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Magnolia
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Bayern

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Insgesamt 152 Bewertungen
Bewertung vom 22.04.2025
Vassena, Mascha

Der Schädel von Sant'Abbondio / Moira Rusconi ermittelt Bd.4


ausgezeichnet

Spannender Tessin-Krimi

Während der Weinlese bei den Cavadinis wird ein menschlicher Schädel gefunden. Die Arbeiten werden daraufhin gestoppt und der Fundort weitläufig abgesperrt. Bald stellt sich heraus, dass dieser Tote bzw. der Schädel von ihm seit mindestens vierzig Jahren hier vergraben liegt und da die Verjährungsfrist dreißig Jahre beträgt, werden die polizeilichen Ermittlungen eingestellt. Was sie aber wissen ist, dass es sich um Domenico handelt, einen jungen Mann, der nach Amerika auswandern wollte.

Da die Polizei den Fall nicht weiter verfolgt, bleibt Moira gar nichts anderes übrig, als auf eigene Faust zu ermitteln, um Ambriogio, ihren Vater, zu entlasten. Denn das Gerücht, er könnte mit dem Tod seines Freundes zu tun haben, hält sich hartnäckig. Als dann ein zweiter Toter aufgefunden wird, schaltet sich die Polizei wieder ein, Moira aber bleibt dran, sie liefert wertvolle Hinweise.

„Der Schädel von Sant’Abbondio“ ist ein Urlaubskrimi. Neben den Ermittlungen spielt auch das Privatleben der Hauptfiguren inklusive ihrer Tiere und der wunderschönen Gegend mit hinein, sodass ich am liebsten sofort abreisen und mich zu ihnen setzen möchte, um von all den Köstlichkeiten zu probieren, die sie gefühlt ständig auf den Tisch zaubern.

Neben diesen Toten gilt es, einem Giftanschlag nachzugehen, eine tote Cousine wirft nach Jahren nochmal viele Fragen auf, auch verschwindet ein älterer Herr, Lunas Hund entgeht knapp einem Anschlag und dann taucht auch noch eine rätselhafte Kassette auf. Schnatternde und um sich beißende Gänse haben ihren Auftritt und natürlich sind Ambrogios Katzen wieder mit dabei. Es geht hoch her und neben Ambrogio gibt es noch so einige Verdächtige, auch meint die Polizei, den Fall gelöst zu haben, Moira sieht dies anders.

Jeder neue Band ist für mich wie heimkommen, es ist mein vierter Tessin-Krimi, die alle in Montagola am Comer See angesiedelt sind. Die Figuren sind mir mittlerweile wohlvertraut. Neben Moira, die mit ihrer Tochter Luna und dem Hund Liam seit einiger Zeit in Montagnola lebt und hier auch ihre große Liebe gefunden hat, sind es ihr Vater Ambrogio, Arianna Manzoni, die Staatsanwältin, die Winzerfamilie Cavadinis, um nur einige aus dem Dorf zu nennen. Und natürlich darf auch diesmal Ispettrice Chiara Moretti nicht fehlen, die mit Moira mittlerweile gut befreundet ist. Jeder einzelne, auch die hier nicht genannten, sind individuelle Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten. Mascha Vassena versteht es, sie alle typgerecht abzubilden, ihr einnehmender Schreibstil tut ein Übriges. Sie hat mich wiederum bestens unterhalten, so manches Mal musste ich geschockt den Atem anhalten, an anderer Stelle dann war es ein Schmunzeln, das sie mir entlockt hat. Trotz des grausigen Fundes gleich zu Beginn ist „Der Schädel von Sant’Abbondio“ ein Wohlfühlkrimi mit durchaus kriminellen Machenschaften, der gelesen werden will. Wird Moira weiterhin ermitteln? Ich hoffe es sehr.

Bewertung vom 22.04.2025
Lacrosse, Marie

Licht und Schatten / Montmartre Bd.1


sehr gut

Elise und Valérié – gelungener Auftakt der Montmartre-Dilogie

Elise Lambert wird als Tochter einer einfachen Wäscherin am 28. Juni 1866 geboren. Sie wächst in Armut auf den Hügeln von Montmartre auf. Am gleichen Tag, wenig später, erblickt Valérie Dumas das Licht der Welt. Sie ist die Tochter eines wohlhabenden Kunsthändlers am Boulevard de Clichy, dementsprechend behütet ist ihre Kindheit. Der Lebensweg der beiden scheint vorgezeichnet, denn im ausgehenden 19. Jahrhundert hat eine Frau zu heiraten und ihrem Manne zu dienen - was weder für Elise noch für Valérie erstrebenswert ist.

Eine frühreife Freundin nimmt Elise heimlich mit, um sich in einem Variété unter die Tanzenden zu mischen. Sie ist begeistert vom Cancan, Jacques Offenbachs Galop infernal, der Höllen-Cancan, hat es ihr besonders angetan und spätestens da reift in ihr der Wunsch, diesen schnellen Tanz zu erlernen und zu vervollkommnen.

Valérie ist zeichnerisch überaus begabt, viele Stunden verbringt sie malend in Vaters Galerie. Über ihr Ansinnen jedoch, eine Malakademie, die ausschließlich männlichen Schüler offen steht, zu besuchen, ist er nicht erfreut. Dennoch macht er es ihr möglich, als einzige Frau dort aufgenommen zu werden, allerdings muss sie so einige Einschränkungen in Kauf nehmen.

Das Buch ist in fünf Teile gegliedert, angefangen von der späten Kindheit der beiden im Jahre 1878 über ihre mehr oder weniger wilde Jugend bis hin zu den darauf folgenden stürmischen Jahren. Weiter geht es dann auf den Weg zum Erfolg, Licht und Schatten endet mit ihren nunmehr dreiundzwanzig Jahren 1889.

Dabei begegnen ihnen viele heute weltberühmte Künstler. Henri Toulouse-Lautrec spielt eine große Rolle, auch Suzanne Valadon, Vincent van Gogh, Camille Pissarro, Edouard Manet und Claude Monet, um nur einige wenige zu nennen. Louise Weber, die als La Goulue als laszive Tänzerin Berühmtheit erlangte, ist in Elises Geschichte eingewoben. Eine schillernde Persönlichkeit, die mir bis dato unbekannt war. Ihr Charakter passt sich perfekt der anzüglichen, ja unzüchtigen, der frivolen Atmosphäre einschlägiger Nachtlokale – in ihrem Fall Tanzlokale - an. Die Autorin klärt zum Schluss über Wahrheit und Fiktion auf. Dabei wird klar, dass sie sich zwar künstlerische Freiheiten gegönnt, aber doch sehr viel an Wahrem wiedergegeben hat, wenngleich so einiges im fiktiven Bereich angesiedelt ist.

Der erste Teil der Montmartre-Dilogie hat mich sofort ins Buch gezogen. Die gegensätzlichen Lebenswege der beiden Frauen, die sich irgendwann begegnen, sind interessant und spannend erzählt, auch das Who’s Who der Kunstszene gibt sich die Ehre, was mir besonders gut gefällt. Beide Erzählstränge sind reizvoll, wobei mich Elises erste Lebensjahre noch mehr bewegt haben, was sich aber dann im Laufe der Geschichte ausgleicht. Vom Dorf Montmartre, in dem die armen Leute ihr Dasein fristeten bis hin zur Eröffnung des Moulin Rouge und der Pariser Weltausstellung und vielem mehr erstreckt sich der Roman, der von viel Licht, aber auch von noch mehr Schatten erzählt. Viel ist die Rede von den Stilrichtungen der damals aktuellen Malerei – eine kurze Erklärung dazu findet man am Ende des Buches, ebenso eine Liste der erwähnten Kunstwerke. Marie Lacrosse vermittelt Interessantes über eine Zeit, in der Frauen nicht viel zu melden hatten, einzelne es aber dennoch mit viel Durchhaltevermögen nach oben geschafft haben.

Bewertung vom 19.04.2025
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


gut

Sie reden nicht dieselbe Sprache

„Wir sind mehr als die Summe unserer Teile“ hat einst Lyudmila zu ihrer kleinen Tochter Daria gesagt. Als Kind konnte sie damit nichts anfangen. Ihre Mutter war nie nur eine Person, sie war schon immer mehrere gewesen – so denkt Daria im Nachhinein über sie.

Mit „Die Summe unserer Teile“ hat die Österreicherin Paola Lopez, die in Berlin lebt, ihren Debütroman vorgelegt. Es ist ein Roman über Mütter und Töchter und deren mehr als konfliktbeladenes Verhältnis zueinander.

Die 23jährige Lucy ist Informatikstudentin. Sie lebt seit drei Jahren in Berlin und nun wird sie direkt mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. In ihrem WG-Zimmer steht der Steinway ihrer Kindheit, ihr WG-Mitbewohner hat ihn für sie angenommen und nun schäumt sie vor Wut über ihre Mutter, die ihr dieses Ding nachgeschickt hat, nachdem sie endlich ihre Adresse herausgefunden hat. Nach drei Jahren Funkstille. Denn Lucy ist ohne ein Wort einfach weg, keiner wusste, wo sie war.

Nach diesem geschickt gemachten Anfang möchte ich schon wissen, was es mit diesem Steinway auf sich hat, allerdings muss ich mich gedulden, denn nun schwenkt die Erzählung ins Jahr 1976 zurück zur Medizinstudentin Daria, die später dann eine Kinderarztpraxis eröffnet. Sie ist Lucys Mutter und möchte alles besser machen. Besser als ihre Mutter Lyudmila, die im Alter von achtzehn Jahren ihre Familie in Polen verließ. Eigentlich aber floh sie vor den Nazis und sie landete schließlich in Beirut, wo sie Chemie studierte und ihren Professor Haddad ehelichte. Sie war mit Leib und Seele Chemikerin, sie eiferte ihrem großen Vorbild Marie Curie nach, für ihre Tochter Daria blieb da nicht viel Zeit. Eine Nanny war ihr Mutterersatz, was für Daria später dann, als sie selber Mutter war, nie infrage kam.

Von 1942 bis 2014 wird von den drei Frauen und deren Leben erzählt. Nicht chronologisch, aber doch übersichtlich dank der den Kapiteln vorangestellten Orts- und Zeitangaben. Lucy steht im Zentrum. Sie sucht nach ihren Wurzeln. Sie ist der Auslöser dieser Erzählung, die die Geheimnisse zwischen den Frauen zutage fördert.

Sie reden nicht dieselbe Sprache, sowohl im wörtlichen und auch im übertragenen Sinne. Und genau dieses Nicht-Gesagte und Falsch-Verstandene schwebt über ihnen, es nimmt immer mehr Raum ein. Lucy, Daria, Lyudmila – es sind drei ganz eigenwillige Persönlichkeiten, die mir im Laufe der Erzählung nicht nahe kommen. Es gibt schockierende Szenen wie etwa jene, als Lyudmila nach Lucys Geburt nach München kommt und ganz anders reagiert, als man es erwarten würde. Gut, Lyudmilas Schicksal wird mehr durchleuchtet – ist sie deshalb so hart geworden? Irgendwann dann wandelt Lucy auf Lyudmilas Spuren, sie fährt nach Sopot, was ihr allerdings in punkto Großmutter nicht recht weiterhilft. Überhaupt ist es die Figur Lucy, die sehr eigennützig handelt. Nicht nur ihrer Mutter gegenüber ist sie anklagend, obwohl sie es war, die schon in ganz jungen Jahren ihr ureigenstes Ding durchgezogen und den Kontakt zu ihren Eltern rigoros gekappt hat. Sie benimmt sich auch ihren Freunden gegenüber ziemlich übergriffig, was diese jedoch ganz entspannt übersehen.

Die 250 Seiten lassen sich gut lesen. Die sehr unterschiedlichen Lebensweisen sind spürbar, ebenso die generationenübergreifende Sprachlosigkeit. Und auch wenn mich das Buch etwas verloren zurücklässt, so wird es den doch sehr nüchternen, vernunftorientierten Frauen durchaus gerecht, was zumindest die beiden Mütter beschreibt.

Bewertung vom 17.04.2025
Hannah, Kristin

Night Road - Der Sommer unseres Lebens (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Das Leben ist nicht fair

Kristin Hannah hat mir schon viele intensive Lesestunden beschert. Sie ist eine erstklassige Erzählerin, was sie mit „Night Road. Der Sommer unseres Lebens“ wiederum beweist.

Lexi Baill wurde seit jeher von einer Pflegefamilie in die nächste gegeben, nachdem ihre Mutter wieder mal im Gefängnis gelandet ist. Nach deren Tod nimmt sich eine Tante ihrer an und auch wenn das Geld knapp ist, so spürt Lexi das erste Mal in ihrem Leben, wie viel Geborgenheit und Liebe wert sind.

In der neuen Schule geht Lexi auf die schüchterne Mia zu, beide Mädchen sind bald unzertrennlich, auch Mias Zwillingsbruder Zach ist von Lexi sehr angetan und auch ist sie in der Familie der Zwillinge stets willkommen. Die drei verbringen einen herrlichen letzten Sommer, denn bald werden Mia und Zach auf ein College wechseln, das nur die Besten der Besten annimmt und zudem nur für die Kinder vermögender Familien erschwinglich ist. Die drei kosten jeden Moment aus, sie sind jung, sie feiern das Leben.

Bis dann das Unfassbare geschieht und die Nacht auf der Night Road ihr bis dahin unbeschwertes Leben auf den Kopf stellt. Es ist eine falsche Entscheidung, die ihren Schwur, für immer zusammenzustehen, sich nie aus den Augen zu verlieren, zunichte macht.

Dieser Sommer wird mir großteils aus Lexis Perspektive nähergebracht und dann ist es noch Jude Farraday, deren Fürsorge ihren Kindern gegenüber ich mit eher gemischten Gefühlen sehe. Alles ist leicht und unbeschwert, Kristin Hannah fängt diese so lebensbejahenden Teenager gut ein, auch Jude als überfürsorgliche Mutter kann ich mir bestens vorstellen. Und dann ist es diese eine Fehlentscheidung, die zur Katastrophe führt. Es folgen Schuldzuweisungen und Schuldgefühle, jeder ist betroffen und jeder geht anders mit dieser Tragödie um. Und wenn man meint, alles ist schlimm genug, dann wird es noch härter, so manch Reaktion macht mich fassungslos. Gibt es Gerechtigkeit? Und wenn ja – für wen? Gelingt es, zu vergeben?

Night Road macht mich unendlich traurig, aber doch weiß ich, dass diese Schicksalsschläge zum Leben gehören. Kristin Hannah greift ein Thema auf, das man am liebsten verdrängen würde. Alles beginnt in dieser einen Nacht, ein Verlust wiegt schwer. Und doch ist es damit nicht getan, denn nachfolgende Entscheidungen führen noch tiefer ins Verderben.

Es sind aufwühlende Themen, derer sich die Autorin annimmt. Man spürt in jeder Figur ihr ureigenes Empfinden, die einen sind geprägt von Hass und Rachegedanken, andere wiederum zerfrisst ihre tief empfundene Schuld, die direkt in Selbstaufgabe ausartet. Dieses und noch vieles mehr ist emotional, aber nie geschmacklos wiedergegeben. Auch hier zeigt sich der meisterhafte und so ergreifende Erzählstil der brillanten Autorin, deren Bücher ist allesamt verschlungen habe und auch in Zukunft will ich mir keines entgehen lassen.

Wer auch nur eines von Kristin Hannahs Büchern kennt, weiß um ihren charakteristischen Schreibstil. Es ist ein absolut lesenswertes, ein so ergreifendes Buch, das ich unbedingt weiterempfehlen will.

Bewertung vom 15.04.2025
Dominik, Chris

Narbensommer #Thriller (eBook, ePUB)


sehr gut

Brutal und unerbittlich

Der zweite Davids- und Martin-Thriller ist nichts für Zartbesaitete, soviel gleich mal vorweg. Marc Davids und Zoé Martin haben es mit einer Bestie zu tun, denn die Opfer weisen nicht nur Bisswunden auf, die von einem Wolf stammen könnten, sie sind daneben auch dermaßen schlimm zugerichtet, dass man sich beim Lesen direkt die Augen zuhalten möchte.

Alles beginnt vor zwanzig Jahren. Nach der Abi-Feier wird Michelle H. auf dem Heimweg überfallen und getötet, sie weist Bisswunden auf, die allem Anschein nach von einem Wolf stammen könnten.

Und nun, zwanzig Jahre danach, geht es wieder los. Die 23jährige Altea Mema, eine albanische Staatsbürgerin, wird tot aufgefunden. Sie wurde bestialisch ermordet, ihre Leiche dürfte schon sechs bis sieben Tage hier liegen. Der alte Lagerkomplex gehört den Albanern, er dient als Umschlageplatz für Kokain und dergleichen. Es folgen weitere Morde, allesamt waren sie Prostituierte, sie weisen Bisswunden auf und zudem wurden sie regelrecht ausgeweidet.

Das AS9 folgt einer Fährte aus Blut und Tod im Frankfurter Rotlichtmilieu, Marc und Zoé arbeiten mit der Abteilung Bandenkriminalität zusammen. Zum Team gehören Ayman Elmalah und die IT-Spezialistin Nicole Unger, unterstützt werden sie hier von dem Kriminaloberkommissar Bernd Konstantin, der sich mit Marc so manchen Schlagabtausch liefert. Die beiden scheinen so gar nicht miteinander auszukommen, bei ihren schon hart ausgeführten Dialogen musste ich so manches Mal schmunzeln, wenngleich ich dann wieder ziemlich erbost über diesen Konstantin war. Gerade diese halbprivaten Einschübe sind es, die das knallharte Prozedere um die Mordaufklärung und die gnadenlosen Machtkämpfe zwischen der albanischen Mafia und einer Rockergruppierung ein wenig auflockern.

Wie schon im ersten Buch um die beiden Ermittler spielt auch hier Social Media eine Rolle, was unserer realen Welt schon sehr nahe kommt. Hier kommt Leon ins Spiel, der während eines Video-Drehs für eine Band seine Drohne über das weitläufige Hafengelände kreisen lässt und dabei so manche Szene festhält, die für Marc und Zoés Arbeit von Bedeutung sein könnte.

Auch der zweite Davids- und Martin-Thriller hat mich ziemlich geschockt, ich war gefühlt direkt dabei, die detaillierte Beschreibung der Opfer hat mir schon einiges abverlangt, auch ging es hochexplosiv zur Sache, was mir dann doch etwas zu viel an Dramatik war. Nichtsdestotrotz empfehle ich jedem Thriller-Fan diesen „Narbensommer“ und nun bin ich auf Band drei gespannt, denn auch das nächste Buch von Chris Dominik will ich mir nicht entgehen lassen.

Bewertung vom 15.04.2025
Kullmann, Katja

Stars (eBook, ePUB)


sehr gut

Astro-Business

Am Anfang war ein Stein. Ein Pflasterstein, der durch Carlas Fenster flog. Und viele Dollars, in einem müffeligen Karton. Sowohl Stein als auch Geld geben Rätsel auf, beides verwahrt sie erst mal sicher.

Katja Kullmann, die Autorin von „Stars“, glaubt nicht an die Sterne, wie sie verrät - und ihre Heldin glaubt auch nicht daran. Carla Mittmann, eine ehemalige Philosophiestudentin, verdient ihre Brötchen als Sachbearbeiterin in einer Möbelfirma. Von ihren einstigen Plänen und ihrem Forschungsprojekt „Der Aberglaube im Spätkapitalismus“ ist nichts geblieben, zumindest hat explizit sie davon nicht profitiert und das, obwohl das Geschäft mit der Astrologie boomt. Man wird täglich damit konfrontiert und wie es das Schicksal so will – oder sind es die Sterne, die ihren weiteren Weg befördern?- ist Carla plötzlich mittendrin in diesem Metier. Ihre Horoskop-Website ist der Anfang ihrer Erfolgsgeschichte, sie steigt groß ein ins Astro-Business.

Obwohl auch ich nicht an die Sterne glaube, ich früher mal diese Zeitungshoroskope gelesen und dann gleich wieder vergessen habe, war ich auf diese „Stars“ dann doch neugierig, „der ultimative Hochstaplerinnenroman“ hat mich direkt angezogen.

In den 1970er Jahren war es Madame Teissier und ihre Astro-Show, die die Astrologie in die Wohnzimmer brachte und nun ist dies Carla Mittmann, die sich vor Aufträgen kaum retten kann.

Carlas Geschichte lese ich mit einem Augenzwinkern, ihr schier kometenhafter Aufstieg wird launig erzählt, so manch Konkurrenz entlarvt sich durch plumpe Plagiate selber, Zeitschriften, VHS-Kurse, Funk und Fernsehen springen auf den lukrativen Zug der Astrologie auf, Zulauf bekommen sie aus allen gesellschaftlichen Schichten und dafür wird so manch erkleckliches Sümmchen hingelegt. Wollen wir nicht alle dem Schicksal ein wenig in die Karten schauen und von dem vermeintlich schicksalhaften Einfluss der Gestirne auf uns Menschen nur das Positive glauben? Und sind diese Voraussagen auch und gerade in Lebenskrisen ein Stück weit tröstlich?

Alles steht in den Sternen – diese Aussage lässt sich beliebig interpretieren. Ich lass das mal, Carla, die Astrophilosophin, kann das viel besser. In diesem Sinne wünsche ich viel Freude mit diesem unterhaltsamen Roman.

Bewertung vom 13.04.2025
Cher

CHER. Die Autobiografie, Teil eins (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

CHER – außergewöhnlich, in jeder Beziehung

CHER - was für ein außergewöhnliches Buch, was für eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Schon immer hat sie mich mit ihrer charakteristischen Alt-Stimme fasziniert. In Teil eins ihrer Autobiographie erzählt sie von ihrer Kindheit, von ihrer Familie und später dann von Sonny, von ihrem Weg hin zur Weltkarriere. Dieser erste Band reicht bis ins Jahr 1981.

Mit ihrer Großmutter Lynda, 1926 geboren, die schon mit dreizehn Jahren Mutter wurde, beginnt sie ihre Erzählung, es war die Zeit der Großen Depression. „Sucht ist ein großes Thema in meiner Familie und hat immer wieder Leid gebracht.“ Von Großvaters Trunksucht und seinem unsoliden Lebenswandel ist zu lesen. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, ist erschreckend offen. Und das nicht nur bei ihren Vorfahren, auch bei sich selber ist sie schonungslos ehrlich.

Ihre Mutter Georgia war Sängerin und Schauspielerin. Sie sah umwerfend aus, was Fotos, die im Buch zu finden sind, hinlänglich beweisen. Sie war mehrmals verheiratet, für sie gab es „nur Extreme. Sekt oder Selters.“ Ihr ganzes Leben war ein Auf und Ab, sie umgab sich mit schillernden Künstlern und ihre Kinder waren mittendrin, wechselnde „Väter“ waren für Cher nichts Ungewöhnliches. So lernte sie schon früh, sich in dieser Welt zu bewegen.

Und dann kam Sonny. Zunächst war sie Backgroundsängerin, sie beschreibt den Weg hin zu Sonny & Cher mit vielen Hochs und nicht gerade wenigen Tiefs. Ganz abgesehen von ihrer signifikanten Stimme ist es ihr unverwechselbarer Stil, der sich auch in ihrer Kleidung zeigt.

Das Buch lebt von den vielen Anekdoten, an die sie sich erinnert, die sie sehr unterhaltsam, mit Witz und Charme und einer Prise Selbstironie zu Besten gibt. Sie kennt sie alle, die Größen ihrer Zeit, seien es die Rolling Stones in ihren Anfängen, Tina Turner, Elton John und wie sie alle heißen. Sie bewegt sich in dieser glamourösen Glitzerwelt, aber immer gibt Sonny die Richtung vor. Er ist es, der ihre Finanzen verwaltet, der sie nicht nur einmal an den finanziellen Abgrund bringt und später dann, als die Ehe zerbricht, muss Cher feststellen, dass er sehr eigennützig agiert hat. Mit sechzehn hat sie ihn getroffen, sie gibt einen ungeschönten Einblick in ihre Beziehung, die leicht und wunderbar war, die aber auch ihre dunklen Seiten offenbart.

Cher ist ein Mulittalent, eine faszinierende Frau, deren facettenreicher Blick zurück bestens unterhält. Sie war dafür bekannt, sich und ihre Musik kontinuierlich neu zu erfinden - the Goodess of Pop, die Göttin der Popmusik.

Bewertung vom 11.04.2025
Hennig, Tessa

Lieber solo als allein


gut

Amore, amore...

Gabriele fährt mit dem Zug nach Perugia, als sie mit einer jungen Globetrotterin ins Gespräch kommt. Zur Hochzeit ihrer Enkelin Leonie sei sie unterwegs, erzählt sie der netten jungen Frau, als diese meint, doch „lieber solo als allein“ zu sein, denn ihr Ex-Freund war eher mit sich selbst als mit ihr beschäftigt. Eine so wahre Aussage, denn oft merkt man gar nicht, wie man den Partner vernachlässigt.

Nun gut, auch Leonies Eltern Katrin und Oliver können ein Lied davon singen. Sie sind zwar noch verheiratet, aber schon ne ganze Weile getrennt. Mit Katrin, der Karrierefrau, konnte Oliver nicht mithalten. Dass sie zusammen im Flieger sitzen, war zwar nicht geplant, aber nun ist es nicht mehr zu ändern. Spätestens bei der Hochzeit wären sie sowieso aufeinandergetroffen.

Im Hotel von Lucas Eltern steht alles im Zeichen der bevorstehenden Hochzeit von Leonie und Luca. Oma Gabriele wartet schon, dass sie am Busbahnhof abgeholt wird, auch Katrin und Oliver werden bald erwartet – der ganz normale Wahnsinn nimmt seinen Lauf.

Es lässt sich gut an, alle Familienmitglieder einschließlich der Schwester von Luca trudeln so nach und nach ein und natürlich wird ausgiebig gefeiert, gespeist, sich kennengelernt. Ich wähne mich direkt unter ihnen, das italienische Lebensgefühl kommt gut durch. Auch die Landschaft, die Region Umbrien und der Charme der mittelalterlichen Stadt Perugia sind treffend beschrieben wie etwa auch die hügelige Gegend mitsamt den Olivenplantagen, den Wäldern, ein Abstecher nach Assisi darf dabei nicht fehlen.

Was war noch? Ach ja – Amore mit all seinen Unwägbarkeiten. Es ist gefühlt alles dabei von Liebe, Eifersucht, Frust und Seitensprung, vieles davon eher eingebildet, anderes wiederum entspricht zumindest ansatzweise der Realität, es ist schlichtweg verwirrend. Es geht rund, die Gefühle spielen Achterbahn.

Es ist ein unterhaltsamer, netter, aber zunehmend vorhersehbarer Wohlfühlroman vor herrlicher Kulisse, der sich zuweilen in Klischees verliert, aber dennoch mit Witz und Charme dargeboten wird.

Bewertung vom 10.04.2025
Gruber, Andreas

Der Crash / Last Line of Defense Bd.3


ausgezeichnet

Atemlose Spannung, Action pur

„Der Crash“ ist der finale dritte Band von Andreas Grubers Action-Thriller-Reihe „Last Line of Defence“. Und wieder war es Action pur, ich habe auch dieses Buch geradezu verschlungen.

Und nun heißt es Abschied nehmen von Jaden D. Knoxville, Erik Tuomi und Lenny Zarakis. Sie sind das Team Omega, sie sind die letzte Verteidigungslinie, eine streng geheime Organisation der britischen Regierung und sie sind immer dann zur Stelle, wenn alle anderen versagen. Dementsprechend hart und anspruchsvoll war ihre Ausbildung, nicht einmal der MI6 weiß von ihnen. Was natürlich zur Folge hat, dass immer dann, wenn ein Auftrag dank ihnen erfolgreich abgeschlossen ist, andere, nach außen hin bekannte Dienste, die Lorbeeren einheimsen.

Schon der Prolog endet besorgniserregend – was wird mich erwarten? Die Story ist in fünf Teile gegliedert, der erste davon geht 24 Stunden zurück an Bord des britischen Schlachtschiffes HMS Apokalypse. Jaden, Erik und Lenny werden undercover eingeschleust und bald schon wird es ziemlich ungemütlich. Finstere Gestalten treiben ihr Unwesen, die Crew wird angegriffen, die Terrororganisation MOEBIUS fackelt nicht lange, sie planen einen Anschlag auf den britischen Premierminister und nicht nur ihn wollen sie töten, auch die Last Line of Defence sollte endgültig ausgelöscht werden. Lenny bekommt es gleich mal mit Helios sieben zu tun, er bekommt den Auftrag „Eliminiere Groß O“ – wer auch immer das sein soll.

Dieser „Crash“ steht seinen beiden Vorgängerbänden in nichts nach. Gut, man kann mit diesem dritten Band starten, so man die Vorgeschichte der drei Hauptakteure nicht unbedingt im Detail wissen will. Denn jeder Fall, jeder Auftrag, ist in sich abgeschlossen. Im Laufe der Story flicht Andreas Gruber immer wieder einiges von den dreien ein, so kann man sich schon auch ein gutes Bild von ihnen machen. Allerdings würde ich jedem empfehlen, die Trilogie in ihrer Gänze zu lesen, denn man wird mit Spannung und actionreichen Szenen belohnt, es gibt keine Längen, das junge Team Omega ist abgehärtet, es ist zäh und ausdauernd, was auch ihrer gnadenlos harten Ausbildung geschuldet ist. Sie sind die Besten, schon bei der Teambildung waren die Auswahlkriterien extrem. Sie sind gewitzt, sie sind intelligent, sie sind tolle Typen und sie wissen genau, was sie tun. Ich könnte noch ewig fortfahren, noch mehr von ihnen schwärmen, aber ich lass das mal. Sie haben mir wiederum aufregende, abenteuerliche und auch dramatische Lesestunden bereitet, ich habe jede einzelne Minute davon genossen.

„Last Linde of Defence“ ist eine Jugendbuch-Reihe, die nicht nur Jugendliche verschlingen werden. Was ich mit Fug und Recht behaupten kann. Wer atemlose Spannung und Action pur sucht, ist hier genau richtig. Und nun bin ich gespannt, was Andreas Gruber - neben seiner Maarten S. Sneijder-Reihe – als nächstes zu bieten hat.

Bewertung vom 07.04.2025
Goodwin, Sarah

Die Yacht


sehr gut

Mehr Schein als Sein

Hannah, Libby und Maggie sind seit Kindertagen beste Freundinnen. Nun ja – sie waren beste Freundinnen. Denn Hannah verdient sich ihre Brötchen mehr schlecht als recht, sie kann mit Libby Maggies Lebensstil so gar nicht mithalten. So ganz aus den Augen haben sich die drei jedoch nicht verloren, denn immer an Silvester schmeißt Libby eine Party, die es in sich hat. So auch dieses Jahr. Etwas ganz Besonderes sollte es auch diesmal wieder sein, denn Libby hat mit ihrem Ehemann Olly eine Yacht gemietet, die gut vertäut im Hafen von Ventimiglia liegt.

Bald ist die Party in vollem Gange, Alkohol fließt in Strömen, auch Drogen sind reichlich vorhanden und die Musik dröhnt dazu. Hannah begreift, dass sie nicht mehr dazugehört, sie will am nächsten Morgen nur noch weg, was allerdings nicht mehr möglich ist, da sie auf offener See treiben. Die anderen – Libby und Olly, Maggie und Leon – scheinen dies noch nicht bemerkt zu haben. Lediglich Harry, der ebenfalls Partygast war, begreift ihre nicht sehr komfortable Lage. Und es kommt aber noch schlimmer – sie haben weder Sprit noch haben sie eine Funkverbindung, ein Hubschrauber, der an Bord ist, ist nicht funktionstüchtig, Rettungsboote wurden aus Platzgründen entfernt, auch an Lebensmitteln mangelt es. Dass unter diesen sehr ungünstigen Umständen die Stimmung kippt, ist vorauszusehen.

Sarah Goodwin versteht es, die Spannung durchgehend aufrechtzuerhalten. Alle sechs Personen an Bord zeigen in dieser Notsituation ihr wahres Gesicht, man könnte auch sagen, so mancher zeigt seine hässlichste Fratze. Nicht nur der Größenwahnsinn gewinnt immer mehr Raum, auch der Wahnsinn an sich greift um sich. So nach und nach bröckeln die so sorgsam aufrecht erhaltenen Fassaden, andere wiederum laufen zur Höchstform auf. Aus Hannahs Sicht wird dieses zunehmend beklemmende Szenario sichtbar.

Die Charaktere sind schon äußerst grenzwertig gezeichnet, allen voran die beiden Männer Olly und Leon, danach aber reihen sich als total abgehoben und unsympathisch gleich mal Libby und Maggie mit ein. Harry bleibt bis zum Schluss undurchschaubar, bei ihm war ich mir nie ganz sicher, was ihn denn antreibt. Er scheint auf einer Wellenlänge mit Hannah zu liegen, zumindest sind es die beiden, die alles versuchen, die Yacht manövrierfähig zu machen, ein Notsignal abzusetzen, irgendwie nicht zu verhungern und zu verdursten. Dabei habe ich mitgefiebert, habe die einen verdammt und verurteilt und den anderen Erfolg gewünscht.

Die Yacht war gefühlt ewig unterwegs und nicht nur das Ende war dramatisch, das ganze Buch war fesselnd und mitreißend, wenngleich so manche (oder zunehmend viele) Szenen schon arg überzogen und nicht sehr realistisch waren, so waren es doch spannende Lesestunden.