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anette1809 - katzemitbuch.de
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Bewertungen

Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 22.10.2012
Riker, Sonja

Mehr Suppenglück


ausgezeichnet

Nachdem vor zwei Jahren das erste Suppenbuch von Sonja Riker "Suppenglück" erschienen ist, gibt es nun mit "Mehr Suppenglück" Nachschlag im Suppenteller.

Mich hatte "Suppenglück" bereits rundum begeistert, doch hatte ich in einigen Meinungen zum Buch gelesen, dass manche es bemängelten, dass nicht jedes Rezept durch ein Foto der fertigen Suppe ergänzt wurde. Das ist bei "Mehr Suppenglück" nun anders, denn jede Rezeptvorstellung beinhaltet nun auch ein wunderschön arrangiertes Foto des fertigen Produkts. Trotzdem müssen auch Liebhaber stimmungsvoller Fotos, die Besteck, Küchenszenen, Geschirr oder Gewürze abbilden, nicht auf diese verzichten. Entweder wurden diese Komponenten gekonnt gemeinsam mit den Suppen in Szene gesetzt oder man findet sie hin und wieder zwischen den einzelnen Kapiteln, wo sie beispielsweise die Einleitung als Hintergrundbild schmücken.
Und ein weiteres klitzekleines Manko gegenüber dem Vorgänger wurde beseitigt: wo man in "Suppenglück" nur ein Rezeptverzeichnis nach Rubriken finden konnte, beinhaltet "Mehr Suppenglück" ein zweites nach Alphabet.
Hier habe ich wirklich das Gefühl, man hat als Verlag und Autorin die Wünsche und Anregungen der Buchkäufer berücksichtigt und dafür gibt es ganz unabhängig vom weiteren Inhalt des Buches bereits einen dicken, fetten Zusatzstern in der Bewertung von mir!

Der Inhalt setzt sich wie folgt zusammen:
Vorwort
- Wochenendbegleiter
- Partykracher
- Luxuslöffler
- Nestwärmer
- Weltenbummler
- Küchenreformer
Brühen
Gewürze
Rezeptverzeichnis
Alphabetisches Rezeptverzeichnis
Danke

Jede Rubrik beinhaltet 10-11 Rezepte, darüberhinaus werden in den Kapiteln "Brühen" und "Gewürze" erklärt, wie man Brühen und Gewürzmischungen selbst herstellt.
Im Rezeptverzeichnis gefällt mir besonders gut die Ergänzung (V) hinter den Rezeptnamen, dank der man schnell erkennt, welche Suppen vegetarisch sind. Der Anteil beläuft sich auf etwa 50 Prozent, wobei auch die nichtvegetarischen Suppen häufig entsprechend abgewandelt werden können. Eine nichtvegetarische Suppe ist beispielsweise die "Polentacremesuppe", weil sie mit Hühnerbrühe gemacht wird, wird die Hühnerbrühe durch Gemüsebrühe ersetzt, erhält man die vegetarische Variante.
Jede Rezeptvorstellung wird großzügig auf einer Doppelseite präsentiert. Davon beansprucht das Rezeptfoto eine komplette Seite, auf der eigentlichen Rezeptseite wird jede Suppe vorgestellt mit Namen, Personenanzahl (in der Regel beziehen sich die Mengenangaben auf vier Personen), der Zutatenliste, einer detaillierten Zubereitungsfolge und ggfs. Ergänzungen zu speziellen Zutaten, Gewürzen und Tipps, woher man diese beziehen kann oder wodurch man sie ersetzen kann.
Im Buch erkennt man auf jeder Seite in welcher Rezeptrubrik man aktuell schmökert, da der Titel der Rubrik neben die Seitenzahl gedruckt ist.
Der Rezeptname und die Tipps sind farblich vom Rest des Rezeptes abgesetzt, wechselnd nach Rubrik.
Auch wenn kaum einer in einem Suppenbuch damit rechnen würde, sind hier auch die Zuckerschnuten bedacht worden: unter den Küchenreformern finden sich zum Beispiel Rezepte für eine Bratapfelbouillon oder eine Schokoladencremesuppe.

Hinter "Mehr Suppenglück" versteckt sich hinter einem farblich recht schlicht gehaltenen Cover eine bunte Rezept- und Layoutmischung, die einem bereits beim Durchblättern Lust auf Suppe macht. Oder um es mit meinem Mann zu sagen: "Dieses Buch nimmst du mir nicht mehr weg, wenn neue Kochbücher ankommen, daraus will ich jedes Rezept nachkochen." Ein größeres Kompliment kann man einem Kochbuch kaum machen, oder? Wir hoffen sehr auf "Noch mehr Suppenglück" oder "Das ultimative Suppenglück", denn die beiden bisher erschienenen Titel von Sonja Riker machen definitiv Lust auf noch mehr Suppe!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.10.2012
Polák, Stephanie

Prinzessin im Anflug


ausgezeichnet

"Prinzessin im Anflug" ist eine Sammlung acht witziger, ungewöhnlicher und schräger Prinzessinnengeschichten, die sich auf Grund ihrer Länge wunderbar zum Vorlesen, aber auch zum Selbstlesen für Leseanfänger eignen. Alle Geschichten haben eine Länge von etwa sechs Seiten, wobei fast alle Seiten nicht nur Text, sondern auch farbenfrohe Illustrationen von Nina Hammerle beinhalten.

Bei den Geschichten handelt es sich im Einzelnen um:
- Sturmfrei für Penelope
- Wie vertreibt man einen Drachen?
- Prinzessin in Jeans
- Die entführte Prinzessin
- Orlanda und der Jahrmarktstrick
- Spuk auf der Silberburg
- Schokoprinz gesucht
- Prinzessinnengeburtstag

Wie man von den Titeln und der Coverillustration rückschließen kann, handelt es sich bei den Geschichten in "Prinzessin im Anflug" nicht unbedingt um brave Prinzesschen im rosa Kleidchen, der adelige Nachwuchs hat es hier teils faustdick hinter den Ohren und seinen eigenen (Dick-)Kopf. In einigen Wesenszügen der kleinen Prinzessinnen habe ich mein eigenes "bezauberndes Burgfräulein" wiedererkannt, die den Geschichten lauschte. Ich kenne sowohl die kleine Quasselstrippe aus "Die entführte Prinzessin" sehr gut, genau wie viele Kinder sicher schon davon geträumt haben wie in "Prinzessinnengeburtstag" jeden Tag Geburtstag zu feiern und Unmengen an Geschenken zu bekommen.

Jede Geschichte wird von prinzessigen Sachinfos begleitet. So erfährt man nicht nur, wer Prinzessin und Ritter sind und wer alles auf einem Schloss wohnt und arbeitet, sondern auch, welche Kleidung eine Prinzessin trägt und was sie in ihrer Freizeit macht.

Den kleinen Zuhörerinnen machen jedoch nicht nur die pfiffigen Geschichten Spaß, die oftmals eine unerwartete Wendung nehmen, die zauberhaften Illustrationen mit zahlreichen Details und die insgesamt sehr prinzessinnenhafte Ausstattung des Buches laden zum wiederholten Durchblättern und Anschauen ein. Die Seitenzahlen schmiegen sich in goldene Krönchen ein, die Vorsatzseiten schmücken ganzseitige Illustrationen, die prinzessigen Informationen sind in goldene Rahmen gesetzt und das Sahnehäubchen der Gestaltung ist sicherlich das zartrosane Lesebändchen mit dem silbernen Krönchen am Ende.

"Prinzessin im Anflug" ist ein rundum gelungener und witziger Mix aus Vorlese-, Sach- und Bilderbuch, das meine Tochter und ich immer wieder gerne hervorholen zum gemeinsamen Lesen und Anschauen.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.09.2012
Rüter, Irene

Großmutters süße Seelentröster


ausgezeichnet

Normalerweise sollten Koch- und Backbücher immer Liebe auf den zweiten Blick sein, da sie ihre Qualitäten schließlich erst beim Ausprobieren der enthaltenen Rezepte unter Beweis stellen, aber ich gestehe: bei "Großmutters süße Seelentröster" war es Liebe auf den ersten Blick. Nur ein kurzes Zwinkern Richtung Cover, nicht länger als ein Wimpernschlag, und ich war verloren! Assoziiert ihr auch Farben mit bestimmten Dingen? Seltsamerweise hat die Farbe Blau für mich seit der Kindheit die Bedeutung von Backen, Küche und Gemütlichkeit. Unser altes, zerfleddertes Backbuch "Backen macht Freude" war blau, die Rezeptkladde meiner Mutter hatte diese Farbe und mittlerweile wohne ich sogar in einem blauen Haus mit einer blauen Küche, dazu trägt die Großmutter auf dem Cover des Buches ein Kleid aus Collagentechnik mit der Schrift, mit der meine Mama und Oma noch geschrieben haben und es ist eine Katze in der Nähe vom Herd - das Buch kann doch nur für mich geschrieben worden sein (und für alle anderen mittlerweile erwachsenen Kinder, die gerne in Kindheitserinnerungen inklusive der Leckereien vergangener Tage schwelgen).

Das Innere des Buches schmücken genau wie das Cover ebenfalls die zauberhaften Illustrationen von Stephanie Wunderlich. Manch einer mag gerade bei den Backwaren Bilder oder Fotos der fertigen Leckereien vermissen, aber die Illustrationen sind so schön, altmodisch, fantasievoll und farbenfroh gestaltet und die Zubereitungsfolge jedes Rezeptes bis ins Genaueste erklärt, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, das es auch nur eine Person gibt, die dieses Buch durchblättert und dann behauptet, sie hätte statt der Illustrationen lieber Fotos. Außerdem verdienen Rezepte mit so malerischen Namen wie "Apfel im Schlafrock", "Vanillekaltschale mit Schneeklößchen", "Quetschmadam" und "Errötende Jungfrau" einen ganz besonderen Rahmen.

Bevor der Rezeptteil beginnt, findet man im Buch ein doppelseitiges Vorwort der Autorin "Seelentröster aus Kindertagen", in dem sie schildert, woher unsere Vorliebe für Süßes stammt und wo die im Buch enthaltenen Rezepte ihren Ursprung haben. Da die Rezepte mitunter eine bewegte, erzählenswerte Vergangenheit haben, erzählt Irene Rüter in ihrem Buch auch einige Geschichten hinter den Rezepten. So erfährt man, warum die Ritter arm sind und woher der Ofenschlupfer seinen Namen hat und viele Anekdoten und Legenden mehr.

Die 61 Leckereien sind in folgende Rubriken unterteilt:
Süßes aus dem Backofen
Köstliches aus dem Topf
Leckereien aus der Pfanne
Bonbons und Konfekt
Beliebte Desserts
Traditionelles Gebäck

Den Abschluss bilden zwei Register, zum einen sind die Rezepte nach Gruppen aufgeführt, zum anderen alphabetisch.

Jedes Rezept beinhaltet eine Angabe darüber, wie viel man von der fertigen Leckerei erhält (Gramm, Stückzahl oder Portionen), eine Zutatenliste und eine genaue Beschreibung der einzelnen Zubereitungsschritte. Einige Rezepte sind ergänzt um Tipps, wie eine Speise variiert werden kann oder was besonders gut dazu schmeckt und zu einigen gibt es die bereits erwähnten Anekdoten oder Legenden. Angaben zum Nährwertgehalt sind nicht enthalten, aber meiner Meinung nach haben die in einem Seelentröster-Buch auch rein gar nichts verloren, oder hat schon mal einem die Kalorienangabe unter einem Rezept die Laune gehoben? Ne, na also.

Rezeptauswahl rundum glücklichmachend, Anleitungen absolut gelingsicher, Anekdoten lustig und lehrreich, Illustrationen traumhaft und charmant - wann gibt's Nachschlag von Irene Rüter und Stephanie Wunderlich?

6 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.08.2012
Miller, Ashley;Stentz, Zack

Der beste Tag meines Lebens


sehr gut

Der vierzehnjährige Colin Fischer hat das Asperger-Syndrom, eine leichte Form von Autismus. Seine Welt basiert auf einem logischen Fakten- und Zahlengefüge, in der alles seine Ordnung haben muss. Die Gefühle und Stimmungen anderer erkennen und ihre Gesichter lesen ist ihm ein Rätsel, genau wie es ihm ein Gräuel ist spontan angefasst oder umarmt zu werden. Colin ist ein glühender Verehrer Sherlock Holmes, so nimmt in seinem Zimmer nicht nur ein Poster mit dem Holmes-Darsteller Basil Rathbone einen Ehrenplatz ein, sondern er eifert seinem Idol nach, indem er akribisch Tagebuch führt und seinen Tagesablauf aufs Genaueste analysiert. Als sich eines Tages in der Cafeteria seiner Schule ein Schuss aus einer Waffe löst, schlüpft Colin in die Rolle der viktorianischen Spürnase und führt Daten und Fakten zusammen, um den Fall zu lösen, denn seiner Meinung nach verdächtigt die Schulleitung den Falschen... Kann Colin mit seinem unvergleichlichen Sinn für Logik den Fall lösen?

Kritik:
Das Buch ist in drei Teile und einen Epilog unterteilt. Colins analytisches Wesen und logisch geprägtes Denken wird sehr gut durch den Aufbau der einzelnen Kapitel und die zahlreichen Fußnoten dargestellt. So wird jedes Kapitel von einem Exkurs eingeleitet (beispielsweise über die Befragung von Augenzeugen oder den Kinderarzt Hans Asperger) und Fachbegriffe und Fremdwörter in Fußnoten erklärt. Obwohl das Autorenduo für das Buch keine Ich-Perspektive gewählt hat, kommt es einem auf Grund der ungewöhnlichen stilistischen Mittel dennoch so vor, als würde man das ganze Geschehen direkt aus der Sicht Colins erleben.
Der "Kriminalfall" ist in der Geschichte fast nebensächlich. Für mich hätte darum gerne etwas weniger Spektakuläres als eine in der Cafeteria losgehende Waffe der Aufhänger sein dürfen - vor allem, weil die Auflösung des Falls am Ende mit dem "Knall" zu Beginn nicht mithalten kann. Im Vordergrund steht vielmehr das Wesen und das Empfinden der Welt eines am Asperger-Syndrom leidenden Menschen im Vergleich zum Autismus und die Reflexion des Umfelds auf diesen Menschen. So lebt Colin nicht nur mit einigen Beeinträchtigungen, wie seiner sozialen Schwäche oder dem beinahe krankhaften Sinn nach Ordnung, sondern vor allen Dingen mit erheblichen Stärken wie seiner untrüglichen Logik und Kombinationsgabe. Einige Besonderheiten Colins wirken auch gar nicht wie eine Krankheit, sondern vielmehr wie ein verrückter Spleen, so dass seine Eigenarten beinahe immer humorvoll und witzig beim Leser ankommen. Nur in gewissen Situationen, wie in Familienkonflikten bei denen Colins jüngerer Bruder Danny ausfällig wird, weil er sich gegenüber seinem Bruder zurückgesetzt fühlt, wird dem Leser deutlich, dass das Zusammenleben mit einem Menschen mit Asperger-Syndrom anstrengend sein kann und besondere Regeln und Rücksichtnahme erfordert.

Fazit:
"Der beste Tag meines Lebens" ist eine ganz besondere Geschichte über Familie und Freundschaft, die sich vor allen Dingen durch ungewöhnliche Stilmittel auszeichnet und einen Einblick in das Asperger-Syndrom bietet, so dass man einen Blick von "innen" und von "außen" auf dieses Krankheitsbild erhält. Das Ende ist zwar abgeschlossen, lässt aber alle Türen offen für ein weiteres Abenteuer von Colin, seinen Freunden und seiner Familie.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.08.2012
Neal Shusterman

Vollendet Bd.1


ausgezeichnet

Das Buch ist in sieben Teile untergliedert. Im ersten Teil des Buches lernt der Leser drei Kinder und Jugendliche kennen, die umgewandelt werden sollen. Bei Connor haben sich die Eltern zu diesem Schritt entschlossen, weil sie nicht mehr mit ihm zurechtkommen, Risa ist eine Waise, die nicht mehr länger im Waisenhaus versorgt werden kann, weil dem Staat die nötigen Mittel fehlen, dann Jahr für Jahr werden weitere ungewollte Kinder "gestorcht" (ausgesetzt) und Lev ein Zehntopfer seiner streng gläubigen Eltern, die seine Umwandlung als Opfergabe an Gott bereits vor seiner Geburt beschlossen haben.
Die Idee mit der Umwandlung, die vom Gesetz nach der "Charta des Lebens" beschlossen wurde, fand ich vor allem deshalb schrecklich und grotesk, weil sie - außer bei den Waisen oder gestorchten Kindern - von den leiblichen Eltern beschlossen wird. Man stelle sich das einmal vor: man hat sein Kind 13-17 Jahre um sich gehabt und gibt dann seine Einstimmung zu so einem Eingriff? Bei seinem eigenen Fleisch und Blut?
Da die Handlung abwechselnd aus allen drei Perspektiven erzählt wird (Connor, Risa, Lev), fühlt man sich eigentlich allen Protagonisten sehr nahe, obwohl sie vom Charakter absolut unterschiedlich sind. Bereits der erste Abschnitt bietet einige Szenen, die einen als Leser nur fassungslos den Kopf schütteln oder einen beinahe körperliche Überkeit empfinden lassen. Ich fand das Szenario wesentlicher schrecklicher als in so manchem blutigen Thriller, weil vieles zum Nachdenken anregt und über das Leben philosophiert wird, und das, was uns eigentlich ausmacht. Und, wie bereits eingangs erwähnt, im Normalfall die eigene Familie darüber richtet, wer zum Schafott antreten muss.
Im weiteren Verlauf der Geschichte trennen sich die Wege unserer drei Jugendlichen Hauptakteure und es werden immer weitere Nebencharaktere eingeführt, die entweder im weiteren Verlauf noch eine wichtige Rolle spielen, oder insofern, dass an ihnen deutlich gemacht wird, was es genau mit "vollendeten" bzw. umgewandelten Menschen auf sich hat. Zu den Nebencharakteren wird zu Beginn häufig eine Distanz gewahrt, damit will der Autor verdeutlichen, wie wenig der einzelne Charaktere zählt, nur die "Bauteile" jedes Menschen bekommen eine Wertung zugeteilt. Dies wird zum einen deutlich daran, dass alle Waisenkinder den Nachnamen "Ward" erhalten (dt. Mündel) oder wohlhabende Bürger sich bessere Körperteile leisten können als die breite Masse. Wer ein neues Ohr braucht, und nur wenig Geld hat, muss notfalls mit einem tauben Ohr vorlieb nehmen, aber ein taubes Ohr ist immer noch besser als gar kein Ohr. Nebencharaktere bekommen erst dann Persönlichkeit eingehaucht, wenn sie für die Geschichte wichtig werden, andere treten nur am Rande auf und verblassen schnell wieder, von etlichen erfährt man nicht einmal den Namen.
Man erlebt eingesetzte Körperteile auf unterschiedliche Art und Weise in ihrem "zweiten Leben". War die Vorstellung einer Umwandlung zu Beginn schon furchtbar, so verstärkt sich das Grauen im Laufe der Geschichte immer mehr, weil man nicht nur mehr davon liest, sondern die Folgen erlebt. Neal Shusterman ist ein gnadenloser Voyeur beim Betrachten seiner Figuren. Im Mittelteil der Geschichte ist er noch relativ verhalten, aber das Grauen steigert sich von Mal zu Mal. Auch wenn ich oft dachte, es kann nicht mehr schlimmer kommen, hat mich der Autor mehrfach mit seinen Ideen und geschilderten Episoden geschockt und aus der Bahn geworfen. Am Ende des Buches war ich wie vor den Kopf gestoßen und irgendwie auch angeekelt und abgestoßen. Wer im Mittelteil schon meint, die Schilderungen des Autors nicht weiter ertragen zu können, sollte das Buch lieber nicht beenden, auch wenn das Ende in mancher Hinsicht hoffnungsvoll stimmt. Alle anderen sollten sich dieses Highlight dystopischer Literatur auf keinen Fall entgehen lassen!

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.08.2012
Kolu, Siri

Vilja und die Räuber / Vilja Bd.1


ausgezeichnet

Auf "Vilja und die Räuber" bin ich durch das altmodisch anmutende Cover aufmerksam geworden. Im Stil des Covers sind auch die Ornamente rund um die Kapitelüberschriften gestaltet. Ich habe mich bereits vor dem Lesen in das Buch verliebt, da die kleinen Illustrationen mit so viel Liebe zum Detail und immer im Zusammenhang zum Inhalt ausgewählt wurden. Außerdem haben mir die beschreibenden Kapitelnamen schon einige Schmunzler entlockt: "Kapitel 3 in dem wir Grundkenntnisse über anständige Räuberbrote gewinnen" oder "Kapitel 12 in dem wir erfahren, dass FuMo nicht 'Furzen und Mogeln' heißt". Mich hat das regelrecht in meine Kindheitstage zurückkatapultiert, als die Bücher meiner Meinung nach noch viel häufiger kleine Schwarzweißillustrationen enthielten als das heute der Fall ist und auch lange und beschreibende Kapitelüberschriften scheinen heute leider nicht mehr wirklich "in" zu sein. Gerade das macht aber den besonderen Charme dieses Buches aus. Ganz so wie in vergangenen Zeiten läuft das Räuberleben allerdings nicht mehr ab. Da die "Kundschaft" heute nicht mehr in Kutschen oder zu Pferde unterwegs ist, haben sich die modernen Räuber der Zeit angepasst und sind mit einem Bus unterwegs. Doch sonst scheint vieles von der Atmosphäre so, als hätte man wirklich ein geliebtes Buch aus Kindheitstagen und nicht das Kinderbuch des Jahres 2010 in Finnland aus dem Regal gegriffen.
Entsprechend auf das eigentliche Zielpublikum abgestimmt, sind die Kapitel kurz gehalten und das Schriftbild angenehm groß gedruckt. Die Sprache wirkt etwas verspielt durch Viljas unzählige Listen, die sie in ihrer Zeit bei den Räuberbergs aufstellt und den häufigen Ausruf des Wilden Karlos: ab-so-LUT!
Die Familie der Räuberbergs setzt sich aus ganz unterschiedlichen Charakteren zusammen, was das Lesen besonders kurzweilig macht und häufig für die Situationskomik in dem Buch sorgt. Mutter Hilda fällt insbesondere durch ihren rasanten Fahrstil auf, Vater Karlo hat sich mit dem Räuberdasein einen Kindheitstraum erfüllt, wohingegen sein Sohn Kalle lieber zur Schule gehen und in einer normalen Wohnung leben möchte. Tochter Hele sieht sich eines Tages selbst als Oberhaupt einer Räuberbande und Gold-Piet ist zufrieden, solange sein Boss Karlo das auch ist. Durch die unterschiedlichen gearteten Charaktere werden die Licht- und Schattenseiten des Räuberdaseins dargestellt, und am Ende des Sommers weiß jeder, dass man nicht das ganze Jahr durch nur Spaß und Ferien haben kann. Doch solange der Sommer andauert kann man die finnische Landschaft, die Wettkämpfe und Spiele und den Duft von Fleischpiroggen in vollen Zügen genießen!

Fazit:
Eine zauberhafte Kindergeschichte im Stil der klassischen Lindgren-Geschichten, die mich ein wenig an "Pippi auf der Walze" erinnert hat. Das altmodisch angehauchte Design trägt das seinige dazu bei, damit man etwas wehmütig an lange zurückliegende "Kindheitsleseerfahrungen" zurückdenkt und so hoffe ich sehr, dass Vilja und die Familie Räuberberg noch viele weitere Sommer mit gemeinsamen Abenteuern erleben dürfen.
Für die empfohlene Altersgruppe ist es eine wirklich lustige Geschichte um Freundschaft und Sommerfreuden, die bestimmt sowohl bei Mädchen als auch Jungs viele begeisterte Leser finden wird.
Und unbedingt Essen bereithalten: die Räuberbergs langen nicht nur kräftig in die Süßigkeitentüte, sondern auch bei Piroggen und Fleischbällchen ordentlich zu. Wenn es mir möglich gewesen wäre, hätte ich mich mit meinem Buch am liebsten zu ihnen an den Frühstückstisch gesetzt, denn das Frühstück ist die ab-so-LUT wichtigste Mahlzeit des Tages!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.