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Leseigel
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Villingen

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Insgesamt 1075 Bewertungen
Bewertung vom 10.08.2020
Maatman, Verena

Frau Beethoven


sehr gut

Eine Liebe, die nicht sein darf
1799 fährt die Adlige Anna Brunsvik vom ungarischen Familiensitz nach Wien, um ihre Töchter Therese und die 20jährige Josephine erfolgreich zu verheiraten. Die Mädchen sind musikalisch begabt und die Mutter verspricht sich Vorteile auf dem Heiratsmarkt, wenn die beiden Klavierunterricht vom berühmten Beethoven erhalten. Josephine und Beethoven verlieben sich in einander. Doch eine Heirat steht nicht zur Diskussion, weil Beethoven nicht von Adel und nicht reich ist. Die Mutter drängt Josephine zur Ehe mit dem wesentlich älteren Joseph Deym. 4 Jahre später ist Josephine Witwe mit 4 Kindern und großen Geldsorgen. Da sie die Vormundschaft für die Kinder nicht verlieren will , bleibt ihr eine Heirat mit Beethoven weiter verwehrt. Es folgt die Ehe mit von Stackelberg, die in einer Katastrophe endet. Josephine stirbt mit nur 42 Jahren.

Als ich das Buch zu lesen begann, habe ich mit einer eher leichten Liebesgeschichte gerechnet. Kennengelernt habe ich eine Frau, die eingeengt durch die damaligen gesellschaftlichen Konventionen, ein in meinen Augen zutiefst unglückliches Leben hatte. Josephine war Beethovens große Liebe und hat ihn zu vielen seiner großen Erfolge inspiriert. Um so mehr Beethoven im Licht stand, um so einsamer und dunkler wurde es um Josephine. Ihre Familie erwartete von ihr, eine gute Partie zu machen. Ihre Gefühle spielten keine Rolle. Die Ehre der Familie war das wichtigste. So kam eine Ehe mit Beethoven nicht in Frage. Jeder Anschein, es könnten Gefühle zwischen den beiden bestehen, musste vermieden werden. Leider führten Josephines Ehen nicht zum erhofften Geldsegen. Josephine kämpfte ihr ganzes Leben mit Geldsorgen und ohne die mit Widerwillen gewährten Geldmittel der Familie und die aus Liebe gemachten Zuwendungen Beethovens hätte sie ihre Kinder nicht durchgebracht. Beethoven hat Josephine immer geliebt und sie unterstützt, obwohl ein gemeinsames Leben nicht möglich war. Sie war seine Muse und viele Werke wären ohne sie nicht geschrieben worden. Beethoven wurde gefeiert, Josephine vergessen. Am Ende des Romans hat mich Josephines Schicksal sehr berührt. Ein Leben, das im Grunde nicht gelebt wurde. Um so erfreulicher ist es, dass die Autorin Josephine durch ihr Buch den Platz an Beethovens Seite gibt, der ihr im Leben verwehrt war.

Bewertung vom 09.08.2020
Schörghofer, Manuela

Die Sündenbraut


sehr gut

Wer will den Tod der jungen Heilerin Fenja ?
Die Waise Fenja zieht mit ihrer Ziehmutter, der Heilerin Runhild, durch deutsche Lande des 13. Jahrhunderts. Über Fenjas Herkunft schweigt Runhild. Beide verdienen zusätzliches Geld, in dem sie die Sünden von Toten ohne Beichte auf sich nehmen. Als Runhild von einem Unbekannten tödlich verletzt wird, kann sie Fenja noch ein Tuch mit einem Wappen geben. Auf sich allein gestellt ist Fenja von dem Wunsch beseelt, das Geheimnis ihrer Herkunft zu lüften. Unterwegs trifft sie auf den Handwerker Gerald. Er beteuert, das Wappen zu kennen und bietet Unterstützung an. Gemeinsam setzen sie den Weg fort. Doch Runhilds Mörder trachtet nun Fenja nach dem Leben . Auch Gerald scheint nicht das zu sein, was er vorgibt. Ohne es zu ahnen, begibt sich Fenja in die Höhle des Löwen.

Das Buch beginnt gleich mit einem Paukenschlag. Die Autorin schildert das unheimliche Ritual des Sündenessens und kurz darauf den Mord an Runhild. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich ständig Sorge um Fenja. Bestand doch die Gefahr eines erneuten Angriffs oder die Festnahme als Ketzerin. Fenja war mir von Beginn sympathisch durch ihr freundliches Wesen, ihre beherzte Art und ihre Entschlossenheit, das Rätsel um ihre Herkunft zu lösen. Zum Glück trifft sie den etwas undurchsichtigen Gerald und von Anfang an knistert es zwischen den beiden. Die Gespräche zwischen ihnen waren für mich als Leser sehr erheiternd. Jeder versucht den anderen über seine wirklichen Absichten, die ich als Leser kenne, mehr oder weniger erfolgreich zu täuschen. Die Handlung bezieht ihre Spannung durch diese Scharade und die ständige Bedrohung durch Runhilds Mörder. Damit die Stimmung nicht zu düster gerät, gibt es immer wieder Szenen, die mich zum Lachen gebracht haben. Der Roman endet nach einem dramatischen Höhepunkt mit einem Happyend, das ich so nicht erwartet habe und der eine oder andere mag es vielleicht sogar nicht als solches empfinden. Ich habe es mit einem Augenzwinkern und der Erkenntnis wahrgenommen, dass das Schicksal manchmal seltsame Wege geht.

Das Buch hat mich auf jeden Fall gut unterhalten. Es ist gut geschrieben und es hat alle meine Erwartungen erfüllt

Bewertung vom 08.08.2020
Lark, Sarah

Schicksalssterne


sehr gut

Der lange Arm des Krieges
Die jüdische Bankierstochter Mia und der adlige Offizier Julius sind wie für einander geschaffen. Sie verlieben sich und es eint sie zusätzlich die gemeinsame Liebe zu den Pferden. Um einem drohenden Krieg in Europa zu entfliehen, wandern die beiden nach Neuseeland aus und gründen ein Gestüt. Doch der 1. Weltkrieg holt sie auch dort ein. Beide werden jeder für sich als Spione interniert. Julius übersteht den Krieg unbeschadet, während Mia dunkle Jahre durch stehen muss. Das Gestüt überlebt in der Zwischenzeit nur dank Wilhelmina, die sich um die Leitung des Unternehmens kümmert. Nach dem Krieg liegt Mias Welt in Scherben.

Was als romantische Liebesgeschichte in Preußen beginnt, entwickelt sich zu einer bewegenden Erzählung, die die erschütternden Zustände in den Arbeitersiedlungen in der neuseeländischen Industrie, die wohl mit denen in Deutschland vergleichbar sind, und die Anfeindungen, die den Deutschen im Ausland während des Krieges widerfuhren, schildert. Die Stimmung des Buches kippt von heiter und hoffnungsvoll zu dunkel und feindselig. Im Mittelpunkt steht die unbekümmerte, naive Mia, die Pferde über alles liebt und ihren Mitmenschen positiv gegenüber steht. Der Gegenentwurf zu ihr ist Wilhelmina, die aus ärmlichen Verhältnissen kommt und gelernt hat, dass nichts im Leben umsonst ist. Sie träumt von einer besseren Zukunft und dafür ist ihr jedes Mittel recht. Gegen die beiden starken Frauenfiguren wirkt Julius fast schon blass und ich habe mich mehrmals über seine Willensschwäche geärgert, die Mitschuld an den verworrenen Verhältnisse am Kriegsende trägt. Mia muss während des Krieges durch eine harte Schule, geht aber als gefestigte Persönlichkeit daraus hervor.

Das Buch endet mit einem positiven Ausblick auf die Zukunft und die Autorin löst die bestehenden Konflikte auf, was in manchen Teilen fast schon märchenhaft wirkt. Das hat mich aber nicht gestört. Ich habe das Buch in der Erwartung auf gute Unterhaltung, Wolken am Liebeshimmel und ein Happyend zu lesen begonnen. Alle meine Erwartungen wurden erfüllt und als Bonus hatte der Roman eine gute Portion Dramatik im Gepäck. Leserherz, was willst Du mehr ?

Bewertung vom 04.08.2020
Ehlers, Jürgen

Ratten am Bullenhuser Damm


ausgezeichnet

Verbeugung vor den Opfern
Kurz nach Kriegsende kehrt Alfred an den Ort seiner schlimmsten Verbrechen zurück, den Bullenhuser Damm. Hier wurden kurz vor Kriegsende jüdische Kinder und ihre Pfleger erhängt. Alfred war einer der Täter. In Selbstmitleid badend rechtfertigt er seine Taten vor der dem Holocaust entkommenen Jüdin Carmen mit dem Hinweis auf erhaltene Befehle.

Schon als ich das Buch in die Hand genommen habe, war ich beeindruckt. Denn obwohl das Buch dünn ist, wog es schwer in meiner Hand. Der Text wird von überwiegend schwarz-weißen Bildern begleitet. Nur die Bilder der Blumen, die Carmen am Schauplatz der Gräuel pflanzt, sind farbig. Sie bilden den heiteren Kontrast zu all dem Schrecken. Die Ereignisse werden in knappen Worten geschildert. Manchmal nur angedeutet und doch entstehen Bilder im Kopf, verstärkt durch die düsteren Zeichnungen der Kinder. Für mich ist die Kombination von Sprache und Bildern ein gelungenes Gesamtwerk, das den Opfern Respekt erweist und die Täter bloß stellt.

Bewertung vom 03.08.2020
Dicken, Dania

Letzter Atemzug / Profiling Murder Bd.8 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein Cold Case wird zum Alptraum
Laurie und Jake bearbeiten gerade keinen aktuellen Fall. Laurie nutzt die Atempause und schaut sich die Akten der ungelösten Fälle an. Dabei stößt sie auf zwei Fälle, bei denen junge homosexuelle Männer stranguliert wurden. Die Ähnlichkeiten sind frappierend und legen den Verdacht einer Serie nahe. Der Jagdeifer von Laurie und Jake erwacht und der Verdacht bestätigt sich. Die Ermittlungen sind schwierig, denn die Opfer sind alle homosexuell und bevorzugen BDSM. Als erneut ein junger Mann entführt wird, der ins Opferschema passt, beginnt ein Wettlauf um dessen Leben.

Was als Ermittlung in einem Cold Case zur Überbrückung einer Atempause in der täglichen Arbeit beginnt, entwickelt sich rasch zu einem brisanten Fall, der sowohl Laurie als auch Jake an ihre emotionalen Grenzen bringt. Das Besondere ist diesmal, dass die Opfer Männer sind, die genauso gefoltert und sexuell missbraucht werden, wie dies sonst nur Frauen angetan wird. Als Ermittlungshemmnis erweist sich das soziale Umfeld der Opfer, die aufgrund ihrer sexuellen Vorlieben eine DatingApp zur Kontaktaufnahme benutzt haben. Mein Höhepunkt des Thrillers war das Duell zwischen dem verhafteten mutmaßlichen Täter und Laurie und Jake, die versuchen, den Aufenthaltsort des Opfers zu erfahren. Ich habe bei dieser Sequenz die Fäuste geballt und ich bin mir nicht sicher, ob ich sie in der Realität nicht im Gesicht des Täters gelandet wäre. Unglaublich wie schnell man in alte Auge um Auge Verhaltensweisen zurückfallen kann.

Der Spannungsbogen war wie immer durchgängig hoch und der Ablauf der Ereignisse logisch und nachvollziehbar. Das Ende hat mich vollkommen überrascht und auch emotional getroffen, aber es war gerade dadurch perfekt.

Bewertung vom 03.08.2020
Kay, Jay

Filona am Ende der Zeit


ausgezeichnet

Menschheitsfragen unterhaltsam verpackt
Filona ist der letzte Mensch auf Erden, umsorgt vom virtuellen Diener Gilgamesch, überwacht von SYZTHEM. Filonas bester Freund, ein von ihr erschaffener Wolfsmensch, lebt nicht mehr. Er musste eliminiert werden, weil er gegen Regeln verstoßen hat. Filonas Leben läuft in festen Bahnen, bis zu jenem schicksalshaften Tag, an dem Filona aus ihrem geordneten Alltag ausbricht.

Die vorliegende Geschichte beginnt wie eine ganz normale Sci-Fi - Erzählung. Doch der Schein trügt. Der Autor stellt verpackt in eine manchmal irritierende Geschichte die großen Fragen der Menschheit, ohne dass sich dessen der Leser zu Beginn bewusst ist. Der aus einem Zufall heraus entstandene Mensch scheint nicht in der Lage gewesen zu sein, als soziales Wesen zu existieren. Umweltverschmutzung, Kriege zerstören sein Lebensumfeld. Doch ist das Ende wirklich der Schlusspunkt oder die erneute Hoffnung auf die Verkettung unwahrscheinlicher Zufälle ? Je weiter sich die Handlung auf das Ende zubewegt, desto mehr kam ich ins Nachdenken. Trotzdem hat es der Autor gleichzeitig geschafft, mich gut zu unterhalten und den Spannungsbogen hoch zu halten. Für mich war die Geschichte perfekt ausgewogen.

Die Bonusgeschichte war dann ganz im Zeichen der Unterhaltung geschrieben und bescherte mir eine Begegnung mit den großen alten Männern der Sci-Fi Literatur. Der Autor geht mit einem Augenzwinkern der Frage nach, wie diese ihre großartigen Werke schaffen konnten.

Auch dies eine gelungene unterhaltsame Erzählung, die ein ruhiges Gegenstück zur 1. Geschichte bildet

Bewertung vom 02.08.2020
Hellberg, Åsa

Willkommen im Flanagans / Das Hotel unserer Träume Bd.1


sehr gut

Unterhaltsamer Blick hinter die Hotelfassade
Linda Lansing ist bei ihrer Großmutter in einem kleinen schwedischen Dorf aufgewachsen. Mit Anfang 20 muss sie nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters die Leitung des von ihm geerbten Luxushotels in London völlig unvorbereitet übernehmen. Das Hotel steht kurz vor dem Ruin und Lindas Cousins sind ihre erbitterten Feinde. Zudem wird sie von der Geschäftswelt misstrauisch beäugt. Eine junge unverheiratete Frau, die ein großes Hotel alleine leitet, ist 1949 und auch noch später ein absolutes No go. Dennoch gelingt es Lind das Hotel zu neuer Blüte zu führen. 1960 der Beginn eines neuen Jahrzehnts und ein Jahr , das große Veränderungen mit sich bringt. Nicht nur für Linda, sondern auch für einige Angestellte des Hotels. Lebensträume, die zum Greifen nahe schienen, zerplatzen wie Seifenblasen.
Der Roman bietet in meinen Augen perfekte Unterhaltung. Linda war mir von beginn an sympathisch und hat meinen Beschützerinstinkt geweckt. Behütet aufgewachsen in einem kleinen Dorf wird sie unvermittelt in das Haifischbecken der Londoner Society geworfen. Sie kämpft gegen Vorurteile und die eigene Familie. Sie setzt sich tatsächlich durch, aber das gelingt nur, weil sie ihre eigenen Bedürfnisse verleugnet. Interessant fand ich die eingestreuten Informationen über die damalige englische Gesellschaft und die Stellung der Frau. Die Autorin gibt nicht nur Einblicke in das Leben der Menschen in den oberen Etagen, sondern schildert auch die Hoffnungen und Nöte der einfachen Angestellten. Ich habe besonders die Küchenhilfe Elinor ins Herz geschlossen, die durch ihre dunkle Hautfarbe zusätzliche Hürden im Leben überwinden muss. Natürlich spielt auch die Liebe eine große Rolle, die die manche Pläne in eine andere Richtung lenkt.
Das Buch hat mich gut unterhalten. Es war spannend und hat mich zum Lachen und ein wenig zum Weinen gebracht. Manche Figuren habe ich geliebt und andere von Herzen gehasst. Der Schluss lässt mich mit einem kleinen Seufzer der Zufriedenheit zurück gepaart mit der Hoffnung auf eine baldige Rückkehr in das Hotel der Träume.

Bewertung vom 27.07.2020
Dicken, Dania

Die Seele des Bösen - Rettung unter Freunden / Sadie Scott Bd.8 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Es kann jeden treffen
Der Profilerin Sadie Whitman geht die Arbeit nicht aus. Ihre ehemalige Kollegin Cassandra von der BAU in Quantico bittet Sadie um Mithilfe bei der Suche nach verschwundenen Frauen. Die Abteilung ihres Mannes Matt möchte, dass sie bei der Suche nach einem untergetauchten Drogenboss hilft. Bei einer Razzia hat ihr bester Freund Phil den Bruder des Verbrechers erschossen. Phil wird jetzt von ihm mit dem Tode bedroht. Die zuerst als Routine erachteten Fälle entwickeln sich schnell zu persönlichen Katastrophen. In Quantico wird Cassandra entführt. Sadies ehemaliger Vorgewetzter Nick vermutet sie in den Fängen der gesuchten Täter und bittet Sadie nach Quantico zu kommen. Inzwischen hat der Drogenboss eine andere Möglichkeit gefunden, Phil, der in einem sicheren Haus untergebracht, unter Druck zu setzen. Auch hier wird dringend Sadies Hilfe benötigt. Und zu allem Überfluss scheint es einen Maulwurf in den Reihen der Polizei zu geben, der die Verbrecher mit wichtigen Informationen versorgt .

In dieser Folge der Serie um die Profilerin Sadie geht es ganz schön hektisch zu. Das besondere dieses Mal ist, dass in den Fällen ihr nahestehende Personen betroffen sind, was eine professionelle emotionale Distanz schwierig macht. Gerade Cassandras Schicksal wühlt Sadie besonders auf, da es Erinnerungen an ihr persönliches Martyrium zurück bringt. Ich war beeindruckt, wie Sadie sich trotzdem rührend um Cassandra kümmert und versucht, ihr Zuversicht zu geben. Um ihren Freund Phil zu unterstützen, riskieren Sadie und Matt einen ernsthaften Konflikt mit ihrem Arbeitgeber . Für mich lag in dieser Folge neben den spannenden Fällen der Focus auf dem Thema Freundschaft und was sie in schwierigen Zeiten wert ist. Der Zusammenhalt der Freunde und ihnen nahestehender Personen war überwältigend und hat mich etwas neidisch werden lassen. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl setzt sich in Sadies Familie fort und bildet einen ausgleichenden Gegensatz zu Sadies erschreckenden Fällen.

Bewertung vom 25.07.2020
Flynn, Ellen C.

Der Tuchfuchs


sehr gut

Spiel mit hohem Einsatz
1773 Manchester, die Hochburg des englischen Tuchhandels und Tuchmanufakturen erlebt eine schwere Krise. Aidan Towell, groß geworden in prekären Verhältnissen, setzt alles daran, seine Position als bedeutender Tuchhändler zu halten und seinen Rivalen, den Adligen John Weston, zu vernichten. Towell macht Weston für den Tod seines väterlichen Freundes verantwortlich.. Für Weston ist Towell ein verachtenswerter Emporkömmling, der nichts in der guten Gesellschaft verloren hat. Beide versuchen mit an Besessenheit grenzendem Eifer, dem anderen zu schaden, auch mit ungesetzlichen Mittel. Eine weitere wichtige Figur ist die junge Witwe Gillian Pollet, die sich mit einer Tuchmanufaktur selbstständig macht, was ihr nur mit der finanziellen Unterstützung Towells gelingt. Dadurch ist ihr Schicksal untrennbar mit dem seinem verbunden.

Die ersten Seiten des Buches waren eine echte Herausforderung für mich. All zu viele Namen und Informationen, die ich nicht sofort zuordnen konnte, haben mich beinahe das Buch zur Seite legen lassen. Gut, dass ich es nicht getan habe, denn mit jeder Seite wuchs das Verständnis und der Spaß an der Geschichte. Meine Lieblingsfigur war Gillian, die ich einfach ins Herz schließen musste. Sie will ihr Leben selbst gestalten und nicht aus wirtschaftlichen Gründen einen ungeliebten Mann heiraten. Sie ist spontan, begeisterungsfähig, intelligent und etwas naiv. Ihre Wortgefechte mit Towell waren für mich jedes Mal ein besonderer Genuss und haben mich oft zum Lachen gebracht. Bei Towell war ich mir am Anfang nicht sicher, ob ich ihn mag. Im Laufe der Geschichte erweist er sich aber als Mann von Ehre im besten Sinne des Wortes. Dagegen konnte ich Weston von Beginn an nicht leiden mit seinen Standesdünkel und intrigantem Verhalten. Der Konflikt der beiden war unglaublich spannend und hatte zeitweise den Charakter eines Krimis. Nebenbei habe ich einiges über den damaligen Tuchhandel erfahren. Der Schluss der Geschichte hat mich im ersten Moment etwas enttäuscht. Bei näherem Hinsehen war er aber für mich doch perfekt.

Alles in allem ein schönes Buch, das gute und spannende Unterhaltung bietet.