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smartie11
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Insgesamt 920 Bewertungen
Bewertung vom 28.09.2016
Sedgwick, Julian

Der schwarze Drache / Mysterium Bd.1


sehr gut

Zum Inhalt:
Inzwischen ist es schon mehrere Monate her, dass Dannys Welt zerbrochen ist. Nach dem tragischen Tod seiner Eltern kümmert sich seine Tante Laura um ihn. Als sie zu einer Recherche nach Hong Kong aufbricht, nimmt sie Danny dorthin mit. Eigentlich sollte dort Sightseeing mit seinem alten Freund Major Zamora auf dem Programm stehen. Doch plötzlich befinden sie sich mitten in einem Überfall auf ein Restaurant und Tante Laura wird entführt…

Meine Meinung:

„Der schwarze Drache“ ist der erste der bislang drei Teile der „Mysterium“-Reihe des britischen Autors Julian Sedgwick. Der Start ist mir etwas schwerer gefallen als gewohnt und es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich mit dem Protagonisten, dem 12jährigen Danny Woo, so wirklich warm geworden bin. Woran genau dies gelegen hat, kann ich im Nachhinein gar nicht sagen. Vielleicht lag es an der etwas distanzierten und beschreibenden Schreibweise des Autors.

Die Spannung hat sich am Anfang für mein Empfinden eher auf niedrigem Niveau bewegt. Erst nach rund einem Viertel der Geschichte kam für mich Spannung auf, dafür dann aber gleich umso mehr. Im Folgenden ist es dem Autor dann gelungen, eine Story zu entwickeln, die sich durch ein sehr hohes Tempo, einige Überraschungen und eine Spannung auf hohem Niveau auszeichnet. Was Danny zusammen mit dem wunderbaren Major Zamora, dem kleinwüchsigen aber bärenstarken Mann mit der Melone, erlebt ist eine wahre Schnitzeljagd durch die fremde und exotische Szenerie Hong Kongs, die stellenweise das Tempo einer Achterbahnfahrt aufweist und nicht mit wilden Verfolgungsjagden geizt. Es geht von einem faszinierenden Schauplatz zum nächsten (die meisten kann man auch googeln, um sich ein eigenes Bild zu machen!). Dabei treffen Danny und Major Zamora auf der Suche nach Tante Laura immer wieder auf bestimmte Personen, bei denen sich weder die beiden noch der Leser über lange Strecken sicher sein können, auf wessen Seite diese eigentlich stehen und wem man überhaupt noch trauen kann. Sei es der ominöse Fremde im weißen Anzug, der immer wider wie zufällig auftaucht, der zwielichtige Charlie Chow oder auch die geheimnisvolle, taffe Sing Sing.

Während dieser Odyssee durch die fernöstliche Welt kann Danny Vieles von dem, was er im Zirkusleben des Mysteriums gelernt hat, bei der wilden Jagd nur allzu gut gebrauchen. Aber auch gedanklich hängt Danny noch sehr der Zirkuswelt des Mysteriums nach – und scheint noch nicht wirklich und vollständig in seiner „neuen“ Realität angekommen zu sein, was zahlreiche „Flashbacks“ untermauern. Durch diese Rückblicke erfährt der Leser nur Stück für stück, welches tragische Schicksal sich damals im Mysterium zugetragen hat. Ein bisschen schade fand ich es dabei schon, dass man als Leser die zauberhafte Welt des Mysteriums nur schlaglichtartig in den Erinnerungsrückblenden erlebt. Generell haben mir die Einblicke in die Zirkuswelt sehr gut gefallen, seien es nun Hypnosetricks oder Entfesselungsnummern.

Am Ende überzeugt die Story mit einem unglaublich spannenden, und passender Weise zirkusreifen Finale, auch wenn leider nicht wirklich alle Fragen beantwortet wurden. Ich unterstelle mal, dass der Autor dies bewusst gemacht hat, um die Leser gleich auf die Folgebände neugierig zu machen.

Abgerundet wird das Buch von einem kleinen, aber sehr interessanten Glossar (S. 315 – 318) sowie von den passenden Karten auf den Umschlaginnenseiten, die für eine bessere Orientierung sorgen.

FAZIT:
Nach einem etwas langatmigen Start eine action- und temporeiche Story mit tollen, exotischen Schauplätzen und einem furiosen Finale.

Bewertung vom 28.09.2016
Geißler, Lutz

Brot backen in Perfektion mit Hefe


ausgezeichnet

Zum Inhalt:

Auf der Umschlagrückseite wir vollmundig versprochen, dass dieses Backbuch „Auch für Einsteiger geeignet“ ist. Um es an dieser Stelle vorweg zu nehmen: Stimmt! Ich habe zuvor noch nie ein eigenes Brot gebacken (abgesehen von Fertig-Backmischungen), mit diesem Fachbuch hat es aber gleich beim ersten Mal hervorragend funktioniert!

Entsprechend startet das Buch mit einem „Theorie“-Teil, der dem Leser zunächst die Grundlagen erläutert. Angefangen bei einer Übersicht über das notwendige Equipment (S. 12 – 15; z.B. Waage, Schüsseln, Stofftücher oder auch optional einen Gärkorb), über Exkurse zu „ Backen im Topf“ (S. 16/17), „Gute Zutaten“ (S. 19) und „Mehle“ (S. 20/21) bis hin zum eigentlichen Kernthema, den einzelnen handwerklichen Arbeitsschritten. Auf den Seiten 22- 26 zeigt der Autor Schritt für Schritt verständlich erklärt und sehr schön bebildert, welche Arbeitsschritte eigentlich allen guten Brotteigen zu Grunde liegen (inkl. „Dehnen und Falten (aufziehen)“ auf Seite 26). Natürlich muss man diese Handgriffe vielleicht ein paar Mal üben, bis sie richtig sitzen, aber überfordern sollte dies niemanden.

Im Folgenden geht Lutz Geissler noch auf viele einzelne Details ein, wobei es teilweise schon tief ins „Eingemachte“ geht. Dennoch gelingt es ihm für meinen Geschmack stets, auch für einen Laien wie mich dabei verständlich und nachvollziehbar zu bleiben. Beispielsweise findet sich auf S. 38 die schöne Übersichtstabelle „Wasseraufnahme von Körnern und Saaten“, die wirklich sehr informativ ist, wenn man gerne Brot und Brötchen mit Körnern mag. Hier merkt man den wissenschaftlichen Background des Autors.

Kommen wir nun zum Herzstück, dem Rezeptteil. Hier präsentiert der Autor über 70 verschiedene Rezepte (davon allein 17 Brötchenrezepte!) zu allen erdenklichen Brotarten, vom klassischen Weizenbrot (S. 45 – mit nur vier Zutaten), über ein leckeres Möhrenbrot (S. 55) bis hin zum deftigen Zwiebelbrot (S. 61). Hinzu kommen spezielle Brotarten wie Toastbrot (S. 85), Knäckebrot (S. 87) und Baguette (S. 101) sowie leckere „Finessen“, wie z.B. das gefüllte Handbrot (S. 70 – 73), das gefüllte Wurzelbrot (S. 115) oder auch diverse „Partybrote“, die insbesondere durch ihre Form bestechen (z.B. „Fougasse“ – S. 107). Auch ausländische Spezialitäten bietet der Autor mit an, wie beispielsweise das italienische Focaccia (S. 110), Grissini (S. 139) oder auch das französische Brioche (S. 165). Wer in meiner Aufzählung nun das Süße vermisst, der sei an dieser Stelle beruhigt, denn auch hier bietet der Autor diverse Rezepte an (z.B. süße Buchteln - S. 168 - und Zimtschnecken - S. 171). Selbst ein schöner, einfacher Pizzateig (S. 113) hat es sehr zu meiner Freude in dieses Backbuch geschafft.

Abgerundet wird das Buch von einem Rezeptregister (S. 188 – 190) sowie einer praktischen Rezepttabelle (S. 180 – 187), in der für jedes Rezept nochmal die Zutatenmengen in Abhängigkeit der gewünschten Gewichtsmenge des Endergebnisses aufgelistet sind. Hier erspart uns der Autor das eigene Umrechnen der Mengen. Eine schöne Idee.

Insgesamt macht dieses sehr gelungene Buch wirklich Lust, das Selbstbacken auszuprobieren! Durch gut bebilderte und beschriebene Schritt-für-Schritt-Anleitungen und viele einfache Rezepte ist das erste Erfolgserlebnis schon fast vorprogrammiert. Nur sollten Anfänger die längere Ruhezeit der Teige nicht vergessen (optimal: 24 Stunden!). Mit „ich backe mal schnell ein Brot für´s Abendbrot“ wird es nichts… ; o )

FAZIT:
Nicht nur für Einsteiger ein tolles Buch mit allen „Basics“, die man zum Thema „Brotbacken“ braucht, sowie mit vielen Rezepten, die kaum einen Wunsch übrig lassen. Gutes Brot kann so einfach sein!

Bewertung vom 13.09.2016
Fischer, Eva

Life changing Food


sehr gut

Zum Inhalt:

Auf rd. 190 Seiten präsentiert Eva Fischer rund 100 sehr abwechslungsreiche Rezepte, aufgeteilt in die drei klassischen Segmente „Morgens“, „Mittags“ und „Abends“ sowie die Rubrik „Zwischendurch“, wobei die Grenzen bei einigen Rezepten durchaus fließend sind. Sehr gut gefällt mir hierbei, dass es auf Seite 26 eine Übersicht der Kennzeichnungen enthält, mit Hilfe derer man auf einen Blick erkennen kann, ob ein Rezept glutenfrei (GF), laktosefrei (LF), vegetarisch (VEG) oder gar vegan (VG) ist. Darüber hinaus gibt es Kennzeichnungen für besonders kalorienarme Rezepte („mach´s leichter“) sowie für „to go“- und saisonale Rezepte. Die Rezepte selbst werden meistens auf einer ganzen Seite präsentiert, oft mit einer kleinen „Einleitung“ (z.B. zum gesundheitlichen Nutzen), einer übersichtlichen (nummerierten) und gut nachvollziehbaren Zubereitungsanweisung sowie einer strukturierten Zutatenliste. Hinzu kommen Angaben über die Zubereitungszeit (mit der ich bislang grob ausgekommen bin) und der Zeit, bis ein Rezept „servierfähig“ ist. Zu vielen Rezepten gibt es auch noch ein oder mehrere Tipps, z.B. wenn sich ein Rezept gut fürs Einfrieren eignet.

Dem Rezeptteil vorangestellt sind fünf kurze Kapitel (S. 7 – 29), in denen es um ein Bisschen „Darstellung“ und die „Schaffung von Nähe zum Leser“ geht (z.B. 3. „Mein „Life-changing Moment“) – was ich persönlich für verzichtbar halte -, aber auch um ein paar kurz angerissene, durchaus interessante Basics zum Thema gesunde Ernährung. Den kurzen Theorie-Part (S. 22-24) über Themen wie „Nährstoffdichte“, „Antioxidantien“, „Enzyme“ oder auch das „Andi-System“ und den „Orac-Wert“ habe ich als sehr informativ empfunden, auch wenn die Autorin hier sehr dicht an der Oberfläche bleibt. Wenn man hierzu mehr wissen möchte, muss man sich separate Literatur anschaffen. Hinzu kommt noch ein Muster-Wochenplan (S. 27 – 29) über drei Wochen mit Rezepten aus dem Kochbuch für jeweils alle drei Hauptmahlzeiten, den man wohl mit aufgenommen hat, um auf den Titel des Buches „Das 21 Tage Programm“ aufdrucken zu können. Ist ganz nett, braucht es für meinen Geschmack aber gar nicht. Sehr gut gefallen hat mit hingegen die „Einkaufsliste für den Quick-Start“ (S. 20), damit eine praktische Grundausstattung in der Küche vorhanden ist (auch wenn Mandelmilch, Kokos-Drink, Kokosmilch und Reismilch für mich keine „Milchprodukte“ sind). Ebenfalls sehr schön finde ich die beiden in den Rezeptteil eingestreuten Kapitel über die heimischen (S. 66) und exotischen (S. 110) „Superfoods“ (inkl. Definition aus dem „Oxford English Dictionary“), in denen die Autorin jeweils ihre „Top 12“ vorstellt (u.a. Aronia, Heidelbeeren, Leinsamen, „Grüngemüse“ wie Brokkoli & Grünkohl sowie z.B. Acaibeere, Gojibeeren, Chiasamen und Maca).
Meine Meinung:

Ein sehr schön gestaltetes Kochbuch mit vielen, sehr abwechslungsreichen Rezepten, die auf frische (oft saisonale) und gesunde Zutaten Wert legen, was natürlich bedingt, dass man häufiger und „just in time“ einkaufen muss. Viele der Rezepte lassen sich hierbei praktischer Weise relativ einfach nach eigenem Geschmack und belieben variieren, wodurch wir dieses Kochbuch wirklich als Bereicherung für unsere Küche empfinden.

Weniger gut gefallen hat mir der etwas reißerische Titel („lebensverändernde Nahrung“), die lose eingestreuten Zitate (von wem auch immer – wie z.B. auf S. 39: „Endlich spüre ich mich wieder“; - „Viktoria, 23“) sowie die doch sehr ambitionierten Versprechen („Die sieben LCF-Glücksversprechen“: u.a. „macht dich leistungsfähiger“ und „steigert deine Libido“) und die teilweise etwas platten und altbekannten Aussagen („Positiv denken!“). Das ist alles ein bisschen „too much“ und auf dem Raum, den dies alles einnimmt, hätte ich lieber ein paar schöne Rezepte mehr gehabt.

Bewertung vom 13.09.2016
Salisbury, Melinda

Tödliche Berührung / Goddess of Poison Bd.1


gut

Atmosphärische Romantasy mit einem etwas langatmigen Start

Zum Inhalt:
Die 17-jährige Twylla lebt ein einsames Leben im Palast des Königreiches Lormere, denn sie ist die gottgleiche Daunen, die Reinkarnation der Tochter der beiden Götter Naeht und Daeg, von allen verehrt und von allen gefürchtet. Durch ein starkes Gift in ihrem Körper ist jede Berührung von ihr tödlich und nur die Königsfamilie von Lormere ist dagegen immun. Ihre Hand ist dem Prinzen Melek versprochen doch das Schicksal hat seinen ganz eigenen Lauf…

Meine Meinung:

Der Romantasy-Roman „Goddess of Poison – Tödliche Berührung“ (Original: The Sin Eater´s Daughter) ist das Erstlingswerk der britischen Schriftstellerin Melinda Salisbury und wurde für verschiedene nationale und internationale Preise nominiert.

Der Roman startet düster, geheimnisvoll und sehr vielversprechend mit der mysteriösen Zeremonie der Weissagung, der sich Twylla Monat für Monat unterziehen muss, um ihre Stellung als gottgleiche Daunen zu beweisen. Leider nehmen die Spannung und die düstere Atmosphäre danach recht schnell wieder ab und rund die erste Hälfte des 350 Seiten starken Buches widmet die Autorin der Vorstellung und Entwicklung ihrer Charaktere und ihrer Welt. So lernt der Leser Twylla, ihre Geschichte und Herkunft und insbesondere ihre von Einsamkeit geprägte Gefühlswelt kennen. Dies ist zwar durchaus interessant, aber als spannend habe ich es nicht empfunden, da in diesem Teil nicht wirklich viel passiert. Auch die Zahl der weiteren für die Geschichte wesentlichen Charaktere bleibt sehr überschaubar: der schwer zu durchschauende Prinz Melek, die tyrannische Königin (die mich an Cersei Lennister erinnert hat), der schwache König sowie Twyllas Wächter Dorin und Lief – das war es auch schon an Hauptcharakteren.

Erst ab der zweiten Hälfte hat es die Autorin geschafft, mich so weit an ihre Geschichte zu binden, dass ich gerne ungestört weiterlesen wollte. Zwar nimmt die Handlung erst ca. im letzten Viertel des Buches so richtig an Fahrt auf, aber bis dato wurde zumindest die Interaktion der Charaktere deutlich interessanter. Zum Ende hin ist es der Autorin nochmal gelungen, mich richtig zu überraschen, was mir als Stilmittel sehr gut gefallen hat. Auch das Ende an sich hat mir gefallen und war für mich plausibel. Der Epilog gibt schon einen kleinen Hinweis darauf, dass es Folgebände geben wird. Band zwei (OT: „The Sleeping Prince“) ist im Original bereits erschienen und der finale Band 3 („The Scarecrow Queen“) ist im Original für 2017 angekündigt.

Enttäuscht war ich davon, dass die Geschichte für meinen Geschmack viel weniger Fantasy-Elemente enthalten hat, als ich es eigentlich vermutet hätte.

Gut gefallen hat mir insgesamt insbesondere die Charakterentwicklung und -interaktion. Ebenso haben mir einzelne Ideen aus Melinda Salisbury neuer Welt sehr gut gefallen, wie beispielsweise die „Sündenesserin“. Auch dass in den Umschlaginnenseiten Karten der Fantasywelt abgedruckt sind, ist sehr schön, wenn es sie auch nicht wirklich gebraucht hätte, da das Buch statisch im (und um den) Palast von Lormere spielt. Last but not least möchte ich noch sagen, dass ich selten ein so wunderbar passend gestaltetes Covermotiv gesehen habe.

FAZIT:
Durchaus unterhaltsame, atmosphärische Romantasy, die mit einer interessanten Charakterentwicklung punkten kann, für meinen Geschmack aber etwas mehr Fantasy-Elemente und deutlich mehr Spannung hätte vertragen können.

Bewertung vom 07.09.2016
Erzberg, Tim

Hell-Go-Land / Anna Krüger Bd.1


ausgezeichnet

Bereits der Start in die Story ist sehr stimmungsvoll. Tim Erzberg gelingt es für meinen Geschmack schon auf den ersten Seiten hervorragend, eine latent depressiv-bedrohliche, fast schon klaustrophobische Stimmung einzufangen, die auf dem sturmumtosten, gerade mal 4,2 km² kleinen Eiland mitten in der rauhen Nordsee im Januar herrscht. Diese Grundstimmung ist das genaue Gegenteil der Nordseeinsel-Romantik, die die allermeisten Urlauber durch die „Touristen-Brille“ hier an sonnigen Sommertagen erleben. Und genau diese düstere Stimmung ist für mich die zentrale Stärke dieses überzeugenden Thrillers.
Die zweite große Stärke dieses Thrillers sind für mich die – in der Anzahl überschaubaren – sehr detailliert herausgearbeiteten und prägnanten Hauptcharaktere, allen voran natürlich seine Protagonistin Anna Krüger, die über die gesamte Länge des Buches von ihrer in ihrem Kopf wütenden Migräne (Spitzname „Stalin“) geplagt wird und sich mutig den Dämonen ihrer eigenen, dunklen Vergangenheit auf dieser Insel stellt. In homöopathischen Dosen lernt der Leser Anna Krüger besser kennen und verstehen, enthüllt Tim Erzberg Stück für Stück von Annas Vergangenheit. Mit ihren beiden Insel-Polizei-Kollegen, dem sympathischen Dienststellenleiter Paul Freitag (groß und attraktiv mit den „sanftmütigen Augen“) und dem etwas schräg wirkenden Polizeiobermeisteranwärter Marten David Weber („Marten war ein Lichtblick. Er sah zwar aus wie ein Zwitterwesen aus Mensch und Klabauter, klein, schief, linkisch, aber er lachte sie an…“), bilden die drei Polizisten ein sehr heterogenes, aber umso interessanteres Ermittlerteam. Aber auch die weiteren Charaktere, wie beispielsweise der mysteriöse Insel-Arzt Dr. Strecker, dessen Frau eines Tages anscheinend spurlos verschwunden ist, seine neugierige und patente Putzfrau Katharina Loos (an der Miss Marple ihre Freude gehabt hätte) oder auch der urige Wirt einer Kneipe in einer der knallbunten Hummerbuden am Hafen bilden zusammen einen bunten Strauß außergewöhnlicher Charaktere.

Die Story an sich nimmt sehr schnell an Fahrt und Spannung auf, denn das böse Spiel, das jemand mit Anna treibt, beginnt bereits auf Seite 18. Im gleichen Maß, wie sich die Witterungsbedingungen immer weiter verschlechtern und es auf dem kleinen Eiland immer lebensfeindlicher wird, wird der Fall immer spannender, bedrohlicher und (im positiven Sinne) verwirrender. Durch das perfekt gewählte Setting sind die drei Ermittler nämlich ganz auf sich allein gestellt. Dank des um Helgoland herumtosenden Orkans ist die Insel tagelang vom Festland abgeschnitten, d.h. niemand kann von der Insel entkommen und die Möglichkeiten der Polizeiarbeit fallen gleich um mehrere Jahrzehnte zurück: DNA-Analyse? Nur auf dem Festland möglich! Professionelle Spurensicherung? Mit dem in der Dienststelle vorhandenen, uralten Equipment kaum machbar! Verstärkung vom Festland? Vielleicht nächste Woche wieder… Helgoland, ein lebensfeindlicher Mikro-Kosmos!
Einziger – kleiner – Wehrmutstropfen war für mich, dass ich die wesentlichen Teile der Auflösung tatsächlich schon vorausgeahnt hatte und es dem Autor so nicht gelungen ist, mich am Ende komplett zu überraschen. Ob er hierfür einfach zu viele Hinweise gegeben hat oder ob ich mehr aus Zufall richtig gelegen habe, kann ich im Nachhinein gar nicht mehr sagen. Aufgrund des fantastischen Settings kombiniert mit der wirklich tollen Atmosphäre vergebe ich in diesem Fall dennoch gerne 5 Sterne.

FAZIT:
Ein nahezu perfekter Thriller mit ganz besonderem Settting, tollen Charakteren und einer unglaublich dichten Atmosphäre, wie ich es selten erlebt habe!

Bewertung vom 23.08.2016

Die Schande Der Lebenden


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Einmal in der Woche trifft sich eine kleine, heterogene Therapiegruppe im Haus des Therapeuten Tony De Silva: Robin, Chris, Heather, Diana und Caroline. Alle kämpfen für sich alleine mit ihren Süchten, Ängsten und Problemen und versuchen, in der Gruppe und bei Therapeut Tony Halt zu finden. Es herrscht absolute Vertraulichkeit unter ihnen, zumindest so lange, bis jemand aus ihrem Kreis kaltblütig ermordet wird…

Meine Meinung:

Zum Einstieg in die Geschichte musste ich mich doch recht stark aufs Zuhören konzentrieren, um die sechs Hauptcharaktere zunächst einmal besser kennenzulernen und auseinanderhalten zu können. Hinzu kommt, dass Autor Mark Billingham (u.a. „Die Scherben der Wahrheit“; „Zeit zum Sterben“) seine Geschichte in drei verschiedenen parallelen Handlungssträngen zu unterschiedlichen Zeiten erzählt. Doch als ich erstmal in dieser Geschichte richtig drin war, hat sie mich auch nicht wieder losgelassen. Dreh- und Angelpunkt dieser Story sind die sechs sehr unterschiedlichen Charaktere, die allesamt – mal etwas mehr, mal etwas weniger – stark polarisieren, und deren Interaktion miteinander für mich den ganz besonderen Reiz dieser Story ausmachen. Drei Männer (Therapeut Tony, der medikamentenabhängige Arzt Robin und der süchtige Call-Boy Chris) und drei Frauen (die ehemals drogen- und spielsüchtige Heather, die alkoholkranke Diana sowie die zwanghaft essgestörte Caroline), die sich in den Therapiesitzungen ihre tiefsten Ängste und Geheimnisse anvertrauen. Hier präsentiert der Autor sechs sehr intensive und spannende Charakterstudien.

Als sehr geschickt empfunden habe ich auch das Stilmittel der parallel erzählten zwei Haupt-Handlungsstränge, die die Geschehnisse kurz vor dem Mord („damals“) und während der Mordermittlungen („jetzt“) beleuchten. Hierdurch tappt auch der Leser sehr lange Zeit im Dunkeln, was die Hintergründe der Tat, geschweige denn den Täter angeht. Dass man dabei ganz genau weiß, auf welch schreckliches Ereignis die Geschehnisse im „damals“-Strang hin führen, macht das Verfolgen der Story für meinen Geschmack sehr spannend. Als „Sahnehäubchen“ obendrauf gibt es noch den lose eingestreuten dritten Handlungsstrang, der bewusst nicht zeitlich eingeordnet ist und in dem die Identität der beiden interagierenden Personen ebenfalls bewusst bis zum Ende im Verborgenen bleibt. Auf diese Art schafft es der Autor, die Spannungs-Schraube im Fortgang der Geschichte immer weiter anzudrehen und bis zum – für mich - wirklich überraschenden Finale bis nahezu ins unerträgliche zu steigern. Am Ende präsentiert Billingham eine logische und nachvollziehbare Auflösung, die für meinen Geschmack in sich schlüssig ist.

Die Hörbuchproduktion ist sehr professionell und abgesehen von sehr wenig musikalischer Unterlegung zu Beginn und zum Ende sehr minimalistisch gehalten, was für meinen Geschmack sehr gut zur Story passt. Lediglich zwischen den einzelnen Kapiteln / Zeiten hätte man vielleicht 1 – 2 Sekunden mehr Pause lassen können. Sprecher Uve Teschner, der schon sehr vielen Hörbüchern seine Stimme geliehen hat (u.A. div. Chris Carter-Titel und die „Natchez“-Trilogie), macht mal wieder einen ausgezeichneten Job: Stimmlage, Betonung und Tempo habe ich stets als angemessen und sehr angenehm empfunden. Einigen Charakteren (insbesondere Robin) verleiht Teschner einen unverwechselbaren Akzent, was bei einem Hörbuch ja sehr vorteilhaft ist.

FAZIT:
Ein äußerst spannendes Psychogramm, gekonnt und atmosphärisch dicht erzählt.

Bewertung vom 23.08.2016
Thilo

König Laurin


sehr gut

Zum Inhalt:
Theodor, der Sohn von König Dietrich, ist zwar schon sechzehn Jahre alt, sieht aber noch immer aus wie zwölf, denn er wächst einfach nicht mehr. Da hilft auch die Streckbank im heimischen Folterkeller nicht weiter. König Dietrich ist zutiefst enttäuscht, dass sein Sohn wohl kein großer Held werden wird. Doch da soll er sich gewaltig täuschen…

Meine Meinung:
„König Laurin“ ist ein Roman nach dem Drehbuch von Matthias Lang zum gleichnamigen Film, der bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet worden ist. Autor THiLO ist in der Kinderbuchwelt alles andere als ein unbeschriebenes Blatt: Er gehört zum festen Autorenstamm des ZDF-Kinderquiz „1, 2 oder 3“, hat bislang mehr als 20 Rahmengeschichten für die Sesamstraße erdacht und hat diverse Kinderbücher geschrieben (u.a. „Der Rostige Robert und elf zufällige Zufälle“, diverse TipToi- und Leserabe-Bücher).

Die Geschichte startet düster, spannend und auch ein bisschen gruselig im Folterkeller der Burg. Bereits hier kreiert Autor THiLO eine wirklich tolle Atmosphäre. Wer jetzt befürchten sollte, dass die Handlung zu brutal für die offizielle Leseempfehlung ab 8 Jahren sein sollte, den kann ich an dieser Stelle schnell beruhigen: Schnell löst sich diese düstere Szene mit viel Humor auf. Von da an entspinnt sich eine märchenhafte Story um Themen wie Freundschaft, Vertrauen, Mut und Ehrlichkeit. Eine schöne Parabel halt, ganz wie es sich für ein Märchen gehört. Natürlich dürfen hierbei fiese Schurken, spannende Ritterturniere und natürlich auch ein schönes Burgfräulein nicht fehlen. Fantastische Elemente kommen mit den namensgebenden Zwergenkönig Laurin und magischen Gegenständen ins Spiel und runden die Geschichte schön ab. Junge Leser ab 8 werden hier eine ganze Menge Spaß und Spannung finden, insbesondere auch durch den lockeren und humorvollen Schreibstil des Autors („Der stolze Kunibert konnte zwar kämpfen wie ein Ochse, zielte aber leider wie ein besoffener Iltis“; S. 108).

Selbstverständlich merkt man der Geschichte an, dass es sich „nur“ um ein Buch zum Film handelt und Autor THiLO hierdurch in der eigenen Kreativität sehr stark beschnitten wurde. Stellenweise kommt deutlich zum Vorschein, dass er versucht hat, manche „Gags“ aus dem Film auch in das Buch hinüberzuretten. Dies ist manchmal durchaus gut gelungen, an anderen Stellen wirkt es z.T. doch etwas zu holprig. Insgesamt ist aber ein gutes und unterhaltsames Märchenbuch zum Film dabei herausgekommen, das für mehrere Stunden beschwingten Lesespaß sorgt.

Die Charaktere sind sehr ausgeprägt und vielfältig, sodass für jeden Leser wohl der richtige Lieblingscharakter dabei sein dürfte, wie z.B. der pfiffige Protagonist Theodor, die handfeste Grafentochter Similde, die auch mal wie ein Rohrspatz schimpfen kann („Manche Sätze waren so unanständig, dass sogar das Pony rot wurde und ein paar neue, interessante Schimpfworte lernte.“; S. 139) oder der einsame Zwergenkönig Laurin („Eins, zwei, drei, ganz viele“ – S. 149).

FAZIT:
Ein gelungenes Buch zum Film: Ein humorvolles Märchen zum lesen, mitzittern und mitlachen.