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sommerlese
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Zu meinen Hobbies gehört Lesen einfach dazu. Meine Rezensionen erscheinen auch auf meinem Blog. Schaut doch bei Interesse mal rein! https://sommerlese.blogspot.com/
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Insgesamt 2697 Bewertungen
Bewertung vom 13.04.2022
Der Tod der dreckigen Anna
Seel, Tina

Der Tod der dreckigen Anna


ausgezeichnet

Ein packender True-Crime und außergewöhnliches Debüt
Im Emons Verlag erscheint der Krimi "Der Tod der dreckigen Anna" von Tina Seel.

Heiligabend 1974 wird die geistig verwirrte Anna Hager tot in ihrem Haus aufgefunden, brutal ermordet und wie ein Schlachtvieh ausgeweidet. Für die Tote wird nicht viel Mitleid empfunden, sie galt ja als verrückt. Doch nun beginnt die scheinbare Idylle des kleinen Dorfes zu blättern und die Bewohner sind sich einig, das kann keiner der friedlichen Dorfbewohner gewesen sein. Aber stimmt das wirklich?

Die Geschichten auch dem echten Leben sind oft die besten Storys. Sie kannte das Mordopfer Anna Hager, Tina lebte in den 70er Jahren in ihrer Nachbarschaft und sie kannte auch ihren Mörder.

Diesen wahren Fall hat Tina Seel in ihrer tragischen Story verarbeitet und dabei ein erstaunlich erschreckendes Psychogramm eines brutalen Mörders gezeichnet. Die Tatvorgänge werden in allen Details beschrieben, aber erst die Einblicke in die wahren Hintergründe sorgen für wahrlich schauderhafte Stimmung, die Tina Seel auch fesselnd und gänsehautmäßig in ihrem Erzählton transportieren kann.

Wir erfahren von dem traurigen Schicksal der drei Hager-Schwestern, Hilde kommt in ein Heim, Elsa stirbt auf der Treppe ihres Hauses und Anna bleibt hilflos zurück und verwahrlost immer mehr.

Von den Dorfbewohnern erfährt die Polizei keine hilfreichen Hinweise, sie trauen diese Tat keinem von ihnen zu und möchten niemanden etwas schlechtes nachsagen. Die Menschen des Dorfes erlebt man keinesfalls als sympathische Zeitgenossen, alle erscheinen lieblos, mit sich und ihrer Arbeit voll und ganz beschäftigt, Kinder haben sich ihren Eltern zu fügen, wenn nicht, setzt es Prügel. In so einem Umfeld wird auch der Täter groß, wir lernen ihn und seine Denkweise kennen und können ahnen, warum er sich unter dem Einfluss seiner Mitmenschen so entwickelt hat. Seine Psychose und sein krankes Handeln sind aber durch nichts zu entschuldigen.

Tina Seel lässt ihre Leser neben der Gegenwart und den Tatvorgängen auch in die Vergangenheit der 50er Jahre blicken und damit den Täter und sein Umfeld näher kennenlernen.

Wir lernen die Dorfbewohner kennen, hören ihre Gespräche und erfahren von ihren Ängsten. Dabei wird auch der Täter schnell bekannt, das ist bei Krimis normalerweise ein Spannungskiller. Doch nicht in diesem Fall, denn hier erfahren wir auch die Gründe, wie er durch eigenes erfahrenes Leid zu so einem Menschen werden konnte. Das Spannende an diesem Buch ist im Grunde die Auflösung des Mordfalls und die Seelenpein einzelner Menschen, die gedankenlos Aussagen machten und ihr Wissen bewusst oder unbewusst verschwiegen. Aber auch das Psychogramm des Täters sorgt für Gefühle der Abscheu und für Entsetzen.

Man kann bei diesem besonderen Buch wohl weniger von einem Krimi als eher von einer tragischen Mordserie sprechen, die sich im Laufe des Buches immer mehr entblättert.

Ich kann diese wahre und gut in Szene gesetzte Story absolut empfehlen und war überrascht, dieses außergewöhnliche Debüt lesen zu dürfen.

Bewertung vom 12.04.2022
Grimms Märchen - vollständige und illustrierte Schmuckausgabe mit Goldprägung
Grimm, Jacob;Grimm, Wilhelm

Grimms Märchen - vollständige und illustrierte Schmuckausgabe mit Goldprägung


sehr gut

Der Klassiker für Märchenbegeisterte

Dieser Band vereint die vollständige Ausgabe der »Kinder- und Hausmärchen« der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm von 1812/1815 (in der 2. Aufl. von 1819) mit 444 schwarz-weiß-Illustrationen des Jugendstilkünstlers Otto Ubbelohde. Die Märchensammlung der Gebrüder Grimm ist weltweit bekannt und gilt als der deutsche Märchenschatz. Aus überlieferten Geschichten dichteten sie ihre Märchen, die inzwischen Klassiker geworden und Jung und Alt bekannt sind.
Bei dieser umfangreichen Märchensammlung finden sich bekannte und weniger bekannte Märchen. Von "Allerleirauh" und "Aschenputtel" über "Das tapfere Schneiderlein", "Der Wolf und die sieben jungen Geißlein", "König Drosselbart" bis hin zu dem eher unbekannten "Von dem Tode des Hühnchens" gibt es hier den gesamten Märchenschatz zu entdecken.

Die Geschichten werden mit den etwas düster erscheinenden, schwarz-weiß Zeichnungen von Otto Ubbelohde begleitet, die mir zwar künstlerisch sehr gefallen, doch generell finde ich bunte Bilder einfach schöner. Denn genau diese schönen Eindrücke der Bilder aus meinen Kindheits-Büchern habe ich noch heute im Kopf.
Beim ersten Anlesen fiel mir sofort an dem handlichen Buch das recht dünne Papier auf, was für Kinderhände eher ungeignet erscheint. Aufgrund des günstigen Preises bekommt man hier kein kostbares Sammlerstück, aber immerhin doch eine vollständige Ausgabe der Grimmschen Märchen.

Märchen sind Kulturgut und sie wurden in vielen Dialekten über Generationen weiter erzählt. Deshalb sind einige Geschichten auch in Mundart, wie "Oll Rinkrank" oder das plattdeutsche "Up Reisen gohn". Deshalb sind nicht alle Märchen dieses Buches sprachlich und wegen ihres oft grausamen Inhaltes auch wirklich kindgerecht. Zum Vorlesen für kleinere Kinder eignen sich allerdings trotzdem viele Märchen. Als Erwachsener muss man halt abwägen, was das Kind versteht.
Der große Vorteil an dieser Ausgabe ist vor allem das unschlagbare Preis/Leistungsverhälnis. Hier bekommt man viele Geschichten für wenig Geld.

Diese einzigartige Märchensammlung der Gebrüder Grimm ist ein Klassiker, der allen Märchenfreunden gefallen wird!

Bewertung vom 11.04.2022
Die Sommerschwestern Bd.1
Peetz, Monika

Die Sommerschwestern Bd.1


sehr gut

Alte Familienbande werden neu geschmiedet

Jahrelang verlebten die vier grundverschiedenen Schwestern Doro,Yella, Helen und Amelie unbeschwerte Sommerferien in ihrem Feriendomizil in Bergen an der holländischen Küste, bis sie als Teenager dort ihren Vater durch einen Unfalltod verloren. Ganze 20 Jahre später lädt ihre eigenwillige Mutter sie zu einer gemeinsamen Reise nach Bergen ein. Die vier Frauen ahnen, dass ein besonderer Grund vorliegen muss und sie folgen der Einladung neugierig, aber zum Teil auch eher unwillig.



Im Mittelpunkt der Erzählung steht Yella, die zweitälteste Schwester. Sie ist verheiratet und Mutter von zwei kleinen Söhnen. Aus Yellas Sicht nehmen wir am Familientreffen teil und sehen welche Entwicklungen sich dort ergeben und erfahren in Rückblenden von Kindheits-Erlebnissen im Sommerurlaub, von den Erinnerungen an den Vater und von den Konflikten, die zwischen Mutter und Töchtern damals wie heute bestehen. Die Familie hat sich auseinander gelebt und die Schwestern stehen sich nicht mehr sehr nahe. Doch dieses Treffen bietet die Möglichkeit, zu reden und sich wieder anzunähern.

Besonders Yella erfahrt bei dieser Reise eine Rückbesinnung auf alte Zeiten und lernt, damit umzugehen und daraus eigene Erkenntnisse für ihr Leben zu gewinnen.

Durch den mitreißenden, flüssigen und sehr eingängigen Schreibstil liest sich das Buch wie von selbst. Man wird schnell warm mit der Familie und erlebt in bildhaften Beschreibungen die Orte, Naturschilderungen und Stimmungen einfühlsam mit und taucht als heimliche Beobachterin in die Handlung ein. Es war, als wäre ich selbst mit in dieser Gegend unterwegs gewesen und konnte die Kindheitsgefühle wunderbar mitleben. Das eingebaute Niederländisch sorgt für die nötige Stimmung, obwohl ich nicht alles verstanden habe.

Die sich langsam herauskristallisierenden Familiengeheimnisse sorgen für kleine Spannungsmomente, mehr interessiert haben mich aber die Konflikte innerhalb der Familienmitglieder und wie sie lernen, miteinander umzugehen. Die Charaktere fand ich gut herausgearbeitet, wobei Mutter Henriette mich mit ihrer kritischen Art nicht überzeugen konnte. Ständig erteilt sie Yella, die ihr im Verhalten recht ähnlich ist, Ratschläge, lässt aber ihr eigenes Handeln nicht hinterfragen. Der Roman lässt Lebensträume aufblitzen, zeigt aber auch die realen Probleme, sowie die schönen Momente innerhalb einer Familie.


An dieser gut zu lesenden Familiengeschichte schätze ich die besondere Charakterausarbeitung und den eingängigen Erzählstil, der für unterhaltsame Lesezeit gesorgt hat.

Bewertung vom 10.04.2022
Das große Buch der kleinen Tiere
Tordjman, Nathalie

Das große Buch der kleinen Tiere


ausgezeichnet

Großartiges Sachbuch mit zahlreichen Infos über die Welt der kleinen Tiere

Die Tierwelt ist voller Leben und kleine Tiere machen den Großteil aller Tierarten aus. Welche kleinen Tiere kennst du? Sind Spinnen eigentlich Fleischfresser? Warum reiben Fliegen ihre Beinchen aneinander? Welche Käfer gibt es? Gleichen sich Bienenstock und Ameisenhaufen? Dieses Buch zeigt Wissenswertes, viele Illustrationen und zeigt auch die größten Rekordhalter unter den kleinen Tieren auf.

Dieses Buch bietet einen umfassenden Überblick über mehr als 200 wirbellose Tiere und es wird erklärt, was sie fressen, wie sie sich fortbewegen, wo sie sich verstecken und in welchem Lebensraum sie leben.

Die Themenbreite ist für so ein dünnes Buch unglaublich breit aufgestellt. Was sind Bestäuber? Wie ist ein Bienenstock aufgebaut? Welche Fressfeinde haben kleine Tiere? Welche Plagegeister nerven uns Menschen? Und wie musiziert das Insektenorchester?

Die absolut detailgetreuen und naturnahen Illustrationen sind einfach nur wunderbar, so lernen Kinder die Tiere kennen und interessieren sich für ihre Lebensweise.

Es werden viele spannende Fakten näher erklärt, so z. B. wie Larven heranwachsen, welche Metamorphose sie durchmachen und auf welche Weise diese Tiere überwintern. Die Einteilung der Kapitel richtet sich nach den jeweiligen Lebensräumen: in der Luft, am Boden oder im Wasser. Jedem Kapitel schließen sich Quizfragen und Beobachtungsspiele an, bei dem Kinder die gefragten Tiere im Übersichts-Bild suchen können und weitere Informationen über sie erhalten. Dadurch lernen sie, in welchen Lebensräumen die jeweiligen Tiere leben und die Aufgabenstellung weckt ganz allgemein das Interesse an der Natur. Die Auflösung findet man am Ende des Buches.

Kinder können sich mit der Natur beschäftigen, indem sie die speziellen Anleitungen für den Bau eines Schneckenterrariums oder von Unterschlupfmöglichkeiten für Insekten, Schnecken oder Asseln nachbauen können. Dazu ist die Hilfestellung von Erwachsenen nötig.

Die Vielseitigkeit an Informationen ist großartig. Es werden viele Sachverhalte näher beleuchtet und Kindern verständlich erklärt.

Die große Fülle an Informationen und die zahlreichen schönen Bilder machen das Buch zu einer Freude für alle, die unsere Natur kennenlernen wollen. Ein wunderbares Bilderbuch mit Sachwissen für große und kleine Tierfreunde über unsere einzigartige "Klein-Tierwelt"!

Bewertung vom 09.04.2022
Orchideen
Knapp, Sandra

Orchideen


ausgezeichnet

Ein einmalig schönes Buch über die Königin der Blumen

"Die verblüffende Ähnlichkeit einiger Orchideenblüten mit Insekten oder Pilzen ist keine Laune der Evolution oder auf eine allzu rege menschliche Vorstellungskraft zurückzuführen. Die Ähnlichkeit ist vielmehr das Herzstück eines betrügerischen und manipulativen Bestäubungssystems. " Zitat Seite 127

Mit ihren wunderschönen Blütenformen und diversen Farben gehören Orchideen zu den beliebtesten und kostbarsten Pflanzen, die die Natur hervorbringt. Es sind reine Wunderwerke der Natur, die noch gar nicht solange erforscht sind wie andere Pflanzen.

Sie leben in der Luft, haben Wurzeln der Liebe, es gibt von ihnen eine ungeheure Formenvielfalt und sie täuschen ihre Bestäuber auf besondere Weise. Sie gelten als Aristokraten im Pflanzenreich.

Doch ob nun Aristokraten oder raffinierte Betrüger (aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit Fliegen), Orchideen sind so artenreich wie kaum eine andere Blühpflanze auf der Welt. Sie sind anpassungsfähig, locken mit ihrer Schöhneit in allen Farben, Formen und Größen und sind doch sehr gefährdet, wenn die Abholzung und Rodung ihrer Lebensräume und die Umweltverschmutzung weiter voranschreitet. Darauf weist auch der Botaniker Mark Chase in seiner Einleitung hin.

In diesem hochwertig wirkenden Buch in Leinenoptik stellt uns Sandra Knapp die Besonderheiten der Orchideen vor. Ihre interessanten Texten sind mit entsprechendem erklärenden Bildmaterial ausgestattet und man erfährt von erstaunlichen botanischen Hintergründen. Dabei stützt sich sich auf die Forschungsergebnisse und Beobachtungen von Wissenschaftlern wie John Gerard, Edith Coleman, James Bateman, Darwin etc.

Das ist vielleicht nicht die richtige Lektüre für einen botanisch ungebildeten Laien, aber wer sich für Orchideen interessiert, findet sicher viele spezielle Fakten und bis ins Detail ausgeführte Ausführungen, die ihn begeistern werden und interessieren. Sandra Knapp erklärt uns die Form der Blüten der Orchideen, die unterschiedlichen Bestäubungsvarianten, wie das Anlocken von Insekten funktioniert und sogar warum Orchideenwurzeln auch Wurzeln der Liebe genannt werden. Den Texten kann man viel Wissenswertes entnehmen, sie erklären, hinterfragen und zeigen die vielen Ansichten der Botaniker auf.

Das Bildmaterial ist einfach nur perfekt und authentisch dargestellt. Da kann man einfach nur ins Schwärmen kommen.

Dieses Buch zeigt so viel Wissenswertes und Schönes über Orchideen, einfach nur herrlich! Hier geht es ins Detail bei den artenreichsten Familien der Blütenpflanzen.


Wunderschöne Zeichnungen und interessante Texte stellen die Aristokraten unter den Wildpflanzen vor. Dieses einzigartige und schöne Sachbuch empfehle ich allen Orchideenliebhaber:innen, die auch die Hintergründe und biologischen Fakten ihrer Lieblingspflanzen wissen wollen.

Bewertung vom 09.04.2022
Für immer und noch ein bisschen länger
Leciejewski, Barbara

Für immer und noch ein bisschen länger


sehr gut

Ein berührender Roman über Trauer, Liebe und Zusammenhalt

Die Konzertpianistin Anna Trost hat in ihrem Leben schon einige Verluste verkraften müssen. Bei ihrer Geburt starb ihre Mutter, sie wuchs bei ihren Großeltern auf und hatte eine recht lieblose Kindheit. Als sie endlich ihr großes Glück mit ihrem Verlobten und Seelenverwandten Jeremias gefunden hatte, starb er vor sechs Jahren bei einem Verkehrsunfall. Danach zog Anna sich zurück vom Leben und lebt ohne große Kontakte zur Außenwelt, doch dann wird ihr ihre Wohnung gekündigt und sie zieht in eine WG. Aber auch hier sind die Bewohner eher in einem Schneckenhaus gefangen. Wie wird es Anna dort ergehen?

Anna hat genug vom Alleinsein und beschießt, sich selbst und ihre WG-Bewohner, die sich nur zum gemeinsamen Essen treffen, wieder ins Leben zurückzuführen. Die Sängerin Gunilla hat seit Jahren nicht mehr die Wohnung verlassen und Kurt kümmert sich um alle Reparaturen, aber nicht um sein eigenes gebrochenes Herz. Hier muss etwas geschehen und dann lernt Anna lernt ihren blinden Nachbarn Anders kennen, mit dem sie sich gerne unterhält.

Anna hat es in ihrem Leben nicht leicht gehabt, die einzige Freude war ihr das Klavierspiel und die Liebe zu Jeremias. Seit sechs Jahren schmerzt der Verlust des Verlobten und als sie ihre gemeinsame Wohnung verlassen muss und in eine WG zieht, ist das schon ein extremer Schritt. Mit anderen Menschen eine Wohnung teilen ist nicht einfach, vor allem, wenn die recht individuellen Bewohner alle ihre kleinen Macken und Probleme haben. Doch wie es scheint, ergänzen sich alle immer besser und es entsteht eine herzliche Gemeinschaft, die jeden mit seinen Sorgen auffängt. Die Charaktere sind alle etwas verschroben, haben Wiedererkenungswert und sind mir beim Lesen immer mehr ans Herz gewachsen. Die entscheidenden Wendepunkte im Leben der WG-Bewohner erfährt man in berührenden Rückblicken und kommt ihnen dadurch immer näher. Auch Annas Vergangenheit wird auf diese Weise immer mehr freigelegt.

Der Schreibstil ist leicht und sehr lebendig und führt locker durch dunkle oder schöne Szenen des Lebens.

Ich konnte unbemerkt mit in die WG ziehen und habe die Figuren gerne begleitet. Insgeheim hatte ich die Hoffnung, dass Anna und Anders sich näher kommen würden.

Für mich war dieser Roman wie eine Liebeserklärung an das Leben mit all den Höhen und Tiefen, die Liebe und Verlust mit sich bringen. Es war sehr schön zu sehen, wie sich die Protagonisten alle von ihrem Tiefpunkt aus wieder ins Leben gewagt haben, um wieder die positiven Seiten des Lebens aufzuschlagen. Ich konnte sehr mit Anna und ihren Verlusten mitfühlen, fand es aber sehr unlogisch, dass sie all die Jahre nie nach ihrer Mutter gefragt hat.

Dieser Roman zeigt emotionale Lebensereignisse, die Menschen bedrücken und verändern. Aber er zeigt auch Hoffnung und Zuversicht auf. die durch eine funktionierende Gemeinschaft entstehen. Das Ende versprüht einen Wohlfühleffekt, der mich berührt und zufrieden das Buch schließen ließ.

Ein emotionaler und berührender Roman über Trauer, Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt, der den Weg aus der Einsamkeit zurück ins Leben zeigt.

Bewertung vom 07.04.2022
Man muss sich nur trauen / Online-Omi Bd.16
Bergmann, Renate

Man muss sich nur trauen / Online-Omi Bd.16


sehr gut

Eine humorvolle und filmreife Buchvorlage für "Senioren zwischen Tüll und Tränen"

Renate Bergmann bringt ihre Freundin Gertrud unter die Haube und übernimmt sozusagen als Ersatz von Brautmutter und Brautjungfer die Planung der Feier. Denn darin kennt sie sich aus, schließlich hat sie bereits vier mal geheiratet. Von Blumenschmuck über das Kleid bis hin zum Essen muss an alles gedacht werden und auch Gunter, der Bräutigam bekommt Starthilfe durch Renate. Doch so ganz wie am Schnürchen läuft die Hochzeitsfeier dann doch nicht.

Diese Buchreihe mag ich sehr, denn die rüstige Online-Omi Renate hat schon so einiges in ihrem Leben gemeistert, vier Männer überlebt und lässt sich dennoch nicht unterkriegen. Sie wirft ihren Blick auf die heutige Generation und sagt offen und ehrlich ihre Meinung, auch wenn sie damit aneckt. Es ist interessant, welche Lebensweisheiten sie von sich gibt und oft hat sie einfach den Schalk im Nacken.

In diesem Band steht nun die Hochzeit von Gertrud und Gunter an. Was muss man alles bedenken, wenn die Braut schon über 80 ist? Da darf der Schuh nicht nur schick aussehen, er muss auch bequem sein und nimmt man ein weißes Kleid oder lieber nicht. Und wieviele Torten braucht man für die vielen Gäste? Kein Problem, Renate ist auch in diesen Fragen immer für einen hilfreichen Rat gut.

Auch wenn in diesem Buch die Hochzeit im Vordergrund stehen soll, so kommt diese eher etwas zu kurz. Denn auch in diesem Buch lässt Renate es sich nicht nehmen, über Alltägliches und aus ihrem Leben zu erzählen und schweift dann gern mal ab. Erzählen kann sie wunderbar, fast ohne Punkt und Komma. Doch das meine ich nicht im negativen Sinn. Es geschieht auf eine liebenswerte Art und Weise und mit einem trockenen Humort, der auch ihre Leseschaft erheitert und gute Laune beschert. Denn sie gewinnt auch den negativen Dingen des Lebens und dem Älterwerden noch die positiven Seiten ab.

Und auch die Nebenfiguren Ilse und Kurt sind wieder mitsamt ihrem Koyota dabei und werden liebenswert und mit Witz beschrieben. Eine Bereicherung war für mich auch Schleier-Elfie mit ihrem Buxen-Willy.

Mir persönlich kam die Ausgestaltung der Hochzeitsfeier etwas zu kurz, dafür zogen sich die Vorbereitungen zu sehr in die Länge. Aber so ist es ja auch im wahren Leben, eine aufwändige Planung für einen einzigen möglichst perfekten Tag.

Es war mir ein besonderes Vergnügen, Renate als Hochzeitsplanerin zu begleiten und die humorvolle Unterhaltung ist für alle Fans der Online-Omi ein Genuss.

Bewertung vom 04.04.2022
Austern surprise / Die Inselköchin ermittelt Bd.2
Andersen, Lili

Austern surprise / Die Inselköchin ermittelt Bd.2


sehr gut

Unterhaltsamer Cosy-Crime an der Nordsee mit einem Hauch französischer Küche

Die französische Köchin Louise Dumas hat sich inzwischen gut auf Pellworm eingelebt, sie bekocht zur Zeit eine Gruppe aus Archäologen, Ethnologen und Historikern, die angefeuert durch Funde im Wattenmeer als „Rungholtfreunde“ um die Bedeutung der sagenumwobenen Handelsstadt Rungholt streiten. Leider bleibt es nicht bei Diskussionen, es sterben ein Archäologe, die Polizei hält es für einen Unfall, Louise geht aber von einem Mord aus und stellt mit Unterstützung ihres Freundes Momme Mommsen erste Nachforschungen an. Damit mischt sie sich aber auch in die Arbeit der Inselpolizistin Solveig Olms ein.

Wie schon der erste Band, bietet auch der neue Fall um Inselköchin Louise eine schöne Mischung aus guter Unterhaltung, unblutiger Spannung und norddeutschem Inselflair mit Anklängen der französischen Küche. Das passt perfekt für eine gute Urlaubslektüre, denn das schön beschriebene Inselflair Pellworms mit Meer, Wind und salziger Luft macht auch Lust auf einen eigenen Besuch der Insel. Auch wenn die Tücken des Wattenmeeres bei Seenebeln durchaus Angst einflößen können.

Der Fall startet mit einem fesselnden Prolog und baut sich kontinuierlich auf, nach dem ersten Toten geht das Morden weiter und damit steigt auch die Spannung weiter an. Man kann wunderbar miträtseln, erlebt die sprachlichen Ausflüge ins Plattdeutsche und ins Französische und bekommt eine so eine authentische Atmosphäre beider Nationalitäten geliefert.

Dieser Krimi lässt sich ohne Vorwissen des ersten Buches lesen, man fährt aber besser, wenn man die Reihenfolge einhält und ich habe mich über das Wiedersehen mit den liebenswerten Figuren Louise, Tine und Momme gefreut. Die lebendig gezeichneten Figuren wuchsen mir weiter ans Herz, einige humorvollen Szenen lockern die Szenerie auf und die Rungholtsage wird auch auf interessante Weise eingebunden.

In Louises Küche entstehen einige wunderbare Gerichte, die ich gerne mitgegessen hätte. Und wie schon im ersten Band findet man zum eigenen Nachkochen auf den letzten Seiten des Buches ein paar Rezepte.

Ein schöner Cosy-Crime zum Abschalten, der sich als schöne Urlaubslektüre anbietet.

Bewertung vom 03.04.2022
Selige Witwen
Noll, Ingrid

Selige Witwen


ausgezeichnet

Ein typisch boshafter Ingrid Noll-Roman

Die Freundinnen Maja und Cora genießen mit Majas Sohn Bela das schöne Leben in Florenz. Als sie erfahren, dass es Majas Oma schlecht geht, reisen sie nach Deutschland, Cora wittert eine Erbschaft. Doch der alten Dame geht es schon wieder besser. Cora schnappt sich ihren Cousin Felix und fährt zurück nach Italien und lässt Maja als Hilfe für die Großmutter zurück. Da Maja völlig mittellos ist, hat sie Schwierigkeiten, sich über Wasser zu halten. Doch sie findet immer Wege und Mitte und lernt eine Frau kennen, deren Exmann im Rotlichtmilieu als Anwalt tätig ist und seiner Frau nachstellt. In ihrem Besitz ist etwas was kostbar ist und weil Maja davon weiß, gerät auch sie in Gefahr.

"Merk dir ein für allemal: Wenn du dich mit schwachen Männern abgibst, versuchen sie sofort, dir das Mark aus den Knochen zu saugen, um selbst zu erstarken. Am Ende sind sie zu Riesen geworden, und du bist nur noch ein Schatten deiner selbst." Zitat Seite 182

Der herrlich trockene Erzählstil und der böse Humor Ingrid Nolls sind für mich immer wieder eine wahre Lesefreude. In diesem Buch begleiten wir die Freundinnen Maja und Cora, beide nicht gerade liebenswerte Geschöpfe, beide sind selbstsüchtig, egoistisch und gehen für Geld und schöne Häuser über Leichen. Cora scheint noch etwas krimineller veranlagt zu sein als Maja, aber auch die lernt im Buch einiges dazu. Bei der Lektüre taucht man in ihre Liebesgeschichten und Mordhandlungen ein. Es wird spannend und man wünscht sich, dass die mörderischen Ideen der Frauen nicht aufgedeckt werden.

Beim Lesen habe ich mich sehr über die originellen Figuren gefreut, die außergewöhnlich und mit markanten Charakterzügen ausgestattet wurden. Wann liest man schon einmal von einer bärtigen Frau, die mit einem Anwalt aus dem Rotlichtviertel verheiratet ist und ihm echte Gemälde klaut?

Mit großer Lesefreude habe ich die Vorgänge verfolgt und ich habe mich trotz der kriminellen Ader der Protagonistinnen etwas boshaft mit ihnen gefreut. Wie erwartet: Brillante Unterhaltung mit Todesopfern, Ironie und trockenem Humor.

Bewertung vom 02.04.2022
Das Fundbüro der verlorenen Träume
Paris, Helen Frances

Das Fundbüro der verlorenen Träume


weniger gut

Schöne Idee, aber leider eine langatmige Umsetzung
Dot hat sich nach einem erschütternden Verlust von der Außenwelt zurückgezogen. Bei ihrer Arbeit im Londoner Fundbüro lebt sie in ihrer eigenen Welt und ihre größte Freude besteht darin, verlorene Gegenstände wieder ihren Besitzern auszuhändigen. Auch wenn sie sich abweisend gibt, sie hat ein großes Herz und so setzt sie auch alles dran, die Tasche des alten Mr. Appleby wiederzufinden.

Dieses Buch wurde mit einer großen Aussetz-Aktion verschiedener Blogger regelrecht gehypt und der Inhalt weckte sofort mein Interesse. Zufälligerweise hatte jemand diesen Roman in meinem Urlaubshotel ausgesetzt und ich freute mich über die neue, unverhoffte Lektüre, die laut Daily Express "witzig, klug und warm" beschrieben wird. Das kann ich leider überhaupt nicht bestätigen.

Diese Geschichte hat mich einfach nicht gepackt. Dot ist keineswegs unsympathisch, aber für ihre Person konnte ich mich nicht erwärmen. Die Idee hinter der Story wurde leider in keinster Weise so spannend umgesetzt, wie ich es mir erhofft hatte. Da nützen auch die bis ins kleinste Detail auserzählten Lebenssituationen Dots und die Szenerie der Gegenstände etwas. Das Einzige was mich bei diesem Buch interessiert hat, war die Demenz-Geschichte von Dots Mutter, die für meinen Geschmack zu sehr mit den Fundgeschichten unterbrochen wurde.

Der Erzählstil ist eigentlich gut zu lesen, allerdings geht die Autorin zu sehr ins Detail einzelner verlorener Gegenstände, die mir auf Dauer sehr abschweifend erschienen und sie beschreibt die Protagonistin insgesamt zu ausführlich und bei unwesentlichen Situationen und solchen, die emotionale Tiefpunkte aufzeigen.

Dot legt zu jedem Fundstück eine Akte an und damit beginnen jeweils die Kapitel. Doch während man auf die Zusammenführung der Fundstücke mit den Besitzern hofft, schweift die Autorin in Dots Leben ab und lässt damit die Geschichte ausufern. Die Familiengeschichte war an und für sich schon durch die Erkrankung der Mutter ein Schicksalsschlag, der gefühlsmäßig für Emotionen sorgt, aber die ständigen Wechsel haben einfach genervt und darunter litt die gesamte Stimmung des Buches.
Ich musste sehr an mich halten, um das Buch nicht abzubrechen und leider konnte mich das Ende auch nicht versöhnen.


Leider hat mich diese Geschichte nicht gepackt, sondern wirklich ziemlich gelangweilt.