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Juti
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Insgesamt 760 Bewertungen
Bewertung vom 18.01.2017
Fante, John

1933 war ein schlimmes Jahr


ausgezeichnet

Ein schöner, kurzer Roman, wobei Roman ja kaum stimmt, da nur die Jugend des Hauptdarsteller gezeigt wird. Er will mit „dem Arm“ in der Baseballliga spielen, doch hindert sein Umfeld, das fehlende Geld seines Vaters, die gescheiterte Ehe seiner Eltern hindern ihn daran und selbst die Freundschaft mit der reichsten Familie der Stadt schaffen nicht die Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Also stimmt der Titel.
Beeindruckend ist der Gewissenskonflikt, wo der Betonmischer des Vaters vom 17 jährigen verkauft werden soll und dann doch nicht, auch seine Liebe zur angehimmelten Dorothy scheitern.
In allem Scheitern entsteht ein gelungenes Buch, das auch nicht länger sein muss.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.01.2017
Grossman, David

Kommt ein Pferd in die Bar


gut

Nach der Lektüre des Buches habe ich mir das Literarische Quartett angesehen und ich muss sagen, dass wirklich erstaunlich viele Möglichkeiten gibt, dieses Buch zu lesen.
Ich habe von einem Kabarettisten gelesen, der sein Leben erzählt und zwischendurch Witze fürs Publikum erzählt, darunter drei sehr gute. Dem größten Teil des Publikums reicht das nicht. Es verlässt den Saal.
Ob er vom zuhörende Richter ein Urteil erwartet, weiß ich nicht. Was soll er sagen? Eher eine Entschuldigung, dass er ihn nicht alleine aus dem Militärlager hätte ziehen lassen sollen.
Im Quartett war noch von einer dritten Ebene die Rede, die ich aber nicht bemerkt habe.
Vielleicht bin ich zu dumm für dieses Buch.

Bewertung vom 06.01.2017
Kirchhoff, Bodo

Widerfahrnis


weniger gut

Deutscher Buchpreis, was bist wert?
Es gibt so viele Bücher, die besser sind als dieses. Joachim Meyerhoff hätte ihn verdient.
Nur weil in diesem Flüchtlinge am Rande thematisiert werden. Oder was war die Begründung?
Eine unsäglich lange Reise nach Sizilien, dabei interessiert die Reiseroute, und ob man die Küste sieht oder nicht, doch niemanden.
Immerhin lässt sich dieses Buch schnell lesen und schnell wieder vergessen. Und gegen Ende mit dem Mädchen aus Catania wird es mitunter spannend, das echte Ende ist kitschig und misslungen.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.01.2017
Schrott, Raoul

Erste Erde


gut

Braucht ein Buch eine Gebrauchsanweisung?
Dieses Buch vielleicht schon. Aber das würde das Vergnügen abnehmen dieses Buch so zu lesen, wie man will. Das Inhaltsverzeichnis ist bemerkenswert. Es enthält keine Kapitelüberschriften, sondern ganze Sätze, das Vorwort ist nichtssagend. Aber als ich entdeckte, dass auf S.685 ein Anhang beginnt, der wissenschaftlich erklärt, was Lyrik und Prosa im Buch meinen, verstand ich mehr. Dort ist auch die Absicht des Autor erklärt, in einem Zitat von Richard Feynman: „Unsere Dichter schreiben nicht über diese besondere Art religiöser Erfahrung, die Wissenschaftler machen; unsere Künstler versuchen nicht, deren staunenerregende Erkenntnisse anschaulich werden zu lassen. Ich frage mich, weshalb. Wird denn keiner von unserem heutigen Bild des Universums inspiriert? Der Wert der Wissenschaft bleibt ungesungen: Sie müssen sich jetzt also damit begnügen, anstatt ein Lied oder ein Gedicht darüber zu hören, ihren Wert in einer Abendvorlesung zu erklären. Dies ist noch keine wissenschaftlich Zeit.“
Ein hoher Anspruch. Gelingt er auch?
Ich will nicht verschweigend, dass ich vieles gelernt habe, etwa dass der Mond durch den Zusammenstoß von Theia mit der Urerde entstand und sich immer weiter von der Erde entfernt. Anfangs war er so nah, dass die Gezeiten kilometerhoch waren. Irgendwann merkte ich, dass meine Chemiekenntnisse nicht ausreichen. Dann habe den Anhang nur noch als Nachschlagewerk benutzt.
Andererseits ist der literarische Teil gerade dort schwach, wo er Wissenschaft und Dichtung vereinen will. Einen Satz zu zitieren, fällt schwer. Man kann gerade die Prosa-Texte auch so verstehen, auch als Bericht über Wissenschaftler aber verliert dadurch das Buch nicht seinen Reiz.
Die Sprache ist außergewöhnlich, mitunter schwierig. Ich habe nicht gezählt, wie oft das Wort „gleissend“ vorkommt. Erstaunlich, dass es trotz hohem Anspruch keine Fußnoten gibt. Ein Register aber fehlt mir doch ein wenig.
Die Aufmachung des Buches lädt zum Blättern ein, aber auch zum Lesen?
Vorher hatte ich die Biographie von Humboldt gelesen und bedauere noch nicht seine „ Ansichten der Natur“ gelesen zu haben. Humboldt hatte einen ähnlichen Anspruch wie Schrott. Zugegeben ist seitdem auch unser Wissen enorm gewachsen.
Ich kann mich den Lobeshymnen meiner Vorredner nicht anschließen, schlechter als gut ist „Erste Erde Epos“ aber auch nicht.

Bewertung vom 03.01.2017
Trojanow, Ilija

Meine Olympiade


sehr gut

Respekt, Respekt vor Sportarten, das ist es was dieses Buch vermitteln will. Dem Autor geht es, auch wenn er es in der Einleitung etwas anders sagt vorwiegend um das Lernen der Technik. Nur selten wird eine Sportart kritisiert, wie etwa Reiten, das der Natur der Pferde widerspricht.
Etwas schade ist, dass der Autor sein Vorhaben, halb so gut wie der Olympiasieger zu sein, viel zu wenig präzisiert. Am Ende einiger Kapitel steht zwar eine Zeit, aber nur manchmal ein Wort, warum sie nicht besser ist. Auch könnte man noch darüber schreiben, wie gut die Zeit des Olympiasiegers wirklich ist.
Dennoch gefällt mir allein schon die Idee des Buches sehr.

Bewertung vom 03.01.2017
Wulf, Andrea

Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur


ausgezeichnet

Mehr als eine Biographie, weil nicht nur das Leben Humboldts, sondern auch die Wirkung von Humboldt Werk auf die Nachwelt beschrieben wird. Humboldt war befreundet mit Goethe, den er häufiger bei seinem Bruder in Jena traf.
Thomas Jefferson, 4. Präsident der USA, hat er auf seiner Südamerikareise von 1799-1804 getroffen. Charles Darwin wurde von Humboldt inspiriert, ebenso wie Simon Bolivar, Henry David Thoreau, George Perkins Marsh, Ernst Haeckel und John Muir. Die Namen zeigen schon, dass die Intention der Autorin war, dass Humboldt in der englischsprachigen Welt nicht vergessen wird. Wegen dieses Buches habe ich Humboldts Ansichten der Natur und Kosmos Band 1 und 2 auf die Liste der von mir zu lesenden Bücher geschrieben.
Auch in Homboldts Leben klappte nicht alles. Er wollte nach Indien, erhielt aber von den Briten keine Erlaubnis, vermutlich weil er sich in Südamerika klar gegen den Sklavenhandel ausgesprochen hatte. Stattdessen reiste er 1829 durch Russland und auch dort weiter, als ihm erlaubt worden war.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.12.2016
Wells, Benedict

Vom Ende der Einsamkeit


ausgezeichnet

Was braucht ein Buch um die Bestnote zu erlangen? Spannend, fesselnd, gut lesbar muss es sein. All das hat dieses Buch. Und du freust sich auf sprachliche Höhepunkte wie der erste Satz. Außerdem hat mir das Sprachbild auf S.128 gefallen: „Die Szenerie hatte etwas von einem Schachspiel, bei dem nur noch zwei gegnerische Figuren übriggeblieben waren, die sich jedoch nicht mehr angreifen konnten. Wie zwei Läufer auf unterschiedlichen Farben.“
Die Philosophie, vielleicht sagt man besser Lebenseinstellung, einer nihilistische Familie wird geschildert. Und natürlich die Bedeutung von Familie und Freundschaft.
Der Autor erwähnt häufiger auch andere Bücher. Mich wundert, dass keiner meiner Vorredner auf Alvas ersten Mann Romanow eingeht, der im Buch Schriftsteller ist, aber wie ein Zar heißt und so auch behandelt wird.
Der Inhalt der Geschichte ist schon oft genug beschrieben. Vielleicht etwas zu viel Rosemunde Pilcher (oder wie ich sie mir vorstelle, da ich sowas nicht schaue).Aber deswegen gibt es keinen Punktabzug.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.12.2016
Melle, Thomas

Die Welt im Rücken


sehr gut

Sehr lobenswert ist die Idee über eine Krankheit ein Buch zu schreiben, weil Krankheiten in der heutigen Gesellschaft oft todgeschwiegen werden. Das Buch ist inormativ, spannend, mitunter sogar lustig. Vermutlich das Thema bedingt schweiften meine Gedanken oft ab und ich fühlte mich selbst depressiv (eine Manie erlebte ich nicht). In diesem Buch werden soviele Namen genannt, dass ein Register schon wünschenswert wäre.
Allerdings verstehe ich einige Zusammenhänge nicht, ein Beispiel S.293:
„Der Oberarzt kam mir nicht mit der Wirkung, sondern mit der Industrie. Dem allgegenwärtigem Verdacht, dass die gesamte Pharmaindustrie nur eine gigantische Geldmaschine sei, die den Kranken unnütze, aber einträgliche Chemiehämmer verpasse, war so der Wind aus den Segeln genommen.“ Ich verstehe das nicht, da doch gerade die Industrie die Geldmaschine ist.
Ich muss leider einen * abziehen.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.12.2016
Roper, Lyndal

Der Mensch Martin Luther


ausgezeichnet

Die Biographie zum Reformationsjahr.
Auch wenn mir von Luther einiges bekannt war, so habe ich dennoch Neues erfahren. Ich wusste nicht, dass Luther in Mansfeld in einem Bergbaugebiet aufgewachsen ist. Überhaupt kann ich mir den Rohstoffabbau im Mittelalter nur schwer vorstellen, doch gerade die Entdeckung Amerika brachten diesen Wirtschaftszweig zum Erliegen.
Weiter neu war mir, wie tief Luthers Denken mit dem Teufel verwurzelt war. Die Geschichte mit dem Tintenfass kannte ich, aber das selbst Melancholie, heute würden wir sagen Depression; von Luther als ein Werk des Teufels angesehen wurde, wusste ich nicht. Übrigens hatte Luther ein großes Netz von Bekanntschaften, die er durch Briefe pflegte und die bei ihm auch psychologischen Rat suchten.
Gut dargestellt wird auch der Wandel vom asketischen Mönch zum lebensfreudigen Ehemann, der ein lockeres und witziges Verhältnis zur Sexualität hatte. Der alte Luther erinnert mich etwas an Helmut Kohl. Er verkrachte sich mit allen. Melanchthon konnte zum Glück einiges abwenden.
Theologisch wichtig und ausführlich beschrieben wird der Streit zwischen den Lutheranern und den Sakramentierern, die an der Anwesenheit Christi im Abendmahl zweifeln. Hier wird deutlich, dass Luthers Einstellung auf die Universität Wittenberg und aufdas Kurfürstentum Sachsen abfärbte, für ganz Deutschland aber blieben die Lutheraner eine Regionalreligion.
Natürlich hörte ich bereits von Luthers Entführung auf die Wartburg, doch unbekannt war mir, wie sehr er von seinen guten Beziehungen zum Landesherrn dank Spalatin abhing. Radikalere Reformen, die die Stellung der Fürsten und die Ordnung im Reich in Frage stellten, lehnte er ab.
Diese Biographie ist keine Lobhudelei, Luther wird als Judenfeind dargestellt, der sie schärfer beschimpfte, als es zu damaliger Zeit üblich war, was leider auch Auswirkungen auf das Verhältnis der evangelischen Kirche mit dem Nationalsozialismus hatte.
Als persönliche Bemerkung möchte ich hinzufügen, dass ich nun auch verstehe, warum die evangelische Kirche an der Kirchensteuer festhält, die ich so gern in eine Kultursteuer umwandeln würde, aber auf mich hört ja keiner und eine poltische Strömung in diese Richtung ist nicht in Sicht.
Fazit: sehr empfehlenswert

Bewertung vom 04.12.2016
Tóibín, Colm

Nora Webster


sehr gut

Ein trauriges Buch, was aber sofort fesselt. Maurice, Nora Websters Mann, ist vor Beginn des Buches gestorben, an Krebs, und dieses Buch behandelt die traurigen Gedanken der jungen Witwe, wie sie ihre 4 Kinder, 2 große Töchter, 2 kleinere Söhne, ohne Vater eine gute Zukunft geben kann. Von Geldsorgen bis Schulproblemen ist alles dabei.
So zeitlos dieses Thema ist, so wird es dennoch nicht zeitlos behandelt, denn es kommt auch der Nordirlandkonflikt zur Sprache, wie die Gelehrten sagen, Anfang der 70er Jahre. Leider fehlt mir hier mitunter der Bezug zur Familie Webster, auch wenn sich später herausstellt, dass die Tochter Aine in Dublin mit demonstriert hat und kurzzeitig vermisst wird. Auch die klassische Musik, das neue Hobby der Mutter ist mir etwas zu ausführlich.
Mehr erhofft und bis zum Ende nicht wirklich aufgeklärt wird die Ursache für das Stottern des älteren Sohnes Donal. Anfangs dachte ich hier könnte ein Missbrauch vorliegen, aber das wird im Buch nicht thematisiert.
Selbst wenn behauptet wird, dass dieses Buch autobiographische Züge habe, so hätte ich mir eine etwas allgemeinere Behandlung des Themas Überleben einer Familie nach dem frühen Tod des Vaters gewünscht. Es ist aber wohl nicht zuviel verraten, dass der Leser am Ende denkt, dass Nora Webster (und ihre Kinder) ihren Weg schon machen werden.

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