wert auf gutes Benehmen…
»Ich hab ihr eins aufs Maul gegeben, sie am Haar gepackt und ans Fenster gezerrt, es aufgemacht und sie rausgeworfen. Hab gesagt: »Lern Manieren, du Schlampe.« Und dann bin ich einfach wieder rausspaziert.«

183 Seiten erscheinen kurz und sind auch schnell gelesen. Trotzdem schafft es der Autor, eine dichte Story mit beeindruckenden Charakteren zu präsentieren. Interessant ist zudem, dass sowohl der Killer als auch Brant sich belesen zeigen, der eine eifert literarischen Vorbildern nach, der andere möchte sogar selber einen Kriminalroman schreiben. All das ist noch mit einer gehörigen Portion schwarzem Humor angereichert und macht das Buch zu einem kurzweiligen Lesevergnügen, bei dem man nur auf zwei Dinge verzichten muss: Auf Recht und auf Ordnung.

Fazit: Schwarz und herrlich unkorrekt. Wer das mag, sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen.

»Außerdem existierte irgendwo in ihm immer noch die naive Vorstellung, die Bullen wären die Guten, doch hier zeigte sich, dass sie völlig irre waren.«

Bewertung vom 25.12.2015
Butler, M. Christina

Der kleine Igel feiert Weihnachten


ausgezeichnet

»Bald ist Weihnachten. Der kleine Igel kann es kaum erwarten. „Erst backe ich leckere Weihnachtskekse und dann schmücke ich meinen Tannenbaum mit dem goldenen Stern, den der Dachs mir geschenkt hat“, freut er sich.«

Der Stern sieht auch wirklich hübsch aus auf der Tannenbaumspitze, aber der kleine Igel ist nicht zufrieden. Seine Höhle ist noch gar nicht richtig weihnachtlich, der Baum viel zu kahl und Geschenke für die Freunde fehlen auch noch. Schnell stürzt er sich in die Vorbereitungen und erfährt am Ende, worauf es an Weihnachten wirklich ankommt.

Auch dies ist wieder eine wundervolle Geschichte, bei der es sehr viel zu entdecken gibt. Die Bilder sind unglaublich liebevoll gezeichnet, es glitzert und funkelt und den Glitzer kann man nicht nur sehen, sondern auch fühlen! Auf beinahe jeder Seite gibt es witzige Details zu entdecken. Einen Topflappen, der wie ein Fuchs aussieht, eine Schneemaus, die die kleinen Mäuse gebaut haben und wie schwer eine Maus an einem Schneeball schleppt. Das Buch, das der kleine Igel als Geschenk verpackt, kommt mir sehr bekannt vor und wenn er bastelt, sieht er einfach zu niedlich aus, denn glitzernde Papierschnipsel stecken in seinen Stacheln und seine Pfoten sind voller Farbe.

Fazit: Eine herrliche Vorlesegeschichte, die sicher ihren Platz bei den Lieblingsweihnachtsbüchern finden wird.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.12.2015
Butler, M. Christina;Macnaughton, Tina

Der kleine Igel und die rote Mütze


ausgezeichnet

»Eiskalt pfeift der Wind über das verschneite Tal. Eine heftige Bö wirbelt die Blätterdecke auf, in die der kleine Igel sich eingekuschelt hat. Er wacht auf und friert erbärmlich. Ihm ist so kalt, dass er nicht wieder einschlafen kann.
Plötzlich fällt etwas vom Himmel.«

Die kuschelig weiche Mütze, die dem kleinen Igel vor die Pfoten gefallen ist, steht im Mittelpunkt dieser warmherzigen Geschichte. Es geht um Freundschaft und Überraschungen und darum zu zeigen, wie aus einem guten Gedanken etwas Wundervolles entstehen kann.

Der kleine Igel und seine Freunde sind so liebevoll gezeichnet, dass man gerne bei den einzelnen Bildern verweilt. Und wie weich die rote Mütze ist, kann man nicht nur lesen, sondern auch selber fühlen! Beim wiederholten Lesen und Betrachten können einem viele kleine Details auffallen: Wie verlaufen die Pfotenabdrücke im Schnee? Was hat der kleine Igel auf den Anhänger geschrieben? Und wie konzentriert sieht er aus, wenn er eine Schleife bindet?!

Die Texte sind gut verständlich, die Seiten aus festem Papier, das auch ein noch ungeschicktes Umblättern gut verkraftet.

Fazit: Eine volle Leseempfehlung für kleine und große Igelfreunde!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.12.2015

Reclams Weihnachtsbuch


ausgezeichnet

»Es war noch schrecklich lange hin bis Weihnachten – genau eine Woche. Draußen sah die Welt wie ein riesiger Geburtstagskuchen aus, mit Puderzuckerschnee, Kerzenbäumen und Kandishäusern bedeckt. Die Leute auf der Straße waren ganz vermummt, man sah nichts als ihre roten Backen, ihre glänzenden Augen und ihren Dampfatem. Drinnen war es mollig warm. Mama hatte die Zwillinge gebadet und gefüttert, das Haus geputzt, Mittag gekocht und den Weihnachtsbaum geschmückt, während Papa sich mit dem Aufhängen einer Papiergirlande beschäftigt hatte.«

Ein richtig schönes klassisches Weihnachtsbuch gehört für mich zur Vorweihnachtszeit dazu. Jedem, der das ähnlich empfindet, möchte ich dieses hier empfehlen. Es enthält eine umfangreiche Auswahl an Geschichten, viele Klassiker sind dabei, aber auch moderne. Zwischen den Geschichten gibt es immer wieder Gedichte, Lieder und schöne Illustrationen. Das Buch ist kleinformatig, begleitet einen also auch gerne in der Handtasche, macht aber trotzdem mit Leineneinband und Lesebändchen einen hochwertigen Eindruck.

Mit großem Vergnügen lese ich, wie Jeremy James auf Weihnachten wartet, wie Rafik Schami einen Weihnachtsmann ohne Bart auf die Erde schickt und wann bei Rolf Krenzer Weihnachten anfängt. Ich freue mich über Rilkes „Advent“, verfolge, wie Pelle auszieht, was James Krüss über die Weihnachtsmaus schreibt und wie es Hans Christian Andersens Tannenbaum ergeht. Auch so manchen mir zuvor unbekannten Text genieße ich, wie schon so oft erstaunt darüber, wieviel Weihnachtliches geschrieben wurde.

Natürlich fehlt auch „die“ Weihnachtsgeschichte nicht, die uns die Evangelisten berichtet haben. Einige andere passende Bibelstellen schließen sich an. Es braucht sich aber niemand vor zu viel Religiösem zu fürchten, da dieser Abschnitt vom Umfang her auf sechs Seiten beschränkt ist. Ich habe mich sehr über diese Texte gefreut, da Weihnachten schließlich nicht nur bedeutet, einen Baum aufzustellen und sich gegenseitig mit Geschenken zu überhäufen. Zu einem klassischen Weihnachtsbuch gehört für mich der religiöse Hintergrund des Fests einfach dazu.

Fazit: Eine uneingeschränkte Leseempfehlung für jeden Freund des klassischen Weihnachtsbuchs.

Bewertung vom 22.12.2015
Clark, Mary Higgins;Clark, Carol Higgins

Der Weihnachtsdieb


gut

»O Tannenbaum, mein Tannenbaum«, summte Packy vor sich hin, als er sich vorstellte, wie er den einen ganz speziellen Ast an dem einen ganz speziellen Baum in Vermont wieder finden würde und wie es sich anfühlen würde, die Thermosflasche mit den schier unbezahlbaren Diamanten wieder in der Hand zu halten, die seit mehr als dreizehn Jahren dort saß wie ein Vogel im Nest.

Packy Noonan hat ebenfalls viele Jahre gesessen, allerdings nicht in einem Nest, sondern im Gefängnis. Verurteilt, war er als Anlagebetrüger viele Menschen um ihre gesamten Ersparnisse gebracht hat: Insgesamt fast einhundert Millionen US-Dollar konnte er ihnen abschwatzen, was man bei seiner Verhaftung noch bei ihm fand, waren aber lediglich 800.000 Dollar. Was den Rest angeht, hat er all die Jahre darauf bestanden, dass er selber von seinen abgetauchten Compagnons betrogen wurde, dass all das Geld auch für ihn verloren ist. Aber nun hat er seine Strafe abgesessen und freut sich darauf, seinen „Notgroschen“ aus seinem Versteck zu befreien. Einem perfekten Versteck, wie er all die Jahre meinte. Zu dumm, dass von allen riesigen Fichten in Vermont ausgerechnet die, in der sein Sparstrumpf steckt, in diesem Jahr ausgewählt wurde, der berühmteste Weihnachtsbaum der Welt zu werden, nämlich der vor dem Rockefeller Plaza…

Eine nette Geschichte, die ich immer mal wieder gerne lese. Perfekt für zwischendurch, denn sie liest sich sehr schnell. Dieser Weihnachtskrimi ist allerdings auch keiner von der Sorte, bei der man noch mitraten oder mitermitteln kann, sämtliche Täter und das Ausmaß ihrer Beteiligung sind klar, es geht nur um die Frage, ob Packy noch sein Ziel erreichen kann. Natürlich ist – wo ein Gauner ist – ein anderer nicht weit und der eine versucht, den anderen auszustechen. Auf der Gegenseite gibt es eine Gruppe von Hobby-Detektiven (teils finanziell durch Packy geschädigt), die den verständlichen Wunsch hat, die versteckte Beute zu finden.

Die Charaktere bieten keine Überraschungen. Packy ist einfach ein mieser Typ, Gauner durch und durch und man kommt nicht in Versuchung, irgendetwas an ihm sympathisch zu finden. Und bei den Guten sind wirklich alle gut und nett, so dass man gerne mit ihnen hofft, dass es für sie ein Happy End geben wird.

Schön ist aber die Idee, eine solche Geschichte rund um „den“ berühmten Weihnachtsbaum stattfinden zu lassen. Wenn man zudem noch zu den Menschen gehört, die gerne in der Vorweihnachtszeit vor dem Rockefeller Plaza stehen oder dies gerne tun würden, spricht einen das Thema natürlich noch mehr an.

Fazit: Nette Geschichte um einen Gauner und den berühmtesten Weihnachtsbaum der Welt. Keine Überraschungen, aber vorweihnachtlich und schön zu lesen.

Bewertung vom 21.12.2015
Grisham, John

Das Fest


sehr gut

»Glaubst du, es geht alles gut?« »Sie sitzt im Flugzeug. Du hast gerade noch mit ihr gesprochen.« »Ich meine da draußen, im Dschungel.« »Hör auf, dir Sorgen zu machen, okay? Das Friedenskorps würde sie niemals irgendwohin schicken, wo es gefährlich ist.« »Es wird nicht so sein wie sonst.« »Was?« »Weihnachten.«

Luther und Nora Krank haben gerade ihre Tochter Blair ins Flugzeug gesetzt. Mit dem Friedenskorps fliegt sie nach Peru, wird erst in über einem Jahr wieder zuhause sein. Das anstehende Weihnachtsfest ist das erste seit 23 Jahren, das Luther und Nora ohne Blair begehen müssen. Während Nora still vor sich hin trauert, rechnet Luther aus, was das vergangene Weihnachten an Geld verschlungen hat und präsentiert Nora seinen Plan: Keine Unsummen für Geschenke, Festessen, Partys und Weihnachtsdekoration – stattdessen eine Luxus-Kreuzfahrt in die Karibik. Und während alle um sie herum sich auf das Fest vorbereiten, ist bei Luther und Nora Bikini-Diät und Vorbräunen angesagt. Stressfrei geht das aber auch nicht ab, denn Freunde und Nachbarn sind mit dem Weihnachts-Boykott der beiden ganz und gar nicht einverstanden…

Die Kranks sind ein Mittelklasse-Ehepaar und leben in einer dieser Vorort-Siedlungen, in der das Wort „Nachbarschaft“ noch von enormer Bedeutung ist. Man feiert zusammen, man hilft einander. Aber natürlich beobachtet man auch, was die anderen tun und lästert übereinander. Wenn also einer plötzlich aus der Masse ausschert, dann sorgt das für Wirbel. Für den Leser ist das (vor allem, wenn er selber nicht in einem solchen kleinen Vorort lebt ;-) sehr unterhaltsam zu lesen.

Letztlich bekommen aber nicht nur die auf Gemeinsinn pochenden Nachbarn ihr Fett weg, sondern auch die Kranks samt ihrem Eigensinn. Und am Ende wird alles zu einer schönen, runden und harmonischen Weihnachtsgeschichte, wie sie sein sollte. Die Verfilmung („Verrückte Weihnachten“ oder im Original „Christmas with the kranks“) finde ich ebenfalls gelungen.

Fazit: John Grisham wollte wohl mal etwas anderes schreiben als immer nur Thriller. Herausgekommen ist eine herrliche Weihnachtskomödie, die ich schon oft gelesen habe und die mir alle Jahre wieder Spaß macht.

»Krank konnte natürlich tun, was ihm Spaß machte, aber Vic und die übrigen Nachbarn in der Hemlock Street würden sich das verdammt noch mal nicht so ohne weiteres gefallen lassen.«

Bewertung vom 19.12.2015
Goscinny, René;Sempé, Jean-Jacques

Weihnachten mit dem kleinen Nick


ausgezeichnet

»Für meine Lehrerin – die ist immer so nett und freundlich, wenn wir nicht zu viel Quatsch machen – wünsche ich mir zu allen Rechenaufgaben die Lösung. Ich weiß, dass unsere Lehrerin mit unseren schlechten Noten immer viel Mühe hat, nämlich sie sagt oft zu mir: »Meinst du, Nick, das macht mir Freude, wenn ich dir eine Fünf geben muss? Ich weiß doch, dass du besser arbeiten kannst.« Na ja, wenn ich die Lösungen der Rechenaufgaben im Voraus hätte, das wäre Klasse, nämlich die Lehrerin würde mir gute Noten geben und dann wäre sie unheimlich froh. Und das wäre schon toll, wenn ich meiner Lehrerin so eine Freude machen könnte – und außerdem: Adalbert, der Streber, der ist dann nicht mehr der Beste, und das geschieht ihm Recht, nämlich der fällt uns auf den Wecker, nee wirklich!«

Die Geschichten des kleinen Nick liebe ich, seit sie mir vor Jahren im Französisch-Unterricht in der Schule begegnet sind. Auch in der deutschen Übersetzung machen sie enorm Spaß, kommt doch diese ganz besondere (prima) Sprache des kleinen Nick mit seinen abenteuerlichen Satzkonstruktionen, Endlossätzen und seiner bevorzugten Wortwahl wunderbar (prima) zur Geltung.

Der kleine Nick erzählt herrlich lebendig von all den kleinen und großen Dingen, die ihm so widerfahren. Von der Schule, seinen Freunden, seinen Eltern – und natürlich von Weihnachten. Er schreibt Wunschzettel, freut sich über den ersten Schnee und den Besuch der sehr freigebigen Oma. Und wie stets beobachtet und kommentiert er in seiner unnachahmlichen Art, was die Menschen in seiner Umgebung so tun und sagen. Egal ob Eltern, Nachbarn oder Lehrer – jeder bekommt dabei sein Fett weg und trotzdem klingt alles einfach nur lustig und nett. Nick ist nun mal ein liebenswerter Junge, der in einem fort Dinge von sich gibt, die bei Erwachsenen schwer sarkastisch wären.

Die wundervollen Texte wären aber nur halb so schön ohne die sie ergänzenden Zeichnungen. Ich liebe sie einfach und sie bleiben mir genauso fest im Gedächtnis wie die Geschichten, die ich alle Jahre wieder lese. Es mag Kinderbuch dranstehen (und Kindern sicher sehr gefallen), aber die vielen kleinen Spitzen und Feinheiten im Text nimmt man erst als Erwachsener richtig auf.

Fazit: Wundervolle (prima) Geschichten für Klein und Groß!

»Ich war ja schon ziemlich enttäuscht, als Papa mich zwischen seine Knie genommen und mir erklärt hat, der Weihnachtsmann ist dieses Jahr nicht so reich, besonders weil Du so viel Geld für die Reparatur von Deinem Schlitten bezahlt hast nämlich weil so ein Idiot mit seinem Schlitten Dir von rechts reingefahren ist, und es gibt sogar Zeugen, aber die Versicherung hat gesagt, Du hängst mit drin, aber das stimmt überhaupt nicht. So etwas ist Papa mit seinem Auto letzte Woche auch passiert, und er war ganz schön sauer.«

Bewertung vom 18.12.2015

Die Wunder zu Weihnachten


sehr gut

»Manche Leute, vor allem eine gewisse Sorte Männer, die etwas gegen Sentimentalität hat, haben eine starke Aversion gegen Weihnachten. Aber zumindest ein Weihnachten in meinem Leben ist bei mir wirklich in bester Erinnerung. Das war der Weihnachtsabend 1908 in Chicago.«

Wer wissen möchte, was Bertold Brecht über einen ganz besonderen Weihnachtsabend in Chicago schrieb, kann das in diesem Buch ebenso nachlesen wie die Geschichte über „Eine Flasche voll Silber“ von Truman Capote. Bekannte Erzählungen wie die über den „Großen Karpfen Ferdinand“ oder „Das Geschenk der Weisen“ wechseln sich mit Geschichten ab, die man auch als regelmäßiger Leser von Weihnachtserzählungen zuvor noch nicht entdeckt hatte. Für mich gehörten in diesen Bereich beispielsweise einige spanische Erzählungen.

Sehr alte Geschichten tauchen neben solchen aus jüngerer Zeit auf, deutsche Autoren neben französischen, spanischen oder amerikanischen, bekannte Namen neben recht unbekannten. Sie alle eint, dass sie etwas über „Die Wunder zu Weihnachten“ zu erzählen haben. Das können sowohl sehr real erscheinende Geschichten sein als auch solche, die einem deutlich phantastisch vorkommen.

Diese Vielfalt machte für mich den besonderen Reiz des Buchs aus. Und wenn mich auch nicht jede Geschichte vom Hocker gerissen hat, gefielen mir andere dafür umso besser.

Fazit: Eine Sammlung schöner und abwechslungsreicher Weihnachtsgeschichten.

»Die Rolle, die der Große Karpfen Ferdinand im Leben der Familie Mannhaus zu spielen hatte, war einfach, aber entscheidend. Um es rundheraus zu sagen: Er war das Weihnachtsessen.«

Bewertung vom 18.12.2015
Christie, Agatha

Hercule Poirots Weihnachten / Ein Fall für Hercule Poirot Bd.19


sehr gut

»Ihr seid doch keinen Penny wert, keiner von euch! Ich habe von euch allen die Nase gestrichen voll! Ihr seid doch keine richtigen Männer! Ihr seid Schwächlinge, ein Haufen verhätschelter Schwächlinge. … Ich schwöre Stein und Bein, dass ich irgendwo auf der Welt einen Sohn habe, der besser ist, als ihr es seid, selbst wenn ihr im richtigen Bett geboren wurdet!«

Wer so spricht, macht sich nicht gerade beliebt. Und der alte Simeon Lee ist nicht nur an Weihnachten so herzlich zu seinen Familienangehörigen, sondern ganzjährig. Als er wenig später tot aufgefunden wird, ist sofort klar, dass die Todesursache keine natürliche ist. Verdächtige gibt es reichlich, aber keiner von denen kann die Tat begangen haben. Alles erscheint reichlich mysteriös – ein Fall für Hercule Poirot!

An diesem schönen, alten Krimi hatte ich viel Spaß! Es wird kombiniert und nachgedacht, eine Theorie nach der anderen aufgestellt und überprüft. Stückchen für Stückchen scheint sich das Puzzle zusammenzusetzen, aber ständig passt ein Teil nicht. Es bleibt daher spannend bis zum Schluss.

An Charakteren gibt es einige interessante, auch der alte Simeon Lee gefiel mir (solange er noch agierte ;-) Ein richtiger Fiesling, aber eindeutig mit Charisma! Beim weihnachtlichen Familientreffen kommen eine ganze Anzahl klassischer Mordmotive zusammen, zudem ergeben sich die gewöhnlichen „Weihnachtskrisen“, die daraus resultieren, dass sich Familienangehörige treffen, die sich oft das ganze Jahr über nicht gesehen haben, die unterschiedlichste Lebenseinstellungen und Ansichten haben und langgehegte Feindschaften und Eifersüchteleien pflegen – und die dann auf einmal in völliger Harmonie miteinander umgehen sollen.

Fazit: Klassischer britischer Krimi mit einem überzeugend kombinierenden Hercule Poirot vor weihnachtlicher Kulisse.

»Wollen Sie mir weismachen, Superintendent, dass das einer von diesen verdammten Fällen ist, von denen man in Kriminalromanen liest?«

Bewertung vom 10.12.2015
Spörrle, Mark

Der Baum ist schief!


sehr gut

»Vielleicht schneit es ja an Heiligabend«, sagte sie, »und auf dem Flughafen rechnet wie immer niemand damit, sodass die Flugzeuge nicht landen können. Auch nicht das Flugzeug deiner Eltern...« »Du glaubst nicht wirklich, dass es bei uns zu Weihnachten schneien könnte«, sagte ich. »Oder vielleicht streiken die Piloten!« »Zu Weihnachten wird leider nie gestreikt!«, sagte ich. »Um den Familienfrieden nicht zu gefährden.«

Wem eine solche Situation bekannt vorkommt oder wer sich vielleicht schon selber bei einem solchen Gedanken ertappt hat, für den kommt hier das richtige Buch. Mark Spörrle nimmt mit seinen neuen Weihnachtsgeschichten alles aufs Korn, was einen in der Vorweihnachtszeit und an den Festtagen selbst stressen und Nerven kosten kann. Da werden nächtelang Grußkarten geschrieben, die Frau des Hauses kommt vor lauter Backen nicht mehr aus der Küche heraus und die Wahl des korrekten (nicht schiefen!) Baums ist von maßgeblicher Bedeutung für ein gelungenes Fest - wie übrigens auch ein Flöte spielendes Enkelkind. Vegane Gänse und Spielsachen, die "nur noch aufgebaut werden müssen", können für weitere unvergessliche Erinnerungen sorgen.

»Ich glaube, das ist ein Irrtum«, sagte ich. »Ich hatte ein Puppenhaus gekauft, keine Skateboards...« »Genau«, sagte sie, »hier ist alles drin. Sie müssen es nur noch aufbauen.«

Ich mag die Geschichten und den Stil von Mark Spörrle und habe bereits einige seiner Bücher gelesen. In kurzen und unterhaltsamen Episoden schreibt er mit einem Augenzwinkern über all die schönen (und manchmal auch lästigen) Traditionen, die man sich freiwillig oder zwangsweise angeeignet hat. Ich hatte mit dem Büchlein einen recht vergnügten Abend, obwohl mir der erste Band seiner Weihnachtsgeschichten ("Aber dieses Jahr schenken wir uns nichts") noch besser gefallen hat. Vielleicht lag es daran, dass mir bei diesem Buch zwar einige Dinge sehr bekannt vorkamen, andere aber (zum Glück ;-) nicht.

Fazit: Kurzweiliges Lesevergnügen und kein bisschen besinnlich. Nach der Lektüre kann man mal überlegen, ob sich der ein oder andere Weihnachtsstress nicht doch vermeiden lässt.