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sommerlese
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Zu meinen Hobbies gehört Lesen einfach dazu. Meine Rezensionen erscheinen auch auf meinem Blog. Schaut doch bei Interesse mal rein! https://sommerlese.blogspot.com/
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Insgesamt 2777 Bewertungen
Bewertung vom 16.08.2022
Bergmann, Frieda

Sonnenblumentage


sehr gut

Ein charmanter Lesespaß, der zwei Seiten des Lebensweges aufzeigt.

Floristin Marie arbeitet mit ihrem Freund Fabian in einer Gärtnerei in einem kleinen Dorf in der Nähe von Bamberg. Sie liebt ihre Arbeit und ist mit ihrem Leben eigentlich recht zufrieden. Sie hätte es auch schlechter treffen können. Doch häufig fragt sie sich, ob das wirklich das Leben ist, das sie will? Hätte sie nicht auch mal wagen sollen, andere Entscheidungen zu treffen, die ihr ein anderes Leben möglich gemacht hätten? Die Fahrt zu einem Wochenende mit ihrer Tante führt sie an einen Punkt der Entscheidung. Wenn sie will, könnte sie ihr Leben für immer verändern.

"Man kann überall glücklich sein, man muss es nur wollen." Zitat Seite 70

Etwas wagen, einfach mal ausbrechen, ohne an Sicherheit und Gewohnheit zu denken! Genau so etwas erleben wir in diesem Roman und werden mitgenommen zu beiden Möglichkeiten die Marie offenstehen, entweder sie bleibt oder sie geht.
Sonnenblumentage ist ein sehr unterhaltsamer und durch die zwei unterschiedlichen "roten Fäden" auch den Leser mitnehmender Roman, der die Erlebnisse und Erfahrungen von Maries zwei Reisewegen zeigt.

Wunderschön bunt und blumig wird es durch die bildhafte Beschreibung der schönen floristischen Sträuße und Gestecke, die Marie anfertigt. Ich hatte sie in ihrer Wirkung und Farbigkeit in meinem Kopfkino direkt vor Augen. Aber es wird auch sehr emotional durch die Szenen mit Fabian bzw. mit Sean und es wird interessant, weil Marie sich um die Aufklärung eines Kunstskandals Gedanken macht und von Haus aus durch die Gemälde ihrer Mutter besonderes Interesse verspürt.

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, es geht locker-flockig und absolut bildhaft hinein in Maries Leben und ich war von Anfang bis Ende emotional an Maries Seite und habe auf ein schönes Ende hingefiebert. Marie lernt man durch die Handlung immer näher kennen, sie wirkt sympathisch und bodenständig und man merkt, das ihre Gefühle für Fabian nachgelassen haben und sie für Sean viel mehr empfindet. Durch die zwei Wahlmöglichkeiten musste ich manchmal etwas über die aktuelle Situation nachdenken, habe mich insgeheim immer mehr auf die Variante "zu gehen" gefreut.

Auf nachfühlbare Weise zeichnet Frieda Baumann ihre Charaktere mit unterschiedlichen Facetten, durch die authentisch wirkenden Dialoge erscheinen sie alle sehr lebensecht und ich habe ihnen ihre Emotionen abgenommen und ihnen nahe gefühlt.

Die Idee, hier durch unterschiedliche Entscheidungen zwei Lebenswege aufzuzeigen, finde ich absolut reizvoll, manchmal brauchte ich ein wenig, um von einer Seite auf die andere zu wechseln und dort wieder mitten ins Geschehen eintauchen zu können. Insgesamt ist die Handlung auserzählt und recht ausführlich und es gab einige unnötige Szenen, sprich Längen, auf die man zugunsten einer Spannungskurve lieber hätte verzichten können. Im Leben mit Fabian habe ich mich übrigens nicht so wohl gefühlt, wie in der irischen Familie von Sean. Das war wohl der Grund, dass ich diesen Weg mit mehr Begeisterung gelesen habe.

Ein unterhaltsamer und emotionaler Roman, der mit den Figuren und den Blumenbeschreibungen echte Sommergefühle aufkommen lässt und zeigt, dass das Leben immer mehrere Entscheidungen und Wege bereit hält. Manchmal muss man sich nur trauen, mal einen neuen Weg einzuschlagen!

Bewertung vom 13.08.2022
Stern, Anne

Drei Tage im August


ausgezeichnet

Ein großartig erzählter Roman, mein bisheriges Jahreshighlight

Berlin, 5.-7. August 1936: Die Stadt ist Ausrichter der Olympischen Spiele und Menschen aus aller Welt besuchen die Hauptstadt. Einige verirren sich auch in die Chocolaterie Sawade, die in der Straße Unter den Linden ansässig ist, wo bereits Hakenkreuzfahnen gehisst sind. Dort führt die alleinstehende, etwas schwermütige Elfi als Prokuristin die Geschäfte, sie lebt für das kleine Pralinengeschäft. Es ist ihre Zuflucht und gegen ihre Schwermut helfen ihr die wunderbaren Kreationen aus Nougat, Krokant und Schokolade und an diesem wunderbaren Ort, erhält sie sich die Menschlichkeit in einer Zeit, als der Einfluß der Nationalsozialisten immer mehr zunimmt. Als Elfie von dem Geheimnis einer besonderen Praline erfährt, gerät ihr sonst so ruhiges und beständiges Leben in Aufruhr. Wird sie ihre eigenen Sehnsüchte entdecken und verfolgen?


Kakaobäume und Linden gehören zu den Malvengewächsen, deshalb wundert es nicht, dass den Linden in diesem Roman eine Erzählerstimme gegeben wird und sie in unmittelbarer Nachbarschaft zur Chocolaterie Sawade stehen.
Anne Stern hat ihren wunderbar erzählten Roman genau in die Prachtstraße "Unter den Linden" hineingepflanzt und lässt uns drei Tage im August 1936 miterleben. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen mehrere Personen, die in dieser Zeit dort leben und unter dem Einfluß der zunehmenden Unmenschlichkeit Einschränkungen erfahren oder persönliche Veränderungen erleben. Elfie hat sich ihren eigene kleine Welt inmitten der Chocolterie geschaffen, der Duft von Schokolade und der Anblick der Pralinen machen sie glücklich. Da wäre noch ihre Kollegin Trude, die den jüdischen Buchhändler Franz Marcus verehrt, der nicht weiß, ob er noch in Berlin bleiben kann. Das kleine Blumenmädchen Rosa, der Barbesitzer El Hamady, der jetzt bestimmte Musik nicht mehr spielen darf. Über der Chocolaterie wohnt die hochbetagte Madame Conte, die jede Woche ihre Pralinenbestellung aufgibt. Sie lädt Elfie zu sich ein und erzählt ihr ihre Lebensgeschichte, die das Geheimnis des Hauses Sawade enthält.

Anne Stern hat mich mit diesem Roman von Anfang bis Ende gebannt, unglaublich berührt und wunderbar unterhalten und mich in eine Welt voller süßer Köstlichkeiten geführt. Gleichzeitig hat sie mich aber auch drei Tage in einem gefährlichen Berlin erleben lassen, als die Nazis die Menschlichkeit aufhoben und zur Gefahr wurden. Es ist ihr ganz hervorragend gelungen, zwischen diesen kleinen schönen Zufluchtsorten, freundschaftlichen Momenten auch die schrecklichen politischen Veränderungen der Zeit einfließen zu lassen. Ich bin eingetaucht in eine andere Zeit, einen anderen Ort und war in einer Atmosphäre gefangen, die mich kapitelweise von einer Figur zur nächsten geführt hat, immer begleitet von den Linden, die die Szenerie allseits begleiten und ihre Gedanken beifügen.

Der Erzählstil ist ein echter Genuss, die sprechenden Linden wirken regelrecht poetisch, die Alltagsszenen werden lebendig geschildert und sorgen mittels Berliner Dialekt für authentisches Flair. Die Charaktere sind bunt gemischt und suchen sich ihren Zufluchtsort oder Zufluchtsmoment. Alle haben in dieser Zeit mit Problemen zu kämpfen, mal mehr, mal weniger brisant.

Ein ganz großartiger und berührender Roman, der von menschlicher Sehnsucht handelt, von Zuversicht und Lebenswillen in schwierigen Zeiten erzählt und mir den verführerischen Zauber der Chocolaterie vorgespielt hat, dass ich schon fast süße Halluzinationen hatte. Was soll ich groß sagen? Es ist mein bisheriges Highlight des Jahres! Chapeau, liebe Anne Stern!

Bewertung vom 09.08.2022
Schmidt, Rosalie

Der Duft der Kirschblüten / Kirschblüten-Saga Bd.1


sehr gut

Gefangen zwischen Vernunftehe und echter Liebe mit viel Teeduft
1870: Das familiengeführte Teehaus Winterfeld in Berlin gerät in finanzielle Schwierigkeiten. Clara, die Tochter des Firmeninhabers, liebt wie ihr Vater Tee und hat wegen seiner Krankheit die Geschäfte übernommen. Hier im Teehaus lässt sie der Duft von fernen Ländern träumen. Um die Pleite des Teehauses abzuwenden, nimmt sie den Heiratsantrag ihres Kinderfreundes Franz an, der ihr finanziell unter die Arme greifen will, um das Teehaus zu retten. Kurz darauf begegnet Clara dem japanischen Teehändler Akeno, an den sie ihr Herz verliert. Doch sie ist gebunden und Akeno reist wieder zurück nach Japan.



Familie Winterfeld betreibt ein Teehaus in Berlin und weil Clara selbstbewusst ist und wie ihr Vater die Liebe für den Tee teilt, übernimmt sie die Geschäfte. Ihre Schwester Netty ist eine lebenslustige Person, ihr Bruder August dient als Offizier beim Heer. Mutter Adele umgibt ein Geheimnis und eine besondere Art von Melancholie und der Vater leidet immer mehr an Demenz. Als Clara die Ehe mit Franz eingeht, bedeutet das zwar die Absicherung des Teehauses, aber auch, dass sie aus Berlin wegziehen muss und dass Franz sie als Ehefrau und Mutter sieht und nicht als Geschäftsführerin. So hatte sich Clara eine Ehe nicht vorgestellt und als sie Akeno kennenlernt, der wie sie Tee liebt und ihr sehr sympathisch erscheint, ist es um Clara geschehen.
Bei diesem Roman hat mich der bildhafte und flüssige Erzählstil emotional und gespannt durch die Handlung geführt. Sehr ausführlich und interessant sind die Beschreibungen der unterschiedlichen Teesorten und ihrer Zubereitung, und die Szenen der japanischen Teezeremonie habe ich sehr gern gelesen. Der Japanische Sencha Tee mit Kirschblüten nimmt eine besondere Rolle im Roman ein und man wird richtig neugierig auf den Geschmack.

In ihrer Ehe wird Clara nicht glücklich und ihr Mann möchte sie auch nicht als Geschäftspartnerin im Teehaus sehen. Einige Szenen der Familie Winterfeld sorgen für besondere Überraschungen, die mich gut unterhalten haben. Gleichzeitig wird durch Franz deutlich gemacht, das er für Clara das Rollenbild als Ehefrau und Mutter wünscht. Deshalb sehnt sie sich umso mehr nach Akeno, der ihre Gefühle erwidert. So ganz konnte mich die Liebesgeschichte zwischen Clara und Akeno nicht überzeugen. Die wenigen Treffen und Gespräche werden zwar intensiv beschrieben, aber im Großen und Ganzen wirkt das wie eine sehnsüchtige Schwärmerei, die Clara für diese Traumliebe entwickelt. Bis auf eine intime Szene war diese Liebe auch im Briefverkehr, in dem sich Clara und Akeno ihr Herz ausschütten, nicht überzeugend genug.

Die Entwicklungen in den Familien fand ich sehr unterhaltsam, auch Claras Reise mit einem Schiff und die detaillierten Beschreibungen von Kutschen, Draisinen und Kähnen haben mir das Zeitgeschehen gut vor Augen geführt. Zum Ende hin wirkt alles etwas übereilt erzählt.


Dieser unterhaltsame Roman sprüht von der Liebe zum Tee, zeigt den historischen Hintergrund und lässt uns eine Familiengeschichte erleben, die einige Überraschungen beeinhaltet.

Bewertung vom 08.08.2022
Gottschalk, Maren

Frida


sehr gut

Ein lesenswerter Einblick in Frida Kahlos Leben

Im Jahr 1938 reist Frida Kahlo nach New York, sie lässt die Enttäuschungen ihrer Ehe mit Diego Rivera hinter sich und möchte ihre Kunst in der Metropole vorstellen. Sie scheint ihre privaten Probleme zu vergessen und präsentiert selbstbewusst ihre Werke als eigenständige Künstlerin. Ihren Erfolg feiert sie und genießt das Leben in der Großstadt, trifft viele Menschen und hat Affären, wie auch mit dem Fotografen Nickolas Muray. Frida reist weiter nach Paris und in ihre Heimat Mexiko, ihr Leben ist erfüllt von ihrer Kunst und der Liebe.


Maren Gottschalk verknüpft in dieser Romanbiografie reale Inhalte mit fiktiven Darstellungen und bringt uns Frida Kahlos Gedanken- und Gefühlswelt in der Zeit zwischen 1938 und 1939 näher. Die ständigen Streitereien mit Diego Rivera und sein Fremdgehen bringen Frida Kahlo an einen Punkt, an dem sie ihren Lebenssinn, die Kunst, in den Mittelpunkt ihres Daseins rückt. Ihre Reise nach New York wird für sie zu einem Befreiungsschlag, sie steht endlich allein als Künstlerin im Rampenlicht und hat eigenen Erfolg und Anhänger. Sie trifft viele bedeutende Künstler:innen wie Peggy Guggenheim, Picasso, Duchamp, Miro und Kandinsky, die ihre Vernissage besuchen und ihr Anerkennung und Respekt für ihre Kunst bezeugen. Frida hat endlich den gewünschten Erfolg, sie feiert sich und das Leben.

In diesem Roman erlebt man die Inspiration, die Leidenschaft für ihre Kunst, aber auch ihre verletzte Seele und die dauerhaften Schmerzen und Einschränkungen, die das Leben von Frida Kahlo bestimmten. Frida wird hier lebendig gezeigt und das sehr glaubhaft. Wir erleben wie Frida ihr Leben in New York und Paris feiert, ihre Partys, ihren Alkoholkonsum und ihre Liebschaft zu Nickolas Muray. Wobei ihre wahre Liebe immer noch Diego gehört. Aber seine Affären haben zu vielen Narben auf ihrer Seele geführt, endlich befreit sie sich von seinem Einfluß und erlebt mit Nick die gemeinsame Leidenschaft zur Fotografie und sicherlich noch mehr. Doch auch Nick ist ein Mann mit eigenständigen Ansichten, sie sie letztendlich zu Diego zurückführen.

Eindrucksvoll werden die Einzelheiten der Vernissagen beschrieben, man wird zum stillen Betrachter und Beobachter von Kunst und Besuchenden, wobei ich mir gewünscht hätte, das hier der Fokus noch intensiver auf die Werke gelegt worden wäre. Die Beschreibung von Fridas Äußerem in Sachen Frisuren und Kleidung habe ich genossen und speziell ihre mexikanischen Röcke sind so voller Details und sprühen vor Farben, dass man sie vor dem geistigen Auge vor sich sieht. Frida war eine Erscheinung, die damals wie heute für Aufsehen sorgt.

Das ausschweifende, schwierige und künstlerische Leben von Frida Kahlo wird hier auf interessante Weise mit Leben gefüllt. Wir feiern ihre künstlerische Anerkennung in der Kunstwelt und erleben, wie diese Frau von ihren Gefühlen beherrscht wird, ständig ihre Liebe neu definiert und ein Leben voller Gegensätze führt. Und uns dieses Seelenleben und die damit verbundene Pein in ihren Werken hinterlassen hat.


Ein eindringlich erzählter Roman, der Frida Kahlos schmerzhafte Leiden, ihre Inspiration in der Kunst und ihre Affären vorstellt und zeigt, wie sie versuchte, das Leben und den Augenblick zu genießen.

Bewertung vom 06.08.2022
Hamburger Strich;Klugmann, Norbert

Was nun, Huhn?!


ausgezeichnet

Echt zum Gackern, dieses Huhnoptikum!
Im KJM Verlag erscheint das Buch "Was nun,Huhn?!" von Hamburger Strich und Norbert Klugmann, in dem laut Untertitel Tiere, Menschen und Sensationen versprochen werden.

Zum Hamburger Strich gehören: Huse, Tetsche, Jan Rieckhoff, Katharina Greve, Bettina Bexte, Miriam Wurster, Tobias Schülert, Henning Christiansen, Piero Masztalerz, Til Mette, Wolfgang Sperzel, Teja Fischer, Maren Amini, Kai Flemming, Tim Oliver Feicke und Dorthe Landschulz. Sie zählen zur Crème de la Crème der deutschen CartoonistInnen-Szene.

Hühner liegen zur Zeit voll im Trend! Nicht nur Selbstversorger schaffen sich Hühner an, auch einige Promis wie Rakers, Schöneberger, Pooth oder auch Prinz Charles. Warum gerade Hühner? Dafür gibt es viele Gründe, Hühner warnen uns nicht nur vor Vulkanausbrüchen, sie sind Wappentiere und legen immer mal ein Ei. "Sonntags auch mal zwei" ist natürlich Nonsens.

"Manche Hähne glauben, dass die Sonne ihretwegen aufgeht." Zitat Theodor Fontane Seite 11


Norbert Klugmann schreibt in diesem Buch Geschichten aus der Hühnerperspektive und wir Menschen kommen auch darin vor - als sogenannte Federlose. Diese Sichtweise hat mir besonders gut gefallen und lässt uns die Hühner mal aus ganz anderen "Hühneraugen" sehen. Dazu ergänzen außerdem viele informative, nachdenkliche, erbauliche und liebenswerte Texte, Hühnerfotos und Cartoons über das beliebte Federvieh.

Was hier Wissenswertes über Zucht, Intelligenz und Sprache der Hühner zusammen getragen wurde, lässt mich staunen. Der Weltbestand an Hühnern beträgt schätzungsweise mehr als 33 Milliarden. Die Zahl der geschlachteten Haushühner liegt aber bei der doppelten Menge.
Diese und andere Infos über Hühner erweitern den Blick auf Fakten rund um das Huhn. Die Aufstellung über die Farbe der Eier zeigt genau, welche Hühnerrasse welcher Farbe zugeordnet werden kann. Rotbraun legt bspw. Empordanesa und Marans. Und wusstet Ihr, dass es eine Rasse namens "Ostfriesische Möwe" gibt? :-)

Es wird das Mythos Ei gelüftet und auch das Ei des Kolumbus erklärt. Wunderschöne ganzseitige Fotos zeigen Rassehühner aller Art von ganz nah. Auge in Auge, sozusagen.

Was macht das Huhn in den sozialen Medien? Welche Rassen gibt es und was zeichnet sie aus?
Mit Gedichten, Sprüchen und Besonderheiten wird das Hühner-Buch zu einer runden Sache - oder sollte ich besser sagen: zu einer Ei-runden Angelegenheit?

Wer sich noch mehr in das Hühnerthema vertiefen möchte, der bekommt eine Liste von Literatur an die Hand gegeben und ein Rezept für Hühnersuppe gibt es noch on top!


Dieses unterhaltsame Buch ist für alle Hühnerfans ein Muss! Neben informativen Inhalten sorgen einige Funfacts und Cartoons für Freude am bunten Hühnervolk. Echt zum Gackern!

Bewertung vom 05.08.2022
Angeli, Romina

Wer zweimal stirbt, ist trotzdem tot / Walli Schimmel Bd.2


sehr gut

Wieder eine Mords-Gaudi
Der Allgäu-Krimi "Wer zweimal stirbt, ist trotzdem tot" von Romina Angeli ist der zweite Fall für Walli aus dem Harper Collins Verlag.

Walburga Schimmel hat nach einem Sturz von der Leiter eine Gehirnerschütterung und nun muss sich ihr Sohn Wolfi, Polizeioberkommissar, um sie kümmern. Das passt ihm gar nicht, vor allem, als eine Leiche seinen beruflichen Einsatz erfordert. Jetzt muss er seine Mutter auch noch zum Tatort mitschleppen, das hat ihm gerade noch gefehlt! Der Jäger Georg Lerpscher aus Burglbach hängt tot unter seinem Hochsitz. Was ist da geschehen? Wallis Ermittlerinnen-Spürsinn springt sofort an, hier stimmt etwas nicht und sie macht sich auf die Suche nach dem Täter.

Nach dem tollen ersten Band der Krimireihe wollte ich gern wieder mit Walli auf Mördersuche gehen. Also wer Walli noch nicht kennt, sie ist schon eine besonders exzentrische und schräge Type Frau, das muss man schon sagen. Sie denkt nicht groß über ihr Auftreten nach, trägt auch mit Ü-60 noch Leggins und pfeift drauf, was die Leute sagen. Sie ist mordsmutig, trägt das Herz auf der Zunge und tief in ihrem Inneren vermisst sie ihren verstorbenen Mann und träumt häufig von ihm. Ihr Sohn Wolfi ist als Ermittler eher wenig pfiffig, er wird sogar schon mal als"gehirnamputiert" bezeichnet, was Walli aber strikt für absolut übertrieben hält. Beide hängen sehr aneinander, was ihr barscher Umgang miteinander allerdings nicht immer erkennen lässt. Wallis beste Freundin Friedl ist auch wieder mit dabei, sie sorgt mit ihrem breiten Allgäuer Dialekt für herzhafte Dialoge, die das Flair der Gegend authentisch widerspiegeln.

Der Erzählstil ist leicht und locker und lässt sich wunderbar lesen. Eingebaute Dialoge in Mundart und reichlich Schimpfwörter bringen ländliche Authenzität der Allgäuer Bevölkerung mit und man fühlt sich beim Lesen mittendrin in Burglbach und Umgebung.

Die Handlung ist reichlich überspitzt und führt von einer lustigen Szene zur nächsten. Mal landet Walli in der Pathologie auf dem Seziertisch und dann randaliert sie auf der Polizeiwache, sodass die GSG9 anrücken muss. Es gibt hier immer etwas zu lachen und ganz nebenbei werden die Puzzleteilchen der Ermittlung zusammen getragen. Die Spannung verläuft eher unterschwellig und lässt der Gaudi den Vortritt. Dennoch kann man wunderbar miträtseln und amüsiert sich herrlich über Wallis unkonventionelle Ermittlungsmethoden. Dabei ist der gepfählte Jäger alles andere als witzig.

Ein locker-leichter Schreibstil, kurze Kapitel mit prägnanten Überschriften und reichlich Humor sorgen für wunderbare Lesestunden mit Allgäu-Touch durch den eingebauten Dialekt.

Dieser Krimi ist einfach eine unterhaltsame Lektüre mit viel Gaudi und unblutiger Spannung. "Wer zweimal stirbt, ist trotzdem tot" empfehle ich allen, die humorvolle Regionalkrimis mögen.

Bewertung vom 04.08.2022
Rossmann, Dirk

Tintoretto und seine Freunde


gut

Unterhaltsam, aber nicht ganz überzeugend umgesetzt

Der kleine Tintenfisch Tintoretto entdeckt eine schöne Buch und trifft dort auf ein paar unterschiedliche Tiere, die schnell seine Freunde werden. Es sind die Krabbe Crabby, Mala Mandarinfisch, die singende Qualle Kurt und den Delfin Doppelklick. Gemeinsam erleben sie einige Abenteuer, die sich um Freundschaft, Streit und Versöhnung, aber auch um Umweltverschmutzung und Klimawandel drehen.

Das Buch enthält neun kurze Geschichten, die jeweils ein bestimmtes Thema betreffen und von Tintorettos Erlebnissen mit seinen Freunden im Meer erzählen. Die kleinen Freunde versuchen lustigerweise herauszufinden, ob Tintoretto ein Tiefsee-Känguru ist. Sie versuchen aber auch, die Abholzung des Regenwaldes zu verhindern oder sammeln Plastikmüll aus dem Meer, was vorher Crabby fast zum Verhängnis wurde. Doch vor allem geht es um die Freundschaft, sie spielen Verstecken oder Muschelmux, ein Unterwasser-Kartenspiel und haben gemeinsam viel Spaß, manchmal aber auch Streit, wie das unter Kindern auch üblich ist. Denn den Umgang mit fairem Verhalten und ohne zu Schummeln muss man lernen. Es gibt auch Geburtstagsfeiern und dazu reisen viele Meeresbewohner und Säugetiere an, die Kinder so spielend kennenlernen.

Als Vorlesebuch finde ich die kleinen Geschichten nicht zu lang, die Sprache ist sehr einfach und es gibt lustige Szenen mit albernen Wortschöpfungen, über die sich alle kringelig lachen können. Die wie von Kinderhand gemalten, entzückenden Bilder passen gut zu den Texten und begleiten die Vorgänge richtig gut.

Das Thema Umweltschutz wird eher am Rande gestreift, aber es wird das Verständnis und Bewusstsein dafür geweckt und das ist für Kleinkinder schon einmal ein guter Anfang. Die unterschiedlichen Meeresbewohner ziehen bei Problemen alle an einem Strang und werden trotz ihrer Unterschiede zu guten Freunden und diese Botschaft finde ich richtig toll.

Allerdings stört es mich, dass Kinder hier den Eindruck bekommen, Delfine, Mandarin- und Doktorfische würden auch im Nordpolarmeer beim Eisbären leben können. Dabei leben sie nur in warmen Meeren und könnten bei Kälte gar nicht überleben.
Am Ende des Buches hätte ich mir gewünscht, wenn kindgerechtes erstes Wissen über Müll und Umweltverschmutzung vermittelt worden wäre.

Diese fantasievollen Geschichten zeigen, dass man mit Freunden nicht nur Spaß haben, sondern auch einiges schaffen kann und ganz nebenbei erfährt man etwas über die Verschmutzung der Weltmeere und über den Klimawandel. Etwas mehr Wissen über Müllverschmutzung hätte ich mir schon gewünscht.

Bewertung vom 03.08.2022
Werner, Kathrin

Niu


gut

Feinfühlig erzählter Debüt-Roman, der mit einer mysteriösen Figur Rätsel aufgibt

Im Atlantik Verlag erscheint mit "Niu" das Debüt von Kathrin Werner.

Carmen und Thomas haben sich auseinander gelebt, sie wagen einen Neustart und ziehen nach New York. Ihre Beziehung soll sich dort neu entfalten und wieder einen tieferen Sinn bekommen. Wie zufällig lernen beide Niu kennen, die ihnen immer wieder über den Weg läuft und beide verfallen ihrem Einfluß. Ihr gemeinsames Leben als Paar wird immer mehr zur Nebenkulisse, denn ihre Gedanken kreisen ständig um Niu.

Nach ihrem Neuanfang in New York leben Carmen und Thomas nach altem Schema weiter, sie reden nicht miteinander, sie machen ihre Sehnsüchte und Probleme mit sich selbst ab und distanzieren sich immer mehr voneinander. Als Niu in ihr Leben tritt, drehen sich ihre jeweiligen Gedanken nur noch um sie und beide verlieben sich und wissen nicht, dass ihr Partner Niu ebenfalls kennt. Damit gewinnt die Geschichte für mich an Spannung und Brisanz, denn ich wollte wissen, wieso Niu ihnen in einer riesigen Metropole wie New York ständig begegnet.

Kathrin Werner erzählt feinfühlig und sehr nah an den Personen von ihrer Beziehung. Der Erzählstil ist bildhaft und flüssig und führt mit situationsbeschreibenden Szenen durch die gesamte Handlung. Die Autorin führt uns das Leben New Yorks vor, wir erleben U-Bahn, Coffee Shops und die Brooklyn Bridge und tauchen in das typische schnelllebige Flair der Großstadt New Yorks ein.

Kathrin Werner zeigt die Gefühlswelt des Paares auf, wir erfahren ihre Sorgen, Hoffnungen und ihre Wünsche und merken, wie sich das Paar immer weiter voneinander entfernt. Als sie Niu kennenlernen, scheinen beide neue Wege einschlagen zu wollen, es bleibt aber undurchsichtig, was Nius Rolle oder Absicht ist und ob ihr Einfluß gut oder schlecht ist. Sie wirkt auf mich recht blass und es umgibt sie eine rätselhafte Aura, ihre Person wird erst im Laufe der Handlung etwas mehr definiert, aber sie bleibt für mich ein großes Fragezeichen, das leider auch nach Beendung des Buches nicht vollständig aufgelöst wird. Diese Art von mysteriösen Figuren mag ich leider gar nicht, ich wünsche mir Realität und Klarheit und keine Geisterwelt, die hier auch nicht zum Rest der lebensnahen Geschichte passt.


Ich habe mich dem Paar nach und nach angenähert, habe ihre sprachlose Art des täglichen Umgangs miteinander gefühlt und erlebt und hätte ihnen diese Isolation voneinander gerne ausgeredet. Sympathisch wurden sie mir nicht, aber die Darstellung der Beziehungskrise wirkt sehr authentisch und man erfährt die Nöte der einzelnen Partner, körperlich wie psychisch, die in jedem nachwirkt.

Niu scheint die Rolle der lenkenden Figur einzunehmen und ich war sehr gespannt, wann beide Partner von dem Doppelleben des Anderen erfahren und wie sie reagieren. Doch dann gibt es in der Geschichte einen Cut, als die Mutter von Thomas nach New York kommt, auch sie hat Beziehungsprobleme. Von diesem Moment an war ein Bruch zu spüren, die Handlung lief nur noch ab und der Spannungsfaktor fiel ab. Dabei sollte der große Knall der Story erst noch geschehen. Leider konnte das Ende nicht mit dem starken Anfang der Geschichte mithalten.


Kathrin Werner lässt vor der authentisch gezeigten Kulisse New Yorks ein feinfühlig erzähltes Beziehungsdrama ablaufen, bei der die Selbstverwirklichung, die Liebe und die Familie im Mittelpunkt stehen. Leider konnte mich Nius Figur nicht ganz überzeugen, sie bleibt im Grunde ein rätselhafter Geist.

Bewertung vom 01.08.2022
Hennig von Lange, Alexa

Die karierten Mädchen / Heimkehr-Trilogie Bd.1


gut

Statt wahrer Geschichte nur eine geschönte Fiktion!
Im Dumont Verlag erscheint mit dem Roman "Die karierten Mädchen" von Alexa Hennig von Lange der erste Band einer Trilogie.

Klara ist blind, bereits über neunzig, lebt allein und beginnt ihr Leben Revue passieren zu lassen. Sie erinnert sich an ein Geheimnis, dass sie vor ihrer Familie verborgen hat. Auf Kassetten nimmt sie diese Erinnerungen auf, sie beginnt 1929, als sie mit einundzwanzig Jahren Lehrerin in einem Erholungsheim für kranke Kinder wird. Dort wird die einjährige Tolla abgegeben, zu der sich Klara hingezogen fühlt. Als Klara das Heim bereits leitet, gibt es wirtschaftliche Schwierigkeiten und sie hofft auf Unterstützung durch die nationalsozialistischen Funktionäre. Damit soll das Heim unter der Hakenkreuzflagge eine Ausbildungsstätte für junge Frauen werden und damit erledigt sich das Vorhaben, dort eigenständige Menschen zu erziehen. Die Besuche der Nazi-Funktionäre gefährden auch Tolla, die jüdischer Herkunft ist und inzwischen von Klara als Kind angenommen wurde.

"Die karierten Mädchen" hat Alexa Hennig von Lange an die Geschichte ihrer eigenen Großmutter angelehnt, von ihr existieren Kassetten über ihre Zeit als Lehrerin.

In zwei Zeitebenen erfahren wir die Geschehnisse damals im Kinderheim und später als Klara eine alte Frau ist. Der Schreibstil der Autorin hat mich sofort in diese Vergangenheit versetzt und mit der politischen Brisanz der Zeit gepackt. Allerdings entwickelt sich die anfänglich noch sympathisch erscheinende Protagonistin Klara doch nicht in dem Maße, wie ich es erwartet hätte. Sie interessiert sich angeblich nicht für Politik, merkt aber schon, was das Erstarken der Nazis bewirkt. Sie schützt ein jüdisches Mädchen und ich hoffte darauf, dass sie mehr bewirken konnte. Doch im Grunde wurde Klara zu einer Mitläuferin, die im Nachhinein zwar die Erlebnisse festhält, aber wirkliche Gewissensbisse konnte ich nicht entdecken. Es gab keine Reflektion des Geschehenen, kein Wort von Klara über eigene Fehler oder mögliche andere Handlungsweisen, die damals für viele Menschen der rettende Anker gewesen wären.
Klara erscheint mir kühl und sehr distanziert, fast gefühlslos, sie kommt mir nicht nahe und ich habe keine enge Verbindung zu ihr aufbauen können. Sie wirkt oberflächlich, diszipliniert und in ihrer Art sehr widersprüchlich, denn obwohl sie ihre Schülerinnen zu eigenständig denkenden und selbstbewußten Frauen erziehen möchte, will sie selbst von Politik nichts wissen. Und sie ignoriert die Gefahr einer nationalsozialistischen Verwaltung des Heims. Das passt nicht so recht zusammen und macht sie für mich uninteressant und die Liebesgeschichte passte für mich auch nicht so recht ins Bild.

Der eindringliche Schreibstil ist für mich der positive Part des Buches, es war sehr sehr gut zu lesen und wenn der fiktive Teil die Großmutter nicht ganz so schönend ins positive Licht gestellt hätte, wäre ich sicher überzeugter von der Geschichte gewesen. Da die Autorin aber Tolla nur hinzugedichtet hat, hatte ich den Eindruck, hier sollte ein Akt der Nächstenliebe die wahre Klara überdecken. Das hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.

Diese Geschichte hat mich gefesselt und auch der Erzählstil ist mitreißend. Jedoch verlief die Geschichte ohne spürbaren Gewissenkonflikt Klaras, den sie im Alter doch hätte verspüren sollen. Und das hinzugedichtete jüdische Mädchen Tolla vermittelte ein geschöntes Bild der Großmutter, das es nie gegeben hat. Die ganze Story verliert damit für mich an Glaubhaftigkeit und es bleibt ein fader Beigeschmack.

Eine Geschichte, die persönliche Wahrheit verspricht, bei der sich aber bei näherer Betrachtung doch der fade Beigeschmack der Entlastung der Großmutter als Mitläuferin am Ende durchgesetzt hat. Immerhin noch drei Sterne, weil die Zeitgeschichte gut dargestellt wird.