Benutzer
Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 1033 Bewertungen
Bewertung vom 05.08.2016
Burger, Wolfgang

Heidelberger Lügen / Kripochef Alexander Gerlach Bd.2


sehr gut

»Die Kollegen vom Kriminaldauerdienst hatten die Leiche des übergewichtigen Mannes schon aus dem Wasser gefischt und am betonierten Rand des südlichen Schleusenbeckens neben einem der Poller abgelegt. Die Pfütze um den Leichnam herum wurde rasch größer. Die Beamten der Spurensicherung zupften gähnend an dem Körper herum. Sie waren zu zweit und hatten eine gewisse Ähnlichkeit mit Dick und Doof.
Es roch nach Tang und Teer. Irgendwo im Dunkeln toste der Hochwasser führende Neckar über die Wehre in die Tiefe. In der Schwärze unter uns gluckste es tückisch, Wellen klatschten gegen die Mauern. Eine rote Ampel für Schiffe und die zuckenden Blaulichter erhellten die Szenerie.«

In einer nasskalten Februarnacht in Heidelberg beginnt für Kriminalrat Alexander Gerlach und sein Team mit dem Fund einer Wasserleiche ein wahrer Ermittlungsmarathon. Gibt es einen Zusammenhang zu einem vor einem Jahr verschwundenen jungen Mann? Zu einem gefundenen Geldkoffer? Der Fall scheint immer weitere Kreise zu ziehen und hält für die Ermittler mehr als eine Überraschung bereit. Und als wenn das noch nicht reichen würde, sorgt ein aus der U-Haft geflohener mutmaßlicher Mörder für Aufregung…

Auch dieser zweite Band aus der Heidelberger Krimireihe gefiel mir sehr! Wie schon sein Vorgänger bietet er ansprechendes Lokalkolorit, einen sympathischen Protagonisten und einen intelligenten Fall.

Alexander Gerlach überzeugt sowohl als Polizist, als auch als Mensch. Er hat Instinkt, Ideenreichtum und die Fähigkeit zum logischen Kombinieren – aber er ist auch schnell genervt und kämpft ständig gegen seinen inneren Schweinehund. Regelmäßig verliert er den Kampf gegen seine Hormone (er steckt in einer äußerst delikaten Beziehung mit der Ehefrau seines Vorgesetzten) und gegen seine pubertierenden Zwillingstöchter. Vor allem Letzteres ließ mich immer wieder schmunzeln ;-)

Der Fall selber präsentiert sich spannend und verzwickt. Viele Fäden laufen nach und nach zusammen, immer wieder tauchen neue und interessante Aspekte auf. Zum Ende hin gibt es noch mal einen ordentlichen Spannungsanstieg, bevor sich alles logisch und stimmig auflöst.

Fazit: Intelligente Krimi-Unterhaltung aus Heidelberg. Ich freue mich schon auf die nächsten Bände.

Bewertung vom 30.07.2016
Reichelt, Sara

Lies mich


ausgezeichnet

»Bevor ich geboren wurde, war alles weiß. Bevor ich geboren wurde, hätte ich alles werden können. Der erste Satz zerstörte das Weiß und machte das übrige Weiß umso weißer. Zu diesem Satz gesellte sich ein zweiter, der einen dritten nach sich zog, der einen vierten mit sich brachte. So begann ich zu wachsen und spürte wonnevoll, wie sich meine Seiten füllten. Ich war noch nicht in dieser Welt, aber ich fühlte mich bereits lebendig.«

Als bibliophiler Mensch stellte ich mir immer schon vor, dass Bücher lebendige Wesen sind, die mich durchs Leben begleiten. Folglich zog mich diese Geschichte eines Buches und seiner Klone magisch an. Und mein Kurzfazit nach der Lektüre ist ganz eindeutig: Es hat sich gelohnt!

„Lies mich“ erzählt in kleinen Episoden, wie es einem neugeborenen – noch ungelesenen – Buch und seinen „Klonen“ ergeht, was ihnen auf ihrem Weg und bei ihrer Suche nach einem Leser so alles widerfährt. Die Ausgangssituation unseres Buchs ist nicht gut, seine Zukunftsaussichten nicht gerade rosig, denn…
»Es war einmal ein neugeborenes Buch, das nicht laufen lernte. Es war nicht in der Lage zu laufen, weil seine Schöpferin unbekannt war, bekam es zu hören.«
Das arme Buch! Erschwerend kommt noch hinzu, dass es in keine der gängigen Kategorien gehört…
»Es fehlt also ein Toter in mir…«

An den Zitaten merkt man schon: Die Bücher reden. Sie reden mit ihren Lesern, sie reden miteinander. Sie diskutieren, teilen ihre Sorgen, Ängste und Hoffnungen. Wenn man sich als Leser darauf einlässt, bieten einem die einzelnen Kapitel viel Abwechslung, denn sie greifen so ziemlich alles auf, was einem Buch so geschehen kann. Dabei wird es manchmal richtig witzig, ein anderes Mal berührend oder traurig. Ich für mein Teil war immer mit ganzem Herzen dabei und fühlte mit dem Buch mit.

Der Stil der Autorin gefiel mir sehr! Sie muss den Umgang mit der Sprache sehr lieben, denn Ausdrucksweise und Wortwahl wirkten anspruchsvoll, ohne durch Fremdworte oder komplizierte Satzkonstruktionen schwer lesbar zu werden. Inhaltlich sollte man das Buch nicht unterschätzen, denn die Geschichten regen immer wieder zum Nachdenken an und hinterfragen sowohl den allgemeinen, als auch den persönlichen Umgang mit dem gedruckten Wort. Zwischen den Kapiteln konnte ich jeweils einen kleinen Ausflug in die Welt der Lyrik unternehmen und auch dabei bewunderte ich die treffende und ausdrucksstarke Wortwahl der Autorin.

Fazit: Ein Buch erzählt – hören wir ihm zu! Eine wunderbare Geschichte und perfekt für jeden, der Bücher liebt.

»Es wäre einfacher, wenn ich einfacher wäre und wenn das Lesen nicht eine gewisse Anstrengung, eine gewisse Ruhe, eine gewisse Zeit erforderte, um mich aufzunehmen, Seite für Seite, um mich zu verstehen, Gedanke für Gedanke.«

Bewertung vom 29.07.2016
Burger, Wolfgang

Heidelberger Requiem / Kripochef Alexander Gerlach Bd.1


sehr gut

»Der Körper eines erwachsenen Menschen enthält ungefähr fünf Liter Blut. Ein halber Putzeimer voll, mehr nicht. Zudem muss man in Rechnung stellen, dass ein Mensch, dessen Pulsadern geöffnet werden, nicht einmal die Hälfte seines Bluts verliert. Dann versagt das Herz, der Rest bleibt im Körper zurück und gerinnt im Lauf der folgenden Stunden. Alles in allem konnte der Tote also kaum mehr als zwei Liter Blut verloren haben. Aber wenn diese zwei Liter in einem siebzig Quadratmeter großen Raum verteilt sind, der zudem weitgehend in Weiß gehalten ist, dann ist das eine Menge. Schwarzes, geronnenes Blut war das Erste, was ich sah. Überall. Es war eine Schweinerei ohnegleichen.«

So hatte sich Kriminalrat Alexander Gerlach seinen ersten Tag als Leiter der Kriminalpolizei in Heidelberg nicht vorgestellt, hatte viel eher mit einem ruhigen Posten nach seiner Versetzung aus Karlsruhe gerechnet. Und nun steht er vor der Leiche eines grausam ermordeten jungen Mannes, der der Sohn eines bekannten Professors am Uniklinikum ist. Die Klärung des Falls scheint jedoch nicht allzu kompliziert zu sein, bald schon ist ein Verdächtiger in Haft. Doch da geschieht ein weiterer Mord und Alexander erkennt zwei Dinge: 1. Er muss völlig umdenken. Und 2. Ihm läuft die Zeit davon…

Heidelberger Requiem ist der Auftakt zu einer mittlerweile zwölf Bände umfassenden Krimireihe um den Ermittler Alexander Gerlach. Es scheint eine vielversprechende Reihe zu sein, dieser erste Band gefiel mir jedenfalls sehr!
Bei Alexander scheinen sowohl die berufliche, als auch die private Seite zu stimmen, er überzeugt als Ermittler und punktet durch eine Reihe menschlicher Schwächen, die ich teilweise sehr sympathisch fand. In diese Kategorie fallen beispielsweise seine Versuche, als alleinerziehender Vater mit seinen pubertierenden Zwillingsmädchen klarzukommen. Die beiden sind im Team wirklich nicht zu unterschätzen und zusammen mit einigen anderen interessanten Charakteren machten sie mich schwer neugierig auf ihre weitere Entwicklung in späteren Bänden.

Die Ermittlungsarbeit erscheint mir realistisch und Logikfehler konnte ich keine entdecken. Der Krimi bleibt spannend und lässt sich gleichzeitig so schön und leicht lesen, dass man gerne dranbleibt. Als Regionalkrimi tut das Buch ebenfalls „seine Pflicht“ und vermittelt entsprechendes und stimmungsvolles Lokalkolorit.

Fazit: Vielversprechender Auftakt mit einem sehr sympathischen Ermittler. An dieser Reihe bleibe ich gerne dran!

Bewertung vom 14.07.2016
Alba, Johanna;Chorin, Jan

O sole mio! / Papst Petrus Bd.4


sehr gut

»Rom, caput mundi, Hauptstadt der Welt! Kirchen und Paläste! Der Hofstaat des Vatikans! Die Macht der Kurie! Du bist der Stellvertreter Christi auf Erden, Petrus!«
»Stellvertreter ist kein schöner Job. Du bist nicht der Boss, machst aber die ganze Arbeit. Denn aus irgendeinem Grund ist der Boss im Urlaub – und das schon seit sehr langer Zeit.«

Papst Petrus ist urlaubsreif. Weitaus mehr als der geplante Aufenthalt in Castel Gandolfo reizt ihn aber das kleine Dorf an der Amalfiküste, von dem ihm sein alter Studienfreund Giuseppe berichtet. Blaues Meer, eine kleine, überschaubare Gemeinde, keinerlei Intrigen – und ein Dorfpfarrer, der sich wiederum danach sehnt, Rom kennenzulernen. Der Plan ist schnell gefasst: Giuseppe zieht für eine Weile nach Rom und Petrus macht seine Urlaubsvertretung, natürlich inkognito, als Padre Angelo…
»Niemand erkennt mich. Ich besitze noch eine alte Soutane und eine Altherrensonnenbrille aus den 1960er Jahren. Wenn ich mir die Haare anders kämme, sehe ich aus wie ein Vertretungspfarrer aus dem Altersheim.«
Einfach nur himmlischer Frieden ist Petrus in seinem neuen Wirkungskreis allerdings nicht vergönnt, denn bereits kurz nach seiner Ankunft stirbt der alte Hotelbesitzer Raffaele auf mysteriöse Weise – und Petrus beginnt zu ermitteln…

Auch dieser, mittlerweile vierte Papstkrimi, bietet die bewährte Kombination aus einem intelligenten Fall, unterhaltsamen Charakteren und einer ebensolchen Handlung. Die Ermittlungen führen zudem zurück in die 1960er Jahre und präsentieren dabei einige weltberühmte Namen aus der Welt der Reichen und Schönen. Während Petrus neben der Lösung des Falls außerdem Erholung fernab der heimischen Intrigen sucht, liegt das Hauptproblem seiner Pressesprecherin Giulia und seines Privatsekretärs Francesco mal wieder (oder besser: immer noch) in der Tatsache, dass zwischen ihnen etwas ist, was eigentlich nicht sein darf. Und selbstverständlich ist auch Schwester Immaculata wieder mit von der Partie und zeigt recht eindrucksvoll, zu was sie fähig ist, wenn der „Chef“ eine Weile nicht im Vatikan ist.

Riesigen Spaß machten mir erneut die vielen tollen Dialoge, die keinen Zweifel aufkommen lassen, dass Petrus nicht nur Stellvertreter Christi auf Erden ist, sondern in erster Linie ein Mensch, mit menschlichen Eigenarten und Schwächen und einem herrlich trockenen Humor…
»Sie verstehen etwas vom Fußball, Padre?«
»Ein wenig. Etwas mehr als vom lieben Gott.«
»Aber als Pfarrer sollten Sie doch vom lieben Gott besonders viel verstehen.«
»Die Wege des Herrn sind häufig rätselhaft. Fußball ist eine übersichtlichere Angelegenheit.«

Mal wieder wünschte ich mir einen solchen Papst herbei - er ist mir einfach rundum sympathisch. Was den Fall angeht, beweist er sein Ermittlertalent und all das Zwischenmenschliche, das einen nicht geringen Teil des Buchs einnimmt, ist einfach nur interessant und unterhaltsam zu lesen. Ich ertappte mich immer wieder dabei, wie ich mit Giulia und Francesco mitfieberte – und dabei stört mich doch normalerweise ein größerer Anteil an privater Nebenhandlung sehr.

Im Idealfall liest man dieses Buch wohl im Urlaub, denn das Szenario ist geeignet, Fernweh zu erzeugen. Nirgends scheint das Meer so blau zu sein wie an der Amalfiküste und während ich davon lese, wie Petrus alias Padre Angelo einen Rieseneisbecher vertilgt, entspannt in der Sonne liegt oder durch seinen Garten voller Zitronenbäume schlendert, würde ich am liebsten sofort meinen Koffer packen. Gestört haben mich zwei Kleinigkeiten: Eine Schriftstellerin, die ganz dringend in ärztliche Obhut gehören würde und ein wenig viel göttliches Mitwirken zum Ende hin.

Fazit: Wer die Intrigen im Vatikan gewöhnt ist, nimmt es auch mit jedem weltlichen Verbrecher auf. Ich hoffe, es wird mindestens noch einen weiteren Fall für Petrus und sein Spezial-Team geben ;-)

Bewertung vom 11.07.2016
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Rauhnacht / Kommissar Kluftinger Bd.5


ausgezeichnet

»Meine Damen und Herren«, begann er schließlich, und es klang weniger heiter, als er sich eingedenk des großen literarischen Vorbilds vorgenommen hatte. »Sie alle haben ja mitbekommen, dass uns einer der Gäste leider viel zu früh verlassen musste.« Kluftinger hörte seinen eigenen Worten nach und fand, dass sie unfreiwillig komisch klangen, nach überstürzter Abreise oder Ähnlichem, jedenfalls nicht nach dem, was tatsächlich passiert war. Also fügte er schnell an: »Carlo Weiß ist tot. Der Mann, der noch vor ein paar Stunden hier mit uns am Tisch saß, ist gestorben.«

Ein paar erholsame Tage im Schnee, verwöhnt von den Annehmlichkeiten eines Luxus-Hotels, gut essen, Ski fahren und zwischendurch gemeinsam mit den anderen Gästen zum Spaß einen Mordfall lösen, den ein eigens dafür engagiertes Team inszeniert hat – das war der Plan für diesen Jahreswechsel. Doch schon am ersten Abend zeigt sich, dass dieser Plan weder für das Ehepaar Kluftinger, noch für die mitgereisten Langhammers oder die anderen Gäste aufgehen wird, denn plötzlich gibt es einen tatsächlichen Todesfall und für Klufti wird aus Spaß somit bitterer Ernst. Erschwerend kommt hinzu, dass das Hotel durch einen Schneesturm völlig von der Außenwelt abgeschnitten wurde und der Allgäuer Kommissar nicht nur auf sich allein gestellt ist, sondern außerdem noch bei den Ermittlungen von Dr. Langhammer „unterstützt“ wird…

Bei diesem Buch ist scheinbar der Geist von Agatha Christie in die Autoren Klüpfel und Kobr gefahren ;-) Das Resultat ist eine herrlich amüsante Detektivgeschichte, die zwar von der Idee her nicht gerade neu ist, aber in der Umsetzung unterhaltsam und stimmig. Klufti muss – fernab der üblichen Unterstützung durch sein Team und den Erkennungsdienst – agieren und beweist dabei immer wieder Spürsinn und Kombinationsgabe. Dieser Krimi kam mir vor wie eine Reise in die Vergangenheit, in der sich Klufti als ein Hercule Poirot des Allgäus bewährte.

Erheiternd wirkten auf mich – wie eigentlich immer – die Auftritte von Langhammer, der sich hier als Dr. Watson sehen möchte und natürlich die vielen „Klufti-Momente“, die für mich Kult-Charakter haben. Allein die Szene, wie er über das Frühstücksbuffet herfällt, habe ich zweimal mit breitem Grinsen gelesen ;-)

Fazit: Klufti als klassischer Detektiv à la Hercule Poirot – lesenswert und sehr unterhaltsam. Für Leser, bei denen ein Krimi zwingend hart und blutig sein muss, aber nicht geeignet.

Kluftinger schüttelte den Kopf und starrte ungläubig den Doktor und den Spielzeugkoffer an. Wollte er ihn zum Narren halten?
»Hab ich zu Weihnachten bekommen, von meiner Mutter! … Der Koffer ist gut ausgestattet, und alles ist voll funktionsfähig.«
Langhammer machte sich eilfertig daran, den Inhalt zu inspizieren, und kommentierte sein Tun halblaut. Kluftinger hörte ihm kopfschüttelnd zu. »So, mal sehen, ah, die Detektivlupe, das Handbuch für den Detektiv, Pinsel und Puder für die Fingerabdrücke, na, wo ist denn … ah, das Trägerpapier und die Klebestreifen sind auch dabei. Und hier: Asservatenbeutel. Sehr schön. Oh, sogar eine Pfeife aus Kunststoff! Wie nett! Handschuhe und schließlich das Prachtstück!« Langhammer hielt inne und sagte in feierlichem Tonfall: »Die Sherlock-Holmes-Mütze!«

Bewertung vom 01.07.2016
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Laienspiel / Kommissar Kluftinger Bd.4


sehr gut

»Kluftinger trat ein und bemerkte, dass Maier ihm nicht folgte. Und er sah auch sofort, warum. Kluftingers Magen drehte sich um und schlagartig wich ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht. Denn der Tote hatte genau das nicht mehr: ein Gesicht. Er lehnte mit dem Oberkörper an der Wand, die linke Kopfseite fehlte beinahe völlig. Hinter dem Mann an der Wand, etwa einen Meter über dessen jetziger Position, war ein riesiger Blutfleck; eine breite Blutspur führte nach unten. Bevor sich der Kommissar schaudernd abwandte, sah er im Augenwinkel noch die Pistole, die neben der erschlafften Hand des Mannes lag.«

Klufti und internationaler Terrorismus? Der kultige Kommissar hätte im Traum nicht damit gerechnet, dass sein schönes Allgäu ins Visier von Attentätern geraten könnte. Ich übrigens auch nicht, weshalb ich beim Lesen zunächst etwas befremdet war. Tatsächlich wurde aber im späteren Verlauf der Handlung ein glaubhaftes Szenario kreiert, was mich wieder versöhnt hat. Auch der Ablauf der Ermittlungen, Observationen, Verhöre usw. wirkte zum großen Teil realistisch, allerdings… dass die Spezialisten einige Male Dinge übersehen hatten, die dann Klufti – zum Glück – entdeckte, war doch ein wenig dick aufgetragen.

Und Klufti wäre nicht Klufti, wenn er nicht nebenher noch andere Abenteuer zu bestehen hätte. Die Proben für Wilhelm Tell (an der Seite seines „Lieblingsnachbarn“ Doktor Langhammer), oder der Tanzkurs mit seiner Erika einschließlich des vorherigen Kaufs dazu notwendigen Schuhwerks. Ich bin schon jetzt gespannt, was sie im nächsten Band mit ihm vorhat ;-)

Neben neuen interessanten Charakteren wie dem Leiter der Task Force Faruk Yildrim und einem ebenfalls zum Team gehörenden, ziemlich schrägen österreichischen Ermittler Valentin Bydlinski tauchen sowohl in Kluftis Privat- wie auch in seinem Berufsleben so ziemlich alle bekannten Gesichter auf. Wie immer ein großer Lesespaß!

Fazit: Kultig, spannend und streckenweise sehr lustig – ich liebe Klufti! Aber als Columbo von Altusried reicht er mir völlig aus, er muss nicht zum James Bond von Altusried mutieren ;-)

Inzwischen war auch Maier mit den beiden ausländischen Kollegen wieder bei ihm.
»Schön is was anderes«, sagte der, der sich als Haas vorgestellt hatte.
»Jo, hat sich eiskalt ’s Bimmerl wegg’schossn« fügte Bydlinski hinzu.
»Bitte?«, fragte Maier.
»An Koopf! Wegg’schossn. Bumm, bumm!«

Bewertung vom 24.06.2016
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Erntedank / Kommissar Kluftinger Bd.2


ausgezeichnet

»Er presste die Zähne zusammen und blickte starr auf das Bild, das sich ihm bot. Vor ihm lag ein Mann, nur mit einer Hose, Strümpfen und einem ehemals weißen, jetzt ziemlich verdreckten Hemd bekleidet. Sein Kragen war von verkrustetem Blut dunkelrot, fast schwarz gefärbt. Eine tiefe, klaffende Wunde zog sich quer über den Hals des Mannes. Auf der Stirn klebte ebenfalls eingetrocknetes Blut. Doch das war es nicht, was den Kommissar und offenbar auch die anderen Kollegen so aus der Fassung brachte. Auf der Brust des Mannes lag, mit ausgebreiteten Flügeln, ein toter, pechschwarzer Vogel.«


Ein wirklich schauriger Fund, der nicht nur Kluftinger (der ja bekanntlich auf Leichenfunde sehr sensibel reagiert), sondern auch sein ganzes Team entsetzt. Weshalb drapierte der Täter einen toten Vogel auf der Brust seines Opfers? Was wollte er damit aussagen? Als nur wenig später ein zweites Mordopfer gefunden wird, erkennen die Ermittler zwei Dinge: Scheinbar orientiert sich der Täter an alten Sagen. Und mit großer Wahrscheinlichkeit hat er sein Werk noch nicht vollendet...


An diesem Klufti hatte ich wieder viel Spaß! Schon der erste Fall des Allgäuer Ermittlers (Milchgeld) gefiel mir sehr und dieser hier hält das hohe Niveau. Die Kombi stimmt einfach, Klufti und sein Team sind mir schwer sympathisch und der Fall einfallsreich gestrickt, spannend geschrieben und in der Auflösung stimmig.


Unbedingte Voraussetzung für den Lesegenuss ist aber, dass man keine "Bayern-Unverträglichkeit" hat, denn bayerisch wird's nicht zu knapp - wir haben hier einen Regionalkrimi vom Feinsten. Kluftinger verkörpert fast jedes Klischee, das man dieser Ecke Deutschlands nachsagt, ist dabei aber so liebenswert und wirkt so "echt", dass ich ihn von Anfang an ins Herz geschlossen hatte. Und immerhin, im Vergleich zu seinem Vorgesetzten, der zu meiner großen Erheiterung in allertiefstem Dialekt parliert („Homm S‘ wos rausgfundn?“), spricht Kluftinger ein lupenreines Hochdeutsch ;-)


Aber Klufti ist nicht nur ein unterhaltsames Original, sondern auch ein toller Ermittler. Er grübelt, arbeitet planvoll und sein Vorgehen sowie die Auflösung erschienen mir logisch und schlüssig. Die Thematik rund um die regionale Sagenwelt fand ich zudem höchst interessant! Die einzelnen Kapitel werden jeweils von einer Strophe des Erntelieds von Clemens Brentano eingeleitet und ich war jedes Mal gespannt, was der „Schnitter“ wohl weiter vorhat.


Fazit: ich glaube, das wird meine Lieblingsreihe! Spannender Regionalkrimi mit einem liebenswert menschlichen Ermittler.

»Es ist ein Schnitter, der heißt Tod,
er mäht das Korn, wenn’s Gott gebot;
Schon wetzt er die Sense,
Daß schneidend sie glänze,
Bald wird er dich schneiden,
Du mußt es nur leiden;
Mußt in den Erntekranz hinein,
Hüte dich schöns Blümelein!«

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.