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Raumzeitreisender
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 771 Bewertungen
Bewertung vom 24.06.2016
Müller, Thomas

Bestie Mensch


weniger gut

Reale Abgründe

Thomas Müller entlarvt den weit verbreiteten Glauben „Wir können erkennen, was jemand in der Lage ist zu tun“ und „Das Böse ist weit weg“ auf überzeugende Weise als Vorurteile. Er erkennt: „Jedes menschliche Verhalten ist bedürfnisorientiert“ und „Menschliches Verhalten lässt sich nicht katalogisieren“.

Seine Aussagen sind einfach und bestechend (manchmal zu einfach). Trotz intensiver psychologischer Grundlagenarbeit bleibt der Mensch rätselhaft. Müllers visionärer Erklärungsversuch für destruktives Verhalten (Kapitel 46- 48) klingt plausibel und seine Motivation, sich mit Kriminalpsychologie zu beschäftigen (Verhinderung von Straftaten), rechtfertigen den Stress mit den Interviews.

Seine Querverbindungen zur Kriminalpsychologie in der Literatur (Schiller, Shakespeare) sind ausbaufähig, wenn ich z.B. an Dostojewskis „Schuld und Sühne“ denke.

Das integrierte Zitat von Nietzsche „Wenn man lange genug in einen Abgrund hineinblickt, muss man vorsichtig sein, dass der Abgrund nicht irgendwann einmal in einen selbst hineinblickt“, gilt auch für den Leser dieses Buches, der sein Gleichgewicht durch humorvolle Lektüre wiederherstellen muss.

Bewertung vom 23.06.2016
Knapp, Natalie

Der Quantensprung des Denkens


weniger gut

Krise der Wahrnehmung

Natalie Knapp, Philosophin und Literaturwissenschaftlerin, möchte dabei behilflich sein, überholte Denkregeln über Bord zu werfen und neue Möglichkeiten des Denkens zu erlernen. Die Autorin relativiert den Objektivitätsanspruch der Naturwissenschaften (34) und führt ohne Mathematik in die Strukturen der Quantenphysik ein. Ihre Ausführungen sind anschaulich, teilweise auch grenzwertig. So werden physikalische Theorien, entgegen ihrer Darstellung, nicht bewiesen (56) und auch die Biophotonenstrahlung gilt nicht als weltweit anerkannt (59).

„Wissenschaft ist nicht objektiv. Sie ist nur eine von vielen möglichen Arten, Informationen über die Wirklichkeit zu sammeln.“ (34) Das ist im Prinzip richtig, dennoch fehlt der Hinweis, vielleicht weil es nicht dem Weltbild der Autorin entspricht, dass die Naturwissenschaften aufgrund der empirischen Überprüfbarkeit, erklärungsmächtiger sind als andere Denksysteme. In diesem Sinne stellt die moderne Physik auch keine abstrakten Gleichnisse zur Verfügung, „gleichsam Mythen der Moderne“. (81)

„Wir hätten diesen Pfad [Relativitätstheorie und Quantenphysik] auch mithilfe der Philosophie finden können“, darf bezweifelt werden. (50) Ich glaube da überschätzt die Autorin die Möglichkeiten der Philosophie, die eher umgekehrt, Ergebnisse der Naturwissenschaften in ihre geistigen Modelle einfließen lässt. Dennoch spricht die Autorin prägnante Punkte an. Sie macht deutlich, dass wir nicht wissen, was Materie letztlich ist und sie erläutert auf verständliche Weise verschiedene Interpretationen der Quantenphysik.

Wie viele Dimensionen hat die Realität? Die Autorin insistiert, dass wir uns in unserer Wahrnehmung, entgegen unserer Möglichkeiten, einschränken. (166) Aus dem Blickwinkel der Evolution reicht die Wahrnehmung von vier Dimensionen aus, um unser Überleben zu sichern. Das Beispiel „Flächenland“ zeigt unsere Grenzen auf, nicht unsere Möglichkeiten. Das bedeutet nicht, dass die Realität auf vier Dimensionen beschränkt sein muss. Wir können weitere Dimensionen mathematisch beschreiben und in naturwissenschaftliche Modelle integrieren, vorstellen können wir uns diese nicht.

„Die weltweiten politischen, ökologischen und wirtschaftlichen Krisen zeigen deutlich, dass es an der Zeit ist, unser Weltbild zu überdenken.“ (168) Knapp kritisiert im letzten Drittel des Buches den Materialismus und spricht von einer Krise der Wahrnehmung, die ursächlich ist für all die Probleme, die sie beschreibt. Diese Überlegungen sind nicht neu. Fritjof Capra hat sich in den 1980er Jahren ausführlich mit diesem Thema beschäftigt. Was sind die Lösungen?

Forderungen wie den Fokus von Inhalten auf Prozesse zu legen (175), ist sicherlich manchmal sinnvoll, aber im NLP schon lange bekannt. „Beweglicher Denken“ ist leichter gesagt als getan, Mußestunden kannte schon Einstein und öfter auf sein Bauchgefühl zu hören, findet durchaus meine Zustimmung. Es liegt aber offensichtlich außerhalb der Möglichkeiten des Einzelnen, dem gegen unendlich strebenden wirtschaftlichen und materiellen Wachstum (215) entgegen zu wirken. Das Problem wird sich von alleine lösen.

Die Quantenphysik gilt für den Mikrokosmos und nicht für den Mesokosmos. Natürlich ist es weise, festzustellen, „dass wir der Welt nicht als unabhängiger Beobachter gegenüberstehen“ (229), aber diese Erkenntnis allein ändert noch nichts. Das Kapitel „Was tun?“ klingt nach Ratgeber, aber davon gibt es schon genug.

Natalie Knapps kreative Arbeit besteht darin, mit Analogien zu arbeiten und Erkenntnisse aus dem Mikrokosmos auf den Mesokosmos zu übertragen. Dieser Perspektivwechsel führt zu aufschlussreichen, aber nicht wirklich neuen Erkenntnissen. Dennoch ist deutlich geworden, dass die Autorin schwierige Sachverhalte anschaulich erklären kann. Wer Capra oder andere Autoren aus dem New Age kennt, wird in diesem Buch nur wenig Neuigkeiten erfahren.

Bewertung vom 23.06.2016
Jonasson, Jonas

Die Analphabetin, die rechnen konnte


sehr gut

Eine verrückte Geschichte

Nach dem Hundertjährigen dürfte die Versuchung groß gewesen sein, ein ähnlich schräges Buch auf den Markt zu werfen. Struktur und Schreibstil sind ähnlich dem Hundertjährigen, auch die Charaktere sind vergleichbar bizarr. Sollte man die Analphabetin dennoch lesen? Ja! Ähnlichkeiten findet der Leser auch in Romanen von Mankell, Genazino oder Safier. Das Argument sollte daher nicht zu hoch aufgehängt werden. Ist der Roman unterhaltsam? Ja! Es ist dieser leichtfüßige Umgang mit schweren Themen wie Apartheid, Anarchie, Atomwaffen, der den Leser zum Schmunzeln bringt. Schwere Kost gibt es zuhauf, die Analphabetin gehört ganz sicher nicht dazu.

Bewertung vom 23.06.2016
Geier, Manfred

Worüber kluge Menschen lachen


gut

Kleine Philosophie des Humors

Manfred Geier beschreibt die Charaktere einiger großer Denker der Menschheitsgeschichte und untersucht, ob sie Humor hatten und was sie herausgefunden haben über die Ursachen und Hintergründe des Lachens.

Sind Philosophen, die von Berufs wegen tiefe Denker sind, lustige Menschen? Bei Platon, dem Schöpfer der Ideenlehre, hat man so seine Zweifel. Mit ihm begann die Austreibung des Lachens aus der Philosophie. Das Wesen des Philosophen, gemessen an der Idee der Philosophie, lässt ihn nicht lachen. In Platons Weltbild gab es keine Idee des Lachens.

Provokant musste auf Platon der Schöpfer der Atomtheorie Demokrit gewirkt haben, den man auch den „lachenden Philosophen“ nannte. Hier prallen Ideenlehre und Materialismus aufeinander. Ist Glaube ein Hinderungsgrund für Humor? Dieser Eindruck entsteht unter dem zunehmenden Einfluss der Religionen auf die Menschen.

Aber auch nicht jeder Atheist ist ein humorvoller Mensch. So wird Diogenes, Prolet und Widersacher von Platon, eher als Zyniker charakterisiert, der durch Spott und Respektlosigkeit auffiel und sich zudem schamlos verhalten hat. Wenngleich sein geflügeltes Wort gegenüber Alexander dem Großen „Geh mir aus der Sonne“ die Zeiten überdauert hat.

Sigmund Freud, Schöpfer der Psychoanalyse, kam erst im fortgeschrittenen Alter zu der Erkenntnis, dass sein Arztberuf nur ein Umweg gewesen sei, um das Rätsel Mensch philosophisch zu begreifen. Aber wer würde vermuten, dass Freud ein humorvoller Mensch war? Auf den Vorwurf, dass seine Traumdeutung ein lächerliches Machwerk sei, reagierte er mit dem Buch „Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten“.

„Worüber kluge Menschen lachen“ ist selbst kein humorvolles Buch, sondern ein Buch, in dem das Thema Humor aus philosophischer Sicht aufgearbeitet wird. Wer Comedy erwartet, sollte das Buch nicht lesen. Das Interesse an Philosophie und an den beschriebenen Persönlichkeiten sollte im Vordergrund stehen.

Bewertung vom 22.06.2016
Coelho, Paulo

Der Alchimist


gut

Ein Märchen mit orientalischem Charme

Santiago, ein junger andalusischer Hirte, besitzt eine kleine Schafherde. Er ist mit sich und der Welt zufrieden. Seit einiger Zeit verfolgt ihn ein immer wiederkehrender Traum. In Ägypten, am Fuße der Pyramiden, liege ein Schatz für ihn bereit. Der Traum lässt ihn nicht mehr los. Was bedeutet dieser Traum? Kann man seinen Träumen folgen? Dies ist die Kernfrage, um die es in Paulo Coelhos Buch geht. Und die Antwort wird, durch Begegnungen mit zahlreichen spirituellen Lehrmeistern, facettenreich präsentiert: Folge deinem Herzen und das Universum unterstützt dich mit all seiner Macht.

„Der Alchimist“ ist ein orientalisches Märchen, das einfache Weisheiten vermittelt und den Leser für ein paar Stunden in seinen Bann ziehen kann. Paulo Coelho ist ein einfühlsamer Erzähler, auch wenn die vermittelten Weisheiten einem Buch über positives Denken entstammen könnten. Wer „schwere Kost“ liebt, wie zum Beispiel Werke von Dostojewski, sollte von diesem Buch die Finger lassen. Wem „Die Möwe Jonathan“ gefällt, wird auch dieses Buch mögen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.06.2016
Hohler, Franz

Das verspeiste Buch


sehr gut

Unterhaltung pur

Franz Hohler erzählt eine Geschichte von seinem Urgroßvater, die ihm von seiner Großmutter überliefert wurde. Als der Urgroßvater noch jung war, reiste er nach Basel zur Herbstmesse. Wie es früher so üblich war, unternahm er eine mehrstündige Wanderung, um sein Ziel zu erreichen. Nach umfangreichen Besichtigungen von Verkaufsständen, Schaubuden, Bilderausstellungen und Wahrsagerinnen machte er sich auf den Rückweg und kehrte in einer Gaststätte ein. Die Ereignisse in der Gaststube bilden den Kern der Geschichte.

Der Kellner ist ein Spaßvogel und bietet dem Urgroßvater einen Schüblig mit Buchbrot an. Da es sich dabei um ein echtes Buch handelt, hat der Kellner die Lacher auf seiner Seite. Aber der Urgroßvater ist nicht auf den Kopf gefallen und versteht es mit einem großartigen wie seltsamen Bluff, den Scherz umzukehren. Er unterhält die gesamte Pinte und dem Ober wird immer mulmiger zumute. Zudem erhält er Hilfe von unerwarteter Seite.

Franz Hohler ist ein Erzähler, der Stimmungen vermitteln kann. Bei dieser Geschichte geht es um pure Unterhaltung. Bilder und Text ergänzen sich auf wunderbare Weise. Der zeitliche Rahmen und die Verschmitztheit der Protagonisten werden treffend karikiert. Die Lockerheit der Erzählung und die spaßige Fabulierkunst des Autors werden bereits auf den ersten Seiten deutlich („... und genaugenommen bin ich nicht einmal sicher, ob es wirklich mein Urgroßvater war, der da nach Basel gereist war, oder nicht etwa sein Nachbar, ...“). Als Leser taucht man ein in diese kleine Geschichte und wird von deren Atmosphäre eingenommen.

Bewertung vom 22.06.2016
Robinson, Tara Rodden

Genetik für Dummies


sehr gut

Ein kleiner Einblick in die Geheimnisse der Genetik

Wie wird eine Kopie der DNA erstellt? Welche Probleme treten beim Klonen auf? Was ist von der Stammzellenforschung zu halten? Wie ist ein Genetiklabor aufgebaut? Diese und zahlreiche weitere Fragen zur Genetik werden in dem Buch für einen breiten Leserkreis behandelt. Im Kern geht es um Grundlagen und Anwendungsmöglichkeiten der Genetik. Die Autorin ist Dozentin für Genetik an einer amerikanischen Universität und wurde für ihre Vorlesungen mehrfach ausgezeichnet.

Das Buch umfasst knapp 400 Seiten. Die Ausführungen sind verständlich, soweit das bei dieser komplexen Materie möglich ist. Die chemischen bzw. biochemischen Grundlagen werden nicht erläutert. Im Fokus stehen die Vererbung und der Aufbau der DNA. Die Autorin verzichtet auf den üblichen wissenschaftlichen Fachjargon, verwendet aber dennoch zahlreiche Fachbegriffe aus der Genetik bzw. Molekularbiologie. Diese werden im Text und im sechsseitigen Glossar erläutert. Die Erläuterungen im Glossar sind recht kurz gefasst.

Das Buch ist so strukturiert, dass die Leser es nicht vom ersten bis zum letzten Kapitel lesen müssen, sondern der Einstieg ist in jedem Kapitel möglich. Durch Querverweise sind die Kapitel untereinander vernetzt. Daneben gibt es Symbole für wichtige Textpassagen und für Texteinschübe, die übersprungen werden können, wenn man sich lediglich einen Überblick über ein Thema verschaffen möchte. Auch Metainformationen über die Forscher selbst sind besonders gekennzeichnet.

In den ersten beiden Teilen erläutert die Autorin Grundlagen der Genetik (Mendels Regeln, Zellaufbau, DNA-Struktur, Replikation, DNA-Sequenzierung, Transkription, Translation u.v.a.m.) und in den weiteren Teilen Erbkrankheiten, Gentherapien, DNA-Fingerabdrücke und weitere Anwendungen der Genetik. Mit unerwünschten (genetisch bedingten) Nebenwirkungen von Medikamenten beschäftigt sich die Pharmakogenomik. Erforscht werden Testverfahren mit dem Ziel, unverträgliche Medikamente von vornherein zu vermeiden.

Die Autorin setzt sich auch mit ethischen Fragen auseinander, wenngleich das Thema mit zehn Seiten recht kurz geraten ist. So erfahren die Leser z.B., dass Designer-Babys ein Mythos sind und über Eigentumsrechte an Genen gestritten wird. Dass Bakterienstämme so verändert werden können, dass sie in einem Krieg als Waffen eingesetzt werden können, wird nicht angesprochen. Dennoch versteht es die Autorin, auf den Punkt zu kommen. Das Buch kann ich empfehlen.

Bewertung vom 21.06.2016
Hanika, Horst M.

Das Chaos Syndrom


sehr gut

Grundlagen der Konfusionsforschung

Mit dynamischen Vorgängen in Hierarchien beschäftigt sich Horst Michael Hanika in seinem Buch „Das Chaos Syndrom“. Hierarchien funktionieren nicht so, wie sie sollen und die Ursache liegt im Chaos begründet. Da der Begriff „Chaosforschung“ bereits von den Naturwissenschaften belegt ist, bezeichnet der Autor sein Forschungsfeld, als „Konfusionsforschung“.

Hanika stützt sich auf die drei bekannten Hypothesen „Peter-Prinzip“, „Murphys Gesetz“ und „Parkinsons Gesetz“ und erweitert diese um Faktoren, die ihm bei seinen eigenen Beobachtungen aufgefallen sind. Herausgekommen ist ein gleichermaßen unterhaltsames wie aufrüttelndes Buch, welches durch eine andere Perspektive besticht. Der Autor betrachtet das Geschehen aus dem Blickwinkel des Chaos und untermauert seine Thesen mit fundamentalen Lehrsätzen („Nichts ist unmöglich für Leute, die es nicht selbst tun müssen.“), gewagten Hypothesen („Der Zweck einer Organisation ist ihre Existenz.“) und tiefgründigen Paradoxons („Lösungen sind die hauptsächliche Ursache von Problemen.“).

Welchen Rat kann man einem Buch entnehmen, welches Ratlosigkeit propagiert? Die Beteiligten einer Hierarchie sollten sich und ihr System (und auch das Buch?) nicht allzu ernst nehmen. Chaos ist die kreative Kraft der Natur und für die Gestaltung neuer Ordnungssysteme erforderlich. Wäre eine berechenbare Welt nicht auch extrem langweilig?

Bewertung vom 21.06.2016
Greenwald, Glenn

Die globale Überwachung


ausgezeichnet

Orwell war gestern

Anfang der 1980er Jahre wurde in Deutschland heftig der Datenschutz im Zusammenhang mit der Volkszählung diskutiert und letztere teilweise auch boykottiert. Es gab zahlreiche Proteste. Zählungsverweigerer wurden zu Staatsfeinden hochstilisiert. Dabei waren die Fragen, die damals gestellt wurden, relativ harmlos. Die Daten dienten als Grundlage für u.a. Wohnraumplanungen und Bevölkerungsstatistiken.

Das, was von dem ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden aufgedeckt und durch Glenn Greenwald einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, hat eine andere Qualität. Es geht um die totale Überwachung und die Abschaffung der Privatsphäre und zwar weltweit. Dennoch verursacht das Thema in der Öffentlichkeit weniger Aufregung als seinerzeit die Volkszählung. Wo ist der Aufschrei der Bevölkerung, der Medien und der Politiker?

In dem Buch beschreibt Autor Glenn Greenwald, ein Vertrauter von Edward Snowden, die Entwicklungsgeschichte kurz vor und nach der Veröffentlichung der geheimen NSA-Dokumente. Die Geschichte ist aufwühlend wie ein Thriller. Snowden bewegt sich im Spannungsfeld von Loyalität, Gewissen und Verantwortung für die Gesellschaft. Er hat sich dazu entschieden, die Bevölkerung über die Machenschaften der Geheimdienste aufzuklären. Für ihn selbst begann damit ein Versteckspiel.

Im Widerspruch zu den wiederholten Dementis amerikanischer Regierungsvertreter späht die NSA ständig die Kommunikation amerikanischer Staatsbürger aus. (185) Und dazu wurde sie lt. New York Times von der Bush-Regierung heimlich ermächtigt. (9) Aus den Dokumenten geht das Ausmaß der (weltweiten) Überwachung hervor. Die größten IT-Unternehmen der USA arbeiten mit dem Geheimdienst zusammen. (160) Sendungen mit Netzwerktechnik (Server, Router etc.) werden abgefangen und präpariert. (215)

Durch das Buch wird nicht nur das Ausmaß der Überwachung deutlich, sondern auch das Versagen der Medien. Es mangelt den Medien heute an einer kritischen Haltung gegenüber den Machthabern. „Diese Funktion zu übernehmen scheuen sich die amerikanischen Medien jedoch oft, sie lassen sich lieber vor den Karren der Regierung spannen.“ (297)

In Deutschland reagieren Bundesregierung und Bundesverfassungsgericht nur verhalten und beschwichtigend auf die Veröffentlichungen. Das Schlimmste was passieren kann ist, dass gar nichts passiert. Das Buch ist eine Lehrstunde für Zivilcourage und als Aufklärungswerk sehr zu empfehlen. Snowden hat für unser Recht auf Privatsphäre seine eigene Freiheit aufs Spiel gesetzt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.