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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 1128 Bewertungen
Bewertung vom 12.06.2023
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum (eBook, ePUB)


gut

Marie Benedict, Autorin einiger Romanbiografien widmet sich diesmal der österreichisch-amerikanischen Schauspielerin Hedy Lamarr (1914-2000).

Als Hedwig Maria Kiesler, geboren, die einzige Tochter eines jüdischen Ehepaares in Wien, bricht sie die Schule ab und wird gegen den Widerstand der Eltern Schauspielerin. Sie dreht die erste Nacktszene in einem Spielfilm überhaupt und feiert große Erfolge. 1933 heiratet sie den reichsten Mann Österreich, den Waffenfabrikanten Fritz Mandl, um wie sie glaubt, sich und ihre Eltern vor den Nationalsozialisten zu schützen. Da auch Mandl jüdischer Abstammung ist, hilft nur das Anbiedern an das NS-Regime, um „Ehren-Arier“ zu werden. Die Ehe mit Mandl scheitert, doch diese Zeit hat sie genutzt, um zahlreiche geheime Informationen zu den diversen Waffengeschäften ihres Mannes zu notieren. Als schmückender Aufputz durfte sie an geschäftlichen Besprechungen teilnehmen. Schönen Frauen hat man keinen Verstand zugebilligt.

Das Buch umfasst allerdings nur die Zeit ihrer Jugend in Österreich bis zu ihrer Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann Fritz Mandl 1937 und endet im September 1942, als sie bei einer Veranstaltung für den Kauf von Kriegsanleihen wirbt.

Ihr Anliegen, den Zweiten Weltkrieg mit einer von ihr und George Antheil entwickelten Funkfernsteuerung für Torpedos, maßgeblich zu beeinflussen gelingt nicht. Die beiden erhalten zwar ein Patent auf die Erfindung, doch die Militärs lehnen Lamarrs Ideen einfach ab.

„Offen gestanden bezweifle ich, dass wir unsere Soldaten und Matrosen von einem Waffensystem überzeugen können, das von einer Frau entwickelt wurde. Und darum werden wir es auch gar nicht erst versuchen.“

Meine Meinung:

Der Roman ist gut geschrieben, wer allerdings eine Biografie erwartet, wird enttäuscht sein und muss zu anderen Büchern wie „Hedy Lamarr“ von Michaela Lindinger greifen.

Die angekündigte Erfindung nimmt nur wenig Raum in diesem Roman ein. Praktisch umgesetzt, wenn auch in abgeänderter Form, wird die Fernsteuerung für Torpedos erst während der Kuba-Krise (1962). Allerdings wird die Schauspielerin und Erfinderin spät aber doch noch dafür geehrt, denn diese Technik ist eine Vorläuferin des Bluetooth.

Hedy Lamarr ist, wie zahlreiche andere Schauspielerinnen vor, mit und nach ihr nur auf das Äußere reduziert worden und ist in der Männerwelt „die einzige Frau im Raum“.

Fazit:

Ein leicht lesbarer Roman, dem ich gerne 3 Sterne gebe.

Bewertung vom 12.06.2023
Pfeiffer, Wilma;Stelzle, Walter

Spazierenschwimmen zwischen Rax und Semmering


ausgezeichnet

Das Autorenduo Wilma Pfeiffer & Walter Stelzle entführt uns in die Sommerfrische rund um Rax und Semmering.
Sommerfrische - das sind im 19. Jahrhundert jene Wochen im Sommer, in denen (groß)bürgerliche und adelige Familien mit Sack und Pack der stinkenden und heißen Großstadt Wien entfliehen, um in den Wiener Hausbergen frische Luft zu tanken.

Zu Beginn wird einmal der Begriff Sommerfrische erklärt. Dann dürfen wir die wichtigsten Orte kennenlernen, die da sind:

Reichenau
Prein an der Rax
Rax
Payerbach
Semmering

Der Hoch- und Geldadel geben sich ein Stelldichein. Dann 1854, die Eröffnung der spektakulären Gebirgsbahn (Südbahn) die sich den Semmering hinaufschlängelt, durch zahlreiche Tunnel schnauft und die 457 Höhenmeter auf zahlreichen oft mehrstöckigen Viadukten überwindet, ist Sensation und Massenverkehrsmittel. Heute ist die Strecke der Semmeringbahn Weltkulturerbe und lockt nach wie vor die Menschen nach Payerbach, Reichenau oder Mürzzuschlag. Die Bedeutung der Gegend als Urlaubsdestination ist geschwunden. Dennoch lässt sich hier, rund 100km von Wien entfernt, herrlich Urlaub machen.

Nachdem das Kaiserhaus die Gegend als Urlaubsdomizil auserkoren hat, ziehen andere nach, mieten sich in die bestehenden Gasthäuser und Hotels ein und bauen sich eigene Villen, von denen einige noch heute existieren. Wenig später reisen dann auch Wissenschaftler wie Sigmund Freud und Schriftsteller wie Peter Altenberg, Arthur Schnitzler und Robert Musil an. Robert Musil ist es, der den Begriff „Spazierenschwimmen“ geschaffen hat.

Meine Meinung:

Das Autorenduo Wilma Pfeiffer & Walter Stelzle hat einen sehr informativen Schreibstil, der durch zahlreiche Fotos der Villen und Zitate jener Schriftsteller ergänzt wird, die dort ihre Sommerfrische genossen haben.

Seit einigen Jahren wird versucht, die Tradition der Sommerfrische durch Sommerspiele, Lesungen und Konzerte wieder aufleben zu lassen. Im „Südbahnhotel“, das nach Jahren des Dornröschenschlafs nun wieder geöffnet hat, werden kulturelle Veranstaltungen hoher Qualität angeboten. Das „Panhans“ harrt noch auf die Wiedererweckung.

Fazit:

Dieses Buch ist eine Hommage an eine liebenswerte Gegend, die es wiederzuentdecken lohnt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 11.06.2023
Capellmann, Carla

Miesmuschelmord


sehr gut

In ihrem zweiten Krimi rund um Frederike „Freddie“ Weihs und den sympathischen Hoofdinspecteur Julian Doorn
muss Freddie, die eigentlich nur ihren Sommerurlaub bei Onkel Holger und Tante Gitti verbringen, als sie vom gewaltsamen Tod von Nelleke, der Nachbarin, ihrer Verwandten erfährt. Noch größer ist ihre Verwunderung, dass Holger die Tat gesteht und Tante Gitti verschwunden ist. Gibt es da einen Zusammenhang? Will er seine Frau schützen oder welches Motiv könnte er haben?

Die Polizei, Hoofdinspecteur Julian Doorn und seiner Kollegin Vermeer, scheint keine anderen Verdächtigen zuzulassen, weshalb Freddie ihre eigenen Nachforschungen anstellt. Dabei entdeckt sie einige Geheimnisse nicht nur in der Familie der Toten, sondern auch in ihrer eigenen.

Und ist der Verkauf des Bungalow-Parks, jener Feriensiedlung, in der Generationen von Urlaubern am zeeländischen Strand geplanscht haben, nun vom Tisch?

Meine Meinung:

Dieser Krimi vermittelt Urlaubsfeeling von Sonne, Meer und Strand. Dazu dürfen kulinarische Spezialitäten nicht fehlen - also ein echter Wohlfühlkrimi, außer für die Leiche natürlich.

Zeitlich spielt sich alles innerhalb von fünf Tagen ab, wie man aus den Kapitelüberschriften, die auch einen Bezug zu den mossels (Miesmuscheln) haben, unschwer erraten kann.
Die Autorin schickt Freddie mit dem fiets, wie man die Fahrräder in den Niederlanden nennt, quer über die Halbinsel und lässt sie manchen falschen Schluss ziehen und in eine Sackgasse radeln.

Geschickt sind niederländische Sätze in den Text verwoben, wobei es wenig Mühe macht, sie zu verstehen. Entweder erschließt sich das Gesagte aus dem Inhalt oder es wird gleich die Übersetzung mitgeliefert. Zusätzlich gibt es im Anhang ein Glossar, anhand dessen man die wichtigsten Floskeln gleich auch lernen kann.

Die Charaktere sind recht gut beschrieben. Das zarte Pflänzchen der Zuneigen zwischen Julian und Freddie scheint zu gedeihen. Schauen wir einmal, was daraus wird. Interessant finde ich, dass Freddie für ihre Recherchen auch Familienaufstellungen zu Rate zieht, um die Beziehungen der Protagonisten untereinander zuordnen zu können.

Ach ja, Miesmuscheln spielen natürlich auch eine große Rolle.

Fazit:

Eine leichte Sommerlektüre, die am besten am Strand genossen werden sollte. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 11.06.2023
Penrose, Kate

Düster ruht die See / Ben Kitto Bd.6 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Als das Skelett, wegen dem die Baustelle eines umstrittenen Neubauprojektes eingestellt werden muss, aus der Baugrube gestohlen wird, weiß noch niemand, welche Konsequenzen das haben wird. Denn die Knochen sind rund 30 Jahre alt und nicht, wie vermutet, historisch. Ben Kitto und sein Kollege Eddie sind gefordert, dem unbekannten Toten seinen Namen zurückzugeben und den Mörder, der auf der Insel vermutet wird, zur Rechenschaft zu ziehen.

Gleichzeitig bereitet sich Ruby Travis, Tochter des sterbenskranken Craig Travis generalstabsmäßig darauf vor, alle jene Verräter zur Strecke zu bringen, die ihren Vater, einen mehrfachen Mörder, ins Gefängnis gebracht haben. Die Liste ist lang und Ben Kitto, der als Undercoverermittler Travis‘ Chauffeur war, steht als letzter auf ihrer Liste.

Neben dem fast „normalen“ Polizistenalltag, ein unbekanntes Skelett zu identifizieren, und der Bedrohung durch Ruby Travis, sieht sich Ben Kitto dem Ende von Ninas Schwangerschaft gegenüber, die wegen Komplikationen eine Verlegung in eine Klinik auf dem Festland notwendig macht, was in Anbetracht der wachsenden Gefahr durch Ruby keine so schlechte Option ist.

Meine Meinung:

Auch mit diesem 6. Fall weiß Kate Penrose ihre Leser zu fesseln.

Dieser Krimi wird in zwei Erzählsträngen, die anfangs parallel laufen, um dann auf der Insel Bryher zu einem spannenden, wenn auch unerwarteten Finale zusammenzulaufen, erzählt. Der eine, der sich um die Polizeiarbeit rund um das Skelett dreht, und der andere, der Rubys Rachepläne enthüllt. Der Leser ist in Rubys Rachefeldzug quasi „eingeweiht“ und muss um Ben Kitto zittern, zumal die versprochenen Bodyguards statt sechs Männer nur zwei sind.

Einige Charaktere wie Kittos Vorgesetzter Madron, die Forensikerin Liz Garrick oder sein Onkel Ray, dürfen wie andere Dorfbewohner wieder „mitspielen“. Madron entwickelt in diesem Krimi so etwas wie menschliche Züge Ben gegenüber. Ob sich das in einem nächsten Band fortsetzen darf?

Der Schreibstil ist fesselnd und der Krimi lässt sich gut lesen. Die Autorin weicht diesmal ein wenig von ihrer gerne verwendeten „looked room“-Situation ab. Es wird zwar versucht, wegen der drohenden Gefahr für Ben Kitto, die Insel von der Außenwelt abzuschotten, was aber, wie der geneigte Leser miterlebt, nicht gelingen wird.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden Krimi 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.06.2023
Eggers, Wilfried

Hammaburg


ausgezeichnet

Wilfried Eggers entführt uns in das Jahr 845 als Hamburg noch die kleine Siedlung Hammaburg war. Dänischen Wikinger überfallen die Siedlung, stecken sie in Brand, ermorden die Mehrzahl der Einwohner und nehmen die wenigen Überlebenden gefangen, um sie zu versklaven. Unter ihnen sind der knapp sechzehnjährige Mathes, seine Mutter und Schwester sowie der Mönch Christopherus. Während Mutter und Schwester auf einem der Sklavenmärkte verkauft werden, muss Mathes in der Heimat der Nordmänner Frondienste leisten. Mehrmals gerät er aufgrund seines losen Mundwerks in akute Lebensgefahr, wird aber immer wieder gerettet. Der Gedanke an Flucht ist immer präsent und sobald sich die Gelegenheit bietet, nimmt er sie wahr. Dann Mathes hat einen Schwur geleistet: Er will Mutter und Schwester aus der Sklaverei befreien, und wenn es ihn das eigene Leben kostet.

Meine Meinung:

In fünf Abschnitten begleiten wie Mathes und seine Gefährten sowie seine Widersacher bis er am Ende seiner langen Reise ankommt. Die Abschnitte gliedern sich wie folgt:

Hammaburg
Haithabu
Borg
Sjávnja
Björkö

Dieser historische Roman wird bildhaft erzählt und spart die Grausamkeit dieser Zeit nicht aus. Wir werden Zeuge von Überfällen, Folterungen und lernen zahlreiche Bräuche der skandinavischen Völker kennen sowie erfahren einiges über die Versuche der Christianisierung des Nordens.

Zwei wichtige Charaktere sind Bischof Ansgar sowie der ständig fluchende Mönch Christopherus, über den ich immer wieder schmunzeln musste.

Wie Autor Wilfried Eggers im Nachwort ausführt, hat er historische Fakten mit seiner Fantasie verknüpft. Auch sind nicht alle historische Ereignisse in der richtigen Abfolge aneinandergereiht. Dort, wo es ihm dramaturgisch opportun erschienen ist, hat er Begebenheiten in Ort und Zeit angepasst. Solche Adaptierungen der Historie mag ich im Allgemeinen nicht so besonders, aber hier kann ich sie ganz gut akzeptieren. Denn zum einen gibt der Autor sie bekannt und zum anderen ist die Geschichte der verschiedenen Gruppen der Nordmänner nach wie vor nicht zur Gänze erforscht, sodass manches durchaus so oder so ähnlich zu anderer Zeit passieren hätte können.

Eggers bemüht sich, die Sprache nicht allzu modern klingen zu lassen, und flicht altnordische Begriffe gekonnt ein. Das Einzige, was hier überhaupt nicht passt, sind die Datumsangaben wie z.B. 12. April. Im vorchristlichen Skandinavien wird der sogenannte Lunisolarkalender, also eine kalendarische Mischung aus Mond- und Sonnenjahr verwendet. Die Sami, bei und mit denen Mathes eine geraume Zeit verbringt haben eine gänzlich andere Zeitrechnung.

„Was richtig scheint, kann falsch sein und umgekehrt. Es gibt keine unumstößlichen Wahrheiten. Außer der Liebe, die niemand zu beschreiben weiß, weil sie in so verschiedener Gestalt daherkommt.“ (S.249)

Fazit:

Gerne gebe ich diesem gut recherchierten und opulent erzählten historischen Roman 5 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.06.2023
Vorpahl, Frank

Aufbruch im Licht der Sterne (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Historiker und Autor Frank Vorpahl erzählt in diesem, seinem neusten, Buch die Geschichte von James Cook und seinen Reisen in der Südsee. Doch nicht Cook steht im Mittelpunkt, sondern die drei Polynesier Tupaia, Maheine und Mai, ohne die James Cook auf seinen Pazifikreisen wohl kläglich gescheitert wäre.

Frank Vorpahl, der sich schon seit rund 30 Jahren auf die Spuren von James Cook geheftet hat, hat nicht nur die Reisetagebücher und Logbücher von Cook und seinen Mitreisenden durchforstet, sondern auch polynesische Aufzeichnungen in seine Recherchen einbezogen. Das ergibt ein ganz anderes Bild von der Entdeckung der Inseln in der Südsee.

In zehn Kapiteln schildert Frank Vorpahl die Entdeckungsreisen von James Cook. allerdings nicht ausschließlich aus europäischer Sicht.

Wer sind sie nun, jene Männer, die Cook durch die Korallenriffe navigierten und ihn und seine Mannschaften davor retteten, in Neuseeland von den Maoris wegen ihres Eindringens getötet zu werden?

Tupaia ist ein Meister der Navigation und erstellte eine sehr genaue Seekarte von den zahlreichen Inseln der Südsee. Gleichzeitig ist er Hohepriester und Berater seiner Herrscher. Diese Seekarte beweist, dass die Polynesier bereits Hunderte Jahre vor den Europäern die Meere in ihren Übersee-Kanus befuhren. Tupaia erliegt dem Skorbut, obwohl sich James Cook rühmt „keinen seiner Männer an den Scharbock, verloren zu haben“. Der Wahrheitsgehalt von Cooks Aussage darf getrost angezweifelt werden. Aber, Tupaia ist ja kein „eigenes“ Besatzungsmitglied. Man kann sich alles schönreden.

Maheine hilft Cook auf dessen zweiten Reise, die drei Jahre dauert, Zugang zu Kultgegenständen zu bekommen, die später in den verschiedensten europäischen Museen zu bewundern sein werden. Sie sind heute Gegenstand von Diskussionen, um die Rückgabe von geraubten Kunstwerken.

Mai ist der Einzige, der das Wagnis auf sich nimmt, nach Europa zu reisen. Er kommt bis nach London und wird dort als „wilder Südseeprinz“ bestaunt und missbraucht.

Meine Meinung:

Dieses Buch, das so kenntnisreich wie kurzweilig geschrieben ist, ist eine längst fällige Korrektur der kolonialen Geschichtsschreibung.

Da sich nicht alles durch authentische Quellen belegen lässt (und wie authentisch sind Reiseberichte der Europäer?), erzählt Historiker Vorpahl diese fesselnde Geschichte in einer klugen Mischung aus vielen Fakten und ein wenig Fiktion. Damit stellt er den Europäern ein denkbar schlechtes Zeugnis aus und würdigt den großen Anteil, den die Polynesier an der James Cooks Reisen in der Südsee hatten.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem penibel recherchierten und kurzweilig geschriebenen Buch, das neben den europäischen Reiseberichten auch auf polynesischen Quellen zurückgreift, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 06.06.2023
Harper, Elodie

Die Wölfe von Pompeji


weniger gut

Die 79 n. Chr. durch den Ausbruch des Vesuvs zerstörte Stadt Pompeji ist Schauplatz dieses Romans rund um Amara, die einst von ihrer Mutter aus Geldnot in die Sklaverei verkauft worden ist. Die gebildete Tochter eines angesehenen Arztes muss nun ihr Leben als Prostituierte, in dem als Wolfshöhle bekannten Bordell, fristen.

Die Frauen werden gedemütigt, müssen täglich ihr Pensum erfüllen und haben wenig Aussicht, freigelassen zu werden.

Amara versucht nicht nur ihre Bildung für ein besseres Leben einzusetzen.

Meine Meinung:

Die Idee hat mir sehr gut gefallen, das im verschütteten Pompeji wieder ausgegrabene Lupanar als Schauplatz zu wählen. Allein die Umsetzung halte ich für nicht allzu geglückt.

Zuerst könnte die Geschichte in jeder anderen Stadt der römischen Antike spielen. Das Flair von Pompeji kommt überhaupt nicht zur Geltung. Auch wenn die Frauen das Lupanar nicht oft verlassen dürfen, könnte die Umgebung mit dem Vesuv in Gesprächen der reichen Männer vorkommen. Oder Reisende und Händler, die sich häufig im Bordell aufhalten, könnten über die Stadt reden. Aber leider ist von der pulsierenden Stadt nichts zu lesen.

Die Handlung selbst ist unspektakulär und der Erzählstil einfach. Vielleicht liegt es auch an der Übersetzung.

Die ziemlich derbe Sprache der Prostituierten und der Männer hingegen ist gut getroffen. Dies lässt sich anhand der Ausgrabungen von Pompeji allerdings leicht recherchieren. Was mich aber echt gestört hat und den dritten Stern kostet, ist, wenn von einer „Dinner-Party“ und mehrfach von „Partys“ die Rede ist. Das sind für die Antike völlig unpassende Begriffe! Ein Festmahl wäre ein convivium oder ein einfach eine Orgie.

Die Charaktere wirken flach.

Das Buch ist der erste Teil einer Trilogie, die vermutlich mit dem Ausbruch des Vesuvs und dem Untergang Pompejis enden wird. Beides wird ohne mich stattfinden, denn ich werde diese Reihe nicht weiterverfolgen.

Fazit:

Dieser Roman, ich kann ihn nicht einmal „historisch“ nennen, hat mich leider enttäuscht. Es reicht nur für 2 Sterne.

Bewertung vom 03.06.2023
Kaufmann, Ernst

Bleiche Erben


ausgezeichnet

Chefinspektor Martin Ruprecht kommt auf dem Heimweg an einer Unfallstelle vorbei, an der ein roter Mustang von der Straße abgekommen ist. Man rettet den schwer verletzten Fahrer aus dem Wrack und die örtliche Polizei will den Unfall zu den Akten legen, denn der Fahrer ist als Raser bekannt.

Ruprechts Bauchgefühl meldet sich, als er den Namen des Verunglückten erfährt. Bei einem Millionenerben und Teilhaber einer kleinen, aber feinen Pharma-Firma möchte man doch genauer hinschauen. Und tatsächlich! Der Unfall ist nicht ausschließlich auf deutlich überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen. Da hat jemand nachgeholfen.

Wer da seine Finger im Spiel hat, lest bitte selbst.

Meine Meinung:

Mir hat dieser zweite Fall für Chefinspektor Martin Ruprecht sehr gut gefallen. Der Polizist ist bodenständig, schätzt gutes Essen, liebt seine Freundin Konstanze sowie Hündin Ella und fährt einen betagten Volvo Amazon, den er liebevoll Amazone nennt. Auch die anderen Charaktere fallen durch eine ungewöhnliche „Normalität“ auf. Keine Junkies, keine Psychopathen - alles ganz normale Leute. Das hebt die Krimis von Ernst Kaufmann wohltuend von anderen Reihen ab.

Wir Leser wissen natürlich von Beginn an, dass das kein gewöhnlicher Unfall war, dennoch finde ich den Krimi spannend. Hier geht es um Intrigen, Gier nach Macht und Profit sowie um gefühlte Benachteiligung beim Verteilen eines Erbes.
Auch Themen wie Bestechung, Korruption, Lobbying, Amtsmissbrauch sowie skrupelloses Durchsetzen von Konzerninteressen sind Teil dieses Krimis, frei nach dem Motto: Die Großen fressen die Kleinen, ob es ihnen gefällt oder auch nicht.

Die Stadt Salzburg und ihre Umgebung darf auch eine kleine Rolle spielen. Das gefällt mir auch sehr gut und ergibt mit den gut authentischen Charakteren sowie einer stringenten Handlung einen gelungenen Krimi. Allzu lange werden wir auf den dritten Fall für Martin Ruprecht nicht warten müssen.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser gelungenen Fortsetzung 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 23.05.2023
Ewald, karina

Sturzwasser


sehr gut

Auch in diesem zweiten Fall stolpert Carolin Halbach, die Düsseldorferin, die seit ein paar Monaten in Bad Gastein lebt und die Stadtbibliothek leitet, über eine Leiche. Diesmal ist es ein Russe, der tot im Wassertrog auf der schönen Wiesneralm liegt. Schnell stellt sich heraus, dass der Tote zu einem Immobilienkonsortium gehört, das die Wiesneralm kaufen und zu einer Luxusferien-Lodge mit Seilbahn und Golfplatz umbauen lassen will. Allein, die Eigentümer, die Familie Grassl, wollen nicht verkaufen.

Naben gibt es noch allerhand andere Ereignisse für die Bad Gasteiner Miss Marple aufzulösen. Wer bröselt in der Stadtbibliothek, klaut ihr Fahrrad und warum bekommt das Haus gegenüber von Rosi, ihrer Vermieterin, statt eines neuen Daches gleich zwei ganze Dachgeschoße aufgesetzt?

Neugierige geworden? Um diese Fragen beantwortet zu bekommen, müsst ihr einfach das Buch lesen.

Meine Meinung:

Dieser Krimi aus der Feder von Karina Ewald besticht vor allem durch die Beschreibung von Land und Leuten. Da ist zu einem die malerische Landschaft, die mit grünen Almen und schroffen Bergen punktet, sowie die ehemals mondänen Hotels. Zum anderen wird die dörfliche Idylle, die manchmal ganz schön anstrengend sein kann, wie Carolin am eigenen Leib erfahren muss, gut dargestellt.

Zwischendrin gibt es auch den einen oder anderen Hinweis auf ernste Themen, wie die pflegebedürftige Ehefrau von Valentin, dem Dorfpolizisten, oder der homosexuellen Beziehung eines der Grassl-Männer. Über beides wird laut geschwiegen, während Carolin, die mit dem Arzt Bruno wandern und einem andern Dorfbewohnen essen geht, Dorfgespräch ist.

Der Schreibstil ist flüssig und so fliegen die Seiten nur so dahin. Die Kapitelüberschriften bereiten die Leser auf das Kommende vor. Gut gefällt mir das Layout mit dem dunklen Cover und dem violetten Blattschnitt. Der bunte Blattschnitt ist so etwas wie das Markenzeichen des Servus-Verlags.

Mit Carolin habe ich an manchen Stellen ein bisserl (m)ein Problem, denn hin und wieder benimmt sie sich eher wie eine Jugendliche denn wie eine g’standene Vierzigerin. Vielleicht liegt es auch daran, dass sie von Rosi, ihrer Vermieterin, mehr als notwendig umsorgt wird.

Schmunzeln musste ich über Grassls abschätzige Worte, nachdem er Carolins unpassendes Schuhwerk gesehen hat:

„Gibt nix Blederes als Leit, die mit die falschen Schuh in die Berge rennen.“

Womit er ja nicht unrecht hat, wie die Einsatzzahlen der Bergrettung zeigen. Die Dialektpassagen lassen sich auch nördlich des Weißwurstäquators verstehen und manchmal lässt die Autorin Carolin auch gezielt nachfragen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem unterhaltsamen Krimi 4 Sterne, auch wenn die Fußstapfen Vorschusslorbeeren der echten Miss Marple für die aus Bad Gastein doch ein wenig zu groß sind.

Bewertung vom 23.05.2023
Henning, Greta

Halliggift / Minke-van-Hoorn Bd.3


ausgezeichnet

In diesem 3. Fall bekommt es Minke van Hoorne just in den Tagen rund um das Biikefeuer mit mehreren Morden zu tun, die anfangs zusammenhanglos erscheinen.

Eigentlich freut sich Minke auf das am 21. Februar stattfindende Biikefeuer, das den Winter vertreiben und den Frühling einleiten soll. Doch diesmal beschäftigt die ehemalige Meeresbiologin und nunmehrige Kommissarin nicht nur der Pottwal, der an der Küste zu stranden droht, sondern auch der Tod der allseits beliebten Chorleiterin Hanni. Die ist nach eine Kaffeejause in der Pfarre verstorben. Der Notarzt will einen Herztod bescheinigen, hat aber nicht mit dem vehementen Widerspruch von Minkes Bruder Bo gerechnet, der zurzeit mit zwei gebrochenen Beinen auf Midsand von Mutter und Schwester betüdelt wird. Warum Bo felsenfest von einem Mord ausgeht? Er ist, wenn er sich nicht beim Skifahren die Beine bricht, Rechtsmediziner in Kiel und weiß, riesige Pupillen weisen auf eine Vergiftung hin. Nur welches Gift? Tollkirsche, Blauer Eisenhut oder Eibe?

Während Bos fieberhaft nach dem Gift sucht, wird die Hochzeit von Christina und Jost Thomsen gefeiert, die mit dem Tod des jungvermählten Ehemanns endet. Ob dessen Sohn, den er auf der Feier vor allen Leuten bloßstellt, der Täter ist?

Wenig später ist auch er tot. Genauso vergiftet wie ein alter Leuchtturmwärter, der in einem teuren Altenheim lebt.

Was verbindet die Opfer?

Meine Meinung:

Greta Henning ist ein fesselnder Krimi gelungen, der sowohl die Ermittler als auch die Leser lange im Unklaren lässt. Die Auszüge aus dem Tagebuch eines Mädchens geben zwar einen Hinweis aus Ereignisse, die schon länger zurückliegen, aber wie ist der Zusammenhang?

In mühevoller Kleinarbeit arbeiten Minke van Hoorne und ihre aus Schwaben stammende Kollegin Lisa Röhrle die Liste von möglichen Zeugen und Verdächtigen ab, während Bo sich im Rollstuhl über die Hallig fahren lässt, um die „passenden“ Pflanzen zu suchen.

Daneben erfahren wir einiges über Minkes Privatleben und Bo interessiert sich für Lisa. Beim gemeinsamen Kochen „Schwaben trifft Nordsee“ fliegen zwar die Fetzen, aber wer weiß, was da draus wird.

Der einzige Kritikpunkt ist, dass Minke ohne Soko ermittelt. Bei einer solchen Häufung von Toten, müsste doch das LKA Kiel seine Ermittler schicken? Aber, das ist Jammer auf höchstem Niveau.

Fazit:

Dieser dritte Fall für Minke van Hoorne hat mich gut unterhalten, weshalb er 5 Sterne erhält.