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Xirxe
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Hannover
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Insgesamt 876 Bewertungen
Bewertung vom 10.12.2010
Seghers, Anna

Aufstand der Fischer von St. Barbara


sehr gut

Irgendwann Anfang des letzten Jahrhunderts: Die Fischer von St. Barbara leben mehr schlecht als recht von ihrer Arbeit. Die Anteile, die sie von Reeder Bredel für ihre Fänge erhalten, reichen schwerlich zum Überleben. Doch Widerstand regt sich kaum, bis Hull auf die Insel kommt. Ihm gelingt es die Männer davon zu überzeugen, nur zu deutlich verbesserten Bedingungen die Arbeit wieder aufzunehmen. Es ist, als ob sie auf einen wie ihn nur gewartet hätten: Schnell sind sich alle einig, auch die aus den umliegenden Dörfern, und geeint treten sie vor die Vertreter der Reederei, um ihre Forderungen vorzubringen. Doch diese sind alles andere als bereit, den Wünschen der Fischer nachzugeben. Die Fronten verhärten sich, es kommt zu Auseinandersetzungen, einer stirbt und langsam beginnt der Bund der Streikenden sich zu lockern.
Die Autorin schildert eine frühkapitalistische Gesellschaft, deren Mitglieder sich ihrem Schicksal scheinbar ergeben haben und vom Leben nichts mehr erwarten, bis es einem Einzelnen gelingt, sie aus ihrer Lethargie zu reißen und auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören.

So elend und trübselig das Leben der Bewohner von St. Barbara wirkt, so trist und grau erscheinen auch die Gegend und das Wetter. Anna Seghers beschreibt diese Welt in bemerkenswert ausdrucksvollen Bildern, die man so schnell nicht wieder vergisst ('Hull verfolgte ... die weiße Narbe die das Schiff dem Meere riss, die wieder heilte und wieder riss, und wieder heilte und wieder riss.' oder 'Dumpf und unbeweglich, bleigrau und regenschwer starrten Himmel und Erde gegeneinander wie die Platten einer ungeheuren hydraulischen Presse.').

Mit Ulrike Krumbiegel als Vorleserin wurde eine gute Wahl getroffen. Die spröde Sprache einzelner Personen (insbesondere Marie) vermittelt sie ebenso überzeugend wie die allgemeine schwermütige Grundstimmung, die dieses Buch beherrscht. Einziges Manko: Es sind viel zu wenig Abschnitte auf den CDs, die zudem auch nur schwierig festzustellen sind. Eine Pause mitten in einer CD ist somit nur unter erschwerten Bedingungen möglich.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.12.2010
Sones, Sonya

Spiel nicht verrückt


ausgezeichnet

Die 13jährige Cookie ist völlig fertig: Ihre geliebte und bewunderte große Schwester flippte am Heiligen Abend völlig aus und wurde kurz darauf in die Psychiatrie eingewiesen. Cookie ist hin- und hergerissen zwischen der Ohnmacht, ihrer Schwester nicht helfen zu können, der Angst vielleicht selbst durchzudrehen und dem Versuch, einfach alles zu ignorieren. All diese zum Teil auch widersprüchlichen Empfindungen hält sie in meist kurzen, aber dennoch sehr aussagekräftigen Gedichten fest.
Wobei Gedicht hier weniger mit Reim oder metrischer Struktur zu tun hat, als mehr mit der speziellen Anordnung der Worte. Geht man darüber hinweg, lassen sich die Sätze wie poetische Prosa lesen. Sonya Sones schildert die Qual der kleinen Cookie ebenso überzeugend, wie sie durch deren Augen das Leid der großen Schwester beschreibt. Vermutlich weil sie selbst Ähnliches erlebt hat.
Ein kleines, sehr gefühlvolles Buch ohne Kitsch über ein Thema, dass sich nur selten zwischen zwei Buchdeckeln wiederfindet. (Und nicht nur für Jugendliche geeignet!)

Bewertung vom 19.11.2010
Ruthe, Ralph

Shit happens! Das Buch zum Fest


sehr gut

Pünktlich zum Fest präsentiert Ralph Ruthe nach 10 Jahren endlich mal wieder ein Weihnachts-Special, das zwischen den andern Bücherstapeln wie eine Weihnachtskugel in einem Blauton hervorglänzt.

In den meisten Cartoons stehen Rentier und Weihnachtsmann plötzlich ganz und gar menschlichen Problemen gegenüber (Hausordnung, Allergien, Partnersuche, Spielsucht undundund), aber Ruthe wirft auch einen Blick auf das Heilige Fest durch die Augen von Bibern, Bäumen, Fliegen und anderen Gestalten. Seine Einfälle sind größtenteils originell und witzig, allerdings nicht so richtig böse. Das Buch ist somit bestens auch für Weihnachtsliebhaberinnen und -liebhaber geeignet, die sich über die 64 Seiten sicherlich amüsieren werden.

Mein persönlicher Favorit ist übrigens der Bielefeld-Gag, der tatsächlich auch hier seinen Platz gefunden hat.

Bewertung vom 13.11.2010
Drvenkar, Zoran

Du, 6 Audio-CDs


ausgezeichnet

Was für ein Anfang! November 1995: Ein Mann, nachfolgend der Reisende genannt, steht auf der A4 zwischen Bad Hersfeld und Eisenach im Stau, stundenlang. Um ihn herrscht dichtes Schneetreiben, es gibt kein Vor und kein Zurück. Irgendwann verlässt er seinen Wagen, geht gegen die Fahrtrichtung und tötet 26 Menschen, die jeweils allein in ihren Autos sitzen. Ein Mythos ist geboren.
Das Ganze ist so realistisch dargestellt, dass ich als Erstes googelte, ob sich etwas Derartiges tatsächlich ereignete (natürlich(?) nicht). Auch die weiteren Handlungsstränge sind derart glaubhaft beschrieben, dass man schon nach Kurzem völlig in dieser Geschichte gefangen ist, wozu sicherlich ebenso der ungewöhnliche Schreibstil Drvenkars beiträgt. Konsequent nutzt er die direkte Anrede - DU ist somit nicht nur ein Titel, sondern macht auch klar, was Lesende und Hörende erwartet.
Fünf Mädchen, die zusammen halten wie Pech und Schwefel, machen einen weiteren Teil des Buches aus. So verschieden sie auch sind (so furchtlos die Eine, so vernünftig, mutig, zart und schutzbedürftig die Anderen), sie stehen füreinander ein in jeder Lebenslage - und das stellen sie unter Beweis. Durch Zufall kreuzt ein toter Mann ihren Weg und ein Koffer voller Drogen gelangt in ihren Besitz. Doch an Zufall mag der Bruder des Toten und gleichzeitig Eigentümer der Drogen nicht glauben - und eine wahrhaft gnadenlose Jagd beginnt. Wie die Wege all dieser Menschen (incl. des Reisenden) und noch ein paar mehr, aufeinanderzuführen, ist mitreißend und teilweise auch dramatisch geschildert, immer aus der Perspektive einer anderen Person.
Dazu trägt in der Hörbuchversion unstreitig auch Matthias Brandt als Vorleser bei. Obwohl er seine Stimme von der Charakteristik her kaum ändert, gibt er die jeweilige Gemütslagen der einzelnen Figuren derart überzeugend wieder, dass man von seiner Darbietung völlig gefesselt ist.
Ein toller Thriller, wenn nicht sogar eine Tragödie, die beinahe Shakespearsche Ausmaße aufweist.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.11.2010
Le Carré, John

Verräter wie wir


sehr gut

John le Carré, ein Name der für spannende Agenten- und Spionagethriller steht - mit dieser Erwartungshaltung machte ich mich an sein neuestes Werk. Ich las und las, amüsierte mich prächtig und ertappte mich dennoch dabei, immer oberflächlicher über den Text hinwegzugehen, bis ich bei Seite 202 (ca. der Hälfte) das Buch resigniert zuschlug. Denn von Spannung - keine Spur. Welch eine Enttäuschung!
Doch ich hatte mich selbst in die Irre geführt, denn bei genauem Hinschauen ist (außer bei der Einordung bei diversen Buchläden) nirgendwo die Rede von Krimi oder Thriller. 'Verräter wie wir' ist eine Lektüre, die zwar im Agentenmilieu spielt und gegen Ende einen eindrucksvollen Spannungsbogen aufweist, aber dennoch nicht mehr oder weniger als ein Roman. Also schickte ich meine Erwartungen in die Wüste und begann nochmal von vorn. Und siehe da....
Perry und Gail, ein wohl recht typisch britisches, linksliberales Pärchen mit einer eher skeptischen Haltung gegenüber den staatlichen Institutionen, lernen in einem Urlaub einen russischen Oligarchen kennen, der sie unversehens zu seinen Vertrauten kürt. Plötzlich finden die Beiden sich wieder in der Rolle als Mittler zwischen dem britischen Geheimdienst und einem potentiellen russischen Überläufer.
LeCarré verwendet viele Seiten auf die genaue Darstellung der einzelnen Personen, inbesondere auf die seiner beiden Protagonisten Gail und Perry. Es gelingt ihm bravourös, nicht nur sehr detailliert sondern auch voller Witz die Eigenheiten und Widersprüchlichkeiten der Handelnden darzustellen. Wie Perry beispielsweise, der ewige Kritiker und Verächter der britischen Politik, der sich plötzlich als inoffizieller Geheimdienstmitarbeiter wiederfindet - und es wider Erwarten geniesst. Oder Dima, der russische Oligarch, der England liebt und bewundert und alle britischen Literaturklassiker besitzt, ohne vermutlich einen einzigen davon gelesen zu haben. Dies alles ist zudem in einer wunderbaren Sprache verfasst, über die man sich auf jeder Seite auf's Neue freut.
Weshalb dann trotzdem nicht die volle Punktzahl? Weil bis zur ca. der Hälfte des Buches die Menge der Perspektivenwechsel etwas überhand nimmt. In einem Gespräch mit dem Geheimdienst, das bis dorthin die Rahmenhandlung darstellt, berichten Gail und Perry über ihre Begegnung mit Dima. Hierbei werden Rück- und Einblicke auf und in die Lebensläufe der Beteiligten eingeschoben, wobei der Großteil dieser einzelnen Abschnitte meist nicht mehr als 4-6 Seiten umfasst, sodass zumindest der Beginn etwas unübersichtlich wirkt .
Aber abgesehen von dieser kleinen Mäkelei: grandiose Unterhaltung mit (wahrscheinlich) durchaus realistischen Einblicken in das schmutzige Geldwäschergeschäft.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.10.2010
Lewycka, Marina

Das Leben kleben


gut

Eines steht fest: Marina Lewycka kann schreiben, durchweg amüsant, selbstironisch, mit einem Blick für's Detail (beispielsweise ihre Beschreibung der Dübel-Abteilung im Baumarkt: 'Die Dübel wirkten außerirdisch, gruselig, mit ihren knubbeligen Plastikpanzern, ihren komplizierten Farben und Nummern: Spreiz-Dübel, Kipp-Dübel, Hohlraum-Dübel, Holzdübel.'). Es macht Spass, Georgie Sinclairs chaotisch gewordenem Leben zu folgen, nachdem ihr Mann sie wegen eines nichtangebrachten Zahnbürstenhalters verlassen hat. Doch leider ist die Freude nicht von Dauer. Aber der Reihe nach.
Georgie, verheirateter frischer Single, lernt kurz nach dem Auszug ihres Mannes Mrs. Shapiro kennen, die ganz in der Nähe in einem halb verfallenen Haus lebt. Aus Mitgefühl und einer gewissen Neugier für diese exzentrische alte Dame ist sie ihr behilflich, als diese für kurze Zeit ins Krankenhaus muss. Bald schon ist es jedoch mit Katzen füttern nicht mehr getan: Eine gierige Sozialarbeiterin und zwei ebensolche Immobilienmaklerbüros versuchen, sich mit allen Mitteln das Haus unter den Nagel zu reißen, währenddessen Georgias Sohn mit Weltuntergangsszenarien zu kämpfen hat. Als ob all dies noch nicht genug wäre, entpuppt sich der für Mrs. Shapiros Haus engagierte Handwerker als Palästinenser, der so seine Probleme damit hat für eine Jüdin zu arbeiten - wie auch im umgekehrten Fall. Und einer der Immobilienmakler bringt Georgie nicht nur wegen des Hauses ziemlich durcheinander...
Was sich zu Beginn witzig und schwungvoll liest, driftet mit fortschreitender Seitenzahl immer wieder mal ins Klamaukhafte und Unglaubwürdige ab (z.B. als Georgia ihren Mann mit seiner Begleitung angreift). Manche Geschehnisse erscheinen derart unlogisch, dass man nur noch zweifelnd den Kopf schüttelt (einerseits kämpft sie gegen die Immobilienmakler wie eine Furie, zeigt aber geraume Zeit keinerlei Interesse für die Besitzerin, für die sie das alles vollführt). Und Handlungsstränge werden angelegt, die jedoch leise einfach wieder verschwinden (die Zwangseinweisung Mrs. Shapiros beispielsweise).
Schade, eine gut durchdachte und schlüssige Geschichte in diesem Schreibstil - das wäre ein super Buch gewesen. So aber bleiben am Ende nur gemischte Gefühle zurück.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.10.2010
Sammer, Isolde

Die Stille nach dem Schrei


sehr gut

Was macht einen gelungenen Thriller aus? Dass man bis zum Schluss mitfiebert, wer der Bösewicht ist? Die Suche nach der Wahrheit, der Auflösung des Falles?
Dann dürfte 'Die Stille nach dem Schrei' kein gelungener Thriller sein, denn hier weiss man fast von Beginn an, wer der Übeltäter ist. Doch das Buch ist alles andere als langweilig. Martin, 19, hat seinen 14jährigen Halbbruder aus einer Art 'Notwehr' heraus erschlagen, weil dieser angeblich einen zehnjährigen Jungen mißhandelt und getötet hatte. Das Gericht glaubt seiner Version und so ist Martin kurz darauf wieder auf freiem Fuß. Irene, seine Stiefmutter, hat Zweifel an dieser Geschichte und beginnt mit eigenen Nachforschungen. Nicht nur weil sie eine weitere ähnliche Tat auf jeden Fall verhindern will, sondern auch um die komplette Wahrheit zu erfahren, was wirklich damals geschah.
Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus unterschiedlichen Perspektiven: Zum einen Irenes, die nicht mehr weiß was sie glauben soll und der die Zweifel neben dem Verlust ihres Kindes beinahe jeden Lebensmut rauben. Doch ihr Wille, die Gewissheit über die tatsächlichen Geschehnisse zu erhalten ist stärker und so beginnt sie ihre Suche nach der Wahrheit. Dann gibt es Tina, eine 18jährige Abiturientin, die sich rückhaltlos in Martin verliebt, der beginnt sie nach seinen Vorstellungen zu formen. Sie schildert im Rückblick ihre fast schon krankhafte Besessenheit von diesem jungen Mann, ihre Verweigerung der Realität ins Auge zu blicken und man bekommt eine gute Vorstellung davon, was in ihr vorging. Und es gibt Hauptkommissar Schneider, der ebenfalls Zweifel an der Aussage Martins hegt und befürchtet, er könnte ein weiteres Mal zuschlagen. Zuguterletzt erhält man Einblick in die Gedankenwelt Martins, die keinen Zweifel daran lässt, dass hier ein Psychopath am Werke ist.
Ich fand es packend zu verfolgen, wie sich langsam die Spannung aufbaut, die eine Seite darauf abzielt ein neues Verbrechen zu begehen, während andererseits gleichzeitig alles unternommen wird, genau dieses zu verhindern. Die Personen sind komplex und weitestgehend klischeefrei dargestellt, vielleicht fast etwas zu viel des Guten (auch Klischees sind irgendwann einmal aus einem bestimmten Grund entstanden :-)). So blieb für mich insbesondere die Figur der Irene etwas unnahbar, obwohl ihre Perspektive neben Tinas am ausführlichsten dargestellt wurde.
Alles in allem ein Thriller, der spannend und gut unterhält - nicht mehr und nicht weniger.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.10.2010
Wade, Jennifer

Das neue Bodystyling, m. Audio-CD


sehr gut

Wer schon Erfahrungen hat mit Krankengymnastik, bereits 'Rückenschulen' besucht hat und wem Körperspannung kein unbekannter Begriff ist und sie auch umsetzen kann, wird mit diesem Buch nicht wirklich glücklich. Allen Anderen aber bietet 'Bodystyling' eine gute Heranführung an Spannungs- und Bewegungsübungen.
Zu Beginn werden grundsätzliche Dinge erklärt: Aufbau des Buches, Beurteilung des eigenen Typs, Begrifflichkeiten. Danach folgt eine Einleitung und Hinführung zur Körperspannung, hier KiK genannt - ohne diese können die Übungen zu Fehlhaltungen und/oder Verspannungen führen. Anschließend folgen Grundübungen, die allen die schon mal Rückenprobleme hatten und deswegen aktiv wurden, mit großer Wahrscheinlichkeit vertraut vorkommen dürften. Zusammen nehmen diese beiden Teile ca. die Hälfte des Buches ein. Das letzte Viertel zeigt Fortgeschrittenen-Übungen, die etwas (und wirklich nur etwas) anspruchsvoller sind.
Alles wird in kleinen, detaillierten Schritten erklärt und mit entsprechenden Bildern ergänzt, so dass auch völlig Unerfahrene damit zurecht kommen dürften. Das Ganze wird durch eine CD erweitert, die den Großteil der im Buch beschriebenen Übungen enthält. Da die CD auch die empfohlenen Wiederholungen der Übungen beinhaltet, ergibt sich somit eine Gesamttrainingszeit von ca. 70 min, welche jedoch auch in einzelne Blöcke von 16-18 min aufgeteilt werden können.
Gut Trainierte werden sich jedoch vermutlich nicht ausgelastet fühlen - diese sollten sich besser ein anderes Buch suchen.

Bewertung vom 17.10.2010
Nesbø, Jo

Leopard / Harry Holes 8.Fall


ausgezeichnet

So tief unten war Harry Hole noch nie. Gestrandet in Hongkong, die Nächte in einer Massenunterkunft für Gastarbeiter verbringend, den Geistern der Vergangenheit diesmal mit Opium statt Alkohol entfliehend und auf der Flucht vor den Triaden denen er Geld schuldet. Doch seiner neuen Kollegin Kaja Solness gelingt es, ihn zurück nach Norwegen zu bringen: doch nicht, weil das Morddezernat seine Hilfe braucht, sondern weil sein Vater im Sterben liegt. Und weil er dann schon mal da ist... Die zwei ungeklärten Mordfälle, wegen deren man ihn um Hilfe gebeten hat, erregen seine Neugier und als während seines Aufenthaltes eine dritte Person stirbt, ist sein Interesse geweckt. Als ob diese Todesfälle nicht anspruchsvoll genug wären, findet er sich zudem inmitten des Polizeiapparates in einer weiteren Kampfzone bzw. einem Intrigenspiel wieder: Morddezernat und Kriminalamt ringen jeweils um die alleinige Kompetenz für die Aufklärung von Mordermittlungen - und er spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Wie auch in seinen bisherigen Büchern (zumindest in den zweien, die ich bisher (leider erst) gelesen habe), ist nichts so wie es scheint, was insbesondere auf die handelnden Personen zutrifft. Immer wieder führt Nesbø vor, wie schnell man sich von Äußerlichkeiten blenden lässt, selbst Harry ist nicht immer dagegen gefeiht. Man fällt von einer Überraschung in die nächste und sogar als man sicher zu sein scheint, die Lösung zu kennen, gelingt es dem Autor noch weitere 150 Seiten Leserinnen und Leser an das Buch zu fesseln. Es sind häufig sehr extreme Wendungen, aber dennoch ist der Verlauf im Nachhinein durchweg in sich schlüssig.
Nesbø schreibt detailliert und anschaulich, wie beispielsweise die Aufenthalte Holes im Kongo oder das Lawinenunglück. Für nicht so blutrünstige Lesende vielleicht etwas zu anschaulich, denn die Darstellungen der unterschiedlichen Todesarten sind teilweise schon heftige Kost. Kein Buch für schwache Gemüter.
Alles in allem beste Thrillerunterhaltung für mehrere Stunden - am besten am Wochenende! Denn man wird sich schwer damit tun, das Buch vor dem Ende aus der Hand zu legen.
Eine Anmerkung noch zum Schluss: Wie der deutsche Verlag auf diesen Titel kam, ist mir (fast) ein Rätsel. Es gibt lediglich einen Absatz im Buch zu diesem Tier (S. 206) und er passt weder auf Harry noch den Täter. Der norwegische Titel Panzerherz wäre deutlich stimmiger gewesen.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.