Benutzer
Benutzername: 
seschat
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 939 Bewertungen
Bewertung vom 15.02.2017
Menke-Peitzmeyer, Jörg

Billy the Beast. Ein Traum von einem Tiger


ausgezeichnet

INHALT
Der Berliner Bert Stutenkemper, genannt Billy, hat es nicht leicht.
Er ist 16 Jahre alt, wiegt 101 Kilogramm und wird in der Schule gemobbt. Seine Eltern haben sich getrennt. Billy lebt bei seiner chaotischen Mutter, die ständig wechselnde Männerbekanntschaften, vorwiegend aus dem osteuropäischen Raum, unterhält und kalorienreich kocht.
Zudem hat Billy eine große Schwäche für Süßigkeiten (Twix und Gummitiere), die er am Büdchen nebenan erwirbt und die finanziert werden wollen. Deshalb hat er sich einen Nebenjob als Maskottchen bei einer Eishockeymannschaft gesucht. Im Tigerkostüm fällt seine Fettleibigkeit weniger auf und das Tragen strengt an; sogar so sehr, dass er nach und nach lästige Kilos verliert. Denn Billy möchte gut aussehen, um seinem Schwarm, Cheerleaderin Lilly, zu imponieren.

MEINUNG
Jörg Menke-Peitzmeyers kurzweiliger Unterhaltungsroman hat genau meinen Geschmack getroffen. Humorvoll und mit viel Herz nähert sich der Autor seinem Antihelden Billy an. Billy ist ein liebenswerter "Teddy", der leider von niemanden wirklich gemocht bzw. geliebt wird. Die einzige Art Zuwendung, die er erfährt, ist Essen und das in großen und fetthaltigen Mengen. Doch er hat es leid, länger den Aussätzigen zu spielen und beschließt, abzunehmen. Aber seine Maskottchendiät ist alles andere als normal und ungeheuer witzig. Ich habe mich herrlich über seine Ausflüge im Tigerkostüm amüsiert, weil diese mit immens situationskomischen Szenen einhergingen. Mit der Zeit wird er stärker, vor allem gegenüber den zuckerhaltigen Versuchungen in seinem Umfeld. Diese Wandlung und seine stoische Art haben mir gefallen. Besonders seine Macke, aus fast jedem Sachverhalt eine "Wer-wird-Millionär?-Frage" zu kreieren, fand ich sympathisch, zumal er dabei herrlich altklug argumentierte. Hinzu kommt Billys selbstironischer Unterton, der ihn zum perfekten Ich-Erzähler macht.

Sicherlich ist Menke-Peitzmeyers Story eine absurde bis teilweise oberflächliche Angelegenheit, aber der Leser sollte sie nicht allzu ernst nehmen, denn sie ist mehr Comedy als seriöse Literatur.
Im Fokus steht eindeutig die heitere Komponente, was vor allem Liebhaber des Humorgenres ansprechen wird. Die Themen Fettsucht und Jugendzeit werden ordentlich durch den Kakao gezogen. Ich habe mich jedenfalls herrlich über Billys Geschichte amüsiert und die 160 Seiten schnell durchgelesen.

FAZIT
Tragikomische Geschichte mit Happy End. Wer beim Lesen mal wieder richtig lachen möchte, sollte zu dieser skurrilen Geschichte greifen.

Bewertung vom 14.02.2017
Sola, Yann

Gefährliche Ernte / Perez Bd.2


sehr gut

INHALT
Der knapp 60-jährige Delikatessenhändler und Hobbyermittler Syracuse Perez liebt das beschauliche Leben im Küstenort Banylus-sur-Mer. Doch damit ist sofort Schluss, als auf dem Weingut seines Vaters ein toter Marokkaner gefunden wird und seine geliebte Tochter heiraten möchte...

MEINUNG
Yann Solas Krimi "Gefährliche Ernte" entführt den Leser nach Südfrankreich. Dort wird das französische savoir-vivre groß geschrieben. Unzählige Weinberge, das blaue Meer und gutes Essen prägen diese Gegend; was der Autor gut zu inszenieren weiß.
Jedenfalls so gut, dass man sich schnell heimisch und wie im Urlaub fühlt.

Doch diese Idylle trügt, denn ein komplizierter Mordfall hat sich ereignet und die Ermittlungen der Polizei sind alles andere als zielführend. Was anfangs aussah wie ein Selbstmord, entwickelt zu einem komplexen Fall, der in die Niederungen des illegalen Menschen- und Drogenhandels hineinreicht. Hierbei wagt sich Sola an die brisante wie aktuelle Flüchtlingsthematik heran. Überfüllte Schlepperboote und unwürdige Lebensbedingungen werden erschreckend realistisch dargeboten. Auch die rechtsnationalen Tendenzen in der derzeitigen französischen Politik werden hinterfragt.

Schlussendlich ist es dem Freizeitermittler Perez zu verdanken, dass die Polizei die Hintergründe der Tat aufklären kann. Der beleibte Perez ist ein sturer, aber herzensguter Zeitgenosse mit einer Schwäche für die mediterrane Küche und Kriminalfälle. Der sympathische Perez hat allerhand unorthodoxe Ermittlungsmethoden auf Lager, die ihn ein ums andere Mal selbst in Gefahr bringen. Ich mochte den etwas kauzigen Ermittler sehr und habe mit Freude seine Alleingänge verfolgt. Darüber hinaus fand ich den familiären Hader um die Heiratsabsichten der 28-jährigen Tochter sehr spaßig. Sie möchte einen lieben, wenn auch etwas unterbelichteten Juniorchef eines Restaurants heiraten, der im Ort wegen seines Körperbaus nur Bohnenstange genannt wird. Perez als auch seine Ex-Frau haben sich etwas anderes für ihre gebildete Tochter gewünscht. Infolge durchbricht dieser Streit um die Heirat immer wieder auf launige Weise die Krimihandlung.

Die Sprache des Romans ist leicht verständlich und lebt von Solas atmosphärisch wunderbar inszenierten Sprachbildern.
Die personale Erzählperspektive macht es dem Leser leicht, sich in die handelnden Figuren und deren Beziehungsgeflechte hineinzudenken.

Einzig mit der Länge der Geschichte - insgesamt 345 Seiten - hatte ich so meine Schwierigkeiten. Inhaltlich hätte die Hälfte der Seiten auch ausgereicht, so wäre nämlich das 2/3 der Handlung spannender und weniger zäh verlaufen. Hier trat der Plot nämlich nicht nur einmal auf der Stelle und wirkte unnötig ausgeschmückt.

FAZIT
Gute Cosy-Crime-Unterhaltung mit brisantem aktuellen Bezug.

Bewertung vom 12.02.2017
Ramadan, Ortwin

Glück ist was für Anfänger


ausgezeichnet

"Glück ist was für Anfänger" ist der nunmehr zweite Roman von Ortwin Ramadan, den ich gelesen habe und der mich 100%ig von sich überzeugen konnte. Warum?

Ramadans Plot ist sensationell anders und doch bekannt. Denn wer den Film "Ziemlich beste Freunde" gesehen hat, wird auch Ramadans Jugendversion lieben. Die Geschichte über den behinderten Milliardärsspross Maximilian und den kriminellen Jungen Oleg ist zugleich abenteuerlich sowie herrlich amüsant. Obwohl sie aus unterschiedlichen Welten stammen, ist ihr jeweiliges Leben alles andere als konfliktfrei. Während Maximilian, der durch einen Flugzeugabsturz nicht nur seine Eltern, sondern auch die Kraft in seinen Beinen verloren hat, mit seiner Existenz hadert und sich in der geerbten "Reichenvilla" verkriecht, gar an Suizid denkt, muss Oleg ums Überleben kämpfen. Denn Olegs alkoholkranker Vater und seine nervenkranke Mutter können ihm keine normale Kindheit bieten. Hinzu kommt, dass Olegs Bruder Mark immer mehr kriminelle Touren und Einbrüche verübt. Als Oleg Mark eines Tages heimlich folgt, wird er prompt von Maximilian beim Einbruch erwischt - der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft. Infolge beschließt man einen Segeltörn zu machen, doch Polizei und Verbrecher sind den beiden ständig auf den Fersen...

Wie schon angedeutet, hat Ramadan mit Maximilian und Oleg (beide 16 Jahre alt) zwei wunderbar antagonistische und nach dazu realistische Charaktere geschaffen, deren einzelne Schicksale die Handlung befeuern und emotionalisieren. Auch der unterschiedliche Bildungshorizont und das Sprachniveau beider Protagonisten wird vom Autor wunderbar authentisch wiedergegeben. Während Oleg nie um ein direktes Wort verlegen ist, beweist Maximilian stets Stil und Größe. Daraus resultieren einige witzige Szenen, die dieses Buch so lesenswert machen. Das Besondere an dieser Geschichte ist allerdings der Umgang mit dem Thema Freundschaft. Obschon man anfangs alles andere als begeistert vom Gegenüber ist, lernt man mit der Zeit die Stärken bzw. den Mut der anderen Person zu schätzen, wodurch beider Leben bereichert und hoffnungsvoller wird. Das harmonische wie lebensbejahende Ende rundet die Story perfekt ab.

Sprachlich hat sich Ramadan sehr gut auf seine jugendlichen Leser eingestellt. So hat er sich für eine leicht verständliche sowie bildhafte Sprache entschieden, die des Öfteren in die Jugendsprache wechselt; besonders wenn Oleg spricht. Die insgesamt 350 Seiten lasen sich dadurch ungemein schnell und flüssig.

Lieblingszitat (S. 350):
"Man kann sich sein Leben nicht aussuchen, aber man kann das Beste daraus machen."

FAZIT
Ein Jugendroman mit Aha-Effekt und hohem Unterhaltungswert. Diesen Autor sollte man sich merken.

Bewertung vom 09.02.2017
Frazier, T. M.

Lawless / King Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

INHALT
Thia ist gerade einmal 17, als ihre Eltern sterben. In Notwehr hat auch sie Schuld auf sich geladen und sucht in ihrer Panik nach Hilfe. Da erinnert sie sich an ein Versprechen, dass ihr vor Jahren der Biker Bear gegeben hat. Doch als sie im Motorradclub Beach Bastards ankommt, um von Bear Unterstützung einzufordern, wird sie alles andere als herzlich empfangen.
Denn Bear ist dort in Ungnade gefallen und gilt seitdem als vogelfrei.

MEINUNG
T. M. Fraziers dritter Band der King-Reihe ist anders als seine Vorgänger ein höchst aufwühlender und vor allem gewaltvoller Stoff. Meint: Die Geschichte von Thia und Bear ist alles andere als leichte Kost, also keine rosarote Romanze, sondern eine eindringliche sowie schmerzhafte Story. In letzterer teilen sich Bear und Thia die Rolle des Erzählers und geben dabei tiefe Einblicke in deren geschundene Seelen. Im Kampf um Liebe, Anerkennung und einer „normalen“ Zukunft verbündet sich die starke 17-jährige Thia mit dem attraktiven, aber desillusionierten 27-jährigen Ex-Biker Bear. Für ihn ist der Club nahe Florida alles gewesen, dementsprechend nutzlos kommt er sich nach seinem Rauswurf vor. Erst durch Thia, die genauso wie er schon einiges im Leben durchmachen musste, bekommt sein Leben wieder Farbe. Doch hat diese Verbindung eine Zukunft, wenn einem die Beach Bastards und die Polizei ständig auf den Fersen sind?

Zwei Elemente dominieren diese temporeiche Geschichte, nämlich Erotik und Gewalt. Wer sich also auf diese Geschichte einlässt, sollte nicht zimperlich sein und um die unmoralischen Regeln der Bikerszene wissen. Das offene sowie recht brutale wie grausame Ende heizt die Neugier auf den Folgeband an und ist noch einmal ein richtiger Schocker zum Abschluss.

Fraziers raue sowie sehr direkte Sprache entspricht dem Bikermilieu und passt daher perfekt zum Sujet, ist aber bestimmt nicht jedermanns Geschmack. Ich empfand gerade diese authentische Sicht auf die Dinge als großen Pluspunkt von Fraziers Roman.

FAZIT
Kein Roman für schwache Gemüter, aber fesselnd bis zum Schluss. Man muss einfach bereit sein, sich 100 Prozent auf die Story und die kaputten bzw. ungeschliffenen Charaktere einzulassen.

Bewertung vom 07.02.2017
Dorian, Ada

Betrunkene Bäume


sehr gut

INHALT
Professor Erich Warendorf ist weit über 80 und etwas verwirrt.
Es fällt ihm mehr und mehr schwer, den Alltag allein zu bewältigen. Einzig für seine geliebten Bäume, die er heimlich im Schlafzimmer seiner Wohnung züchtet, hat er noch Kraft und Interesse.

Als eines Tages die 16-jährige Ausreißerin Katharina in der Wohnung nebenan einzieht, freundet man sich schnell an. Der einstige Experte für Permafrost und Physische Geografie findet in Katharina nicht nur eine Haushaltshilfe, sondern auch eine Gesprächspartnerin.
Und beide verbindet eine Sehnsucht nach Sibirien...

MEINUNG
Ada Dorians Erstling "Betrunkene Bäume" ist eine leise, aber durchaus komplexe Geschichte, die sich dem Leser erst nach und nach erschließt. Am Beginn der Lektüre hatte ich mit den einzelnen Charakteren und Handlungssträngen so meine Schwierigkeiten, die sich im Laufe der Handlung aber legten.

Dorians gemächliche, fast schon dahinplätschernde Erzählweise passt zum eng verwobenem Plot.

Erich als auch Katharina vermissen jeweils eine geliebte Person in Sibirien. Während Erich jahrelang seiner Frau Dascha nachweint, sorgt sich Trennungskind Katharina um ihren Vater Rolf. Damit ist Sibirien der Anker bzw. das Pflaster zwischen den beiden ungleichen Freunden. Katharina hofft durch Erich mehr über ihren Vater zu erfahren und Erich will noch einmal seine Dascha sehen.

Doch inhaltlich hat dieser Roman mit dem ulkigen Titel "Betrunkene Bäume" - eine Anspielung auf durch den Klimawandel geschädigte Wälder - noch mehr zu bieten. So geht es u. a. um diese Folge der Erderwärmung, was ich sehr lehrreich und aufschlussreich fand. Darüber hinaus beschäftigt sich der Roman mit so großen Themen wie Heimat, Entwurzelung, Verrat und Schuld. So erfährt man beispielsweise durch geschickte Rückblenden in Erichs Vergangenheit von einer besonderen wie tragischen Freundschaft mit einem sibirischen Eigenbrötler. Ebenso wird man emotional von Katharinas zerütteten Familienverhältnissen gepackt.

Das Besondere an Dorians Werk sind die häufigen Perspektivwechsel und seelisch gebrandmarkten Charaktere. Nur Stück für Stück dringt man in dieser engmaschigen Geschichte vor.
Das Ende, bei dem alle Stränge dann harmonisch zusammenfinden, ist gelungen und war mein persönliches Highlight.

FAZIT
Ein faszinierender Roman über das Festhalten und Loslassen im Leben, der berührt und zugleich nachdenklich stimmt.

Bewertung vom 05.02.2017
White, Wade Albert

Zutritt nur für echte Abenteurer! / Saint Lupin's Academy Bd.1


ausgezeichnet

INHALT
Die Waise Anne wächst in der Saint Lupin's Academy auf, in der Kinderarbeit kein Fremdwort ist und die von einer eiskalten Direktorin geführt wird. Dementsprechend euphorisch sehnt sie ihren 13. Geburtstag, der mit dem Besuch einer weiterführenden Abenteuerakademie verbunden ist, herbei.

Um an der neuen Akademie aufgenommen zu werden, muss Anne allerdings innerhalb von vier Tagen eine Prophezeiung mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad erfüllen. Hierbei stehen Anne ihre beste Freundin Penelope, die Schwertkämpfe liebt, und Hiro, ein Zauberlehrling, und ein magisches Handbuch zur Seite.

MEINUNG
Wade Albert Whites Roman besticht durch seine äußerst fantasievolle Geschichte und den flüssigen sowie frischen Erzählstil.

Die Geschichte um Heldin Anne vermag es, den Leser ab der ersten Zeile zu fesseln. Obschon sie für ihre abenteuerliche Mission alles andere als perfekt vorbereitet wurde, schlägt sich Anne ausgesprochen gut. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie sich mit Drachen, Zombiehaien oder Sandwölfen duellieren muss. Ihr Wagemut und ihr Führungstalent sind grenzenlos. Anne, die auf der Suche nach ihren familiären Wurzeln ist, war mir auf Anhieb sympathisch. Auch ihre Freunde bzw. Mitstreiter wuchsen mir sofort ans Herz. Betrachtet man die Nebencharaktere so fällt auf, dass der Autor auch diese detailreich und mit viel Fantasie angelegt hat. Auf diese Weise kann sich der Leser auch von Annes Widersachern, allen voran von der böswilligen Direktorin, oder von ihren Unterstützern, wie dem Vogel-Navi Jeffrey oder dem Roboter Rokk, ein lebendiges Bild machen. Darüber hinaus rief der Plot Erinnerungen an das Märchen vom Zauberer von Oz in mir wach.

Nicht nur inhaltlich, auch sprachlich ist dieses Buch gelungen. Kurzweilig, bildreich und mit gutem Gespür für die kindliche bzw. jugendliche Sichtweise erzählt White seine Geschichte, so dass er sogar die Leserschaft außerhalb des empfohlenen Lesealters (10 Jahre) begeistern und mitreißen kann.

Der Spannungs- bzw. Actionfaktor liegt bis zum Schluss konstant weit oben. Langweile kann sich also gar nicht erst einstellen. Zudem befeuert der offene Epilog die Aussicht auf eine Fortsetzung. Denn auf Anne & Co warten noch weitere Abenteuer...

FAZIT
Ein in sich stimmiger Fantasyroman, der nicht nur die junge Leserschaft zu begeistern weiß, sondern auch die eigene Fantasie ankurbelt. Whites modernes Märchen hat Charme und viel Raffinesse. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 04.02.2017
Ulmer, Andrea

Überleben ist ein guter Anfang


ausgezeichnet

INHALT
Die 83-jährige Sieglinde will noch einmal etwas erleben und bucht spontan eine Weltreise. Allerdings macht ihr ihre Krebserkrankung einen Strich durch die Rechnung.

Doch Sieglinde hatte für den Ernstfall vorgesorgt und Anja Möller Geld und Reiseunterlagen anvertraut. Letztere ist ebenfalls an Brustkrebs erkrankt und Mitglied jener Selbsthilfegruppe, die Sieglinde einst im beschaulichen Unteröffelsheim ins Leben gerufen hatte. In Andenken an die rüstige Rentnern beschließt man die Weltreise in der Gruppe anzutreten - nicht nur ein Abenteuer für die Mitglieder der Selbsthilfegruppe, sondern auch für deren Angehörige...

MEINUNG
Andrea Ulmers Debütroman überzeugt durch seinen unverkrampften und lockeren Umgang mit dem Thema Krebs. Ihre Geschichte ist lebensbejahend und hoffnungsvoll. Denn diese zeigt, dass man trotz heimtückischer Krankheit ein erfülltes Leben führen kann.

Für die muntere Selbsthilfegruppe ist die Weltreise (Frankreich, Nordamerika, Südamerika, Australien, Indien und Ägypten) ein großer Schritt, weil sie an dieser besonderen Erfahrung wachsen und lernen, dass es ein Leben jenseits vom alles beherrschenden Thema Krebs gibt. Abseits vom Alltagsgeschehen und von übervorsichtigen oder unverständigen Partnern konnten die Frauen einmal ausspannen und über ihr eigenes Ich nachdenken. Denn Reisen bildet nicht nur, sondern schafft vor allem Platz für neue Gedanken.

Zudem ist es löblich, dass sich die Autorin nicht ausschließlich den Reisenden, sondern auch deren Angehörigen widmet, die z.T. zum ersten Mal den Haushalt schmeißen müssen.
Auch etwas über deren Ängste, Nöte und Herausforderungen zu hören, macht dieses Buch echt und rund. Echt ist auch die Vorlage für die Geschichte, nämlich Andrea Ulmers Mutter. Ihrer Krebsgeschichte und ihrem sonnigen Gemüt hat die Autorin ihr Buch gewidmet. Allein schon dafür gebührt der Autorin mein aller größter Respekt.

Ich habe Andrea Ulmers Geschichte mit Freude gelesen. Ihr positiver Grundton sowie ihr kurzweiliger Stil machen dieses thematisch „schwere“ Buch „leicht“. Trotz einiger witziger Szenen und viel schwäbischem Dialekt geht nie die Ernsthaftigkeit verloren.

FAZIT
Eine durch und durch authentische Geschichte, die Hoffnung und Lebensmut versprüht. Kurzum, ein Debüt, dass man sich nicht entgehen lassen sollte.

Bewertung vom 31.01.2017
Grey, Marla

Wiedersehen in Red Oak Mountain (eBook, ePUB)


sehr gut

Vorsicht! Marla Greys Debütroman "Wiedersehen in Red Oak Mountain" ist keine seichte Liebesschmonzette, was man beim ersten Blick aufs Cover vermutet hätte, sondern eine hochdramatische Geschichte über eine schwer traumatisierte junge Frau.

Olivia Harrison (21) lebt seit ca. 1 Jahr in dem verschlafenen Örtchen Red Oak Mountain in Iowa. Hier will sie einen Neufang wagen, auch wenn das bedeutet alte Freundschaften zurückzulassen und vor allem ihren geliebten Bruder. Im Café Hill findet sie eine Anstellung als Kellnerin und wohnt mit ihrer 13 Monate alten Tochter in einer WG. Ihr Kunststudium hat sie zwar abgebrochen, was sie aber nicht vom Zeichnen abhält. Aber trotz idyllischer Kulisse holen sie die Schatten der Vergangenheit immer wieder ein. Schlafstörungen und Panikattacken werden zu täglichen Begleitern.

Greys Hauptfigur Olivia ist eine äußerlich starke, aber innerlich zerrissene Person. Sie möchte ihre kleine Familie irgendwie durchbringen und wird dabei von Bekannten aus Red Oak Mountain tatkräftig und verständnisvoll unterstützt. Letzteren kann sie sich allerdings nur Stück für Stück offenbaren, da ihr Schreckliches widerfahren ist. Die Aufarbeitung bzw. Konfrontation mit den Schatten der Vergangenheit ist der brisante Inhalt dieser Geschichte. Langsam und mit viel Zuspruch lernt sie wieder zu vertrauen und zu leben, was mit einigen emotionalen Achterbahnfahrten einhergeht.

Insgesamt hat es mich ehrlich gesagt überrascht, dass sich hinter dem Klischee besetzten Cover solch eine tiefgründige und traurige Geschichte verbirgt. Infolge hat mich Olivias Schicksal und Kampf zurück ins Leben sehr bewegt. Zudem vermochte es die Autorin, den Leser bei der Stange zu halten, indem sie Informationen über Olivias Vergangenheit nur tröpfchenweise in die Handlung einfließen ließ. Das Ende, das noch einige Fragen unbeantwortet gelassen hat, fand ich ebenso realistisch aufgezogen. Es war einfach kein typisches Happy End.

FAZIT
Eine emotional packende Geschichte, die nicht durchweg dunkel ist und sogar Hoffnung versprüht. Ich würde mir eine Fortsetzung wünschen.

Bewertung vom 31.01.2017
Cole, Scarlett

Under Your Skin. Bleib bei mir / Under your skin Bd.2


ausgezeichnet

Scarlette Coles zweiter Reihenband steht dem ersten in Sachen Spannung und Unterhaltungsfaktor in nichts nach.

Inhaltlich dreht sich dieses Mal alles um die besten Freunde von Trent und Harper (Paar aus dem ersten Roman).

Drea Caron ist 27, hat mehrere Jobs und pflegt ganz nebenbei noch ihre sterbenskranke Mutter. In dieser zierlichen Protagonistin steckt viel Power und Sehnsucht, danach endlich ihr eigenes Leben ohne Sorgen und mit Studium führen zu können.

Cujo Matthew ist 32 und betreibt mit seinem Kumpel Trent das angesagteste Tattoostudio Miamis. Er liebt es, seine Mitmenschen mit Provokationen zu verwirren, doch hinter seinem heiteren Gemüt verbergen sie allerlei Kindheitstraumata.

Als Drea und Cujo die Verlobungsfeier für Trent und Harper organisieren, fliegen zwischen beiden nicht nur verbal die Fetzen. Denn gern bringt man sich gegenseitig auf die Palme. Doch als Drea Zeuge einer Entführung wird, steht Cujo ihr bedingungslos zur Seite und offenbart hinter seiner harten Schale einen weichen Kern.

Der zweite Under-your-Skin-Roman ist ein wahrer Pageturner. Von Humor über Erotik bis zu Crime ist alles dabei. Seite für Seite fiebert man mit und hat die insgesamt 294 Seiten wie im Flug gelesen. Dies mag vor allem an den beiden innerlich gespaltenen Protagonisten liegen, die sich nicht nur Hals über Kopf ineinander verlieben, sondern eine Menge familiären Ballast mit sich herumschleppen. Wie viel eigenes Glück ist erlaubt, wenn es der Familie schlecht geht?

Die dritte spannende Facette der Geschichte hängt mit der Entführung zusammen, die Drea live miterlebt hat und sie danach nicht mehr loslässt. Infolge kommt Drea einen Frackingskandal auf die Schliche, der nicht nur ihr Leben bedrohen wird.

Abgesehen von den wandlungsfähigen Hauptcharakteren konnten auch die Nebenfiguren (Freunde, Familie, Polizei) in ihren Rollen überzeugen. Nichts wirkte aufgesetzt bzw. unecht. Vor allem die eingeschworene Gemeinschaft/Belegschaft des Tattoostudios fand ich herzig und erfrischend unkonventionell.

FAZIT
Eine explosive Liebesgeschichte, die nie Langeweile aufkommen lässt und 100% mitreißt. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 29.01.2017
Hotel, Nikola

Franz oder gar nicht


ausgezeichnet

Seit ihrem Roman "Für immer und Emil" bin ich ein Fan von Nikola Hotels frisch-fröhlichem Erzählstil. Ihre Situationskomik ist unübertroffen gut. Zudem imponiert mir die Leichtigkeit bzw. Kurzweil, mit der sie ihre Geschichten ausstattet. Ihr geht es in erster Linie um Unterhaltung und nicht um Tiefgang, so dass sich ihre Geschichten sehr gut als Lektüre für zwischendurch oder eine lange Zugfahrt eignen.

"Franz oder gar nicht" kann nicht nur optisch (Cover) mit seinem Vorgänger "Für immer und Emil" mithalten, sondern auch inhaltlich. Abermals präsentiert Hotel dem Leser eine leicht verdauliche Liebesgeschichte, die mit urkomischen Momenten aufwartet; Lachflash inklusive.

Die Protagonisten Josephine und Raphael verhalten sich im Laufe der Handlung wie Hund und Katze und können trotzdem nicht voneinander lassen. Denn zwischen beiden fliegen mächtig die Funken. Ständig neckt man sich und denkt sich neue Rachepläne für den jeweils anderen aus. Dass dabei die Kulinarik nicht zu kurz kommt, verrät schon der Untertitel. So streut die Autorin recht häufig schmackhafte Rezepte und internationale Kocherlebnisse von Raphael mit ein, der besonders die italienische Küche schätzt. Infolge setzen beim Leser nicht nur einmal Hungergefühle ein.

Die Rolle des Erzählers teilt Hotel klug zwischen Josephine und Raphael auf, so dass man genug über beide Charaktere erfährt. Zudem finden sich kleingedruckte Exzerpte aus Raphaels fiktiver Biografie. Insgesamt fand ich diese Erzählweise sehr unterhaltsam und innovativ. Mir gefielen beide Erzähler gleichermaßen gut. Dementsprechend freudig habe ich deren Schabernackattacken gelesen. Dass auch noch Familie und Freunde in dieses perfide Rachespiel mit einbezogen wurden, machte das Lesen umso spannender.

Die Namen der Charaktere waren darüber hinaus ein Gewinn und ein Fest für die Lachmuskeln. So stellte sich heraus, dass nicht nur Josephine und Raphael nach einem berühmten Komponisten benannt worden sind, sondern auch Josephines Vorgesetzter Dr. Johannes Brahms. Aber auch Raphaels Restaurantname "Raphaello" sorgte für Heiterkeit. Zudem empfinde ich den Namen von Raphaels TV-Sendung "Die kochende Leidenschaft" als bewusste Anspielung auf den Romaninhalt bzw. dessen roten Faden :-)

FAZIT
Eine rundum gelungene, heitere Liebeskomödie, deren Lektüre ich jedem Liebhaber kurzweiliger und humorvoller Literatur unbedingt ans Herz legen möchte. Bleibt nur noch zu wünschen: Buon appetito!