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Raumzeitreisender
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 771 Bewertungen
Bewertung vom 12.06.2016
Eschbach, Andreas

Ein König für Deutschland


sehr gut

Ein spannender Politthriller

Andreas Eschbach ist es nach „Der Nobelpreis“ und „Ausgebrannt“ wieder einmal gelungen, ein brisantes Thema ideenreich aufzuarbeiten. Wer anfängt, den Roman zu lesen, legt ihn erst wieder weg, wenn das Ende erreicht ist. Dies gilt, obwohl Eschbach im Klappentext sehr viel vom Inhalt verrät. Warum er das tut, bleibt rätselhaft. Jedoch werden die Leser durch das „Wie“ der Beschreibungen entlohnt.

Eschbach hat Erfahrungen als Programmierer. Seine informationstechnischen Erklärungen sind präzise und überzeugen. Der Roman ist gut recherchiert, was durch zahlreiche Fußnoten belegt wird. Auf Basis des aktuellen technischen Wissensstandes und begründeter Zweifel an den Wahlergebnissen der US-Präsidentschaftswahlen 2000 konstruiert er ein mögliches Wahlszenario.

Beeindruckend, wie der biedere Gymnasiallehrer Simon König in die neue Rolle hineinwächst. Seine Fähigkeit, sich spontan auf neue Situationen einzustellen und provokative aber wohl begründete Reden zu halten, macht ihn zu einem bemerkenswerten Menschen. Selbst seine Frau Helene, von der er seit 20 Jahren getrennt lebt, kann sich seinem Charme nicht entziehen. Autor Eschbach beschreibt überzeugend, wie extreme Situationen bewirken können, dass Menschen über sich selbst hinauswachsen.

Auch die anderen Protagonisten sind schillernde Figuren. Sie fallen charakterlich und auch äußerlich aus dem Rahmen. Dies gilt für Benito Zantini, den exzellenten Magier, und auch für seine Mitarbeiter Furry und Pictures, die einem Zirkus entsprungen sein könnten. Alex und seine Computerfreunde sind echte Freaks. Die Teilnehmer seiner Computerspiele bewegen sich auf einer Gratwanderung zwischen virtueller und realer Welt.

Während Eschbach ausführlich beschreibt, wie Simon Königs Umfeld auf seinen Wandel reagiert, vermisse ich entsprechende Reaktionen aus Helenes Umgebung zu ihrer neuen Rolle. Eigentlich Schade. Hier hätten weitere Pointen gesetzt werden können. Verständnis habe ich dafür, dass nicht alle Folgen einer solchen Bundestagswahl beleuchtet werden können. Das wäre Stoff für einen eigenständigen Roman. Das Groteske der Situation wird auch so deutlich genug.

Andreas Eschbach ist ein begnadeter Schreiber, der aus den Zutaten Politik, Technik und Krimi einen facettenreichen Thriller mit aktuellem Bezug kreiert hat. Er besticht durch Ideenreichtum und Konsequenz im Denken.

Bewertung vom 12.06.2016
Gaarder, Jostein

Maya oder Das Wunder des Lebens


weniger gut

Das Ende einer Erfolgsserie?

In diesem Buch vermischt Jostein Gaarder Ideen, die er bereits in früheren Werken umgesetzt hat. „Maya oder Das Wunder des Lebens“ ist ein Roman, in dem Realität und Fantasie ineinander übergehen (vgl. „Das Kartengeheimnis“) und der gleichzeitig ein wissenschaftliches Thema behandelt (vgl. „Sofies Welt“). Die Fantasiefiguren erinnern sehr an „Das Kartengeheimnis“ und die Aufarbeitung der Evolutionstheorie ist nicht annähernd vergleichbar mit den Erläuterungen zur Philosophie in „Sofies Welt“. Auch wenn ich die Idee, Wissenschaft, Fantasie und Roman miteinander zu vermischen für genial halte, ist die Umsetzung in diesem Fall nicht gelungen. Die Dialoge sind schwerfällig und ich hatte Mühe, den Überblick zu bewahren. Ich halte Jostein Gaarder für einen großen Buchautor. „Maya oder Das Wunder des Lebens“ ist nach meinem Empfinden unter gewaltigem Zeit- und Erfolgsdruck entstanden.

Bewertung vom 11.06.2016
Ditfurth, Hoimar von

Kinder des Weltalls


ausgezeichnet

Der Roman unserer Existenz

In „Kinder des Weltalls“ thematisiert HvD, dass die Erde nicht isoliert ohne Zusammenhang zum kosmischen Ganzen im unwirtlichen Weltall treibt, sondern dass ein bislang nicht gekanntes universelles Beziehungsgeflecht existiert, welches das Leben auf der Erde erst möglich gemacht hat. Schwerpunktmäßig geht es um eine Synthese der Erkenntnisse aus Physik, Chemie, Biologie, Geographie, Archäologie und Paläontologie mit dem Ziel, unser Dasein in Abhängigkeit ineinander greifender kosmischer Vorgänge zu beleuchten. Es handelt sich daher nicht um eine Auflistung von Sachverhalten, sondern um eine spannende zusammenhängende Geschichte über die kosmischen Rahmenbedingungen unserer Existenz.

HvD verwendet zahlreiche Beispiele und Vergleiche, die den Lesern die Dimensionen unseres Sonnensystems und der Galaxien plastisch vor Augen führen. Er erklärt ausführlich den Zusammenhang zwischen der kosmischen Höhenstrahlung, dem Sonnenwind und dem Magnetfeld der Erde. In „Naturwissenschaft und menschliches Selbstverständnis“ erläutert HvD die Motivation der Menschheit für die Erforschung des Weltraums. Es geht nicht nur um praktisch verwertbare Erkenntnisse, sondern insbesondere um ein ideelles Ziel, nämlich die Erweiterung des Horizonts bzw. des Bewusstseins.

In weiteren Kapiteln erklärt HvD Methoden der geologischen Altersbestimmung, den Aufbau des irdischen Magnetfeldes und Alfred Wegeners Theorie der Kontinentalverschiebungen. Es hat in der Geschichte der Erde in Abständen von jeweils mehreren Hunderttausend Jahren Umpolungen des Magnetfeldes gegeben. Wegeners Theorie konnte anhand von Veränderungen der Magnetrichtung in Gesteinen verifiziert werden.

Ab welcher Dosis ist radioaktive Strahlung schädlich für organisches Leben? Wie hat sich der mehrfache kurzzeitige Wegfall des irdischen Magnetfeldes auf die Biosphäre ausgewirkt? Um diesen Fragen näher zu kommen, erläutert HvD die Prinzipien der Evolution. Interessant sind auch die Erkenntnisse über die Herkunft der schweren Elemente. Diese für das irdische Leben notwendigen Elemente entstehen erst in einer späteren Sternengeneration durch Kernverschmelzungsprozesse. Letztlich ist der Stoff, aus dem wir selbst bestehen, vor unvorstellbar langer Zeit in dem glühenden Zentrum einer Sonne entstanden - welch ein Aufwand für die Entstehung von Leben.

HvD macht in diesem Buch deutlich, dass wir wahrhaftig „Kinder des Weltalls“ sind. Wir durchqueren mit der Erde den Weltraum nicht beziehungslos, sondern sind Teil des Ganzen. Spielt es da eine Rolle, dass 1970 noch nicht bekannt war, dass es auf dem Mars Wasser in gefrorenem Zustand gibt? Die Kernaussagen des Buches behalten ihre Gültigkeit. Die Art der Darstellung sucht auch heute, über 40 Jahre nach Veröffentlichung von „Kinder des Weltalls“, seinesgleichen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.06.2016
Otte, Max

Stoppt das Euro-Desaster!


ausgezeichnet

Otte spricht Klartext

Keine fünfzig Seiten umfasst das Büchlein von Max Otte zur Euro-Krise, aber der Inhalt ist prägnant und besteht aus Klartext. Otte spricht die Bürger direkt an und ruft zum Widerstand auf. „Lassen Sie nicht zu, dass man uns zu verwirrten, resignierten Subjekten macht und wir ein ums andere Mal für Krisen geradestehen, die wir nicht verursacht haben. Es reicht – wehren Sie sich!“

Er spricht von einer „Herrschaft der Finanzoligarchie“ und meint damit die Machtstrukturen und Verquickungen der „Investmentbanken, Hedgefonds, Schattenbanken, Ratingagenturen und weiteren Akteuren“. Diese bilden die derzeit dominierende zivile Weltmacht. Wie kann es sein, dass diese Gruppen auf Kosten der Staaten leben, ohne sich angemessen an der Wertschöpfung in der Wirtschaft zu beteiligen?

Viele Investmentgesellschaften arbeiten extrem spekulativ, wohl wissend, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden. Franz Müntefering prägte 2005 den Begriff „Heuschrecken“ und wurde dafür massiv kritisiert. Die Dummen sind die Steuerzahler, die immer wieder zur Kasse gebeten werden.

Otte hinterfragt, warum Griechenland zur Schicksalsfrage für Europa hochstilisiert wird. Warum kann Griechenland nicht in die Staatsinsolvenz gehen? Die Gläubiger müssten auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Diese Gläubiger sind nicht nur, aber primär griechische Milliardäre und Oligarchen.

Wie kann es sein, dass in den letzten Jahrzehnten einerseits die Vermögen der Reichen um Billionen gestiegen sind und andererseits die Staaten sich horrend verschuldet haben? Otte schlägt einen Schuldenschnitt vor und favorisiert klare Regeln und Gesetze, die auch eingehalten werden müssen, zwecks Beschneidung der Macht der Finanzoligarchie.

Reformen wurden bereits 2008 angedacht, aber nicht umgesetzt. Otte schlägt Reformen vor, die das Finanzsystem deutlich gerechter und stabiler gestalten würden. Er hatte 2006 den Crash vorhergesagt und gilt als unabhängiger Aufklärer. Auch dieses Werk wird sich zu einem Bestseller entwickeln, wenngleich ich hoffe, dass eine ausführliche Variante folgen wird.

Bewertung vom 11.06.2016
Teilhard de Chardin, Pierre

Der Mensch im Kosmos


ausgezeichnet

Der Versuch einer ganzheitlichen Sicht

„Von denen, die versucht haben, diese Seiten bis ans Ende zu lesen, werden viele das Buch unbefriedigt und nachdenklich schließen und sich fragen, ob ich sie in einer Welt der Tatsachen, der Metaphysik oder des Traumes herumgeführt habe.“ (Teilhard de Chardin)

Bei diesem Buch handelt es sich um den Versuch einer zusammenfassenden Weltschau. Pierre Teilhard de Chardin (1881-1955) war gleichzeitig Naturwissenschaftler und Theologe, was auch sein Lebenswerk bestimmte. Er beschäftigte sich mit dem Ursprung des Kosmos, der stammesgeschichtlichen Entwicklung des Lebens und präsentierte eine ganzheitliche Darstellung des Universums. Der Preis für diese Synthese ist hoch. Seine Ausführungen stehen einerseits im Widerspruch zum biblischen Fundamentalismus und überschreiten andererseits den Rahmen der etablierten Naturwissenschaften. Er verknüpfte auf visionäre Weise Kausalität und Sinn miteinander, baute eine Brücke zwischen empirischen Forschungen und Offenbarungen und befand sich damit – bildlich gesprochen - zwischen allen Stühlen.

Zahlreiche Autoren haben Gedanken von Teilhard de Chardin in ihre Werke einfließen lassen. So beeinflusste er maßgeblich die New Age- Bewegung. Fritjof Capra beschreibt in „Wendezeit“ (S. 338) Ähnlichkeiten mit seiner Systemlehre. Nach Teilhard de Chardin verläuft die Evolution in Richtung zunehmender Komplexität, die wiederum von einem entsprechenden Aufstieg des Bewusstseins begleitet wird und ihren Höhepunkt in der menschlichen Spiritualität erreicht. Diese Auffassung einer Teleologie - muss man deutlich sagen - steht nicht im Einklang mit den Naturwissenschaften. Kritiker sehen in dem Buch daher eine Art Naturphilosophie. Kritik kam auch seitens der Kirche. Für die Kirche stellte seine evolutionäre Synthese eine Bedrohung traditioneller Theologie dar. Das führte dazu, dass viele seiner Werke zu seinen Lebzeiten nicht veröffentlicht werden durften.

Hoimar von Ditfurth schreibt in „Im Anfang war der Wasserstoff“ (S. 246), dass sich die Entwicklung der Welt in kosmischen Maßstäben abspielt und dass sie nicht zum Stillstand kommen würde, wenn die Menschheit eines Tages aus ihr ausschiede. Dies steht im Gegensatz zu Teilhard de Chardins Ausführungen (S. 285), dass Leben einmal und nur einmal fähig war, die Schwelle zum Ich-Bewusstsein zu überschreiten. Hoimar von Ditfurth bezeichnet diese Sicht als anthropozentrische Missdeutung, da sie davon ausgeht, dass sich Leben und Bewusstsein im ganzen Universum nur auf der Erde gebildet haben könnten.

Unabhängig davon, wie man persönlich zu Teilhard de Chardins Thesen steht, handelt es sich um ein zentrales Werk, mit dem sich an Ursprungsfragen interessierte Menschen auseinandersetzen können. Eine ganzheitliche Beschreibung, in die die Erkenntnisse der Evolution und auch der Glaube an einen transzendenten Endpunkt der Evolution einfließen, hat es meines Wissens in Kontinentaleuropa vor Teilhard de Chardin nicht gegeben. Wer mehr über die Wirkung von Teilhard de Chardins Thesen wissen möchte, findet Antworten in dem 1966 erschienenen Tagungsband „Perspektiven Teilhard de Chardins“, herausgegeben von Helmut de Terra.

Bewertung vom 10.06.2016
Recheis, Käthe

Erzählungen nach Shakespeare


sehr gut

Eine verständliche Einführung in die Werke Shakespeares

William Shakespeare zählt zu den bedeutendsten Dichtern der Weltliteratur. Seine Werke sind auch heute noch aktuell und werden auf allen großen Bühnen aufgeführt. Autorin Käthe Recheis hat sich mit Shakespeares Werken intensiv auseinandergesetzt und einige davon auf verständliche Weise nacherzählt.

Interessierte Leser finden insgesamt zehn der bekannteren Komödien (Viel Lärm um nichts, Ein Sommernachtstraum, Was ihr wollt, Der Widerspenstigen Zähmung), Tragödien (Romeo und Julia, Macbeth, Hamlet, Othello) und Romanzen (Das Wintermärchen, Der Sturm) auf knapp 250 Seiten zusammengefasst.

Nach eigenen Aussagen der Autorin können diese Erzählungen nur ein schwaches und unvollkommenes Abbild von Shakespeares unvergleichlicher Dichtkunst sein, das den Leser hinführen soll zur Lektüre der Werke Shakespeares. Wann immer es möglich war, wurden Shakespeares eigene Worte verwendet.

Jedem, der einen unkomplizierten Einstieg in Shakespeares Werke haben möchte, kann ich dieses Buch sehr empfehlen.

Bewertung vom 10.06.2016
Belke, Andreas

Tod eines Bodengutachters


ausgezeichnet

Krimi im Milieu einer Großbaustelle

Protagonist Adrian Beermann, von Beruf Bauingenieur, wird von seinem Gronauer Architekturbüro als Bauleiter auf einer Großbaustelle im Osten von Berlin eingesetzt. Was als Karrieresprung gedacht ist, entpuppt sich in menschlicher und fachlicher Hinsicht als außergewöhnliches Abenteuer. Ein Bodengutachter wird tot aufgefunden. Die Indizien sprechen für Mord.

Damit ist der Rahmen abgesteckt für einen Krimi in einem Milieu, welches in der Presse eher durch Schmiergeldzahlungen von sich Reden macht und weniger durch skrupellose Gewalt. Der Autor ist selbst Bauingenieur, insofern erwarten die Leser realistische Beschreibungen der Abläufe auf einer Großbaustelle.

Wenn es in einer Baugrube nach Mottenkugeln riecht, wird es gefährlich. „Ja, das sind polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und die sind, … , sehr giftig.“ (10) An dieser Stelle stellt sich für die Leser die Frage, ob es sich um einen berechenbaren Krimi handelt, ohne Überraschungen und Wendungen. Die Frage kann, im Interesse potenzieller Leser, hier nicht direkt beantwortet werden.

Autor Andreas Belke versteht es, markante Charaktere zu entwickeln, die dem Roman Leben einhauchen. Das Beziehungsgeflecht zwischen Geldgebern, Planungsbüros, Baufirmen, Politik, Marketing und Behörden stellt er überzeugend dar. Er suggeriert, dass Geld viele Wege eröffnet und auch Hindernisse beseitigt. Lediglich das Verhältnis zur Kripo bzw. die Arbeit der Kripo fand ich schwach dargestellt.

Dagegen sind im persönlichen Umfeld der Baufachleute Überraschungen zu erwarten. Manchmal trügt der Schein und Beziehungen sind ganz anders als erwartet. Der Roman ist chronologisch aufgebaut und beschreibt einen Zeitraum von ca. 2 Monaten. Er spielt im Jahre 1994 und Hinterlassenschaften der ehemaligen DDR spielen eine Rolle. Insgesamt handelt es sich um einen unterhaltsamen Krimi, den man - einmal angelesen - nur ungern zur Seite legt.

Bewertung vom 10.06.2016
Elsberg, Marc

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät


sehr gut

Fiktion mit realistischem Hintergrund

Autor Marc Elsberg beschreibt in seinem Roman eine realistische Gefahr. Was würde passieren, wenn die Stromversorgung europaweit zusammenbrechen würde? Die Infrastruktur würde wegen der vielen Abhängigkeiten vom Strom innerhalb weniger Tage kollabieren. Ohne Nahrung und medizinische Versorgung würden die Menschen verrohen.

Elsberg gelingt es, das Thema ergreifend aufzuarbeiten. Er entwickelt ein realistisches Krisenszenario von einer anfänglichen Unterschätzung der Gefahr hin zum totalen Chaos.

Sein Roman ist gegliedert in zahlreiche einzelne Handlungsfäden. Der Hauptstrang handelt von dem Italiener Piero Manzano, einem ehemaligen Hacker, der als erster Ursachen der Bedrohung erkennt. Die weiteren (zahlreichen) Handlungsfäden wirken wie weniger wichtige Begleitmusik.

Elsberg ist es nicht so gut wie Andreas Eschbach in „Ausgebrannt“, einem ähnlich strukturierten Krisenroman, gelungen, die Spannung in allen Handlungsfäden gleichermaßen hoch zu halten. Nach meiner Einschätzung wären daher 200 Seiten weniger ein Gewinn gewesen. Dennoch handelt es sich um einen lesenswerten Roman, in dem ein zeitgemäßes Thema wirkungsvoll verarbeitet wird.

Bewertung vom 09.06.2016
Bührke, Thomas

Albert Einstein


ausgezeichnet

Gott würfelt nicht

Albert Einstein war nicht nur ein großer Physiker, sondern auch Schöpfer raffinierter Gedankenexperimente. Er hat soviel Tiefsinniges produziert, dass sich ein Zitat von ihm immer gut platzieren lässt. Rein äußerlich verkörperte er den Prototyp eines zerstreuten Professors. Seine manchmal fehlenden Socken sind ebenso Legende wie seine zu kurzen Hosen. Sein Typ diente als Vorlage für zahlreiche Filme. Thomas Bührke hat sich mit Einsteins Lebenswerk auseinandergesetzt und eine lesenswerte Biografie dazu verfasst. Das Buch ist chronologisch aufgebaut. Eine Zeittafel dient der Übersicht.

Einsteins Charakterzüge behandelt der Autor ausführlich. So war Einstein Zeit seines Lebens misstrauisch gegen jede Art von Autorität. Als grüblerisches Naturell galt er eher als Außenseiter. In der Person Einstein vereinigten sich Intelligenz und Kreativität. Dies zeigte sich schon in seiner Jugend, wenn er zum Ärger seiner Lehrer eigene Lösungen präsentierte.

Auch die Familie und das familiäre Umfeld kommen nicht zu kurz. In Einsteins Familienleben war es nicht immer zum Besten bestellt. Seine erste Ehe ging in die Brüche und seine unehelich geborene erste Tochter wurde, so vermutet man, zur Adoption freigegeben. Ein Zitat seines Sohnes Hans Albert verdeutlicht die familiäre Situation: „Das einzige Projekt, das er jemals aufgegeben hat, bin ich.“

Mit der Spaltung des Urankerns in Berlin Ende der 1930er Jahre war der Weg zur Atombombe nur noch eine Frage der technischen Umsetzung. Die Büchse der Pandora war geöffnet. Einstein befürchtete, dass die Deutschen eine Atombombe bauen könnten und brachte seine Bedenken in einem Brief an den Präsidenten der USA zum Ausdruck. An dem Manhattan-Projekt war er nicht beteiligt.

Der Autor erwähnt wichtige Arbeiten von Einstein. Im Jahre 1905 entstanden gleich fünf wissenschaftliche Arbeiten für die Annalen der Physik. Für seinen Beitrag zur Quantentheorie (nicht für die Relativitätstheorie!) bekam er 1922 den Physik-Nobelpreis. Auch wenn er einen wichtigen Beitrag zur Quantentheorie geleistet hat, konnte er sich mit den weiteren Entwicklungen auf diesem Gebiet (Unschärferelation) nicht anfreunden. Hier hatte der Zufall Einzug in die Wissenschaft gehalten und aus dieser Zeit stammt sein bekannter Spruch: „Gott würfelt nicht“.

Mit der Speziellen Relativitätstheorie (1905) und der Allgemeine Relativitätstheorie (1915) kam er in die Boulevardblätter. Aber auch ohne diese beiden Werke wäre er bekannt geworden. Durch seine revolutionären Hypothesen wurde der absolute Raum und die absolute Zeit Newtons ersetzt durch das sogenannte vierdimensionale Raum-Zeit-Kontinuum. Die Prinzipien „Konstanz der Lichtgeschwindigkeit“ (streng genommen „Invarianz der Lichtgeschwindigkeit“) und „Spezielles Relativitätsprinzip“ führten zur Speziellen Relativitätstheorie. In späteren Jahren bezog Einstein die Schwerkraft in seine Überlegungen ein und entwickelte die Allgemeine Relativitätstheorie.

Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie gelten als allgemein anerkannte und experimentell verifizierte Theorien, trotzdem ist die Kritik bis heute nicht verstummt. Wie kommt es, dass die Relativitätstheorie nach 100 Jahren immer noch kritisiert wird? Erklärungsversuche hierfür liefert Bührke nicht.

Einstein hat das Thema „Verantwortung der Wissenschaft“ ins Gespräch gebracht, wie kein anderer Wissenschaftler vor ihm. Er hat sich selbst nicht als Genie betrachtet, sondern wurde durch sein Umfeld in diese Rolle gedrängt. Als selbstkritischer Mensch hatte er nie Probleme damit, Fehler einzugestehen. Mit Kritikern ist er fair umgegangen. Das Portrait von Thomas Bührke ist sachlich und verständlich. Das menschliche Profil Albert Einsteins hat er vortrefflich skizziert. Sein Lebensweg und seine markanten Charakterzüge werden ansprechend beschrieben. Wer Einsteins Theorien verstehen will, muss auf Fachbücher zurückgreifen.