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SofieWalden

Bewertungen

Insgesamt 731 Bewertungen
Bewertung vom 15.03.2019
Taneja, Preti

Wir, die wir jung sind


gut

Ein zerrissenes Indien zwischen Tradition und modernem Heute

Jivan, der uneheliche Sohn des engsten Vertrauten und Teilhaber des großen Devraj Bapu, Ranjit Singh, kommt, nachdem er seine Jugend- und Ausbildungsjahre in den USA verbracht hat, zurück 'nach Hause', nachdem seine Mutter, einst nach Amerika abgeschoben und mit einem Onkel des Familienclans verheiratet, gestorben ist. Dort soll er seinen Platz im Geschäftsgefüge der Familie finden, der Company. Als er eintrifft, ist die Macht- und Kompetenzstruktur gerade im Umbruch, denn der alte Firmenchef will seine Nachfolge regeln und das riesige Imperium zwischen seinen eigenen drei Töchtern und den zwei Söhnen seines Kompagnons aufteilen.
Und diese Situation bringt das fragile Gefüge der Familie zum Beben. Kämpfe zwischen dem immer noch machtvollen und machtwilligen großen Devraj Bapu und seinen Töchtern, von denen jede das Sagen für ihre ganz eigenen Ziele erlangen will, gehen einher mit Umtrieben zwischen den weiblichen und männlichen Nachkommen, irgendwo zwischen den alten indischen Traditionen und der modernen westlich geprägten Geschäftswelt. Dazu kommen unterdrückte sexuelle Tendenzen und tatsächliche Handlungen und das alles eingebettet in die gesellschaftlichen Strukturen zwischen der ausgebeuteter armer Landbevölkerung und der High Society dieses Landes mit seiner Korruption und denselben kriminellen Machenschaften, wie überall auf der Welt.
Ein monumentales Romanwerk wird uns hier vorgestellt, gleich diesem großen Land im Aufbruch, durchaus verbunden mit einer ungeahnten Brutalität, die so in ihrer Notwendigkeit nicht ganz nachvollziehbar ist. Aber es ist nun mal Mittel der Wahl der jungen Autorin, die selbst in England lebt und indische Wurzeln hat und so natürlich eine ganz andere Herangehensweise und ein ganz anderes einprägendes Fühlen für diese doch irgendwie auch sehr exotische Lebenswelt aufbringt. Ein Roman, der tiefe Einblicke gewährt, bei der die einzelne Person eher eine Stellvertreterrolle einnimmt und zwar präsent, aber emotional nicht wirklich eingebunden, in den Handlungsrahmen aufgenommen ist. Das Buch ist lang, teilweise etwas langatmig und die Hoffnung auf ein das alles aufwiegende Schlussintermezzo bleibt, je nach Sicht der Dinge, eher aus. Aber genau so wollte die Autorin zum Ausdruck bringen, wo dieses Land heute steht, bereit für eine unwägsame, offene Zukunft. Für Erkunder der indischen Mentalität und Lebensart ein großes Werk, für alle Anderen ein Buch, das mal etwas ganz anderes zu bieten hat.

Bewertung vom 22.02.2019
Saucier, Jocelyne

Niemals ohne sie


ausgezeichnet

Eine sehr große Familie und das Leben mit dem Unglück

Die Cardinals sind eine große Familie. 21 Kinder und ihre Eltern beherbergt das große einfache Haus am Rande der Minenstadt Norco, zu Beginn der 1950er Jahre. Herangewachsen ist Norco rund um ein großen Zinkvorkommen, das der Vater der Cardinalfamilie, ein leidenschaftlicher und akribischer Erzsucher, entdeckt hat. Endlich etwas Wohlstand war nun greifbar nah, aber die Bergbaugesellschaft hat ihren Vater betrogen, ihn um seinen gerechten Anteil an dem florierenden Unternehmen gebracht. Und so leben die Cardinals weiter, einfach, rau und positiv chaotisch in ihrer Familienwelt, in der sich jeder seinen Platz erobern muss. Der Umgang ist robust und man schenkt sich gegenseitig nichts, aber als Familie hält man zusammen und der Hass auf die Anzugträger aus der Stadt, die den Vater über den Tisch gezogen haben, schwingt unterschwellig immer mit. Nach fast 30 Jahren, die Kinder sind inzwischen über die ganze Welt verstreut, soll es erstmals wieder zu einem Treffen aller kommen, bei einem Erzsucher-Kongress, bei dem ihr Vater für seine Verdienste geehrt werden soll. Und tatsächlich zwingen sich alle, anzureisen, trotz der schweren Last, die ihr aller Leben so sehr niederdrückt. Denn irgendwann in den Zeiten ihres Kindseins zuhause in Norco ist etwas passiert, das weggeschwiegen wird, ein Ereignis, das alles verändert hat, nicht so sehr vom äußeren Anschein her, dafür wurde gesorgt, sondern ganz tief in ihren Seelen.
Wie die Autorin Jocelyne Saucier sich diesem Ereignis in ihrer Geschichte langsam nähert, das ist echtes Können, mit Worten umzugehen. Am Anfang braucht es etwas Zeit, bis man versteht, was hier vor unseren Augen vorbereitet wird. Langsam ist die Annäherung, mit der man sich auf das Ereignis zubewegt, von Kind zu Kind wechselt die Perspektive, auch das langsam, so das jedes von ihnen genug Zeit hat, sich zu offenbaren, in seinem Handeln und seinem innersten Empfinden. Und dann wird der Kreis enger, ähnlich einem Strudel, der alle mitnimmt, hinein in den tiefen Abgrund der Tragödie. Und auf diesem Weg, ganz beiläufig, zeigt sich, das alles, was im Handeln der Cardinalkinder so rau und geradezu brutal erschien, ganz anders war und sehr gute Gründe hatte.
Ich war begeistert von diesem Buch. Irgendwann konnte man es nicht mehr aus der Hand legen. Man wird geradezu hineingezogen in diese Geschichte und an dessen Ende wartet die Wahrheit, auf die Familie und auf einen selbst auch.

Bewertung vom 20.02.2019
Morgenroth, Matthias

I can see U


gut

Jugendliche heute, mal genau hingeschaut

Eine ganz normale Schulklasse mit Jugendlichen, die eigentlich ganz gut miteinander umgehen und für die Smartphone und die Multimedia-Welt ganz selbstverständlich zum Alltag gehören. Unter ihnen Marie, die beim Thema Jungen bisher eher nicht so dabei war. Doch dann kommt ein neuer Schüler in die Klasse, Ben, gutaussehend, freundlich, Markenklamotten. Und er nimmt Marie wahr, Marie, die sich vom ersten Augenblick an in den Neuen verliebt. So fallen sein manchmal etwas merkwürdiges Verhalten und die Fake News, die Unruhe in die Klasse bringen, zwar ihren Klassenkameraden auf, sie selbst will davon aber nichts wissen, denn das erste Mal in ihrem Leben 'spielen ihre Gefühle verrückt'. Doch als immer mehr Dinge passieren, die man so einfach nicht mehr ignorieren kann, macht sich Marie schließlich daran, herauszufinden, was bzw. wer dahinter steckt. Und was dabei herauskommt, ist wirklich der Hammer. Ihr werdet sehen.
Die Geschichte spielt am Puls der Zeit, ist ganz nah dran am Leben der Jugendlichen von Heute, sowohl bzgl. ihrer aufblühenden Gefühlswelt als auch ihrer Eingebundenheit in die Medienwelt der heutigen Zeit. Das Buch ist ein Aufruf an eigentlich alle, Dinge nicht einfach 'zu konsumieren', sondern hinter die Fassade zu sehen und in seinem eigenen Verhalten reflektierender damit umzugehen. Und das hat auf jeden Fall funktioniert, wozu sicherlich auch die einfache schnörkellose Sprache beiträgt. Lediglich die Mädchenschwärmerei von 'Marie an Ben' zieht sich doch ziemlich lang hin und könnte den ein oder anderen Jungen dazu bewegen, das mit dem Lesen doch lieber bleiben zu lassen. Und das wäre schade.

Bewertung vom 20.02.2019
Ho-seung, Jeong

Liebende


ausgezeichnet

Ein poetisches Roadmovie rund um den Sinn des Lebens und die große Liebe

Ein Karpfen sieht einen anderen Karpfen und es ist die große Liebe. Zusammen sind die beiden ein ganz besonders Paar, denn sie lassen einzigartige Töne erklingen, am First eines Tempels. Sie sind glücklich miteinander und glücklich sind auch die Mönche, Buddhas und Besucher, mit ihnen. Doch dann wird die Liebe ruhiger und einem der beiden ist dies nicht mehr genug. Eines Tages erhebt er sich in den Himmel und macht sich auf den Weg, auf der Suche nach dem wahren Leben, dem Sinn des Seins und der großen immerwährenden lebendigen Liebe.
Ein wunderschönes poetisches Fabelabenteuer ist diese Geschichte, erzählt von einem der bekanntesten Dichter Südkoreas. Sie nimmt einen mit auf diese besondere Reise und erfüllt einen mit einem tiefen Gefühl der Dankbarkeit und Zufriedenheit, wenn man die Buchdeckel schließt.
Und es klingt nach, wie das Glockenspiel der beiden Karpfen im Wind.

Bewertung vom 17.02.2019
Hager, Elisabeth R.

Fünf Tage im Mai


ausgezeichnet

Die innige Zuneigung zwischen einem Mädchen und seinem geliebten Urgroßvater

Von fünf sich über fast 20 Jahre erstreckenden Episoden erzählt dieses Buch, immer im Monat Mai, und es handelt von Zusammentreffen der 'kleinen' Illy und ihrem Urgroßvater Tat'ka. Schon bei ihrem ersten, für die Leser öffentlichen, Miteinander, erhält man einen Eindruck von der tiefen Verbundenheit, die den sonst eher wortkargen und gegenüber seinem dörflichen Umfeld als eigen wahrgenommenen Fassbinder und das junge Mädchen verbindet. Er erzählt ihr Geschichten aus seinem Leben und ist einfach da für dieses Kind, dem bei ihrer Kommunionzeremonie schlecht wird und das in ihrer kindlichen Not nach Hilfe sucht, bei einem einzigen Menschen, ihrem Tat'ka.
Mit jedem dieser Tage im Mai wird Illy in einer neuen Lebensphase gezeigt, auch mit den Problemen, die das Heranwachsen und Erwachsenwerden so mit sich bringt. Aber immer ist sie da, diese zutiefst berührende Liebe zwischen dem alten Mann und dem ins Leben hineinwachsenden Mädchen. Und es ist Tat'ka, der zu ihr hält und sie ermutigt, Entscheidungen zu treffen, egal, wohin sie letztendlich führen. Den letzten gemeinsamen Maitag erleben die beiden kurz vor Urgroßvaters 100. Geburtstag und dieser einzige Tag reicht aus, um ein scheinbar erloschenes Lebensgefühl wieder zum Erwachen zu bringen.
Diese Geschichte beschert einem ein paar wirklich schöne Lesestunden und zurück bleibt das schöne Gefühl, dass Menschen so zugewandt und eng miteinander verbunden sein können. Und mit einem kleinen Lächeln im Gesicht hofft man, dass dies auch im echten Leben das ein oder andere Mal so funktionieren könnte und es hoffentlich auch tut.

Bewertung vom 17.02.2019
Ogiermann, Jan M.

Zukunft - Eine Biografie


weniger gut

Ein Thema, das nicht nur mehr Lebendigkeit vertragen könnte

Was ist aus der Zukunft früherer Zeiten geworden, welche Realität ist letztendlich eingetreten, was hat sich durchgesetzt und was ist wieder verschwunden. Und besonders interessant, wir in unserem Heute, was gibt es über unsere Zukunft zu sagen; Voraussagen, Spekulationen? Große Fragen - und toll, hier in diesem Buch sachkundige Antworten zu erhalten, dachte ich zumindest.
Es wurden hier viel Wissen zusammengetragen, und dann leider schlecht präsentiert. Seitenlanges Sachbuch-nacherzählen, ohne ein auch visuell strukturiertes Lesebild. Da wird es von Seite zu Seite schwerer, dabei zu bleiben. Und wie sieht es mit dem Heute aus und einem sachlich fundierten Ausblick in das, was so richtig noch niemand weiß. Mir war es auf jeden Fall gerade in diesem Bereich einfach zu wenig.
Schade für das Thema, schade auch für die Arbeit, die der Autor sich auf jeden Fall mit dem Zusammengetragen gemacht hat.

Bewertung vom 16.02.2019
Lemaître, Pierre

Die Farben des Feuers / Die Kinder der Katastrophe Bd.2


ausgezeichnet

Eine starke Frau in dieser Zeit

Im Jahr 1927 verstirbt der französische Bankier Marcel Péricourt, zuvor einem großen Bankimperium vorstehend und eine wirkliche Größe in der Welt des Geldes. Alleinige Erbin ist seine Tochter Madeleine, geschieden von einem Mann, der im Gefängnis sitzt und Mutter eines siebenjährigen Jungen, Paul. Am Tag der Beerdigung stürzt Paul aus einem Fenster im ersten Stock. Er überlebt, bleibt aber gelähmt und muss sein Leben fortan im Rollstuhl verbringen. Und natürlich kümmert sich seine Mutter vorrangig um ihren schwer verletzten Sohn, anstatt sich in die Materie des Bankengeschäfts zu stürzen, um so vielleicht eine Chance zu haben, das Unternehmen ihres Vaters angemessen erfolgreich und bestimmt durch eigene Hand fortzuführen. Aber die 'Anderen', ob ihr Prokurist, die Verwandtschaft oder ihr von der Poesie beseelter Liebhaber, sie nutzen die Gunst der Stunde und versuchen, durch Machtspielchen und Intrigen, mehr wie nur ein Stück vom Kuchen abzubekommen und es gelingt, fast vollständig. Doch Madeleine kommt zurück, entwickelt eine Cleverness und Stärke, die ihr niemand zugetraut hat und rächt sich, an allen, die sich daran beteiligt haben, sie fast vollständig in den Ruin zu treiben.
Es ist die grandiose Erzählkunst des Autors, die aus dieser Geschichte ein packendes hochspannendes Buch macht. Die Finesse, mit der Lemaitre die einzelnen Personen zum Leben erweckt, die Beschreibung, wie Madeleine langsam in den ruinösen Abwärtsstrudel der intriganten Gesellschaft gerät und dann das große Aufbäumen der 'Heldin', all das zeichnet sich mit zunehmender Spannung vor unserem inneren Auge ab . Und dabei sind die historischen Gegebenheiten dieser Zeit so wunderbar elegant mit in das Geschehen einbaut, dass das alles einfach echt und 'ganz nah dran' herüberkommt.
Dieses Buch sollte man auf jeden Fall nicht an sich vorüber gehen lassen, es ist ein literarisches Erlebnis.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.01.2019
Kim, Un-Su

Die Plotter


ausgezeichnet

Killer sein in der asiatischen Welt

Raeseng gehört zu den Plottern, einer Killerorganisation. Schussbereit beobachtet er den alten Mann, sein Opfer, durch das Zielfernrohr seines Gewehrs, sieht ihm beim Arbeiten in seinem Garten und beim Spielen mit seinem Hund zu. Er könnte nun abdrücken, aber noch ist 'sein' idealer Zeitpunkt nicht da. Und dann kommt alles anders. Die Sache weicht vollkommen von dem vorgegebenen Reglement ab, auch wenn das Ergebnis schließlich wieder stimmt. Der Auftrag wird erfolgreich ausgeführt. Aber gebrochene Regeln bedeuten bei den Plottern den Tod und so findet sich Raeseng nun selbst auf der Abschussliste wieder. Als Baby in einer Mülltonne gefunden, wurde er von Old Racoon, dem Chef der Plotterorganisation, aufgenommen und zu einem Meisterkiller ausgebildet. Alles hat seine Strukturen, es gibt Regeln und ein politisches System. Das gewährt Stabilität. Doch die Dinge ändern sich. Das politische Machtgefüge ist dabei, in seiner bisherigen Form auseinander zu brechen, der Große Racoon wird alt und Begehrlichkeiten des jungen Hanja, einem ebenfalls von Racoon ausgebildeten Killer, verschieben das stabile Gleichgewicht zusehends. Und mittendrin nun Raeseng, der anfängt, die Dinge zu hinterfragen. Begriffe wie Moral erhalten Bedeutung in seiner Gedankenwelt. Und diese 'unruhige Welt' wird uns Lesern absolut fantastisch und hoch spannend dargeboten. Das Genre Thriller dringt hier in ganz neue Dimensionen vor, der die normale Krimi-Action-Begrifflichkeit weit übersteigt. Ein besonderer Roman, getragen von der doch vielfach noch recht unbekannten (Gedanken)-Welt der koreanischen Gesellschaft und ihrer Werte, aber auch vom Mut des Autors, einfach einmal gegen die pauschal vordefinierten Leseerwartungen anzuschreiben. Ein tolles 'anderes Buch', ein echtes Leseerlebnis.

Bewertung vom 11.12.2018
Furisto, Alva

Bad Boy by Banana / 3Bee by Banana Bd.1


gut

Er will ein Bad Boy sein und dann wird etwas anderes draus

Tom Sandmann ist Steuerberater und als solcher Partner in einer gutgehenden Kanzlei. Sein Leben ist konservativ, 'gesittet' und den allgemeinen Vorstellungen entsprechend sehr vorzeigbar. Doch mit 48 hat Tom nur den Wunsch, auszubrechen aus diesem gesellschaftlichen Gefängnis. Und er setzt dies dann auch gleich mal ordentlich um. Als er schließlich nach einer durchfeierten Silvesternacht mit seinem Wagen in der Schaufensterscheibe eines stadtbekannten Nachtclubs landet, zwingt ihn sein Partner zu einer Auszeit. In einer Blockhütte in Finnland soll er wieder zu sich kommen, wieder normal werden und dann in sein altes Leben zurückkehren. Doch das Blockhaus wurde doppelt belegt und Nancy, die junge Frau, die dort ebenfalls 'eingecheckt' hat, bietet Tom ordentlich paroli, zeigt sich dabei aber gleichzeitig so charmant und für Tom irgendwie aufregend, dass er sich sehr schnell in sie verliebt. Und dann ist Nancy einfach weg. Tom kehrt nach Hause zurück, eigentlich will er jetzt vernünftig sein, aber die Zeit mit der jungen Frau geht ihm nicht aus dem Kopf und er beginnt sie zu suchen.
Eine Geschichte, die sowohl von der Sprache her wie auch bzgl. seiner Genrezugehörigkeit als eher speziell zu bezeichnen ist, aber genau die doch recht robusten eher männlich geprägte Ausdrucks-passagen und die sogenannte Liebesgeschichte, die dann eigentlich doch eher keine ist, macht dieses Buch lesenswert. Das ist gewöhnungsbedürftig und ich kann gut nachvollziehen, wenn sich jemand nicht damit anfreunden kann, aber mir hat es dann doch recht gut gefallen. Im zweiten Teil, nach Toms Rückkehr aus Finnland, wird es manchmal etwas zu sehr 'am realen' vorbei, aber das macht die Autorin beim nächsten Buch dann besser. Via Selfpublishing auf den Markt gebracht, ist dieser Roman wirklich sehr beachtenswert und genau das sollte man dann auch tun.

Bewertung vom 07.12.2018
Santos, Care

Als das Leben vor uns lag


ausgezeichnet

Das Treffen und ein schlimmes Geheimnis aus Kindertagen

Fünf junge Mädchen, in einem Nonneninternat zu einer Zweckgemeinschaft geworden, treffen sich, wie so oft, in der Nacht, um Spiele zu spielen. Diesmal ist 'Mutprobe' angesagt, von Olga festgelegt, der Dominaten der kleinen Gruppe. Es wird ihr letztes Zusammenkommen sein, denn nach dieser Nacht ist alles anders. Dreißig Jahre später im Spanien der Nachfrancozeit, wo nun auch Frauen ihr eigenständiges, vor allem auch beruflich, selbstbestimmtes Leben führen können, richtet eben diese Olga, zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Marta, die demnächst an diesem Ort ein eigenes Restaurant aufmachen wird, ein Essen aus, das Wiedersehen der fünf Frauen, die so verschiedene Lebenswege beschritten haben und deren jetzige Lebenssituation unterschiedlicher nicht sein kann. Anfangs bringt man sich gegenseitig auf den neuesten Stand ihrer aller, vermeintlich glücklichen Leben, doch schon bald bröckelt die Fassade und die persönlichen Abgründe tun sich auf, sowohl bzgl. dem, was ihr Leben betrifft und auch bzgl. des schlimmen Geschehens von damals, über das niemand mehr gesprochen und von dem angeblich niemand so richtig gewusst hat.
Extrem elegant geschrieben ist diese Geschichte, prall gefüllt mit Emotionen, gestreift von der Rolle der Frau im Spanien unter Franco und danach, klerikalen 'Umtrieben' und noch einigen anderen Dingen. Man könnte denken, dies wäre mehr, wie es dem Roman gut tut, aber dies ist nicht der Fall und es ist der Schreibkunst der Autorin zu verdanken, das hier alles so richtig und passend rüber kommt. Mich hat das Buch von Anfang an gepackt. Da liegt eine nicht greifbare Spannung in der Luft und am Ende wurde mehr vor uns ausgebreitet, wie nur die Offenbarung eines alten Geheimnisses. Berührend, menschlich und sehr echt.