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seschat
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Insgesamt 938 Bewertungen
Bewertung vom 13.11.2016
Janz, Tanja

Friesenherzen und Winterzauber


ausgezeichnet

INHALT
Es ist Winterzeit. Die Hamburger Krimiautorin Ellen Carstens reist mit ordentlich Liebeskummer und neuem Buchprojekt im Gepäck nach St. Peter Ording. Für Unterhaltung ist reichlich gesorgt. So kurt Ellens Mutter mit Freundin zur selben Zeit im nordfriesischen Seebad und attraktive Männer sind auch vorhanden; geheimnisvoller Leuchtturmwärter inklusive.

MEINUNG
Seit ihrem Roman "Krabbe im Rettungsring" bin ich ein Fan von Tanja Janz' Geschichten aus St. Peter Ording. Dementsprechend kam ich auch an ihrem neuestem Werk - dem Winterroman "Friesenherzen und Winterzauber" - nicht vorbei.

Gewohnt leicht, mit viel Liebe zum Handlungsort und emotional packend erzählt Janz' Ellens Geschichte. In St. Peter Ording findet die Autorin Zeit zum Innehalten und Nachdenken. Die gescheiterte Beziehung mit Laurits muss verarbeitet und neue Bekanntschaften geschlossen werden. Hier in Nordfriesland sind Ellen alle Einwohner wohlgesonnen und trotz des herben Winters herrscht in den Häusern bzw. Läden der Stadt eine heimelig-vorweihnachtliche Stimmung. Und als Leser lässt man sich schnell von der Winterzauber-Atmosphäre anstecken.

Fast alle Romanfiguren versprühen ab ihrem ersten Auftreten Zufriedenheit, Freundlichkeit und Wärme. Daher verwundert es nicht, dass nicht nur Ellen, sondern auch die Nebencharaktere mit ihren kleinen und großen Geschichten einem sofort ans Herz gewachsen sind. Besonders die männlichen Charaktere, wie der charmante Buchhändler Ayk sowie der tiefgründige und verletzliche Biologe Tim, konnten überzeugen. Da hatte Ellen wirklich die Qual der Wahl. Zudem fand ich ihren Briefwechsel mit dem unbekannten Leuchtturmwärter, der seine Identität erst gegen Ende des Romans lüftete, sehr romantisch und er erinnerte mich an den Film "SMS für Dich". Darüber hinaus fand ich den Einblick in Ellens Autorenleben recht spannend und authentisch wiedergegeben.

Janz' hat ein gutes Gespür für Land und Leute und weiß deren Geschichten, in einem gut bekömmlichen Plauderton zu erzählen, der den Leser für kurze Zeit aus dem Alltag entfliehen lässt. Infolge möchte man auch einmal Urlaub in St. Peter Ording machen und die genannten Läden einmal aufsuchen.

Das Cover schafft auf den ersten Blick eine wohlig warme Atmosphäre. Die liebevoll in Szene gesetzten norddeutschen Lebensutensilien (Friesennerz, Tee) und Motive (Leuchtturm) runden das Ganze stimmig ab.

FAZIT
Ein harmonischer Roman mit viel Winterzauber und Wärme. Richtig 'was fürs Herz!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.11.2016
Coelho, Paulo

Die Spionin


ausgezeichnet

Der letzte Roman von Paulo Coelho, den ich wirklich klasse fand, war "Der Alchimist". Die danach folgenden Romane entsprachen ist ganz so meinem Geschmack bzw. wirkten inhaltlich und sprachlich dünner.

Mit seinem neuestem Werk "Die Spionin" konnte mich der Altmeister der atmosphärisch gelungenen Erzählung hingegen wieder vollends überzeugen. Das 192-seitige Porträt über Mata Hari (1876- 1917), einstige Skandaltänzerin und Spionin, liest sich schnell und mit Gewinn. Vor der Lektüre hatte ich nur eine wage Vorstellung von der Person Mata Hari, die aus den Niederlanden stammte und eigentlich Margaretha Zelle hieß. Dies änderte sich allerdings mit diesem Roman. Besonders gefiel mir hierbei Coelhos Herangehensweise an die Thematik. In Form eines fiktiven Abschiedsbrief lässt er die einstige Femme fatale selbst über ihr Leben und Wirken berichten.

Mata Haris Leben kennzeichnen allerlei Brüche. Im Jugendalter wird sie vom Schuldirektor missbraucht, dann heiratet sie einen trinkenden und untreuen Offizier aus Niederländisch-Ostindien, den sie später samt ihrer Tochter verlässt, um in den damaligen Metropolen Europas (Paris, Berlin, Madrid etc.) als Showtänzerin aufzutreten. Die emanzipierte, attraktive Frau hat wechselnde, einflussreiche Liebschaften, aus denen sie Kapital, aber keine "echte" Liebe schlägt. Umgeben von kostbarem Schmuck und Kleidern lebt sie ein Leben auf der Überholspur, bis der Erste Weltkrieg ihre Engagements als Tänzerin abflauen lässt und sie zum Ziel verschiedener Geheimdienste wird. Sie wird zur Doppelagentin gemacht und bald darauf vermutlich unschuldig 1917 in Vincennes (Paris) hingerichtet.

Ihre tragische Geschichte sowie ihre skandalöse Karriere rührt den Leser an. Sie verstieß um die Jahrhundertwende gegen viele gängige Konventionen und wurde von Mächtigen dafür verehrt. Den Fakt, dass sie damit auch ein Stück weit ihre Seele verkauft hat, spart Coelho bei seinen Schilderungen nicht aus.

"Und genau das war ich, eine Spielerin. Eine Spielerin, deren Ziel im Spiel la vraie vie war. Jeder Augenblick des Lichts und jeder Augenblick der Finsternis waren für mich ein und dasselbe." (S. 125)

Der Text des Autors bekommt durch die eingefügten
Originalquellen und Fotos zudem einen authentischen Anstrich.
Gegen Ende des Romans verwundert der Erzählerwechsel - von Mata Hari auf ihren Anwalt - kurzfristig, ergibt aber in Hinblick auf die Aufklärung von Mata Haris diffiziler Verurteilung durchaus Sinn.

FAZIT
Ein durch und durch mitreißender Roman über eine Ausnahmekünsterlin und -frau ihrer Zeit. Das ist ein "Coelho" nach Maß, ohne die üblichen, überbordenden Esoterikexkurse.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.11.2016
Bonner, Stefan;Weiss, Anne

Wir Kassettenkinder


ausgezeichnet

Die Autoren Stefan Bonner und Anne Weiss haben dem schillernden Jahrzehnt der 80er Jahre einen Roman gewidmet.
Jene heutigen Erwachsene, die diese Zeit bewusst miterlebt haben, werden an diesem anekdotenreichen Roman ihre Freude haben. Von Dallas über Aerobic bis zu Walkman, alle Trends und technischen Errungenschaften sowie das damalige Unterhaltungsprogramm werden aufgegriffen. Hierbei dient die Kindheit und Jugend der Autoren, also das selbst Erlebte, als roter Faden, um den die Vielfalt der 80er gesponnen wird. Ich habe mich beim Lesen oft wiedererkannt und herzlich über damalige Modesünden sowie Musikinterpreten gelacht. Man denke nur an David Hasselhoff und den Mauerfall. Dieses handliche Buch bietet auf 272 Seiten alles, was Fans der 80er Jahre berührt. Bei dem ein oder anderen Beitrag hat mir "abschreckendes" Bildmaterial, d.h. Fotos der corpora delicti, gefehlt.
Sprachlich haben mich vor allem die eingestreuten Zitate prominenter Zeitgenossen mitreißen können. Der unaufgeregte, lockere Erzählton passte gut zum Sujet.
Alles in allem hat mir diese kurzweilige Zeitreise, die als "Generationenroman" angelegt ist, sehr gefallen. Auch das bunte Kassetten-Cover traf meinen Geschmack.

Bewertung vom 04.11.2016
Gölsdorf, Jule

Tödliche Vorstellung / Monaco Krimi Bd.2


ausgezeichnet

INHALT
In Monaco ereignen sich kurz nacheinander mehrere Unglücksfälle. Erst wird eine weibliche Wasserleiche gefunden und dann gibt es beim berühmten Zirkusfestival in Monte Carlo auch noch tote Artistinnen zu beklagen. Das ungleiche Ermittlerduo Coco Dupont und Henri Valeri hat alle Hände voll zu tun...

MEINUNG
Lange Zeit konnte ich mich nicht fürs Krimigenre erwärmen, weil ich die Fälle/Morde als zu grausig bzw. zu klinisch geschildert empfand.

Jule Gölsdorfs nunmehr zweiter Monaco-Krimi ist da anders. Die TV-Moderatorin webt in ihre Geschichte wie Donna Leon viel Lokalkolorit bzw. Lebensgefühl hinein, so dass die Ermittler noch mehr als die Mordfälle an sich in den Fokus rücken. Das gefällt mir immens gut. Zumal man dabei auch einiges über Land und Leute kennenlernt. Monaco als Setting wurde von der Autorin eindrücklich realistisch und lebendig beschrieben. Besonders die Exkurse bzw. Einblicke in das Leben der Schönen und Reichen waren interessant. Letzteren ist oftmals der schöne Schein und die gelebte Oberflächlichkeit lieber als die schnöde Realität. Ob nun mondäne Luxusappartements oder beeindruckende Zirkusinszenierungen, Gölsdorf überlässt nichts dem Zufall und weiß, was das Leserherz von einem "Monaco-Krimi" erwartet. Dabei vernachlässigt sie auch kritische Themen nicht. So spielen auch radikale Tieraktivisten, die gegen die Tierhaltung bzw. die Tiernummern im Zirkus protestieren, eine Rolle. Auch Zuständigkeitsquerelen innerhalb der Polizei werden nicht ausgespart und beleben die Story.

Das Ermittlerduo lebt von seinen Gegensätzen. Nicht nur altersmäßig, sondern auch charakterlich unterscheiden sich Coco und Henri stark voneinander. Was beide allerdings eint, ist die private Einsamkeit. Beide wollen sich von ihren Partnern scheiden lassen und kauen mächtig daran. Trotz seines großen Pessimismus und seiner Mürrischkeit fällt Coco der Umgang mit ihrem Kollegen mit der Zeit leichter. Man kann sich aufeinander verlassen. Ich fand beide Kommissare sehr authentisch und damit sympathisch. Gerade weil sie nun einmal nicht perfekt sind, habe ich sie gemocht.

Die Bandbreite der handelnden Figuren in Gölsdorfs Roman ist groß. Vom geizigen und versnboten Ex-Mann über den geltungsbedürftigen Polizeichef bis zur durchtriebenen Artistin ist alles dabei. Für zwischenmenschliche sowie allgemeine Spannung ist damit reichlich gesorgt.

Der vielschichtige Plot langweilt an keiner Stelle. Die Kriminalfälle/Verbrechen wurden gut ausgewählt und sind kein 08/15-Werk. Die einzelnen Szenen wechseln sich temporeich ab, was die Spannung konstant hochhält. Die Täterjagd bzw. -enttarnung hält zudem einige Überraschungen parat.

Der moderne, bildreiche Sprachstil ermöglicht eine flüssige Lektüre. Die Dialoge unterhalten gut, weil sie über eine Menge feiner Ironie verfügen.

FAZIT
Ein gelungener Kriminalroman mit viel monegassischem Flair und klug inszenierten Kriminalfällen. Da macht das Lesen einfach Laune.

Bewertung vom 31.10.2016
Simon, Oskar

Nackt im Treppenhaus


sehr gut

Der Hamburger Journalist Oskar Simon hat in seinem Buch 130 "peinliche" Alltagsgeschichten zusammengetragen, die sich vornehmlich auf Leserzuschriften (stern.de bzw. Süddeutsche Zeitung Magazin) stützen.

Simons kurzweilige Geschichten unterhalten formidabel und wecken beim Leser unweigerlich die Schadenfreude oder haben einfach ein hohes Fremdschämpotenzial.

Ob nun ein nackter Hotelgast die Zimmertür mit der Badtür verwechselt (s. Buchtitel), eine Frau enthusiastisch einen menschlichen Pappaufsteller im Baumarkt grüßt oder der ehemalige französische Präsident über den israelischen Kollegen ablästert, Simon trifft immer den richtigen - ironischen - Ton.

Beide Geschlechter geraten gleichermaßen oft in peinliche Situationen. Da gibt es keine Unterschiede; nur dass Männer naturgemäß eine höhere Schamgrenze besitzen. Abgesehen von den Fallgeschichten kommen auch Fachspezialisten (Psychologen, Mediziner etc.) zum Thema zu Wort. Diese z.T. ausufernden wissenschaftlichen Exkurse fand ich mit der Zeit unpassend. Hier wäre weniger mehr gewesen, weil es ja vordergründig eine humorige Lektüre ist und kein Sachbuch.

FAZIT
Leichte Geschichtensammlung zum Schmunzeln, die sich gut zwischendurch lesen lässt.

Bewertung vom 27.10.2016
Frazier, T. M.

Er wird dich besitzen / King Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Wie geht es wohl in den Motorradclubs Amerikas zu?
Die Autorin T. M. Frazier hat darüber eine spannende, prickelnde und zugleich realitätsnahe Geschichte verfasst.

Inhaltlich geht es um eine 17-Jährige mit Amnesie, die sich Doe nennt und versucht, auf der Straße zu leben. Doch für Letzteres scheint sie einfach nicht gemacht zu sein und sucht sich stattdessen einen Beschützer, den sie in Brantley King findet. King ist ein stadtbekannter Krimineller sowie Tätowierer Mitte 20, der sein bisheriges Leben voller Gewalt, Drogen und leichten Mädchen nach einem 3-jährigen Haftaufenthalt ändern will. Daran ist vor allem Doe schuld, in die er sich sofort verliebt. Doch beide kämpfen nicht nur gegen ihre Gefühle füreinander, sondern auch gegen die Schatten bzw. Blaupausen der Vergangenheit.

Die rasante Story wird abwechselnd aus der Sicht der beiden Hauptcharaktere, Doe und King, erzählt, was den Leser tiefe Einblicke in deren vertracktes Seelenleben ermöglicht. Zudem haben beide eine spitze Zunge und fordern sich mehr als einmal verbal heraus. Die gegenseitige Anziehung sowie Angst ist stark und führt daher zu sehr emotionalen Szenen. Doe wirkt zerbrechlich, hat aber ein vorlautes Mundwerk und einen ausgeprägten Überlebenssinn, während King den harten Typen mit weichem Kern mimt. Auf die erotische Komponente wurde mir etwas zu viel Augenmerk gelegt, was vor allem im zweiten Drittel der Handlung zulasten der Spannung ging. Aber das überraschende Ende mit dem famos inszenierten Cliffhanger hat mich dann wieder entschädigt. Deswegen werde auf jeden Fall auch die Fortsetzung lesen.

Fraziers Sprachstil ist authentisch rau und direkt, was perfekt zur Bikerszene passt, aber nicht jedermanns Geschmack sein mag. Ich fand es mehr als stimmig. Hier wird keinesfalls um den heißen Brei herumgeredet.

Den Einblick in das Leben der "kriminellen" Motorradfahrer fand ich sehr interessant und aufschlussreich aufbereitet, wenngleich sich dabei das ein oder andere Klischee nicht vermeiden ließ.

FAZIT
Eine feurige sowie temporeiche Geschichte, die besonders durch ihre düstere, ungeschliffene Komponente überzeugen konnte.

Bewertung vom 22.10.2016
Astley, Judy

Schuld war nur der Mistelzweig


sehr gut

Judy Astleys beschauliche Familiengeschichte steigerte sich von Seite zu Seite. Hatte ich anfangs wegen des etwas behäbigen Erzählstils noch so meine Schwierigkeiten, brachten die immer neu hinzukommenden Charaktere ordentlich Farbe in die Geschichte. Vor allem das überraschende Auftauchen der neuen Partner von Theas Eltern mischte das Familienidyll auf. Inhaltlich lebt diese flüssig zu lesende Geschichte von den beschriebenen zwischenmenschlichen Beziehungen. Astley greift alle Emotionen, ob nun Weihnachtsblues, überfürsorgliche Mutter oder zweiten Frühling, auf. Und eines wird schnell klar, dieses Weihnachtsfest wird so schnell niemand vergessen, denn neben Weihnachtsbraten und Spielabenden erkennt jedes Familienmitglied für sich, was im Leben wichtig ist - nämlich die Liebe. Besonders im letzten Drittel geht diese stimmungsvoll inszenierte Geschichte so richtig ans Herz, weil es einige unverhoffte romantische Momente gibt. Besonders zwischen Sean und Thea knistert es. Kein Wort ist zu viel und keine handelnde Figur wirkt deplatziert. Zudem hat es mir ausgesprochen gut gefallen, dass fast alle Charaktere einmal in die Rolle des Erzählers schlüpften und man so in deren Gedankengänge eintauchen konnte, was nicht nur einmal zu Heiterkeit führte. Zu guter Letzt soll noch das weihnachtliche Cover mit seinen kleinen Symbolen gewürdigt werden, die allesamt innerhalb der Story eine kleinere oder größere Rolle spielen.

FAZIT
Mit diesem kurzweiligem Roman kann die Weihnachtszeit ruhig kommen. Einfach nur ein stimmiges Gesamtpaket.